Änderung Vereinssatzung per Gerichtsbeschluss möglich?

Hallöchen,

wir haben hier einen gemeinnützigen Förderverein, der vor rd. 30 Jahren gegründet wurde. Wie so oft ging hier soziales Engagement nicht mit kaufmännisch-rechtlicher Expertise Hand in Hand. So wurde in der Satzung geregelt, dass Änderungen der Satzung zwar mit 3/4 der Anwesenden Mitglieder möglich sind, diese 3/4 aber mindestens einem Viertel aller Mitglieder entsprechen muss.

Das Problem ist nun, dass bei rd. 150 Mitgliedern im Normalfall fünf, in guten Jahren acht Mitglieder an den Mitgliederversammlungen teilnehmen. Es ist völlig illusorisch auch nur anzunehmen, dass ein Viertel aller Mitglieder bei der Versammlung auftauchen würde (was nicht nur daran liegt, dass die Leute zwar ihr Geld der Sache zuführen wollen, nicht aber ihre Zeit, sondern auch, dass rd. die Hälfte der Mitglieder das Rentenalter erreicht hat und einfach nur der guten Sache wegen weiter Mitglied ist).

Einige Änderungen an der Satzung (und da geht es gar nicht um den Vereinszweck oder andere zentrale Themen, sondern um Dinge wie bspw. den Zeitpunkt der Mitgliederversammlung, die Fälligkeit des Mitgliedsbeitrages, die Form der Einladung) würden dem Vorstand die Arbeit sehr erleichtern.

Daher zwei Fragen:

  • Ist es generell möglich, eine Satzungsänderung durch einen Gerichtsbeschluss zu erwirken?
  • Ist es generell möglich, das Stimmrecht per Vollmacht auszuüben, auch wenn dies in der Satzung nicht vorgesehen ist? Variante dazu: Was ist, wenn sich 25% der Mitglieder auftreiben lassen, die zwar nicht zur Versammlung kommen, aber die explizit ihre Zustimmung zu einer spezifischen Änderung der Satzung erklären? Kann man das mit viel Phantasie und in der Hoffnung, dass das Amtsgericht Fünfe gerade sein lässt, aus § 32 Abs. 3 BGB ableiten? (*)

(*) Ja, ich weiß, dass mit der Vorschrift sog. Umlaufbeschlüsse gemeint sind, aber das kann ein Gericht ja auch schon anders interpretiert haben bzw. eine andere Interpretation ist ja zumindest denkbar.

Für andere Ideen, wie man die 30 Jahre alte Kuh vom Eis bekommt, bin ich natürlich auch dankbar.

Gruß
C.

Hi

Ihr könnt das ggf. bald als Umlaufbeschluss auch digital durchführen

Bisher sind Beschlussfassungen als Umlaufbeschluss nur in Papierform möglich, was recht aufwändig ist.

Gruß h

Hallo,

da das Wort „alle“ in § 32 Abs. 3 erhalten bleiben wird, ist die Änderung keine Entlastung. Die Frage ging auch eher in die andere Richtung: kann die fehlende Vollmachtsklausel in der Satzung dadurch umgangen werden, dass eine ausreichende Zahl der Mitglieder ihre Zustimmung zur Änderung der Satzung schriftlich erteilt.

Gruß
C.

Ich denke, dass Umlaufverfahren so möglich ist:
Die Mitglieder anschreiben mit altem und neuem Satzungstext neben einander gestellt.
Vom Verein abgestempeltes Rückantwort-Formular, frankiert, wo die Satzungsänderungen jeweils einzeln zur Abstimmung stehen. Abstempeln deshalb, um Fälschungen zu unterbinden und die Auswertung statistisch abzusichern.
Man kann auch gesetzlich vorgeschriebene Satzungsänderungen mit anführen, als Beispiel fällt mir da die Geschlechtergleichheit im Satzungstext ein. Da spüren die Miglieder dann eine gewisse Mitwirkungspflicht und beschäfigen sich dann auch mit den eigentlich gewünschten Satzungsänderungen.
Im Anschreiben muss klar der Grund stehen, weshalb diese Form der Abstimmung gewählt wurde. Letztlich droht die Vereinsauflösung, wenn die Mitglieder nicht mitspielen etc
Udo

Dem reinen Wortlaut des Paragraphen müssten alle Mitglieder abstimmen. Das wird allein schon deshalb schwierig, weil bei rd. 20% der Mitglieder die Anschrift nicht bekannt ist.

Selbst die ist nicht möglich, weil dafür 60% der Mitglieder anweisend sein müssten. Mit welcher Mehrheit der Beschluss gefasst werden müsste, hat man aber vergessen, in die Satzung zu schreiben.

Die Frage ist wirklich so simpel:

  • Kann eine Satzungsänderung durch ein Gericht beschlossen/angeordnet werden?
  • Sind Vollmachten ausreichend, auch wenn in der Satzung nicht vorgesehen ist, dass sich Mitglieder vertreten lassen können?

Gruß
C.

Da eine Satzungsänderung ohnehin über einen Notar und eine Eintragung in das Vereinsregister erfolgen muss, würde ich mir vorab einen Notar suchen, und mit dem das Thema besprechen. Der kann dann auch vorab Rücksprache beim Vereinsregister nehmen, und dann ein geeignetes Verfahren vorschlagen, bei dem das Register dann auch mitspielen wird. Denn nichts wäre ärgerlicher, als sich jetzt angesichts etwas volatiler Rechts- und Kommentarlage nach den besonderen Corona-Bestimmungen auf einen Ansatz zu versteifen, der dann vom Register nicht mitgetragen würde. Dann kann man natürlich für viel Geld klagen und jede Menge Zeit und Nerven investieren, … aber ohne Aussicht auf sicheren Erfolg.

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Das ist eine gute Idee; keine Ahnung, warum ich darauf nicht gekommen bin. Sowohl in Vereins- als auch in Privatsachen bin ich bei dem ja nun wirklich oft genug vorstellig geworden. Ich werde die Tage mal eine Mail an das Notariat schreiben und fragen, ob sie Ideen haben, wie man das Anliegen gestalten könnte.

Wenn das dann konkreter wird, kann man immer noch Bequemlichkeit, Praktikabilität und gespartes Geld für Papier und Briefumschläge gegen die Kosten von Notar und Gericht aufrechnen und überlegen, ob sich die Sache dann noch lohnt.