§35 VIII STVO - Und die Folgen

Hallo liebe Leute,

ich bereite gerade einen Vortrag zu Sonder- und Wegerechten vor. Dabei stehe ich ein wenig auf dem Schlauch:
Was sind die möglichen verkehrsrechtlichen Folgen bei einem Verstoß gegen §35 VIII STVO?

Mir ist bewusst, dass ein Verkehrsteilnehmer Sonderrechte nur dann nutzen darf, wenn alle Vorraussetzungen des §35 I STVO erfüllt sind (Angehöriger einer der genannten Organisationen, hoheitliche Aufgabe, Gebot der Dringlichkeit). Hierdurch sind dann erstmal alle Vorschriften der STVO für die Person aufgehoben.

Weiterhin weis ich, dass ich wenn ich fälschlicherweise annehme Sonderrechte zu haben und deshalb die STVO missachte, juristisch genauso behandelt werde wie jeder „normale“ Verkehrsteilnehmer der gegen die Vorschriften verstößt (zu schnelles fahren, Rote Ampel überfahren, usw.).
Mir ist auch bewusst, dass ein Sonderrechtsfahrer, wenn er z.B. auf der Einsatzfahrt einen Unfall baut er es mit dem StGB zu tun bekommt (z.B. Sachbeschädigung, Körperverletzung, fahrlässige Tötung)

Außerdem ist mir klar, dass die Aufhebung der STVO durch §35 VIII STVO eingeschränkt wird: "Die Sonderrechte dürfen nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden."

Sollte ein Sonderrechtsfahrer jetzt dabei erwischt werden wie er z.B. zu schnell fährt wird nur noch geprüft ob die

  1. Vorraussetzungen des §35 I STVO erfüllt sind
    und
  2. nicht gegen die Einschränkung des §35 VIII STVO verstoßen wurde.

Nur, was mir immer noch unklar ist: Welche Folgen hätte der reine Verstoß gegen §35 VIII für den Fahrer?

Kann mir da einer von Euch weiter helfen?

Danke für Eure Antworten

Euer
Ebenezer

Hallo!

Es gibt keinen „Verstoß gegen § 35“,also kein Verwarn-oder Bußgeld.

Der § 35 regelt doch Ausnahmen,wann von den allgemeinen Vorschriften der StVO abgewichen werden darf.
Und das immer unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit(gerade beim Tempo)und der besonderen Beobachtung des Verkehrs,um andere nicht zu gefährden.

Aber es gibt im OWi-Katalog einzelne Verwarngelder für Missbrauch von Blaulicht/Horn und auch fürs gelbe Blinklicht,als Beispiel.

Und das bei „Blaulichtfahrten“ erhöhte Unfallgefahr besteht sollte bekannt sein. Und bei Unfällen mit Personenschaden wird immer ermittelt und der Fahrer belangt. Sihe der Fall in Hamburg. Feuerwehr im Einsatz kollidiert mit Linienbus,weil zwar Blaulicht,aber keine Sirene eingeschaltet war. Fahrgast im Bus stirbt,als Bus an Haltebucht ausschert.
Feuerwehrmann wurde m.E. sogar zu Freiheitsstrafe verurteilt.

MfG
duck313

Nur, was mir immer noch unklar ist: Welche Folgen hätte der
reine Verstoß gegen §35 VIII für den Fahrer?

Das ist ein Widerspruch, ich kann nicht Sonderrechte in Anspruch nehmen, ohne gegen die Regeln der StVO zu verstoßen:

Wenn ich mich an die StVO halte, dann nutze ich die Sonderrechte nicht (auch wenn ich sie hätte).
Wenn ich mich nicht an die StVO halte, ohne Sonderrechte zu haben, dann wird jeder einzelne Verstoß geahndet (Tateinheit und -mehrheit beachten!).

Man kann also nicht gegen den §35 verstoßen, ohne andere Vorschriften zu missachten.

Beispiel:
Truppmann Willi Hastig fährt das HLF20 in der irrigen Annahme, er habe Sonderrechte. Vor der nächsten roten Ampel hält er aber an und wartet brav auf grün. -> Kein Verstoß gegen die StVO, keine OWi.

Hi,

Sollte ein Sonderrechtsfahrer jetzt dabei erwischt werden wie
er z.B. zu schnell fährt wird nur noch geprüft ob die

  1. Vorraussetzungen des §35 I STVO erfüllt sind
    und
  2. nicht gegen die Einschränkung des §35 VIII STVO verstoßen
    wurde.

Nur, was mir immer noch unklar ist: Welche Folgen hätte der
reine Verstoß gegen §35 VIII für den Fahrer?

Dir geht es doch um die praktische Seite und weniger um die dahinter stehende Theorie, oder? (Ansonsten sind Deine ersten Ausführungen an einigen Stellen ungenau)

Die Einschränkung des 35(8) ist eine typische „Wenn was passiert“-Vorschrift. Dass ein Fahrer die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht ausreichend gewürdigt hat, wird letztlich am Ergebnis festgemacht, also, wenn etwas passiert ist.

Diese Einschränkung ist die Grundlage dafür, dass, wie Du selbst beschreibst, ein Fahrer, der einen Unfall baut, mit dem StGB in Konflikt gerät. Gäbe es diese Einschränkung nicht, könnte ein Unfallfahrer, der sich auf die Sonderrechte des §35 beruft, sehr viel schwerer strafrechtlich belangt werden.

Anders ausgedrückt: es gibt keine praktikable Möglichkeit die Nichtbeachtung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung festzustellen, so lange die Fahrt kein „negatives“ Ergebnis hatte. Es macht daher keinen Sinn, dafür eigene Sanktionen anzudrohen. Das Ergebnis selbst ist ausreichend sanktioniert.

Nebenbei: für den Vortrag ist noch ein Aspekt des 35 sehr interessant (und lockert ihn auf): während in Absatz 1 bestimmte Organisationen genannt werden, und es deshalb egal ist, in welchem Fahrzeug gefahren wird (das könnte u.U. auch der Privatwagen sein), ist die Inanspruchnahme der Sonderrechte für den Rettungsdienst an die Fahrzeuge des Rettungsdienstes gebunden (Absatz 5a). Interessant ist dies z.B. für Mitglieder einer SEG.

Gruß Stefan

Hallo xstrom,

vielleicht etwas ungenau von mir ausgedrückt.

Das ist ein Widerspruch, ich kann nicht Sonderrechte in
Anspruch nehmen, ohne gegen die Regeln der StVO zu verstoßen:

Wie soll man gegen Vorschriften verstoßen wenn sie aufgehoben worden sind?

Dein
Ebenezer