Hallo und Guten Tag,
in der „Berliner Morgenpost“ vom 17. Februar 2014 konnte man folgenden Artikel lesen, Zitat:
BADEN-WÜRTTEMBERG
In Schwaben sind jetzt sogar die Grünen gegen Bio
Die Landesregierung will Biologie als Schulfach abschaffen. Experten sind entsetzt. Für sie macht diese Maßnahme deutsche Studenten in den USA und sogar in Indien endgültig zur Lachnummer.
Von Felix Mescoli
Der schwerfällige, zehn Tonnen schwere Triceratops mit seinem mächtigen Nackenschild war als Fortbewegungsmittel nicht besonders gut geeignet – vor allem in Gegenden, die mit Raubsauriern verseucht waren. Für einen leichtfüßigen Raptor war es wohl ein Leichtes, den Reiter aus dem Sattel zu pflücken. Solche und andere Ungereimtheiten halten christliche Fundamentalisten in den USA nicht von ihrem Plan ab, ihr Weltbild, nach dem Menschen und Dinosaurier bis vor 4000 Jahren zusammenlebten, zum Inhalt des Biologieunterrichts an Schulen zu machen.Des Kreationismus sind die deutschen Bündnisgrünen zwar unverdächtig, an Sendungsbewusstsein mangelte es der Partei indes noch nie. In Baden-Württemberg, Land der Tüftler und Denker, will die grün-rote Regierung unter dem ehemaligen Biologielehrer Winfried Kretschmann den Biologieunterricht und weitere naturwissenschaftliche Fächer als eigenständige Schulfächer abschaffen. Was außerdem stutzig macht: Ethisch umstrittene und gesellschaftlich bedeutsame Themen wie Klonen und Pränataldiagnostik sollen aus dem Lehrplan verschwinden. Lehrer und Wissenschaftler sind empört.
Elemente aus Biologie, Chemie, Physik und Technik Die Bildungsplanreform von Kultusminister Andreas Stoch (SPD), die im Jahr 2015 wirksam werden soll, sieht vor, dass die Lebenswissenschaften am Gymnasium in den Klassen 5 und 6 zukünftig in einem sogenannten Fachverbund namens „Naturphänomene und Technik“ vermittelt werden. Eingehen in diese fachliche Chimäre sollen Elemente aus Biologie, Chemie, Physik und Technik. Dabei solle der Biologie-Unterricht von zwei auf eineinhalb Schulstunden pro Woche reduziert werden, sagen Kritiker. Hinzu kommt, dass das Fach künftig auch fachfremd unterrichtet werden kann, sofern den Schulen nicht genügend geeignete Lehrer zur Verfügung stehen. Die Zahl von Naturphänomene-Lehrern, die über ein abgeschlossenes Studium in Biologie, Chemie, Physik und Technik verfügen, dürfte indes begrenzt sein.Die Fachwelt ist empört über die Pläne aus Stuttgart. Die von der Kulturministerkonferenz vereinbarten bundesweiten Bildungsstandards für den mittleren Schulabschluss seien so nicht mehr erfüllbar, urteilt Peter Nick, Professor für Molekulare Zellbiologie und Studiendekan für Biologie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).Manche seiner Erstsemester könnten schon heute einen Lurch nicht von einer Eidechse unterscheiden, wettert der renommierte Saurierforscher und Leiter der geowissenschaftlichen Abteilung des Naturkundemuseums in Karlsruhe, Eberhard Frey. „In den USA und selbst in Indien bekomme ich zu hören, dass deutsche Studienabgänger nichts mehr wert seien.“
Experten protestieren
Mit großer Bestürzung" reagiert die Fachschaft Biologie am Staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrerbildung in Heidelberg auf die Pläne des Kultusministeriums. „Wir sehen keinen einleuchtenden Grund dafür, diesen künstlichen Verbund einzuführen“, heißt es in einer Stellungnahme an Kultusminister Stoch. Biologie sei eines der beliebtesten Unterrichtsfächer, die intensive Beschäftigung mit Lebewesen spreche die Kinder an. Der Unterricht durch fachfremde Lehrer könne nun zu einem „massiven Niveauverlust im Fach Biologie führen.“ Schon die Konzepte zur Erprobung des neuen Fächerverbundes orientierten sich nicht an den geltenden Standards für den Biologieunterricht, bemängeln die Didaktiker.Ohnehin hätten sich Fächerverbünde insgesamt in vielen Fällen nicht bewährt. Die methodischen und inhaltlichen Schnittmengen der hier zugrunde liegenden Fächer seien viel zu gering. Es käme doch auch kein Schulpolitiker auf den Gedanken, die Fächer Englisch, Französisch und Spanisch zu einem Fächerverbund „Moderne Fremdsprachen“ zusammenzuschließen, argumentiert ein Praktiker aus der Lehrerausbildung, der seinen Namen aus Angst vor Repressalien aus dem Kultusministerium nicht in den Medien lesen will.Um die erwünschte höhere Durchlässigkeit zwischen den Schularten zu erreichen, sei es sinnvoller, in den Klassen 5 und 6 aller Schulen Biologie als Unterrichtsfach einzuführen, ergänzt KIT-Biologe Nick. Dass Schulwechsler beim Übergang ans Gymnasium behindert würden, weil sie dem Biologieunterricht nicht folgen könnten, bezweifelt er.Ministerium kann keine Unterstützer nennen
Das Kultusministerium ficht das alles nicht an: Der neue naturwissenschaftliche Fächerverbund führe zu einer Stärkung der wissenschaftlichen Grundbildung, und in der Wissenschaft finde die Reform große Zustimmung, heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums auf eine Anfrage des FDP-Fraktionschefs im Stuttgarter Landtag, Hans-Ulrich Rülke. Auf eine Nachfrage von Vertretern der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Januar, wer denn die angesprochenen zustimmenden Vertreter der Wissenschaft seien, konnte das Ministerium indes keine Namen von Fachwissenschaftlern nennen, versprach aber, diese zu recherchieren. Das geht aus einem Gesprächsbericht der GEW hervor.Zudem muss sich die grün-rote Landesregierung von Rülke fragen lassen, inwiefern sich ihr Agieren mit den von ihr stets hochgehaltenen Prinzipien der Transparenz und des Gehörtwerdens vertrage. Denn auf drängender werdende Nachfragen und Kritik aus der Lehrerschaft reagiert Minister Schoch verschnupft, was vielleicht damit zusammenhängt, dass die Pädagogen offiziell erst einbezogen werden sollen, wenn alles vorbei ist.Der Minister teilt mit: Die Fachberater, die Lehrer im Auftrag des Ministeriums und der Regierungspräsidien in wissenschaftlichen und didaktischen Fragen beraten, also für die Umsetzung der umstrittenen Reformpläne zu sorgen hätten, würden ab Juli diesen Jahres in Lehrgängen in Kenntnis gesetzt und erhielten dabei Gelegenheit zur Stellungnahme. Bis dahin sind Einwände offenbar unerwünscht. Nach Informationen der „Welt“ wurden Fachberater angehalten, ihre Bedenken nicht öffentlich zu äußern. Bei Zuwiderhandlung drohen disziplinarische Maßnahmen bis zur Suspendierung. Dozenten in der Lehrerausbildung und Lehrern erging es ähnlich.Kretschmann gegen Max Weber
Siegbert Sonnenberg, Schulleiter des Kepler-Gymnasiums in Pforzheim, will sich den Mund dennoch nicht verbieten lassen. „Ich wundere mich sehr über diese Kritikunfähigkeit“, sagt er. Die gleichen politischen Kräfte, die jetzt versuchten, tadelnde Stimmen mundtot zu machen, hätten Lehrer, die offen Kritik an der Bildungspolitik der vorherigen Regierung unter Ministerpräsident Stefan Mappus geäußert hätten, stets massiv unterstützt. „Durch die Bildungsplanreform besteht nach momentanem Stand die Gefahr, dass das Niveau des Gymnasiums auf das der Gemeinschaftsschulen heruntergeschraubt wird“, meint der erfahrene Lehrer.In seiner berühmten Schrift über „Die ,Objektivität’ sozialwissenschaftlicher Erkenntnis“ stritt Max Weber einst für eine Entpolitisierung der Wissenschaft. Denn diese vermöge „niemandem zu lehren, was er soll, sondern nur, was er kann und – unter Umständen, was er will“. Die Regierung des Biologen Kretschmann, die vorgab mit Umweltschutz, Transparenz und Bürgerbeteiligung punkten zu wollen, scheint nun den umgekehrten Weg zu beschreiten.
http://www.morgenpost.de/kultur/article124938515/In-…Jetzt frage ich: Was soll das, warum wird das überhaupt für notwendig gehalten und welchem Zweck soll das dienen, in den Schulen von Baden-Württemberg naturwissenschaftliche Fächer einfach zusammenzulegen?
Ich meine: Was ist denn die offizielle Begründung dafür? Was ist die Idee dahinter? Das ist doch eigentlich der helle Wahnsinn, oder?
Vielen Dank im Voraus für Antworten,
Jasper