Aikido: anfangs dauert’s ein bisschen.
Hallo,
erstmal: Schön, dass du dich für Aikido entschieden hast.
Ich kann dir sagen, ich bin mir am Anfang im Aikido sehr Fehl am Platz vorgekommen. Meine Fallschule hat ausgesehen und sich angefühlt wie ein Sack Zement, meine Hebel und Würfe gingen irgendwo in die Landschaft und waren abwechselnd zu grob und zu zaghaft. Erst Jahre später, als ich mich sehr umfassend mit allen möglichen ost-asiatischen Körpersystemen befasst hab (Tai-Chi, Qi-Gong, etc.), ist mir klar geworden, wieviel das Aikido im gesamten menschlichen System auf allen Ebenen bewirkt - und daher ist es völlig klar, dass das am Anfang einfach Zeit braucht.
Daher mein Tipp: Sei nicht zu hart zu dir selbst, akzeptiere es, dass es am Anfang nicht rund läuft und die Hebel nicht sauber sitzen. Versuche einfach spielerisch, dich dem Ideal immer mehr zu nähern. Es gibt - aus meiner Erfahrung - in allen Bereich (Rollen, Hebel, Würfe, Stab, Schwert) immer mal einen Punkt, an dem es „Klick“ macht und bestimmte Dinge eingerastet sind. Ab da hat dein Körper ein bestimmtes Bewegungsmuster so gut integriert, dass du den Kopf frei hast, um dich um Feinheiten zu kümmern. Dieses „Klick“ kann man aber nicht forcieren oder erzwingen - dein System braucht ein bestimmtes Maß an Übung und Zeit um dahin zu kommen.
Vielleicht ein brauchbarer Vergleich ist das Autofahren (gesetzt den Fall du hast den Führerschein). Zu Beginn ist man überfordert mit Lenken, Kuppeln, Bremsen, Schalten PLUS noch auf den Verkehr achten PLUS noch darauf achten, wohin man eigentlich fahren will. Im Lauf der Zeit gehen viele Dinge ins Körper- und Unterbewusstsein und laufen quasi automatisch ab, so dass man den Kopf frei hat, um sich besser auf den restlichen Straßenverkehr und die Orientierung zu fokussieren.
Ähnlich ist es beim Aikido auch.
Aikido wirkt auf sehr grundlegende Schichten, z.B. werden automatisch die Körper- und die Hirnhälften ausgeglichen, dadurch, dass man alle Übungen immer rechts/links ausgewogen trainiert. Dabei ist es auch völlig normal, dass man eine Schokoladenseite hat, die viel besser funktioniert als die andere. Aus meiner Erfahrung nivelliert sich das im Lauf der Zeit (Monate/Jahre), die beiden Seiten fühlen sich zwar nie genau gleich an, aber die Leichtigkeit findet sich irgendwann links wie rechts.
Die Frage, wie oft man am besten übt, kann nicht pauschal beantwortet werden. 1-2 Mal die Woche finde ich für den Anfang ein ganz gutes Maß - dein System braucht zwischendurch auch Pausen, in denen Dinge integriert werden können, die im Training angestoßen wurden.
Also höre dabei am besten auf deinen Körper - der weiß am besten, wieviel für dich gut ist.
Allein zuhause finde ich es gerade am Anfang recht schwierig, diese Dinge zu üben. Später wirst du feststellen, wie du ganz automatisch plötzlich alltägliche Dinge anders tust und wahrnimmst. Z.B. brauche ich fast keine Kraft mehr, um eine schwere Eisentür aufzustoßen, weil ich statt unsinniger roher Muskelkraft, von der ein Teil verpufft, nun Körperposition, Anatomie und Muskelketten intuitiv so einsetze, dass ich sie mit Schwung im richtigen Maß aufbekomme. Das sind so nette Nebeneffekte, die einem auch erst mit der Zeit bewusst werden. Und dadurch „übt sich das Aikido dann im Alltag irgendwann von ganz alleine“.
Hoffe, meine Ausführungen haben geholfen - letztlich ist aber jeder Mensch anders strukturiert und daher lassen sich die Erfahrungen von einem auch immer nur bedingt auf andere übertragen.
Viel Spaß auf dem weiteren Weg!