Hallo,
ich suche die Namensherkunft und Bedeutung des Namen Klubescheidt.
Es ist ein sehr seltener Name, den es noch ca. 37 mal in Deutschland gibt. Alle Klubescheidts kommen vermutlich aus Eschwege in Hessen und lassen sich dort bis etwa 1700 zurückverfolgen. Ich habe aber auch mal gehört, dass der Name aus Ostpreußen kommen soll. Früher wurde der Name auch Gloubescheidt Klubenscheid, Klubescheid oder ähnlich geschrieben. Diese Variationen gibt es heute aber nicht mehr.
„scheidt“ könnte von Holzscheit Kommen. Heute gibt es noch den Namen Klube noch.
Vielleicht weiß jemand etwas zu Namensherkunft oder Bedeutung.
Hallo,
die Endung von -scheid(t) kommt ziemlich sicher nicht vom Holzscheit, sondern es handelt sich um eine gebräuchliche Endung für Siedlungen etwa in der Mitte Deutschlands (Lüdenscheid, Wattenscheid).
Dementsprechend spricht nach dem ersten Anschein viel dafür, dass der Name aus einer Herkunftsbezeichnung für einen Ort gleichen Namens steht.
Nähere Infos folgen.
Gruß
Lawrence
Hallo, Lawrence,
die Endung von -scheid(t) kommt ziemlich sicher nicht vom
Holzscheit,
auszuschließen ist es aber nicht.
Auch für (Holz-)scheit gab es die Schreibung mit d und dt, vgl. Grimm.
Und da kluben/klieben „spalten“ bedeutet, finde ich diese Etymologie gar nicht so abwegig.
Bahlow schreibt unter „Klüber“:
auch Klieber = Holzspalter, der Holzscheite herstellt; vgl. Klubescheit , Klube-, Kluiben-, Kliebenschedel […]
Nddt. Klüver, Klöver …
Siehe auch http://docs.exdat.com/docs/index-73268.html?page=35 und http://books.google.com.ar/books?id=Tgxnb6MYAiMC&pg=…
Gruß
Kreszenz
Hallo Kreszentia, hallo Lawrence, hallo jg10993,
wenn ein Name derart konzentriert an nur einer oder zwei Stellen im deutschen Sprachraum auftritt, dann scheiden zwei der theoretischen Namensursachen schon aus: Der Familienname kann aus keinem Rufnamen entstanden sein und auch nicht aus einem Berufsnamen. Also bleiben noch zwei mögliche Namensgruppen übrig: Aus einer Herkunftsbezeichnung für einen Einheimischen nach seiner Wohnstätte oder ein sog. Übername (entspricht etwa einem Spitznamen).
Vgl. auch die Namensverteilung:
http://www.verwandt.de/karten/relativ/klubescheidt.html
Um nun halbwegs sicherer bestimmen zu können, welche Namensgruppe eher in Betracht kommt, müsste man die älteste bekannte Schreibweise wissen (sofern diese Schreibweise häufiger vorkommt).
Ohne diese älteste bekannte Schreibweise zu kennen, kann man versuchen, über die elektronischen Landkarten einen entsprechenden Ort ausfindig zu machen (immer unter Berücksichtigung allenhalben möglicher Buchstabenverschiebungen, die ja auch Du jg109930 schon angesprochen hast). Ich habe mir mal alle Orte auf der Deutschlandkarte einzeichnen lassen, die die Buchstabenfolge „scheid“ beinhalten. Der allernächste Ort, der diese Buchstabenkombination hat, ist über 50 km von Eschwege entfernt. Die meisten, wie Lawrence schon schrieb, sind im Rheinland, gut und gerne 150 km von Eschwege weg. Das macht tatsächlich einen Ort (den ich im ersten Moment auch spontan vermutet hätte) eher unwahrscheinlich.
Jetzt komme ich wieder auf die alte, ursprüngliche Schreibweise des Familiennamens (die ich ja nicht kenne). Es wurde eine Form mit „n“ in der Mitte genannt. Ich denke, dieses „n“ ist der entscheidende Buchstabe, auch wenn er im heutigen Namen nicht mehr auftaucht. Er dürfte dialektbedingt entfallen sein. Beispiel: Schriftdeutsch: Kinderkram. Dialektal in gewissen Regionen: Kinnekram. Wiesenklee = im Dialekt „Wieseklee“. Somit gehe ich von „Klubenscheidt“ aus. Damit handelt es sich um einen Satznamen, vermutlich im Sinne eines Spitznamens: „Er klubt (= hackt) d en Scheidt (Holz)“. Der Name wurde von der Umgebung an den ersten Namensträger vergeben, weil er vermutlich so gerne oder so gut oder so schnell Holz gehackt hat. Dabei war es aber nicht als ein Beruf zu verstehen, sondern eher als eine Art Hobby. Das wiederum lässt Rückschlüsse auf die Muskelkraft zu. Und gerade körperliche Merkmale vererben sich häufig über Jahrhunderte. Somit dürften die Klubescheidt in der Mehrzahl eher muskulös und kräftig gebaut sein.
Der Name ist wie alle Satznamen dreigliedrig: er besteht aus drei unabhängigen Wörtern, wobei das „er“ nicht mit gezählt wird: „klubt den Scheidt“.
Übernamen sind weit überwiegend ländlichen Ursprungs.
Trotz aller Mobilität von heute sind die Menschen erstaunlich standorttreu und haben sich seit der Familienname entstanden ist selten weiter als 100 km vom Entstehungsort entfernt. Somit dürfte der Familiennamensursprung tatsächlich in der Region Eschwege liegen.
Familiennamen, die im Süden entstanden sind, sind älter als solche, welche nördlicher beheimatet sind, westliche sind älter als östliche, mehrgliedrige sind jünger als eingliedrige, Familiennamen, welche auf dem Land entstanden sind, sind jünger als solche mit städtischem Ursprung. Unter Berücksichtigung aller Aspekte dürfte dieser Name erstmals etwa 1350 bis 1450 als Familienname verwendet worden sein.
Somit schließe ich mich der Vermutung von Kreszentia an, weise aber deutlich darauf hin, dass die allermeisten Familiennamen aus mehreren Ursachen entstanden sein können und dass die von mir hier genannte nur die wahrscheinlichste Bedeutung ist.
Zu der Möglichkeit als Wohnstättenname: in allen Ortsnamen, in denen „-scheid“ auftaucht, handelt es sich immer um eine Grenze. Oft ist es eine WasserSCHEIDE, manchmal eine Sprachgrenze, manchmal eine Religionsgrenze oder aus alter Zeit eine Stammesgrenze (entspricht heute den Landesgrenzen).
Ach ja, das mit Ostpreußen: Hier kommt die Religion ins Spiel: ich nehme an, Deine Familie ist evangelisch. Dann dürften sie als sog. Exulanten (Glaubensflüchtlinge) aus ihrer Heimat um Eschwege vertrieben worden sein, als diese wieder zum Katholizismus konvertierte. Exulanten sind oft nach Ostpreußen gegangen (bekannt sind die Salzburger Exulanten) - und oft nach 250 Jahren wieder in die alte Heimat zurück. Somit dürfte da zwar was Wahres dran sein, aber diese Ostpreußen-Linie ist zu jung um namensgebend zu sein bzw. einen Einfluss auf die Namensbedeutung zu haben.
Ich hoffe, ich konnte ein wenig helfen.
Viele Grüße
Alexander
Hallo miteinander,
erst Mal ein Lob für Eure, wie immer, großartigen Ausführungen.
Statt des Hackens von Holz finde ich im althochdeutschen Wörterbuch noch einen andere Möglichkeit, denn da wird „kluben“ umschrieben als pflücken, rauben, stehlen.
Somit käme dann vielleicht auch ein Vorfahr in Betracht, der sein Holz eben nicht selbst spaltete, sondern es von seinen Nachbarn gerne „lieh“.
Gruß
Lawrence
Besten Dank für all die tollen Informationen, ich hätte nicht gedacht das man hier so viele qualifizierte Antworten bekommt.
Besonderen Dank dir, Alexander für die sehr ausführliche und absolut nachvollziehbare Antwort.
Du hattest recht, der älteste dokumentierte Klubescheidt in Eschwege heißt Klubenscheidt (getauft 1731, Anthonius Calvonius, Corporal Klubenscheidt, Soldat). In der Zeit bis 1740 sind in der Neu- und Altstadt 5 Klubescheidts dokumentiert. 1750 sind es bereits etwa 20. Der Name wird nun häufiger mit „ou“, also Kloubescheidt geschrieben. In der Zeit danach wird der Name in der heutigen Form geschrieben, lediglich manchmal ohne „d“ oder „t“, das wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass Namen nur nach dem Gehör aufgeschrieben wurden. Ist es dann nicht auch möglich, dass der Name erst im 16. oder 17. Jahrhundert entstanden ist?
Hallo jg10993,
dass Namen nur nach dem Gehör
aufgeschrieben wurden.
das ist immer und überall so bis zur Einführung der Standesämter um 1875.
Ist es dann nicht auch möglich, dass
der Name erst im 16. oder 17. Jahrhundert entstanden ist?
wieso „dann“? Dieses Wort beinhaltet für mich eine Schlussfolgerung, die ich aus dem davor stehenden Satz nicht herleiten kann. Wenn Du das „dann“ jedoch anders meinst, müsstest Du mir erklären, wie Du es meinst.
Generell: In den allermeisten Gebieten des deutschen Sprachraums war die Entstehung der Familiennamen um ca. 1500 abgeschlossen. Nur ganz hoch oben im Norden (an der Nord- und Ostseeküste), gibt es Namen, die tatsächlich noch danach entstandenn sind. Aber das sind Ausnahmen (mit „h“ ). Ich bleibe bei meiner Datierung: Erstmals als Familienname etwa 1350 bis 1450 verwendet. Für 1500 müsste der Name weiter im Nordosten, oder zumindest weiter im Norden angesiedelt sein. Vergiss nicht: das ist noch nicht sooooooo lange her: ich rede hier von einer Zeit die nur 1,5 Generationen vor Christoph Kolumbus liegt! Dennoch ist es fast unmöglich, bei „kleinen Leuten“ so weit zurück noch schriftliche Dokumente in Archiven zu finden. Bis zum 30jährigen Krieg, ja, das sollte möglich sein. Mit ein wenig Glück auch bis 1580, aber dann ist wirklich Schluss mit schriftlichen Quellen. In Steuerbüchern, die teilweise noch weiter zurückgehen, findet man dann meist nur noch den Namen und eben die Steuerabgaben. Aber man kann sich nicht sicher sein, ob das dann auch wirklich der eigene Vorfahre ist…
Wenn Du noch was dazu wissen willst, darfst Du Dich gerne nochmal melden.
Eine schöne Weihnachtszeit wünscht
Alexander
Hallo Lawrence,
Statt des Hackens von Holz finde ich im althochdeutschen
Wörterbuch noch einen andere Möglichkeit, denn da wird
„kluben“ umschrieben als pflücken, rauben, stehlen.Somit käme dann vielleicht auch ein Vorfahr in Betracht, der
sein Holz eben nicht selbst spaltete, sondern es von seinen
Nachbarn gerne „lieh“.
Diese Erklärung gefällt mir sogar sehr viel besser als die mit dem Hacken. Dir ein ganz dickes Lob, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, in einem ahd Wöbu nachzusehen. Diese Mühe habe ich mir nicht gemacht, schon allein deshalb nicht, weil ich kein ahd Wöbu besitze. Gut, ich hätte im Taschenlexer nachsehen können, habe ich aber auch nicht gemacht, wie ich zu meiner Schande gestehen muss. Da habe ich mich voll auf „unsere“ phänomenale Kreszentia verlassen, die ja schon vor mir geantwortet hatte.
Gibt es dieses Werk, worin Du das gefunden hast, online? Kannst Du mir den Link dafür schicken?
Also: Satzname bleibt, alles bleibt so wie von mir beschrieben, nur eben dass die Bedeutung „hacken“ durch „stehlen“ zu ersetzen ist.
Hintergrundinformation: Holz im herrschaftlichen Wald hat damals fast jeder geklaut. Somit wäre das an sich noch kein Grund, einen Anderen so zu nennen (Holzdieb). Als ein Spitzname, der hier dann wohl eher ein Spottname ist, taugt er dann, wenn derjenige sich beim Klauen erwischen lässt. Frai nach dem Motto: wer den Schaden hat (beim Holzklau erwischt zu werden) braucht für den Spott nicht zu sorgen (dem wird eben der Name als Spottname angehängt). Viele Übernamen gehen ganz eindeutig auf Spott zurück: Spät = Langschläfer; Wahnschaffe = Dumm, geistig zurückgeblieben, Humpel = Hinkebein etc. etc. Das war genau auch der Punkt, der mich selbst bei der ursprünglichen Antwort etwas verwundert hat: Holzhacken - das ist eigentlich kein Spottname und taugt eigentlich daher auch nicht so recht als Übername. Jetzt ist es klar, warum.
Schönen Abend und einen schönen Sonntag wünscht
Alexander
Hallo, Alexander,
Gibt es dieses Werk, worin Du das gefunden hast, online?
das „Althochdeutsche Wörterbuch“ von Gerhard Köbler findest Du unter http://homepage.uibk.ac.at/~c30310/ahdwbhin.html .
Beim Anklicken eines Buchstabens öffnet sich ein PDF-Dokument, z. B. http://www.koeblergerhard.de/germanistischewoerterbu… (dort auch besagtes klūbōn).
(Es gibt übrigens auch ein germanisches Wörterbuch: http://www.koeblergerhard.de/germwbhinw.html)
Gruß
Kreszenz
Hallo Kreszentia,
wie immer einfach fantastisch, Dein Wissen.
Sternchen.
Eine gute Nacht wünscht
Alexander
Hallo,
und als kleines Zuckerle oben drauf hier noch ein Link zu einem Ur-Indogermanischen Wörterbuch.
http://www.koeblergerhard.de/idgwbhin.html
Sicher nicht vollständig und vielleicht auch nicht wissenschaftlich gesichert, aber mit vielen aha-Effekten für die Ortsnamenforschung.
Gruß
Lawrence
Hallo zusammen,
Statt des Hackens von Holz finde ich im althochdeutschen
Wörterbuch noch einen andere Möglichkeit, denn da wird
„kluben“ umschrieben als pflücken, rauben, stehlen.Somit käme dann vielleicht auch ein Vorfahr in Betracht, der
sein Holz eben nicht selbst spaltete, sondern es von seinen
Nachbarn gerne „lieh“.
da kommt mir doch gerade der Verdacht, dass das „kluben“ dann die alte Form von unserem heutigen „klauen“ mit intervokalischem Plosiv ist. Insbesondere weil der Pfeifer (anders als der Kluge) unter „klauen“ eben auch die Form „klouwen“ (ahd) bringt. Dort hat man sogar die von jg10993 beschriebene Schreibung mit „ou“. Dass ein „w“ und ein „b“ lautsprachlich oft gleich sind kennen die Spanier, die bis heute buchstabieren „B de Barcelona“ und „B de Valencia“ (gleicher Laut). Auch im Baierischen ist es der gleiche Laut: „die Arbeit“ ist „d’Arwad“, in früherer Zeit wird der Balthasar regelmäßig als „Walthasar“ geschrieben, „aber“ ist auf baierisch „awa“, der baierische Kosename für die Ehefrau ist „Mei Weiwi“ (= mein Weibi) und die Hundedame ist ein „Weiwerl“.
Folglich ist altes Klouwen (= stehlen) regelgerecht in modernes Klouben/Kluben mit Assimilation des End-N zu Klube geworden.
Für mich ist damit der Holzdieb und somit ein Spottname die richtige Erklärung. Was dadurch natürlich entfällt ist die körperliche Eigenschaft: muskulös, kräftig gebaut; das muss ein Holzdieb nicht unbedingt sein.
Viele Grüße und einen schönen Sonntag wünscht
Alexander
Hi,
„kluben“ muss nicht unbedingt auf „klauen“/(stehlen) zurückgehen. Durchaus ist auch als Ursprung „klau b en“/(aufheben/sammeln) denkbar. Noch heute gehen manche in den Wald um dort Pilze, Beeren oder Astholz zu klauben.
A.