Agentur in dialekten

hallo,

ich habe fragen zum begriff „agentur“. ich weiß nicht, ob fremdwörter auch dialektvariation aufweisen. kann mir vielleicht jemand sagen, ob es besondere begriffe für „agentur“ in irgend einem dialekt gibt oder ob es stärkere phonologische abweichungen von der standartsprache gibt?

Hallo!

Bis zun Ender der 50er Jahre war der Ausdruck sehr gebräuchlich in der rheinischen Alltagssprache. Zeitungen und Versicherungen unterhielten als Kontaktstellen zu Kunden sogenannte ‚Agenturen‘ die über die ganze Stadt verteilt waren. Die wurden in der Aussprache einfach den Dialektgesetzmäßigkeiten unterworfen. Also: de Stadtanzeijer-Ajentur, oder Ajentur vum Jerling usw.
Das trifft auch auf andere Fremdwörter, besonders aus dem Französischen zu: Pottemanee, Plümmo, Trottewaar, Filu, Schemisett, Kasseroll usw.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Berresheim

Servus,

mir scheint, das Beispiel Kölsch von Alexander ist da eher eine Ausnahme, da Kölsch ein Stadtdialekt ist, - generell sprechen Dialekte eher konkret und würden auch die „Agentur“ durch das ersetzen, was da jeweils konkret passiert.

Aus dem mir geläufigen Schwäbischen wäre z.B. der Inhaber einer Agentur der lokalen Zeitung „dr Lämmle wo dia Azoigeannahm fir de Schäbig Zeidong macht“; der Inhaber einer „Postagentur“, früher Posthalter, ist schlicht „dr Boschtle“; der Inhaber einer Agentur der R&V ist „dr Done vo de Raibr ond Vrbrechr“.

Wenn man den Begriff in eine Art Honoratiorenschwäbisch trotzdem übernehmen will, gibts dazu eine schöne Pluralbildung: Die Mehrzahl zur „Agendur“ heißt dann „Agendurana“ (Agentur-enen).

Schöne Grüße

MM

Hi melliii,

im Bayerischen gibt (gab?) es den Lax für die Niederlassung oder den Verlag; der Bierlax war das, was man heute den Getränkemarkt nennen könnte, allerdings nur mit den Produkten einer einzigen Brauerei bestückt.

Gruß Ralf

Lieber Ralf

im Bayerischen gibt (gab?) es den Lax für die
Niederlassung oder den Verlag; der Bierlax war das, was man
heute den Getränkemarkt nennen könnte, allerdings nur mit den
Produkten einer einzigen Brauerei bestückt.

Der ‚Bierlax‘ im Rheinischen Raum ist mir mit ganz anderer Bedeutung vertraut. Ich bin mir nicht sicher ob der Begriff aus dem Coburger-Biercomment überkommen ist.
Der ‚Bierlax‘ in Köln ist (war) Kartenspielen (meistens Skat) um eine oder mehrere Runden Bier.
Z.B. Standardfrage: „Dummer-ene Bierlax?“
Gruß Alexander.

hallo mm,

danke für die antwort, aber wie würde man den satz übersetzen: „ich gehe jetzt zur agentur“. sagt man dann immer, ich gehe jetzt zu dem, der die agentur betreibt, also nennt man immer die person statt der geschäftsstelle?

Hallo Melli,

eine stringente Regel gibts da nicht. Wie ich Deiner jüngeren Frage entnehme, handelt es sich um die Agentur für Arbeit. Bei dieser dürfte in den meisten deutschen Dialekten gelten, daß diese sich etwas langsamer entwickeln als die Standardsprache. Also im Schwäbischen „I gang uffs/zom Arbetsamt“ oder - noch zwei Verfassungen früher - „I gang ge (Süd) / zom (Nord) Schtempla“, oder allgemeiner, noch eine Verfassung früher „I gang uffs Amt (Amt, Oberamt = frühere untere Gebietskörperschaften)“.

Ich, obwohl noch unter 80, werde mir das „Arbeitsamt“ auch in der Umgangssprache außerhalb des Dialektes nicht mehr abgewöhnen. Die Kinder kriegen halt immer wieder neue Namen, aber die Sippschaft bleibt…

Obwohl ich erst kürzlich wegen meines ausschweifenden Stils zurechtgewiesen worden bin, noch eine Erläuterung zum Kontext: Der Beamte oberhalb des „Bammert“ (= Feldhüter), „Bolle“ (= Ortspolizisten) und ggf. „Schultes“ (= Bürgermeister) hat streng genommen zumindest im Schwäbischen keinen Platz. So war ihm z.B. im südschwäbischen Raum, wo man gewöhnliche Leute mit „Du“ und Respektspersonen (Tierarzt, Pfarrer, Lehrer, Altbauern) mit „Ihr“ anredet, die verächtliche Anrede mit „Sie“ vorbehalten, das aus der Standardsprache ausgeliehen ist.

Schöne Grüße

MM