250 g Zucker und eine Handvoll Butter

Generelle Frage zum Sugar-Thema, unabhängig von diesem Artikel, dieser Werbung und dieser Onlineplattform.
a) Hab ich recht, dass da allmählich etwas qualitativ Neues in Mitteleuropa ankommt (das in anderen Teilen der Welt schon viel etablierter ist)? Natürlich gabs auch hier immer solche Arrangements, aber irgendwie sehe ich da mehr als eine kleine Zunahme.

Wenn ich bei a) recht haben sollte, was sagt das über unsere Gesellschaft aus?
Dass die Einkommensschere auseinander geht?
Dass die „Durststrecke“ der ‚Generation Praktikum‘ immer länger wird bis sie anständig an Geld rankommt?
Dass Sex und Partnerschaft stärker zum Statusmerkmal werden?
Dass das ‚sich verkaufen‘ allmählich so wörtlich verstanden wird wie es im Kern eh gemeint ist?
(ist gar nicht so gesellschaftskritisch von mir gemeint, wie es klingen mag; ich sehe da einfach eine interessante Entwicklung und möchte sie verstehen/einordnen)

Gruß
F.

Daß das Internet Leute zusammenbringt, die früher nicht ohne weiteres zusammengekommen wären. Studentinnen und Sugardaddys, Kalbfleisch aus der Toscana und Grillfreunde, Kaffee von St. Helena und Kaffeefreunde, Drogenhersteller und Konsumenten usw. Und Problemlösungen anonym online gesucht werden anstatt herkömmliche Wege zu bestreiten.

Unabhängig vom Wahrheitsgehalt: das hat mit dem online-Dienst wenig zu tun. Studenten hatten immer schon wenig Geld und ältere Herrschaften schon immer tendenziell mehr als diese.

Die Generation Praktikum ist und bleibt ein Schlagwort, das etwas beschreibt, das es in dem Sinne bzw. Maße gar nicht gibt.

Unter jungen Menschen? Unter weiblichen jungen Menschen?? Unter weiblichen Studenten???

Und generell: man muß sich an einer Uni schon sehr anstellen, um dort keine Kontakte zu knüpfen. Z.B. die ganze Zeit hinter einem PC oder Mobiltelefon hocken.

Gruß
C.

Das ist sicher ein Teilaspekt, aber sicher auch nur ein Teilaspekt.
In Entwicklungsländern gibts dieses Studentin+Sugardaddy-System ja seit langem und durchaus Internet-unabhängig. Hierzulande ist die große ‚Verinternetisierung‘ (u.a. des Datings) eigentlich seit 15 Jahren weitgehend abgeschlossen , so dass ich neuen Entwicklungen (so ich denn recht habe) nicht mehr „dem Internet“ zurechnen würde, nur weil sie etwas mit dem Internet zu tun haben.

Meine angeführten Schlagworte will ich jetzt nicht verteidigen, sie sollten nur skizzieren, in welche Richtung ich meine Frage verstanden haben will.
Ich will schlicht verstehen können, warum dieser „Sugar“-Gedanke für mein Gefühl nach und nach stärker aufkommt.
Für dich kommt da offenbar nichts auf, das ist natürlich auch eine respektable Position.

Gruß
F.

Hallo,
Die Sugar-Daddy Nummer habe ich in verschiedenen Berichten verfolgt und bin entsetzt darüber, wie man Prostitotion chic verpackt. :cry:
Schaut man einfach nur Fernsehen, werden einem tagtäglich Damen präsentiert, die sich einem reichen Mann geangelt haben und deren Stress darin besteht ,permanent top gestylt zu sein und stets gute Laune zu haben.
So wird propagiert, dass Mädels viel geschickter und schneller aus dem gewohnten Nest in eine bessere Welt schlüpfen können und die anderen, die, die bieder ihren Weg gehen, blöd sind.
Viele Männer wollen eben nicht um eine Frau werben, sie wollen schöne Begleitung und Sex auf Order und bezahlen halt dafür.
Probleme , Kopfschmerzen und Alltagsgespräche ausgeschlossen.
Was heute elegant als Sugar-Daddy und Escort-Dame betitelt wird, waren früher der Aufreisser und die Dorfmatraze.
Das Internet bietet natürlich eine gewisse Anonymität.
Meine Meinung.
LG,Mao

Merci für deinen Input!

Ja, das ist ein Aspekt, den ich gesellschaftlich interessant finde.
Aus bestimmten Gründen verfolge ich den Online-Diskurs der Sugar- und Prostitutions-Szene in Nairobi relativ nah. Da ist dieser Aspekt „in eine bessere Welt schlüpfen können“ sehr sichtbar und wird ganz offen artikuliert, und auch da in Nairobi gehts schon nicht um unmittelbare „Ent-Verelendung“. Umso interessanter hierzulande, wo das von materieller Not ja noch viel mehr abgelöst ist.

In gewisser Weise schon, aber dieses Gezielte und Geschäftsmäßige, das dann auch öffentlich propagiert wird usw., das finde ich schon ein neues Phänomen.

„Das Phänomen ist ein altes. Neu ist die offenbare Salonfähigkeit dieser Art von Beziehung und die Offenheit, mit der … danach gesucht wird.“

Die Grenzen zur Prostitution sind natürlich fließend, aber darauf ist es nicht zu reduzieren. Es ist aus meiner Sicht schon auch eine Form des Datings und der gewollten (asymmetischen) Beziehungsgestaltung.

Gruß
F.

Der Kapitalismus macht eben nirgendwo Halt. Warum auch. „Der Markt regelt (doch) alles.“
Jeder guckt was er kann/anbietet und was er dafür bekommt. Dank des Feminismusses tun es diese Frauen selbstbestimmt und ohne die Geißel des „Patriarchats“.

Einige Ängste und Abhängigkeiten werden durch andere ersetzt. Das Resultat als Freiheit eingebildet. Der Selbstbeschiss kennt keine Grenzen, wenn’s denn dem Narrativ dient.