Neodialektismen
Gewiss hast du da oft Recht, lieber Eckard,
aber ich habe bei vielen solchen Sozio- oder Regiolekten bemerkt, dass es zuerst ein Phänomen gibt, das von einer Person spontan gebildet wurde und das sich von der Standardsprache unterscheidet.
Dann wird dies aber von einem medienwirksamen Solisten aufgegriffen und verfeinert und vervielfältigt, dann von irgendwelchen Medien aufgesogen, aufgebauscht und verbreitet.
Erst als die BLÖD-Zeitung anfing, die Grimmschen Märchen in Kanaksprach zu drucken, wurde die Phänomen allgemein verbreitet und die Kanaksprak trat ins Bewusstsein der Leute und wurde von diesen auch angewandt.
So kommt es, dass es Bücher über „Szenesprachen, Jugendsprachen, Kanaksprak, Russendeutsch, u. ä.“ gibt, die von Mitgleidern dieser Gruppen nicht gekannt werden.
Die Konstruktion „ich bin am * Infinitiv“ ist eine standardsprachlich anerkannte; wenn sie allerdings abundant verwendet wird und gar noch mit Ergänzungen versehen wird, wie hier:
„Ich bin am Kohldampfschieben“ oder „Ich bin eine Latte am Schieben.“
dann beginnt der Dialekt.
Man sollte in diesem Zusammenhang die segensreiche Rolle der Dialektbands wie BAP, Spider Murphy Gang, Torfrock, Grachmusikoff, usw. nicht vergessen.
Und was den „Volksmund“ angeht, so scheint er mir eine Chimäre zu sein wie die Volkskunst, die Volksmusik und alle anderen völischen Phänomene.
Gruß Fritz