Hallo,
Da stellen sich mir gleich mehrere Fragen.
Zum einen war ja der Bankrott von Lehman Brothers der Beginn
der Finanzkrise.
das ist nicht richtig. Vor Lehman Brothers gab es eine dreistellige Zahl von Institutspleiten in den USA. Lehman Brothers ist einfach nur die größte und bekannteste gewesen.
Dadurch gerieten andere Banken in Schieflage bzw. pleite,
Nein, da gab es keine Zusammenhänge. Lediglich die Ursache war die gleiche: das Platzen der Immobilienblase in den USA.
entstand, eben weil vom Staat nicht mehr gerettet wurde. Als
Begründung für die bessere Lage der europäischen und besonders
deutschen Banken wurde damals angeführt, dass die NICHT
zwischen Privatkundengeschäft und Investmentbanking trennen
und daher Verluste im Investment durch Profite bzw. das
Kapital aus dem Privatkundengeschäft auffangen können.
Das Argument ist mir tatsächlich noch nicht untergekommen. Das ergibt auch eigentlich keinen Sinn, weil es (zumindest in Deutschland) kein Institut gab, das aufgrund der Probleme am US-Immobilienmarkt in Schwierigkeiten kam, in nennenswertem Umfang Privatkundengeschäft betrieb. Eine Kompensation der Verluste war insofern gar nicht möglich.
Tatsächlich war es so, daß die Institute, die in US-Papiere investiert hatten, dies taten, weil sie aufgrund des fehlenden anderweitigen Geschäftes Ertragsprobleme hatten.
Hat die EU bzw.
Steinbrück was falsch verstanden?
Da ich die Aussage, wie Du sie formuliert hast, noch nicht gehört habe, kann ich das nicht beurteilen. Daß Steinbrück und die EU etwas falsch verstanden haben, will ich aber damit ganz sicher nicht ausschließen.
Und wieso soll eine solche Trennung den Steuerzahler schonen?
Der Grundgedanke ist, daß die Gefahr besteht, daß die Staaten sich in der Pflicht sehen, ein Kreditinstut zu schützen, weil es Verluste aus spekulativen Geschäfte macht, die das ganze Institut gefährden und damit auch die Einlagen der Privatanleger.
Die Trennung soll also bewirken, daß die Einlagen der Privatanleger nicht infiziert bzw. gefährdet werden, wenn sich der Investmentzweig verspekuliert, weil sich die beiden Blöcke in verschiedenen rechtlichen Einheiten befinden.
Damit drückt Steinbrück unfreiwillig vor allem aus, daß die Einlagensicherung, wie sie im Augenblick existiert, im Ernstfall (d.h. wenn ein großes Institut taumelt) nicht funktionieren wird. Er sagt damit weiterhin, daß das von ihm selbst als Bundesfinanzminister initiierte Restrukturierungsgesetz, das die geordnete Abwicklung eines taumelndes Institutes ermöglicht, ebenfalls nicht den gewünschten Zweck erfüllt, nämlich den Schutz der Einlagen von Privatanlegern.
Im Augenblick ist die Rede davon, daß Kreditinstitute aufgespalten werden sollen aber eine darüberstehende Holding Eigentümer der beiden neuen Institute sein darf. Damit zeigt Steinbrück, daß er entweder
grundlegende Zusammenhänge nicht verstanden oder aber die Sache nicht durchdacht hat.
Wenn eine Holding eine Beteiligung an einem Institut hält, das aufgrund spekulativer Geschäfte pleite ist, dann muß die Holding sowohl die Anteile an der Pleitebank abschreiben als auch die Forderungen an dieses Institut. Damit wird die Holding auch zusammenbrechen.
Man braucht darüber hinaus nicht viel Phantasie, um sich zu überlegen, wo denn wohl die Privatkundensparte ihre Liquidität aus den Kundeneinlagen unterbringen wird: bei ihrer Schwester, die kein eigenes Kundengeschäft betreiben darf und dementsprechend irgendwoher Liquidität braucht, um ihre Geschäfte zu betreiben.
Im Zweifel wird also auch die Privatkundenbank in Mitleidenschaft gezogen, wenn der Investmentzweig in die Grütze geht. Am Ende steht dann doch wieder der Staat auf der Matte. Die Trennung nach dem vorgeschlagenen Modell ist also - ohne weitergehende Regelungen - wieder einmal nichts anderes als Aktionismus, der dazu noch den bisher existierenden Regelungen und Instrumenten Untauglichkeit bescheinigt.
Werden dann nur bankrotte Investmentbanken nicht mehr
gerettet? Oder werden beide „neuen“ Bankentypen nicht mehr
gerettet?
Nein, nur die Privatkundenbank. Das wäre aber nach dem Rstrukturierungsgesetz heute genauso möglich: die Aufsicht übernimmt die Herrschaft über das Institut, verhökert das werthaltige Vermögen, um damit die Privatkundeneinlagen abzusichern. Hinzu kommt, daß es heute eben eine Einlagensicherung existiert, die mittelgroße Problemfälle durchaus auffangen kann.
Bei großen Problemfällen, wie es die HRE, die WestLB, die HSH usw. darstellten, war nie die Einlagensicherung das Hauptproblem, sondern die Komplexität des Finanzsystems. Alle Institute sind mehr oder weniger stark miteinander verwoben. Banken leihen sich Geld und sichern sich gegenseitig Zins-, Währungs- und Kreditausfallrisiken ab. Da geht es um Beträge, die das eigentliche Bilanzvolumen um ein Mehrfaches übersteigen, d.h. sich schon bei einem Kreditinstitut auf mehrere Billionen euro belaufen können.
Zum Zeitpunkt X kann niemand absehen, was die Zahlungsunfähigkeit eines Kreditinstitutes für Folgen nach sich zieht, denn es handelt sich selten um Geschäfte, bei denen ein Institut ein Risiko eines anderen absichert und dieses Risiko dann behält. Vielmehr gibt es eine praktisch unendlich lange Kaskade, bei denen Risiken immer und immer wieder weitergereicht werden.
Es geht aber noch weiter: Privatkundeninstitut A sichert sich einen Satz Risiken bei Institut B ab, Institut B sichert zusätzlich Risiken von Institut C ab. Nun kommt Institut C ins Wanken, weil Institut D aus Takkatukkaland aufgrund einer Großpleite, des Platzens einer Rohstoffblase oder eines Erdbebens umfällt. Am Ende steht Institut A ohne Absicherung da, das Rating verschlechtert sich deshalb und Institut A bekommt Schwierigkeiten, sich die notwendige Liquidität am Markt zu besorgen.
Die Welt ist komplizierter als sich Herr Steinbrück und der Rest der Politik das vorstellt. Man wird schon weitaus umfangreichere Änderungen des Finanzsektors durchsetzen müssen, um zu erreichen, daß von der Finanzwelt nie wieder eine Bedrohung ausgeht.
Ein erster Schritt wäre allerdings, daß die Politik marktverzerrende Aktivitäten auf den Märkten unterläßt, denn die sind letzten Endes für alle größeren Krisen die Ursachen gewesen. Sei es billiges Geld, seien es Stützungen von Kreditinstituten und Staaten, seien es künstlich festgelegte Wechselkurse oder künstlich verbilligte Zinsen. Die EZB, ESM und Konsorten erzeugen gerade die größte Blase der Menschheitsgeschichte und ausgerechnet da will keiner den Stecker ziehen. Ich bin mal gespannt, wer helfen soll, wenn die Welt erkennt, daß die Staatsanleihen, deren Kurse gerade immer weiter steigen, weil die Notenbanken fleißig kaufen und dazu noch die Zinsen niedrig halten, nur dann etwas wert sind, wenn es bei Fälligkeit einen Blöden gibt, der noch an dieses Schneeballsystem glaubt.
Gruß
C.