Aktienanleihen

Hallo.

Bei Wikipedia heißt es „Das Risiko einer Aktienanleihe ist nur scheinbar geringer als bei einer Direktanlage in den Basiswert.“
Warum?
Ok, gegenüber der Direktanlage besteht das zusätzliche Risiko, daß die ausgebende Bank und/oder das Unternehmen pleite geht. Ist das damit gemeint? Bei einer Laufzeit von z.B. einem Jahr ist das ja recht überschaubar.
Und im Gegensatz zur Direktanlage habe ich doch zumindest die Zinsen sicher. Ist das ein „Lockmittel“ für Anleger („Wir brauchen kurzfristig Geld, aber die Kennzahlen sind so mies, daß niemand einsteigen mag“), oder welche Motivation gibt es, eine Aktienanleihe auszugeben?

Gruß

Michael

Hallo,
zunächst mal, nur der Klarheit halber: Aktienanleihen sind nicht mit Unternehmensanleihen zu verwechseln.

Nun zu Deiner Frage, je nach Ausstattung ist der Coupon bei Aktienanleihen an einen Barrierepreis (auch Ausübungs- oder Strikepreis genannt) gekoppelt, dieser hängt i.d.R. ab vom Ausgabepreis (Preis der Aktie zum Ausgabedatum), z.B. 85% des aktuellen Preises. Fällt die Aktie auif oder unter diesen Barrierepreis, gibt es am Ende der Laufzeit statt des Nominalbetrags die Aktie entsprechend dem Bezugsverhältnis (oder das Äquivalent in bar).

Andersherum, steigt die Aktie über den sogenannten Outperformancepreis bekommst Du lediglich den Coupon und nimmst nicht an der Wertentwicklung der Aktie teil.

Aktienanleihen sind geeignet, um auf Seitwärtsentwicklung zu setzen. Das Auszahlungsprofil entspricht dem Investment in die Aktie und dem Verkauf einer Call-Option.

Hallo.

Daß ich am besten dastehe, wenn die Aktie zum Laufzeitende den gleichen Wert wie zum Ausgabedatum hat, ist soweit klar.

Wenn es am Ende der Laufzeit das Äquivalent in bar gibt und die Aktie unter den Barrierepreis gefallen ist, habe ich de facto einen Verlust - in dem Fall ist ein höheres Risiko tatsächlich gegeben.

Wenn ich aber eine Anzahl an Aktien erhalte (was ja die Regel sein dürfte), ist das Geld doch nicht weg - ich kann ja - zusätzlich zur Dividende, die es evtl. gibt - mittel- bis langfristig auf eine Erholung des Aktienkurses hoffen. Richtig gedacht?

Gruß

Michael

Völlig richtig gedacht, du hättest aber auch gleich in die Aktie investieren können, insofern ist dieses Szenario für Dich nicht vorteilhaft.

Die Risikoaussage bezieht sich auf alle möglichen Szenarien gleichzeitig, anschaulich etwa so: Bei einer Aktie bist Du 1-zu-1 an der Wertentwicklung beteiligt, es ist ein Totalverlust möglich (-100%), aber auch eine Kursverdopplung (+100%).

Bei der Aktienanleihe partizipierst Du 1-zu-1 bis zur Barriere, also -100% bis, sagen wir, -15%. Danach (Aktie steht bei -15% bis +100%) gibt es fuer Dich nur Coupon%. Insgesamt hast Du also ein höheres Risiko (kommt auf das konkrete Maß an)

Risiko ist kann man auffassen als Abweichung vom Durchschnittsverdienst (der Durchschnitt über alle Szenarien), naja, ist zu kompliziert das hier weiter auszuführen, auf jeden Fall stehst Du am Ende im Durchschnitt schlechter da, als beim Direktinvestment, weil Du in den positivsten Szenarien (Preis > Outperformancepunkt) viel weniger verdienst als das Direktinvestment.

Hallo.

Verstanden.
Noch kurz zu meiner zweiten Frage: Welchen Sinn hat so eine Aktienanleihe für das Unternehmen?
Bewegt sich der Kurs seitwärts, hat das Unternehmen quasi nix davon, zumal wenn Ding nur ein Jahr lang läuft, und 6-7% Zinsen sind ja aktuell nicht gerade wenig. Oder ist das immer noch günstiger als „zur Bank zu gehen“?

Danke & Gruß

Michael

Die Aktienanleihe wird nicht von den Unternehmen begeben (das sind Unternehmensanleihen), sondern von Banken, es ist ein strukturiertes Produkt, ähnlich den Zertifikaten (und oft auch darunter zu finden). Ergo, die Unternehmen haben nichts davon. Du mußt es als Service von Banken verstehen, die für Dich den Optionsmarkt zugänglich machen, die Banken verdienen auch typischerweise auch nur an der Geld-/Briefspanne, d.h. sie hedgen die Produkte entsprechend und treten nicht als Deine Gegenpartei auf.

Unternehmensanleihen (engl. Corporate Bonds) laufen typischerweise länger als ein Jahr, haben keine Barriere und auch sonst keinen (direkten) Bezug zum aktuellen Aktienpreis und werden direkt von den Unternehmen begeben. Das Geld aus dem Verkauf fließt den Unternehmen zu.

Na da hatte ich ja was total verpeilt! Die Ausgabe von Aktienanleihen ist demnach auch nicht ganz risikolos für die Bank, richtig? Denn wenn der Kurs tatsächlich gleich bleibt, hat sie doch auch nix davon…?

Gruß

Michael

Wie gesagt, der Bank sind die Kurse egal, die verdienen am Herausgeben und Zurückgeben (die sogenannte Geld-/Briefspanne oder engl. Spread). Wenn Du eine Aktienanleihe zeichnest, dann handelt die Bank die Papiere am Markt (Aktie kaufen, Call verkaufen), so daß sie im Endeffekt kein eigenes Risiko trägt.

Sorry, da komm ich jetzt nicht mehr mit. Aber die Bank wird schon wissen, was sie tut…

Danke & Gruß

Michael

Michael … lass’ bitte die Finger von dem Zeug, wenn Du es nicht verstehst!

Gruß

Hallo.

Warum? Die Bank bietet mir 6% Zinsen. Nach einem Jahr erhalte ich mindestens Aktien von soliden deutschen Unternehmen.
Wird der Kurs bis dahin gefallen sein? Ich weiß es nicht. Weiß es die Bank? Eher weniger.
Wird das Unternehmen kurz- bis mittelfristig pleite gehen? Äußerst unwahrscheinlich.
Die Bank verdient an dem Geschäft angeblich nichts - warum gibt sie mir dann so „horrende“ Zinsen?
Das mir entstehende Risiko weiß ich wohl einzuschätzen und es beunruhigt micht nicht.
Mich beunruhigt viel mehr, daß offenbar niemand in der Lage ist, die Mechanismen hinter „dem Zeug“ dem Laien in verständlicher Form näherzubringen.

Gruß

Michael

Hallo Michael,

ich werde es Dir gerne (verständlich) erklären. Gebe mir dazu bitte auch die WKN (Wertpapierkenn-Nummer - 6-stellige Zahl oder Zahlen-Buchstabenkombination) oder die ISIN mit. Falls Du die Papiere schon gekauft hast, auch noch den Kaufkurs (101 %, 99,5 % …) mit und das Datum(!) des Kaufs.

Gruß

kroko

Nach einem Jahr erhältst Du entweder die Zinsen, oder eine Aktie, die in der Zwischenzeit unter die Barriere gefallen ist, also nur noch z.B. 85% Deiner Einlage wert ist.

Ich weiß, daß Risiko eine Sache der Darstellung ist, aber Du akzeptierst 15% und mehr Verlust, um 6% Gewinn einzufahren? Das macht Sinn, wenn Du Dir sicher bist, daß es mehr als zweimal so wahrscheinlich ist, daß die Aktie in ihrem Seitwärtskorridor bleibt, als daß sie diesen nach oben oder unten verläßt.

Wie @krokodil1 schon sagte, such doch mal die ISIN/WKN raus, damit wir alle wissen, was Du im Auge hast. Anders als seine Empfehlung sage ich, Du solltest es mit einem kleinen Betrag (den Du getrost verschmerzen kannst) mal ausprobieren. Erfahrungen sammeln kann nicht schlecht sein.

Hallo.

Die Anleihe, die ich ursprünglich im Auge hatte, finde ich leider nicht mehr, aber diese hier ist ganz ähnlich: PB0FZD
Wenn ich davon ausgehe, daß der Kurs der VW-Aktie binnen Jahresfrist weder nach oben ausreißt noch das bisherige Jahrestief unterschreitet, noch daß VW pleite geht, fahre ich mit den 7,5% doch nicht schlecht.
Das Risiko, daß eines der beiden Szenarien doch passieren kann, hab ich verstanden. Ich verstehe nur nicht, was die Bank davon hat. Wenn sie sowieso nur an der Geld-/Briefspanne verdient (die ja von „der Börse“ bestimmt wird, worauf die Bank also kaum Einfluß hat), hat sie doch keine Motivation, eine Aktienanleihe auszugeben…?

Gruß

Michael

Ja völlig richtig, wenn VW Vz. am 18.11.2016 nicht 20% unter den Kurs vom 24.11.2015 gefallen ist, dann bekommst Du 7.5%.

Die Bank wird ab dem 24.11.2015 Geld und Briefkurse stellen, jeweils 100000 St., wie z.B. bei PB0AEU. Sie ist der offizielle DMM (designierte Market Maker) für das Papier in Frankfurt.

Selbstredend kann der Markt auch innerhalb der Geld/Briefspanne Kurse stellen, aber bei den kleinen Spreads (um die 0.1%) lohnt sich das nicht aufgrund der Courtagen und Gebühren. Nur der offizielle DMM zahlt für seine Trades keinerlei Gebühren. Deshalb setzt auch jede Bank ihre eigenen Aktienanleihen auf anstatt z.B. mit Papieren eines anderen Hauses market-making (scalping o.ä.) zu betreiben.

Hallo Michael,

Dein Beipsiel mit der PB0FZD ist ziemlich schlecht, da die relevante Kursbarriere und der Basispreis noch nicht feststehen.

Aber, um auf Deine Frage einzugehen: Was hat die ausgebende Bank davon?

Sie zahlt Dir die 7,5 % Zinsen dafür, dass sie Dir das gesamte Kursrisiko aufbrummt.

Sollte sich die VW-Aktie weiter halbieren (sehr wahrscheinlich!), so zahlt Dir die Bank lediglich 7,5 % Zinsen für die - ich sage mal 10.000 €, die Du der Bank für die Papiere bezahlt hast und liefert Dir Aktien, die gerade noch 5.000 € wert sind. Das Kursrisiko trägt „der kleine Michael“.

Umgekehrt, sollte die VW-Aktie 100 % zulegen (auch sehr wahrscheinlich, vielleicht ist das ganze Abgas-Theater doch nur halb so schlimm?), so bekommt der kleine Michael nach 1 Jahr 10.750 € auf sein Konto. Und die Bank hat dafür Aktien im Wert von 20.000 €.

Im zweiten Fall hat die Bank auf Deine Kosten einen dicken Reibach gemacht, im ersten Fall kam sie mit einem kleinen blauen Fleck davon.

Der Michael bekam dagegen im ersten Fall einen faustdicken Tiefschlag, im zweiten Fall nicht nur 1 Stück Zucker (wie auf dem Tagesgeldkonto), sondern 2 Stück Zucker.

Du hast aber noch zwei Denkfehler in Deiner Frage:

… dass die VW-Aktie das bisherige Jahrestief unterschreitet … Irgendein „Jahrestief“ spielt für die angesprochene Aktienanleihe PB0FZD keinerlei Rolle; wichtig ist nur die „Barriere“ und der „Basispreis“.

Sollte die „Barriere“ unterschritten werden, so werden Aktien geliefert, andernfalls gibt es den „Nominalwert“ zurück.

Der „Basispreis“ bestimmt, wieviel Aktien Du bekommst (bei einem Basispreis von 100 € bekommst Du für nom. 10.000 € Anleihe dann 100 Aktien; die - bei einem Kurs von 40 € - dann gerade noch 4.000 € wert sind.

… dass VW pleite geht … Auch dies spielt für die angesprochene Aktienanleihe keine Rolle. VW kann ruhig pleite gehen - wichtig ist nur, dass der Aktienkurs die Barriere nicht unterschreitet (muss bei einer Pleite nicht unbedingt passieren!)

Neben dem Risiko des Kursverlaufs der VW-Aktie besteht auch noch die Gefahr der Bank-Pleite. Sollte die BNP bis dahin insolvent werden, so nützt auch eine Verdreifachung des VW-Aktienkurses nicht allzuviel.

Ein wichtiger Punkt - bei dieser VW-Aktienanleihe wahrscheinlich aktuell unbedeutend -: Werden Dividenden während der Laufzeit der Aktienanleihe bezahlt, kassiert der Aktionär (in diesem Falle „die Bank“) die Dividende ein, der Aktienkurs geht etwas zurück. Für die Dividendenzahlung bekommt der Anleihebesitzer normalerweise keinen Ausgleich.

Ich gebe Dir mal ein Paar WKNs von VW-Aktienanleihen. Da kannst Du mal sehen, wie der Kursverlauf dieser Dinger aussehen kann (gib die WKN bei comdrect oder einem anderen Finanzdienstleister bei „Kurssuche“ ein):

CR5H5D (8,25 % Zinsen) CN4BFZ (9,75 % Zinsen) CN4BFY (9,25 % Zinsen):

Alle diese Anleihen notieren z. Zt. um etwa 50 % - d.h. aktuell etwa 50 % Kursverlust - da sind die „fetten Zinsen“ dann auch kein Trost!

Nicht zu Unterschätzen sind auch noch die Bankgebühren (frag’ mal nach, was so ein Wertpapier-Kauf, neben dem Kurswert und den Stückzinsen kostet). Da sind bei einer Filialbank locker mal 20 - 100 € fällig, die Du faktisch „von den fetten Zinsen“ abziehen musst.

kroko