Jeder hat es heute gehört. Der Ehemalige Leibwächter Osamas wurde abgeschoben und soll nun zurückgeholt werden. Der Gute gilt als Gefahr und Hassprediger. Er lebte seit 2005 in D mit Frau und 4 Kindern auf Kosten der Steuerzahler.
Gut, es mag möglich sein diese Aktion mittels Grundgesetz zu rechtfertigen. Mir stellt sich aber die Frage, wie man das dem Wähler vermitteln will.
Sollten in solchen Fällen nicht überlegt werden zur Not auch gewisse Teile des GG zu ändern?
gg-änderungen für oder wegen einzelfällen?
never.
das gg ist das letzte, was angetastet werden sollte.
wenn änderungen erfolgen sollen oder müssten, dann in den „ausführungsgesetzen“ wie asylgesetz und aufenthaltsgesetz.
nur hier können weiche themen wie „keine abschiebung, wenn aus tatsächlichen oder rechtlichen gründen unmöglich“ durch definitionen und detaillierung (über rechtsprechung oder gesetzliche formulierungen und ergänzungen) festgelegt werden.
der fall sami a. scheint nun nicht besonders zu sein, ist im grunde sehr allgemein und auf folgende punkte zu prüfen:
- ist eine fehlende schriftliche zusage von tunesien (keine folter) eine rechtliche „unmöglichkeit“, wie es das gericht festgestellt hat?
- ist dies eine forderung, die im fall sami a. erfüllt werden muss?
- wenn ja, weshalb und wo ist dies definiert?
- ist diese dann nicht bei allen fällen jeweils einzeln einzuholen?
- wurde/wird dies so gehandhabt?
- wäre es nicht eine grundsätzliche politische entscheidung, ob ein abschiebeland als „sicher“ eingestuft wird?
im wesentlichen scheinen mir zwei grundsätzliche fragen - nicht das gg - vordergründig:
- sollen gesetze/abkommen/vereinbarungen allgemein verbindlich sein, ist auf individuelle sonderrechte und daraus resultierende verpflichtungen zu verzichten?
- schließt ein begriff „vermutung“ begriffe wie „tatsächlich“ und „unmöglich“ nicht aus?
pasquino
Hallo,
Das schlimme an diesem Fall ist, und das wird der Kampagnenjournalismus dem geneigten Wähler vielleicht unterschlagen, dass die Exekutive gehandelt hat, bevor die Judikative ihre Entscheidung getroffen hat. Die ausführenden Organe haben also die Abschiebung forciert, obwohl ihnen anscheinend bewusst war, dass Gerichte noch am Fall arbeiten. Eine klare Aushebelung der demokratischen Grundordnung - Polizei handelt ohne und sogar gegen die Entscheidung der Gerichte.
Wurde er denn schon wegen Volksverhetzung verurteilt?
Grundgesetz ändern wegen einer einzelnen Person? Nein Danke. Wie auch schon @pa_2015 schreibt, gibt es genügend untergeordnete Gesetze, die man ändern könnte.
Grüße
Pierre
Schreiben wir also ins Grundgesetzt „Der Leibwächter von Bin Laden hat kein Asylrecht in Deutschland“. Mit einer 2/3-Mehrheit geht das vielleicht sogar durch.
Nein.
Ein Rechtsstaat hat eben seinen Preis. Alles andere ist Willkür.
Mir gefällt auch nicht, dass er zurückgeholt wird, aber das ist nun mal das geltende Recht.
Gruß,
Steve
Eigentlich sollte es der Wählerschaft problemlos zu vermitteln sein, wie wichtig es ist, dass rechtsstaatliche Grundsätze berücksichtigt werden müssen, wenn man die ganze fremdenfeindliche Hetze drumherum weglässt. Und ja, diese Grundsätze gelten selbstverständlich auch für mutmaßliche Straftäter.
Schließlich genügt es, sich vorzustellen, dass es auch einen selbst treffen könnte, wenn diese Grundsätze aufgegeben werden.
Oder würdest du beispielsweise lebenslänglich ins Gefängnis gesteckt werden wollen, bevor ein Gericht überhaupt deine Schuld festgestellt hat?
Darum geht es nicht. Jeder Staat hat die Souveränität über seine Grenzen. Er muss niemanden aufnehmen, sondern kann Regelungen treffen, derartige Menschen nicht reinzulassen. Das ist auch der Rechtsstaat. Und der Rechtsstaat sieht es auch vor, dass man zum Beispiel die Verfassung ändert und das Asylrecht in ein Positivrecht ändert, das nicht mehr zur Einreise missbraucht werden kann.
Oder wärst du dagegen? Möchtest du, dass solche Leute wie der Leibwächter unbedingt weiter zu uns kommen?
Es geht hier nicht um Strafrecht, sondern um Ausländerrecht. Man kann (und sollte) auch friedliche und freundliche Menschen abschieben, denn wir nehmen sie ja - auch deiner Meinung nach - deswegen auf, weil sie verfolgt seien. Nicht (mehr) Verfolgte können dann ja auch zurückkehren. Bei dem Leibwächter geht es um die angebliche Gefahr, gefoltert zu werden. Das ist Schwachsinn. Auch bei uns kann es vorkommen, dass Polizeibeamte unberechtigt Gewalt anwenden, wie der Fall des israelischen Professors in Bonn zeigt. Eine unspezifische, abstrakte Gefahr ist also überall gegeben.
sehr gute anmerkung zur rechtsstaatlichkeit und entsprechendem handeln.
aber gesellschaftliche (individuelle opfer-) risiken werden in deutschland ohnehin und ohne not hinter individuellem täterschutz gestellt.
ich persönlich halte dies für sehr überdenkenswert.
prävention…
die abschiebung ist nach geltendem recht in deutschland offensichtlich einwandfrei.
der einwand von vermutungen ist eine gerichtliche auslegung, die erst einmal durch nichts begründet wird.
es sei denn, dass das gericht sich in die innerstaatlichen angelegenheiten tunesiens einmischen und auch dort deutungshoheit erlangen möchte.
aber tunesien ist mehr als einen teddybärweitwurf entfernt und da darf man alle vermutungen anstellen. archaisches zuerst.
pasquino
versteh ich nicht.
es geht weder um mutmaßlich noch um straftäter.
es ist doch kein rechtsstaatlicher grundsatz, vermutungen als begründung für eine ansonsten nach den hierzulande geltenden rechtlichen vorgaben korrekte abschiebung einzuwerfen.
indizien vielleicht, aber welche indizien sind denn das?
politische? rassistische? gegenüber tunesien?
du trägst hier wieder sachfreie behauptungen ideologischer ethischer persönlicher grundsätze und wertungen vor, die mit den vorgängen so gar nichts zu tun haben.
pasquino
das war meine begründung für die negativbewertung, auf deine zu meinem beitrag warte ich gerne ein wenig.
Ja, das fällt gelegentlich auf.
Die Abschiebung war eben nicht nach hierzulande geltenden rechtlichen Vorgaben korrekt, sondern ganz im Gegenteil - sie war nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen grob rechtswidrig, da dabei grundlegende Prinzipien des Rechtsstaats verletzt wurden.
Und inwiefern wurden grundlegende Prinzipien des Rechtsstaats verletzt? Indem die Exekutive ihn einfach abschob, obwohl noch ein diese Abschiebung betreffendes Gerichtsverfahren anhängig war , also noch keine Entscheidung der Judikative vorlag.
Übrigens: Das Gericht hat entschieden, dass er nicht abgeschoben werden darf.
Du solltest nicht von dir auf andere schließen.
Dachte ich mir’s doch - es war ein kleinkindhaftes Trotzverhalten.
im januar hat die tunesische staatsanwaltschaft anklage gegen den tunesischen bürger sami a. wegen verdachts auf terroristische tätigkeit erhoben.
im mai hat tunesien in einer diplomatischen note wegen des anstehenden abschiebeverfahrens zugesichert, dass sami a. keine folter drohe.
das gericht ignoriert dieses element und verweigert aufgrund eigener anderslautender „vermutung“ - rechtsstaatliche begründung hierfür fehlt - die abschiebung.
das gericht hat darüber hinaus - verfahrensfehler - das bamf angewiesen, keine abschiebung durchzuführen, obgleich bamf für das abschiebeverfahren nicht zuständig ist. dies war auch ursache für die durchgeführte abschiebung, die bei korrekter anweisung nicht stattgefunden hätte.
die schlichte erkenntnis ist, dass rechtsstaatliche verfahren zwar wichtig und unabdingbar sind, unabhängig davon, ob die ausführenden elemente selbst rechtsstaatliche prinzipien einhalten.
bananenrepublik.
pasquino
das heißt, du antwortest nicht, der katzenjammer bleibt aus. auch gut.
Doch geht es und alles, was du hier in weiterer Folge von dir gibst, ist eine Nebelgranate nach der anderen.
Stimmt. Nur hat das ganze rein gar nichts mit dem vorliegenden Fall zu tun. Sami A. befand sich immerhin (mit Unterbrechungen) seit 1997 in Deutschland.
Stimmt ebenfalls und hat ebenfalls wieder nichts mit dem Fall hier zu tun. Du bringst hier die Legislative ins Spiel, obwohl es sich um ein Versagen von Exekutive (und teilweise auch Judikative) handelt.
Der Satz ist inhaltlich richtig, für das Thema aber völlig irrelevant. Genausogut könntest du schreiben, dass Gurken zu der Familie der Kürbisgewächse gehört.
Das ist ja mein Favorit. Klingt super, aber zu sagen, dass du damit das Thema verfehlt hast, wäre noch ein Euphemismus.
Ich wusste ja gar nicht, dass du Experte für tunesische Innenpolitik bist. Irgendwie scheint es da aber Leute geben, die deine Meinung nicht teilen:
The authorities continued to renew the state of emergency and used it to
justify imposing arbitrary restrictions on freedom of movement. Torture
and other ill-treatment of detainees continued in an environment of
impunity. Police carried out arbitrary arrests and house raids without
judicial warrants.
Nein, stopp, das ist mein Favorit! Systematische Folter und Menschenrechtsverletzungen mit einem Fall von deutscher Polizeigewalt zu vergleichen, ist schon ein starkes Stück.
tl;dr: Kein einziges Wort in dem Posting hat mit dem Thema zu tun. Auch irgendwie eine Leistung…
Selbst wenn der Rechtsstaat es vorziehen sollte, das Asylrecht in ein Positivrecht ändern zu können, hielte ich das für absolut falsch. Das Asylrecht stärkt die Menschenrechte (übernatürliches Recht). Ohne Asylrecht keine Menschenrechte.
Grüße mki
Doch genau darum geht es. Um den Rechtsstaat und seine unbedingte Gültigkeit für alle im Land.