Hallo Michael!
Es freut mich, dich zum Comeback bewogen zu haben.
Der vor die Füße hingeworfene Fehdehandschuh ist, solange ihn niemand aufnimmt, bloß ein Lumpen im Dreck. Die Selbstverbrennung des tunesischen Gemüsehändlers Mohamed Bouazizi im Dezember 2010 gewann ihre historische Bedeutung erst durch die darauffolgende Jasminrevolution und den Arabischen Frühling.
Was ich damit sagen möchte: Der Blick auf Geschichte verlangt Perspektive. Damit man Gegenwärtiges mit den Methoden und dem Blick eines Historikers untersuchen kann, muss sich in ihm eine historische Entwicklung fortschreiben oder ein Wandel einsetzen, der so tiefgreifend ist, dass dessen Zurücknahme nicht vorstellbar ist. Der Historiker kann Gegenwärtiges also nur betrachten, insofern es Teil oder Ende von etwas Älterem ist.
Das ist mein Verständnis von Geschichte. Diesem folgend kann man zwar die Taten des Arschgesichtes zur Geschichte rechnen: Als vorläufiger Kulminationspunkt der westlichen Islamophobie und als Härtetest der offenen Gesellschaft in Norwegen. Aber mit seinem Manifest verhält es sich deswegen anders, weil es erst rezipiert werden müsste, bevor es Bedeutung erlangte. Es selbst (ungeachtet der Tat) müsste Folgen haben. Diese Schrift gehört nicht zu den seltenen Ereignissen, die ohne Einblick in spätere Entwicklungen, augenblicklich zur Geschichte gezählt werden können. Als historische Quelle ist es deswegen uninteressant, weil uns von derselben Zeit so viele Zeitzeugenberichte (samt unseren eigenen Erinnerungen) vorliegen, dass wir blöd wären uns einen Wahnsinnigen als Gewährsmann zu erwählen. Denn welche Geschichte erzählen wir uns dann?
Und da wären wir bei Nero - und da juckt es nun mich zu sehr - der Rom nicht in Brand steckte.
Gruß
Peter