Ägyptens Generäle haben das Parlament aufgelöst, sowie die geltende Verfassung ausgesetzt. Eine Militäregierung soll jetzt Mubaraks Aufgaben übernehmen. Aber was ist eine Militärregierung überhaupt? Und kann sie wirklich die Normalität wieder herstellen und das Land in die Demokratie führen?
Liebe Redaktion
ich denke, als TV-Produzenten wäre es sinnvoll, nicht User, sondern die sicher gut ausgebildeten Korrespondenten des Senders vor Ort zu befragen.
Denn wohin der Weg führen wird, weiß niemand.
Ich habe dazu eine Meinung und ich glaube etwas. Aber glauben hat nichts mit Wissen zu tun.
Ich glaube, das Militär kann eine Rolle in ähnlicher Form wie in der Türkei spielen.
Offensichtlich haben die Ägypter Vertrauen in ihr Militär, dessen Position von Haus aus nicht der Kritik unterliegt, wie es gegenüber dem Militär in Deutschland der Fall ist.
Meine Kristallkugel ist jedoch immer noch zur Politur außer Haus. Zuverlässige Prognosen kann ich also nicht abgeben.
Es beruhigt mich jedoch, daß ein so meinungsbildendes Format wie Galileo seine Informationen aus so zuverlässigen Quellen bezieht…
Wendy
Guten Tag,
danke für diese Anfrage. Ich möchte vorausschicken, dass ich weder Politikexperte noch Journalist bin – ich lebe hier in Ägypten und habe die letzen Wochen hautnah miterlebt.
Nun, was eine Militärregierung ist … es hat hier in Ägypten ein Gremium aus obersten Militärs die Führung des Landes nach dem Abgang von Präsident Mubarak übernommen. Normalerweise würde mich dies nicht glücklich stimmen, war doch Mubarak selber aus dem Militär. Ich sehe die Lage hier in Ägypten aber anders.
Das Militär in Ägypten hat etwa 400.000 Mann und nochmals soviel Reservisten. Das bedeutet, dass aus jeder Familie irgendeiner dabei ist. Dies war, meiner Meinung nach, ein ganz wichtiger Grund, warum hier niemand befürchtet hat, dass das Militär auf die Bevölkerung schießen wird. Das hat sich ja als richtig herausgestellt. Und der Slogan „Das Militär und die Bevölkerung ist eins“ klang immer wieder durch die Straßen, Frauen haben ihre kleinen Söhne auf die Panzer gehoben und fotografiert, Soldaten in schwerer Ausrüstung haben sich – Kleinkinder küssend – fotografieren lassen. Panzerbesatzung wurde von den Anrainern mit Frühstück und Tee versorgt. Ich habe das unter meinem Fenster beobachtet – und auch fotografiert … J
All dies gilt nicht für die Polizei, die ja für die meisten Plünderungen und Überfälle verantwortlich ist und die in speziellen Ausbildungslagern zum „Draufhauen“ trainiert werden. Diese Polizei wurde von Mubarak in den letzten Jahren besonders privilegiert und hatte – ich möchte fast sagen – ein mafiöses System an Korruption und Ausbeutung der Bevölkerung aufgebaut. Ich musste das selber oft und oft erleben.
Die Generäle sind ausgezeichnet ausgebildet, nicht nur in militärischer Hinsicht, auch in menschlicher Hinsicht und haben Führungsqualitäten. Und das sind ja nun Fähigkeiten, die jetzt nötig sind, ich würde in Ägypten im Moment niemandem anderen ein Wiederherstellen „normaler“ Lebensumstände und ein Vorbereiten auf die kommenden Wahlen zutrauen. Es ist ja keine Opposition vorhanden, zumindest keine, die auch nur in irgendeiner Weise organisiert wäre. Auch die Mehrheit der Bevölkerung denkt so. Dass man den Herren auf die Finger schauen sollte, ist klar, aber im Moment deutet alles auf einen guten Weg hin, zumal ja gerade die ersten Forderungen der Demonstranten erfüllt wurden – Auflösung der Verfassung und des Parlaments, Einfrieren der Vermögen einiger Minister und Ausreiseverbot.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage hinreichend beantworten.
Mit freundlichem Gruß aus Kairo,
Susanne Mlasko
Leider habe ich auf diese Frage keine Antwort. Ich bin kein Experte in der aktuellen Politikszene.
mfg Elisabeth
Hallo,
die Galileo Redaktion möchte wissen, was eine Militärregierung ist ??? !!!
Bei einer Militärregierung geht die politische Gewalt direkt vom Militär aus. Ob in Ägypten diese Regierungsform vorgesehen ist, oder ob man eine zivile Regierung lässt und diese durch das Militär kontrolliert, kann ich nicht sagen. Auch nicht, ob durch so eine Konstellation das Land in die Demokratie geführt werden kann. Eine Aussage dazu wäre reine Spekulation. MfG
Naja, ein wechsel vom Teufel zum Belzebub ist auf dauer für wahr nicht die Lösung des Problems, aber um für Ordnung zu sorgen und halbwegs zum normalen täglichen zu kommen und auch zu halten, ist dies erst mal die richtige Lösung!? Es gibt wohl immer noch einige fatalistische Anhänger des alten Regimes. Man muss jetzt erstmal die Walen abwarten und schauen, wie sich Ägypten Demokratie vorstellt und umsetzt.
„Was ist eine Militär-Regierung?“:
Frage zurück?
Was ist eine Regierung? Was ist eine demokratische Regierung?
Ich bin nicht ganz sicher, daß ich diese Frage ernst nehmen soll.
„Normalität wieder herstellen“:
Wie viele Jahre zuvor gab es da (´jetzt´) keine Normalität?
Für Normalität muß also erst mal entsprechender FreiRaum, Voraussetzung, geschaffen werden.
Das ist ein Wechsel-´Spiel´ von FreiRaum, Voraussetzungen gestalten - wie in ´uns´rer´ Demokratie, per Gesetz und Gesetzes-Änderungen - und diese um-zu-setzen, wo möglich.
Jede Regierung, die Demokratie wünscht, kann den Weg dahin vornehmen.
Die Problematik:
dort, wo vorher keine Demokratie war, will/muß Demokratie erst noch gestaltet werden.
Und: schriftlich fest-gehalten, vereinbart, nachlesbar.
Die Gestaltung so-wie die Organisation von Wahlen muß ebenfalls erst vorbereitet werden, damit diese - nach Planung und Regelung - durch-geführt werden können.
Also: Absicht, Planung, Durchführung, Korrekturen oder/und Änderungen/Verbesserungen (der Planung).
„Diktatur“, „Militärregierung“, „Kommunismus“, „Kapitalismus“, „Moslembrüder“, „Demokratie“, „Christen“…
das sind alles Worthülsen, Begriffe, die Vorstellungen in den Menschen auslösen, aus sich heraus aber kein Garant für irgendeine Richtung politischen Handelns sind, wenn die Menschen es nicht ausfüllen. Und wie sie es ausfüllen, das kann immer sehr unterschiedlich ausfallen. Und nicht zu jeder Zeit unserer Geschichte ist jede Art von Regierungsform denkbar, weil sich das Bewusstsein der Menschen sehr stark verändert.
Wenn wir heute auf das Alte Ägypten zurückschauen und unsere Maßstäbe auf die damalige Gesellschaftsform anwenden und sie daraus beurteilen, können wir ganz schön danebenliegen.
Auch wenn wir heute versuchen die Gesellschaftsformen in anderen Ländern zu beurteilen und zu entscheiden, was dort getan werden soll, ist das sehr riskant. Die Informationen alleine, die uns zugänglich sind, reichen ja selbst im eigenen Land kaum aus, in dem man die Zustände hautnah mitbekommt.
Natürlich gibt es ganz allgemein gültige Wertvorstellungen und Regeln für ein menschenwürdiges Zusammenleben. Und darin müssen wir auch alles tun, die Menschen in aller Welt zu unterstützen.
Aber sind wir in der Lage, die hohen Forderungen einer echten Demokratie zu exportieren, solange wir selber noch Anfänger darin sind und gerade zur Zeit weder das „Volk“ ausreichend geübt ist in demokratischen Umgangsformen noch der bestimmende Teil der Politiker und Wirtschaftsführer an einer solchen Entwicklung interessiert ist? Genauer besehen haben wir in Deutschland und in den europäischen und anderen Ländern, die sich demokratisch nennen, subtile Diktaturströmungen ganz unterschiedlicher Ausprägung, bestehend aus einer selbst für Fachleute schwer zu durchschauenden Mischung von massiven Eigen-Interessen, Machtzentren in Politik, Wirtschaft und den Medien - oft als Lobby-Gruppen bezeichnet, einem Konsumterror und einem fast unerschütterlichen Glauben an technische Machbarkeit und der Beherrschbarkeit des Planeten Erde.
In Schule und Familie werden kaum demokratische Prozesse geübt, obwohl Kinder und Jugendliche dazu gut in der Lage wären und aus ihrer Unverdorbenheit gerechter und fairer empfinden, denken und handeln als die meisten Erwachsenen, und auch bereit sind, Verantwortung zu übernehmen . Ein verschwindend kleiner Teil der Bevölkerung beteiligt sich aktiv an politischen Prozessen. Und die Wenigsten sind bereit auch Verantwortung für die Folgen ihrer Entscheidung zu übernehmen (siehe Bürger-Entscheid für den Erhalt des Flughafens in Lübeck, dessen Finanzierung Mittel bindet, die der Stadt in wichtigen sozialen und kulturellen Bereichen fehlen, weil die Menschen Billigfliegen für wichtiger erachten als Kultur, Bildung oder Hilfen im sozialen Bereich – nur als ein Beispiel für viele Großprojekte, die zur Zeit auf Kosten aller Menschen aus einseitigen Interessen mit politischer Gewalt durchgesetzt werden).
Aber zurück zu Ägypten: Kaum jemand dürfte sich in der Lage sehen, die Lage dort nur auf Grund der Berichterstattung richtig einzuschätzen. Afghanistan und andere Brennpunkte sollten uns gelehrt haben, wie schmal der Grat zwischen wirklicher Hilfe und unangemessener Einmischung – und das auch noch mit Waffengewalt! – ist, und wie entscheidend eine Hilfe im humanitären Bereich ist, die sich auf die Gegebenheiten im Land einlässt, einen langen Atem hat und trotzdem unbeirrbar Menschenrechte in die Tat umsetzt ( siehe der Gegensatz zwischen militärischem Einsatz in Afghanistan und der Organisation „Kinderhilfe für Afghanistan“).
Es folgt aus solchen Erfahrungen auch für den Norden Afrikas: Jegliche humanitäre Hilfe und jegliche ideelle Unterstützung sind zu begrüßen. Jegliche Einmischung in das politische Geschäft ist zu unterlassen und hat – wie bisher – nur den Geruch an sich, kurzsichtige Eigeninteressen zu verfolgen.
Aus allen Berichten und den Einschätzungen von Kennern der Region, die mir in der letzten Zeit zugänglich waren, wage ich eine subjektive Einschätzung mit Vorbehalt:
Die Demonstranten haben eine große Entschlossenheit gezeigt, ein Durchhaltevermögen und eine für die Mißstände und ihre berechtigte Wut ungewöhnliche Friedfertigkeit und Bedachtsamkeit. Das Militär hat in seinen Einsätzen und den bisherigen Verhandlungen die Haltung gezeigt, die man sich wünschte: sie haben befriedet und die in die Schranken gewiesen, die unangemessen Gewalt angewendet haben – und das waren ja vor allem die organisierte Geheimpolizei und andere Präsidenten-Treue. Bisher sieht es ganz so aus, als ob die Führung des Militärs ihre Machtstellung nicht missbraucht. Es ist die einzige Institution, die von allen respektiert wird, vor allem auch das Vertrauen des Volkes genießt und in der Lage ist, für einen einigermaßen geordneten Wandel zu sozial tragfähigen Verhältnissen zu sorgen.
Auch aus der jüngeren Geschichte kennen wir fast ausnahmslos Beispiele, bei denen Militärführer ihre Macht nicht zum Wohle des Volkes eingesetzt haben, geputscht haben, um Diktaturen abzulösen aber nicht aufzulösen. Oft waren die Zustände nach der Machtübernahme durch das Militär schlimmer als vorher.
Nach allen bisherigen Zeichen können wir die Hoffnung haben, dass hier eine Region zu demokratischen Prozessen findet (die ja mit den Demonstrationen bereits begonnen haben, denn Demokratie wird nicht durch die Bequemlichkeit eines Zustandes, sondern sie bewährt sich nur in den angemessenen Formen ständiger Bewegung unterschiedlichster Haltungen zwischen Auseinandersetzung und Einigung). Und wir dürfen das aufmerksam beobachten und können jetzt schon eine Menge lernen.
Also: Was ist eine Militärregierung? Was ist diese Militärregierung? Was ist die Normalität, zu der es sich lohnt zurück zu kehren? Und: kann es in einer Demokratie eine zentrale Führung geben?
Wolfgang Debus, Lensahn OH debuswolfgang@arcor,de
Sorry, da kann ich leider nicht behilflich sein.
Was eine Militärregierung genau ist kann ich nicht beantworten.Für die Ägypter ist das Militär hoch angesehen und viele glauben das es das militär schafft eine Demokratie einzuführen.Ich glaube das sich die Ägypter es nicht gefallen lassen werden noch mal unterdrückt zu werden.Das weiß auch die Führung des militärs.Es wird das Land auf den richtigen Weg bringen.
Eine Militäregierung soll
jetzt Mubaraks Aufgaben übernehmen. Aber was ist eine
Militärregierung überhaupt? Und kann sie wirklich die
Normalität wieder herstellen und das Land in die Demokratie
führen?
Leider bin ich für solche Fragen wohl nicht der richtige Ansprechpartner, weil Politik nun so gar nicht meine Stärke ist. Trotzdem werde ich versuchen, mich zu äußern:
Also eine Militärregierung sollte sicher nur vorrübergehend agieren, denn mit Demokratie hat eine solche sicher nichts zu tun. Trptzdem muss ja übergangsweise jemand das Zepter erst einmal übernehmen.
Ich hoffe und wünsche mir nur, dass alles friedlich abläuft und tatsächlich eine demokratische Regierung gebildet wird; und das möglichst schnell, denn ich könnte mir vorstellen, dass sonst wieder große Unruhe in der Bevölkerung entsteht.