Abmahnung und Inhalte Beweislast

Hallo zusammen.
Es geht um eine bevorstehende Abmahnung eines Freundes. Er ist Arbeitnehmer. Bevor er abgemahnt werden wird, hat er in einer Anhörung die Möglichkeit zur Stellungnahme.

Es wird folgendes geschrieben…

Sie haben am xx.xx.xxxx für den Zeitraum 09.00 Uhr bis 09.50 sowie am xx.xx.xxxx für die die Zeiträume 08.10 uhr bis 8.30 Uhr sowie 9.50 Uhr bis 10.35 Uhr ihren Arbeitsplatz verlassen.

Gemäß Dienstvereinbarung xx sind arbeitszeitunterbrechungen wie z.b. Pause im zeiterfassubgssystem zu erfassen. Eine Überprüfung Ihrer zeiterfassung hat ergeben, dass sie für die oben genannten Zeiträume nicht ausgeloggt waren.

Der Zeitraum liegt im April und Anfang Mai und für den Arbeitnehmer ist nicht mehr nachvollziehbar, was in der Zeit passiert ist bzw wieso er nicht am Platz war.

Woher die Information über die Anwesenheit kommt ist dem Arbeitnehmer nicht bekannt.

Ist die o.g. Abmahnung so hinzunehmen?
Müssen keine belegbaren Beweise vorliegen oder reicht hier die alleinige Anschuldigung und die Beweislast liegt beim Arbeitnehmer?

Ich bitte um Eure Hilfe.

Vielen Dank

Mfg

Hallo,

nein, du solltest nicht sagen, dass du nur an z.B. einem Termin nicht ausgestempelt hattest. Dann würde der Arbeitgeber sagen: … prima, danke für die Richtigstellung. Jetzt ist unsere Anschuldigung wenigstens wasserdicht…

Die Abmahnung wird erst relevant, wenn noch eine dazu kommt und der AG dich deshalb entlassen möchte. Wenn dann auch nur ein Detail der Anschuldigung des AG nicht richtig ist, dann ist die gesamte Aktion (Entlassung) gescheitert.

Eine Möglichkeit wäre, die Abmahnung hinzunehmen und dem AG mitzuteilen, dass die Anschuldigung nicht stimmt. Das legt er dann zu der Akte und es passiert weiter nichts. Und erst wenn es ernst wird, also wenn er entlassen will, dann soll die Abmahnung platzen, weil irgendwo ein Detail nicht stimmt.

Alles Gute
Schrella
Ich bin kein Jurist! Bei deiner Gewerkschaft bekommst du dazu noch weitere Infos.

Vielen Dank für die Antwort.
Der arbeitnehmer muss zu den Vorwürfen binnen einer Woche Stellung nehmen sonst wird daraus eine Abmahnung geschrieben wenn er diese Vorwürfe nicht entkräften kann.

Die Frage ist aber wie der Arbeitgeber beweisen will das er vorsätzlich privat abwesend war. Scheinbar war dies auf zuruf von Kollegen aufgenommen werden.

Der arbeitnehmer weiß aber nicht wo er in der Zeit gewesen ist, da die Zeiträume ja schon länger zurück liegen bzw ob er überhaupt tatsächlich nicht an seinem Arbeitsplatz war oder ob dies nur behauptet wird.

Aussage der Arbeitgebers: der Arbeitnehmer wurde von Kollegen gesucht aber nicht gefunden.

Hi!

Du solltest nichts unterschreiben, außer vielleicht den Erhalt der Abmahnung und die Sache auf sich beruhen lassen.
Die Erklärung, dass Du Dich wegen der zeitlichen Ferne im Detail nicht daran erinnerst, kannst Du abgeben (ich kenne die Art Deiner Tätigkeit nicht), ob es etwas ändert, ist jedoch fraglich.

Wenn der Arbeitgeber mal irgendwann der Meinung ist, eine Kündigung damit zu untermauern, könnte er nach Deiner Schilderung durchaus in Erklärungsnot geraten, denn das hier

würde ja in letzter Klarheit bedeuten, dass die Kollegen durchgehend jeweils 50, 20 und 45 Minuten am Stück an Deinem Arbeitsplatz auf Dich hätten warten müssen.

Doch und ganz im Gegenteil - der Arbeitgeber muss eindeutig den arbeitsvertraglichen Verstoß nachweisen.

Wie lange arbeitest Du denn schon dort und gibt es Hinweise darauf, dass irgendwas nicht mehr passt?

VG
Guido

Um anwesend geht es auch gar nicht !

Hallo!

Grundsätzlich muss beweisen, wer behauptet. Ungeachtet dessen braucht man für einen Rat genauere Kenntnis der Umstände. Vorübergehende Abwesenheiten vom Arbeitsplatz ohne Ausloggen können betrieblich veranlasst oder vertragswidrig sein.

War eine Verkaufstelle zu den genannten Zeiten geschlossen und Kunden rüttelten vergeblich an der Tür … werden Zugänge zum Unternehmen mit Kameras überwacht und man erkennt Verlassen des Geländes und Rückkehr des Mitarbeiters … handelt es sich um die einzige Arbeitskraft im Tower von Parchim International, wo gewöhnlich nur Gänse und Reiher fliegen, aber immerhin alle paar Wochen jemand kommen könnte, der einen Touch down üben soll und vergeblich versucht, den Tower zu erreichen … verlustierte sich der Mitarbeiter mit einer Kollegin in der Besenkammer und war deshalb für arbeitsvertragliche Ansinnen disabled… oder verließ der Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz, um mit hartem Stuhlgang oder vorübergehendem Unwohlsein das Klo aufzusuchen … oder verlässt er seinen Schreibtisch gelegentlich, um Ware anzunehmen, Besucher zu empfangen oder dienstliche Angelegenheiten mit anderen Mitarbeitern zu besprechen…

In einem Anstellungsverhältnis geht es auch um Vertrauen. Obwohl man sich nach Wochen oder Monaten nicht mehr an die einzelne halbe Stunde erinnern kann, wird der betreffende Mitarbeiter wissen, ob es Vorfälle/Abwesenheiten gab, an denen er sich hätte ausloggen müssen, es aber unterließ. Wird nachweisbares Fehlverhalten mit einer Lüge getoppt, ist das Vertrauen nachhaltig beschädigt. Wenn der Beschäftigte also weiß, dass er Mist gebaut hat, sollte er – Abmahnung hin oder her – dazu stehen. Eine einzige berechtigte Abmahnung ist noch kein Kündigungsgrund, aber ein ernst zu nehmender Schuss vor den Bug.

Gab es kein Fehlverhalten, sollte der Mitarbeiter den Vorwürfen schriftlich widersprechen. Folgt dann die Frage, wo der Mitarbeiter zu den angegeben Zeiten war, kann die wahrheitsgemäße Angabe nur lauten, sich nicht an jeden Moment vergangener Monate erinnern zu können, sich aber stets an die Regeln zu halten. Ansonsten erbittet man belastbare Nachweise für vertragswidrige Abwesenheit vom Arbeitsplatz zu den genannten Zeiten.

Aber: Isolierte Betrachtung von Details führt meist nicht weit; man braucht das gesamte Bild. So wird man bei einem geschätzten, zuverlässigen Mitarbeiter irgendwelche lange zurück liegenden halben Stunden nicht thematisieren. Andernfalls geht es mutmaßlich um andere, in Deiner Frage gar nicht erwähnte Sachverhalte.

Gruß
Wolfgang

Zunächst vielen Dank für eure Zahlreichen Antworten.

Ich hole dann mal etwas weiter aus um den Zusammenhang evtl. besser beurteilen zu können.

Der Arbeitnehmer ist bereits seit knapp7 Jahren in dem Unternehmen angestellt und arbeitet im Büro. Es besteht kein Kundenkontakt.

Es kam vor etwa einem halben Jahr mit ein paar Kollegen zu einem Bruch des bisher guten Verhältnisses. Seit dem wird der Arbeitnehmer in regelmäßigen Abständen bei der Führungskraft, zu der bislang ein neutrales, gutes Verhältnis bestand, angeschwärzt mit jeglichem Fehler der während der Arbeit unterläuft. Daraus resultierend wurde mit der Führungskraft ein Gespräch geführt, welches den Ausgang hat, dass der Arbeitnehmer in zwei unterschiedlichen Schreiben an ein und dem selben Tag eine Stellungnahme zur Abmahnung erhielt. Einmal wegen der Unterstellung, seinen vertraglichen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis nicht ordnungsgemäß nachzukommen, da in kurzen Abständen mehrere Fehler festgestellt wurden, die jedoch keine finanzielle Tragweite für das Unternehmen hatten sondern lediglich organisatorische Fehler waren die sich eingeschlichen hatten und auf der Tatsache wurde dann auch die Zeiterfassung des Arbeitnehmers kontrolliert.

Der Arbeitnehmer geht davon aus, dass er wegen des Bruches und des Verhaltens der Kollegen ihm gegenüber kein gern gesehener Arbeitskollege mehr ist und man demnach versucht das Arbeitsverhältnis zu lösen.
Einige Punkte aus den Anschuldigungen können entkräftet werden, jedoch nicht alle.
Daher würde der Arbeitnehmer die zweite Anhörung zur Abmahnung bzgl. der Arbeitszeit, die ihm nach unberechtigt ist, nicht akzeptieren.

Zu den Angaben des Arbeitnehmers. Er ist nicht die einzige Arbeitskraft im Team sondern das Team besteht aus 20 Mitarbeitern. Es lag also zu keiner Zeit eine Störung des Betriebsablaufes vor. Da der Arbeitnehmer die Zeiterfassung genau nimmt, gab es auch keine Zeiten in denen er Bewusst einen Betrug begehen wollte.

Indem du jetzt auf alle Vorwürfe detailliert eingehst, hilfst du dem Arbeitgeber bei der Erstellung wasserdichter Abmahnungen. Er wird durch deine Kommentare in die Lege gesetzt, nur die Anschuldigungen aufzunehmen, die er für bewiesen oder beweisbar hält.
Auf Grund der Abmahnungen und weiteren Fehlverhaltens ließe sich so eine außerordentliche Kündigung sicher durchsetzen.

Die freundliche Aufforderung, die Vorwürfe zu kommentieren, ist m.E. nichts anderes als die Bitte, du mögest doch das Messer besonders gut schärfen, was man mir dir baldigst in den Rücken stecken möchte.

Du solltest dem AG NICHT weiter dabei helfen.

Du solltest dagegen sogar HOFFEN, dass es Abmahnungen mit falschen und widerlegbaren Vorwürfen gibt!
Denn wenn es dann absehbar zur Kündigung kommen sollte, die sich darauf beruft, dann bist du in der Lage, deine Trümpfe im Rahmen des Prozesses zur Kündigungsschutzklage auszuspielen.

Ich rate daher dazu, möglichst viel Daten, Fakten und Beweise zu deiner „Unschuld“ zu sammeln und diese vorerst nicht zu offenbaren.

Zum konkreten Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs: „Ich habe die Zeiterfassung stets sehr genau durchgeführt und werde dies selbstverständlich auch weiterhin machen. Ich kann die Vorwürfe nicht nachvollziehen.“

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Weiters scheint bei der Fallkonstellation noch mehr im Argen zu liegen. Aus diesem Grund sollte wohl besser ein (Fach)Anwalt für Arbeitsrecht aufgesucht werden. Vor allem um nicht noch mehr Beweissicherung für den AG zu betreiben…

mfg M.L.

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So blöd es ist, aber ja nichts bekennen und immer beteuern, dass man nach besten Wissen und Gewissen handelt.

Wie oben schon geschrieben, alles andere hilft der Gegenpartei. Ansonsten: Offen Konflikt ansprechen und klar zur Konfliktbeilegung sich bekennen. Immer betonen dass man hier von einer privaten Rachenummer ausgeht und von seiner Seite für eine Verständigung offen ist. Denn das kann dann die nächste Frage sein: was wurde von ihrer Seite aus getan um den Konflikt zu lösen.