AG zahlt Gehalt nicht voll - Stunden anpassen?

Hallo,

eine Mitarbeiterin sollte den neuen gesetzlichen Mindestlohn erhalten, der seit Januar 2017 gilt. Dieser wird aber bisher nicht gezahlt. Der Chef wurde mehrfach drauf angesprochen. Seine Antwort: Man solle nicht so kleinlich sein. Die Mitarbeiterin hat offiziell eine 35 Stunden Woche, leistet konstant 40 Stunden, bis vor einigen Monaten sogar mehr. (Das Büro ist unterbesetzt und es wird seit letztem Jahr kein neues Personal eingestellt.)

Kann die Mitarbeiterin eine 4 Tage-Woche einführen als Reaktion auf die nicht vollständige Zahlung?

Sie bewirbt sich natürlich schon anderweitig, da sie dort nicht bleiben möchte.

Der AG hatte zuletzt einen Vorschlag unterbreitet, schriftlich, aus dem hervorgeht, dass die Mitarbeiterin weniger Stunden macht und dafür die Forderung gegenüber dem AG abtreten wird. Ist aber nicht im Sinne der Mitarbeiterin. Diese besteht nach wie vor auf ihr Geld.

Der AG ist noch 2 Wochen im Urlaub, aber per Email zu erreichen. Die Mitarbeiterin möchte ihm nun mitteilen, dass sie ab sofort eine 4 Tage-Woche macht als Reaktion auf das fehlende Geld. Denn von Januar bis jetzt wird nicht gezahlt was gezahlt werden soll.

Ist das rechtlich möglich?

Vielen Dank.

Warum stellt man solche Überlegungen an statt den fehlenden Lohn einzuklagen?
Weniger Stundenzahl bedeutet Anpassung des derzeitigen Arbeitsvertrages, ist der da, zahlt der AG wieder weniger!

Das sagt doch schon alles über die Gesinnung dieses Kerls aus. Mit dem verhandelt man nicht, dem begenet man mit harten Bandagen, nämlich gerichtlich. ramses90

Hallo und Danke für die Antwort,

nun ja, es sind monatlich keine „Millionen“, die fehlen. Freunde und Bekannte sagen der Mitarbeiterin, das ist marginal, such dir was anderes und gut ist. Hinzu kommen Anwaltskosten bei einem Verfahren. Die Mitarbeiterin hat netto keine 1.000,00 €.

Bei der ersten Verhandlung vor dem Arbeitsgericht besteht kein Anwaltszwang. Geh doch mal zum Arbeitsgericht und laß Dich dazu von einem Rechtspfleger (kostenlos) beraten. ramses90

Hallo!

Das ist dreist! Menschen am unteren Ende der Lohnskala haben nichts zu verschenken und sollten sich nie darauf einlassen, mit weniger als dem gesetzlichen Mindestlohn abgespeist zu werden.

Wenn sich ein Vertragspartner nicht an gesetzliche Regelungen hält, ist es keine gute Idee, mit vertragswidrigem Verhalten zu reagieren.

Der Vorschlag des AG ist Inakzeptabel.

Bessere, schnell und kostenlos funktionierende Möglichkeit: Die Mitarbeiterin geht mit Personalausweis, Anstellungsvertrag, Lohnabrechnungen und dem Schreiben mit dem seltsamen Vorschlag des Chefs zum Arbeitsgericht und gibt im Geschäftszimmer zu Protokoll, dass ihr der gesetzliche Mindestlohn vorenthalten wird. Anwalt und sonstiger kostenträchtiger Zirkus ist entbehrlich. Daraufhin setzt das Gericht binnen 2 Wochen einen Gütetermin fest, zu dem Arbeitgeber und Mitarbeiterin geladen werden. Beim geschilderten eindeutigen Sachverhalt wird dem Arbeitgeber vom Richter/von der Richterin klar gemacht, dass er es wegen Aussichtslosigkeit nicht auf ein strittiges Verfahren ankommen lassen und lieber umgehend ausstehenden Lohn zahlen sollte. Erscheint der Arbeitgeber nicht zum Gütetermin, gibt es ein Versäumnisurteil. Nachdem man sich daraus eine vollstreckbare Ausfertigung beschafft, kann die Mitarbeiterin ihren Anspruch per Zwangsvollstreckung vom Gerichtsvollzieher holen lassen. Aber so weit kommt es meistens nicht. Der Brief vom Gericht, in dem persönliches Erscheinen zum Gütetermin angeordnet wird, spätestens aber der Gütetermin wird reichen, die Angelegenheit zur Zufriedenheit der Mitarbeiterin zu erledigen.

Vermutlich handelt es sich um ein Unternehmen mit nur wenigen Mitarbeitern, wo es keinen besonderen Kündigungsschutz gibt. Es ist deshalb damit zu rechnen, dass der Arbeitgeber das Anstellungsverhältnis alsbald kündigen wird. Weil er aber gemerkt hat, dass er den Kürzeren zieht, wenn er sich mit Dreistigkeiten durchzumogeln versucht, wird er zum Ende des Anstellungsverhältnisses erneute regelwidrige Versuche unterlassen. Falls nicht, geht die Mitarbeiterin eben wieder ins Geschäftszimmer des Arbeitsgerichts.

Rein vorsorglich: Manche Arbeitgeber versuchen in solcher Situation, Mitarbeiter per Aufhebungsvertrag schnell und billig zu entsorgen. Darauf lässt sich die Mitarbeiterin natürlich nicht ein. Sie könnte sich eine Sperre beim Arbeitslosengeld einhandeln. Wenn es der Arbeitgeber möchte, steht ihm frei, zu kündigen und bis zum Ablauf der Kündigungsfrist den Lohn zu bezahlen.

Auch gar nicht so selten wird versucht, Gründe für eine fristlose Kündigung zu finden, z. B. Diebstahl. Deshalb ist Aufpassen mit sauber vertragsgemäßem Verhalten angesagt,

So marginal können die Beträge nicht sein, wenn sich der Arbeitgeber um die Zahlung zu drücken versucht.

Nein. Anwalts- und Gerichtskosten fallen nicht an. Ein Anwalt ist entbehrlich und zum Gerichtsverfahren vor einer Kammer des Arbeitsgerichts kommt es gar nicht. So etwas wird per Gütetermin im Viertelstundentakt erledigt.

Eben drum. Bei so geringem Einkommen zählt jeder Euro. Irgendwas von marginalen Beträgen zu erzählen, liegt neben der Sache. Außerdem dürfen windige Figuren, die nicht einmal den Mindestlohn bezahlen wollen, mit ihrer Einstellung nicht durchkommen. Ein Einlauf vom Arbeitsgericht schadet solchen Leuten nicht, kann aus einem ignoranten A***och einen zukünftig besser verträglichen Zeitgenossen machen.

Gruß
Wolfgang

Hallo,

falls die ANin keinen Rechtsschutz im Arbeitsrecht hat, dann hat sie an der falschen Stelle gespart und sollte diesen Mangel zumindest für die Zukunft schnellstens beheben - zB durch eine private Rechtsschutzversicherung oder Gewerkschaftsbeitritt.

&Tschüß
Wolfgang

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Hallo,

hat sie tatsächlich nicht. Und wenn man immer nur Anstellungen im Niedriglohnsektor bekommt, bleibt für Diverses nicht viel übrig, das ist wohl wahr.

Hallo und vielen Dank!

Eine Abmahnung müsste trotzdem von der AN noch angefertigt werden? Es gibt keine entsprechende Klausel im Vertrag (kein Tarifvertrag), die auf bestimmte Fristen verweist. Oder ist die Abmahnung hier nun überflüssig und der direkte Gang zum Arbeitsgericht erforderlich? Hier ist auch nicht abzusehen, dass es sich um eine kurzfristige Zahlungsunfähigkeit handelt. Der AG ist uneinsichtig und hat bei vorangegangenen Gesprächen immer abwehrend reagiert und geäußert, nicht mehr als das zu zahlen was bisher gezahlt wurde.

Natürlich rennt man bei Meinungsverschiedenheiten nicht gleich zum Arbeitsgericht, sondern bemüht sich zunächst, das Problem außergerichtlich zu lösen. Aber das ist hier doch bereits erfolglos geschehen. Der Chef hat sogar schriftlich von sich gegeben, welche Regelung er sich anstelle von Mindestlohn vorstellt. So ein sturer Klotz schreit nach härterer Gangart. Also nicht mehr länger veräppeln lassen und umgehend das Geschäftszimmer des Arbeitsgerichts aufsuchen.

Gruß
Wolfgang

Hallo,

gerade da

braucht man Rechtsschutz am allernötigsten, da sich dort die meisten unseriösen AG tummeln.

Mein „Namensvetter“ hat dir aber auch einen gangbaren Weg aufgezeigt.
Und nicht vergessen: alle Stunden auch selbst schön aufzeichnen, damit der AG nicht auch noch bei den geleisteten Stunden versucht, dich übers Ohr zu hauen.

&Tschüß
Wolfgang

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Moin,

zusätzlich zu den richtigen Antworten empfehle ich ein Telefonat mit dem Zoll. Die Herrschaften interessieren sich sehr für solche AG. Im Übrigen sprechen wir hier auch von Sozialversicherungsbetrug. Im Gegensatz zur Lohn-bzw. Einkommensteuer, die fällig ist, wenn Geld fließt, ist es so, dass SV-Beiträge schon fällig sind, wenn der Anspruch entsteht. Nachzulesen z.B. hier

Data

Hi Data,

ja, da hab ich den schönen Begriff Phantomlohn gelernt (https://www.paychex.de/news-liste/phantomlohn-in-der-betriebspruefung.html) - und warte schon immer darauf, wann der in einer Quizsendung kommt :slight_smile:

Viele Grüße
Karin

Der darf überhaupt nicht beraten.

Schon mal durchgerechnet? Der Mindestlohn stieg zum 1.1.17 um 34 ct pro Stunde. Ja, das klingt marginal. Beim Bäcker bekommt man dafür u.U. nicht mal ein Brötchen. Aber die Mitarbeiterin arbeitet 35 h pro Woche. Das sind schon 11,90 € pro Woche. Und wenn wir der Einfachheit halber mal 4 Wochen pro Monat annehmen, sind das schon 47,60 € pro Monat. Natürlich brutto, netto bleiben vielleicht 30 € über.

30 € sind sind schon 2 Kinokarten. Oder ein (preiswertes) Essen für 2. 2 Karten für den Tierpark…. Und das wurde jetzt schon 6 mal in diesem Jahr verschenkt. An den Arbeitgeber….

Wer hat 2 Kinokarten pro Monat eher nötig? Die Mitarbeiterin oder der Chef?!

Noch interessanter wird es, wenn man die wirklich geleisteten Stunden als Grundlage nimmt. Vor allem, wenn alle Stunden mit einem Schlag nachgezahlt werden müssen.

Die Mitarbeiterin sollte also den Ratschlägen von @Wolfgang_Dreyer schleunigst folgen.

Grüße

Ich glaube, das wird nie passieren. Wie willst du das denn dem „normalen“ Bürger erklären? Außerdem ist das so eine Art Buchhaltung, viel zu trocken für Unterhaltung. Für mich nicht, finde es hochinteressant, welche Fallstricke in der Sozialversicherung lauern.

Data

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Aber stell dir doch mal die Fragen bei Wer-wird-Millionär vor:

Phantomlohn ist:
A: Das Gehalt für den Hauptdarsteller in „Das Phantom der Oper“
B: Die Kopfprämie der „Ghost Busters“ pro gefangenem Gespenst
C: Prämie für Piloten, die das US-amerikanische Jagdflugzeug „Phantom“ fliegen können.
D: Der fiktive Lohn, der rechtlich zu bezahlen wäre und der in dieser Höhe von der Sozialversicherung zur Beitragszahlung anzusetzen ist.

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