Richtig, aber man merkt als niedergelassener Pth durchaus, welche Patiententypen beim Warten schnell aufgeben, und welche alles in die Wege setzen.
Das ist ja durchaus nicht individuell, sondern eine Sache der Persönlichkeitsstruktur und des Störungsbildes.
Dazu kommt, dass Therapeuten klar darauf achten, sich nicht zu viele schwere Fälle gleichzeitig „anzutun“. Das lernt man auch in der Ausbildung, weil es sachlich schlicht und einfach richtig ist. Bestimmte Patiententypen nehmen den Therapeuten so dermaßen ein, dass kaum Platz für die anderen Patienten bliebe.
Und drittens ist für die meisten schweren psychischen Erkrankungen ambulante Psychotherapie ohnehin nicht oder nur eingeschränkt geeignet. Insofern war das auch eine etwas „billige“ Kritik von Lütz.
Ein Kernproblem ist ja schlicht die Ressourcenfrage bzw. in der Sprache der „Gerechtigkeit“ gesprochen: wie viele kassenfinanzierte Psychotherapie mag man den Versicherten fairerweise zumuten.
Supervision leistet bestenfalls im Rahmen der Ausbildung (in der Supervision noch verpflichtend ist) einen Beitrag zur Vermeidung von gravierenden Fehlern.
Die Supervision der schon fertig ausgebildeten Therapeuten hat eine wichtige Funktion, um die Therapie voranzubringen, kann aber zur Prävention gravierender Fehler nichts beitragen.
Das hat Gründe, die in der Sache liegen, und weder die Schuld des einzelnen Therapeuten noch die Schuld des „Systems“ sind. Supervision ist dafür einfach nicht geeignet.
Das kann ich -anekdotisch- weitgehend bestätigen, wobei es in meinem Ausbildungsverein durchaus wenigstens Ansätze gab, einen positive Fehlerkultur zu entwickeln. Das Problembewusstsein war vorhanden.
Deklariere nichts als Schaum vor dem Mund, nur weil du mit den Fakten anscheinend ein Problem hast. Ich habe im Übrigen den Beitrag gelesen, was du möglicherweise inklusive der verlinkten Beiträge auch tun solltest.
Auf der Basis, dass du alles als persönliche Anekdote bezeichnest, das dir inhaltlich nicht gefällt, dafür aber die anekdotische Erfahrung einer einzelnen Psychotherapeuten dann als Mass erhebst, wird das einfach schwierig.
Warum der Verband mit Vorsicht zu genießen ist, habe ich erklärt. Neben starken Lobbyinteressen ist die Tatsache hinzunehmen, dass weder der Verband noch die Kammern diese Daten überhaupt erheben! Dies würde aber zum professionellen Umgang zwingend dazu gehören.
Deine Abwehr und dein Leugnen sind wirklich schon heftig!
Den Unterschied zu Ärzten habe ich schon grundlegend belegt! Ärzte erheben ihre Fehler und machen sie der Öffentlichkeit transparent. Psychotherapeuten tun weder das Eine noch das Andere. Ärzte bemühen sich immerhin, Fehlermeldesystem zu errichten, um daraus Fehler vermeidende Maßnahmen abzuleiten. Psychotherapeuten tun dies nicht. Fehlerkultur gehört zumindest ein wenig zum Bestandteil der Arztausbildung. Bei Psychotherapeuten ist dies nicht der Fall. Über Fehlerkultur kann bei Ärzten recht offen diskutiert werden. Tun das Psychotherapeuten bekommen Sie regelmäßig eins ordentlich auf die Mütze.
Aber du wirst recht haben. Es gibt da keinen Unterschied. Wobei - du hast ja geschrieben, dass du ihn nicht siehst. Das tust du, obwohl diese ganzen Unterschiede hier schon beschrieben stehen und zum Teil belegt sind.
Dass die ganzen Psychotherapieplätze angeblich nur von LifestylePatienten belegt seien, hat niemand behauptet. Wenn das dein Schluss aus der Diskussion ist, zeigt das nur, wie gefiltert du wahrnimmst.
Der erneute Klempnervergleich von dir ist natürlich mitnichten ein Abwerten der Situation von Geschädigten durch fehlerhafte Psychotherapie. Iwo! Wie kann man nur diesen Eindruck gewinnen. Auch willst du mit diesem Vergleich keinesfalls die Arbeit des Ethikvereins abwerten. Mitnichten. Schlechtreden schon gleich gar nicht. Aber die Erfahrung ist in der Diskussion halt nix Wert. Die beschäftigen sich nur mit Betroffenen und haben deshalb von Fehlern und Fehlerkultur keine Erfahrung. Jedenfalls nicht nennenswert.
Dafür ist die Meinung einer einzelnen, niedergelassenen Psychotherapeutin, die kein Wort zu Fehlerkultur verloren hat noch Selbstreflexion erkennen lässt, in dieser Hinsicht wirklich wertvoller!
Ach so. Der Ethikverein, dessen Arbeit du NULL kennst, aber dennoch meinst nicht nur beurteilen, sondern verurteilen zu können, erhebt Statistiken und ist engstens mit den wenigen vernetzt, die das (international) auch sind. Das Studienmaterial ist vorhanden, wenn auch übersichtlich.
Es handelt sich beim Ethikverein übrigens auch nicht um eine Selbsthilfegruppe. Das nur so zur Vorbeugung. Immerhin sprichst du von einem Verein der Klemptnergeschädigten! Das ist der Ethikverein nicht! Es handelt sich dabei ausnahmslos um Psychotherapeuten.
Vielleicht versuchst du, wenigstens die Struktur eine einzige dieser Publikationen zur Kenntnis zu nehmen, bevor du solche Urteile fällst.
Du willst damit aber nicht ausdrücken, dass man daraus zumindest im Umkehrschluss irgendwelche relevanten Schlüsse ziehen kann? Wer am lautesten schreit, hat den größten Bedarf? Wer nicht um den Platz kämpfen kann, ist zu wenig motiviert?
Es natürlich auch richtig, dass man sich nicht zu viele „schwere“ Fälle aufladen darf. Psychohygiene ist wichtig und das gehört dazu. Dennoch bleibt der Kernvorwurf, dass das Patientengut nicht systematisch und gut verteilt wird.
Was die schweren Erkrankungen angeht, stimmt das doch auch nur zum Teil. Lütz spricht aus der Sicht eines Klinikers. Du kannst auch schwer betroffene Patienten nicht nur stationär behandeln. Was für die meisten schweren Erkrankungen da nötig ist, wäre eine Intervalltherapie. Die setzt aber voraus, dass man ambulante Plätze hat.
Den Drehtüreffekt erreichst du ziemlich sicher, wenn das nicht der Fall ist. Das ist übrigens auch ein ganz wichtiger Punkt, wenn es um Ressourcen geht.
Im Übrigen habe ich nicht den Eindruck, dass Lütz behauptet, dass es genug Ressourcen im System gibt. Er wehrt sich nur dagegen, so zu tun, als ob es mit mehr Ressourcen getan ist. Und damit hat er völlig recht.
Supervision könnte schon auch zur Fehlervermeidung beitragen. Immerhin sind viele Fehler ja nicht Relikt einer einzelnen Stunde, sondern entwickeln sich bzw. kommen häufiger vor. Sie müsste dann nur anders gestaltet sein. So könnte man m.E. eine Art „Meldesystem“ einrichten, bei dem auch der Patient die Möglichkeit hat, Bedarf anzumelden, dass da mal ein Supervisor auf den Fall schaut. Mit allem Vorbehalt, dass man das vernünftig gestalten muss, um die Vertraulichkeit zu wahren.
Ich teile aber deine Auffassung, dass sie zumindest nicht das einzige Instrument ist. Triangulierung finde ich auch noch eine gute Methode.
Im Zweifel muss man sich aber endlich mal vernünftig in Praxis und Wissenschaft dieses Problems stellen, damit man auch an den Instrumenten arbeiten und die evaluieren kann. Nur wer nix erhebt, der evaluiert und entwickelt nix.
Huch …
Nein, das hab ich sicher nicht damit gemeint.
Ich frage mich, warum du das so verstehen konntest
Ich wollte schlicht mitteilen, dass man als niedergelassener Psychotherapeut durchaus auf der Grundlage eigener Erfahrungen wissen kann, dass da eine „systematische Verzerrung“ am Werk ist, wie Patienten zu Therapeuten kommen.
Ich glaube ja, dass „unter der Hand“ nicht wenige Psychotherapeuten Lütz in diesem Punkt durchaus recht geben.
Offiziell muss natürlich selbst das mit starken Worten zerlabert oder bestritten werden.
Darüber sind wir uns völlig einig.
Es geht, da hab ich zugegenbenermaßen begrifflich unsauber formuliert, eigentlich nicht um ambulant vs. stationär, sondern um verschiedene Versorgungsschienen.
Da sehe ich v.a. die psychiatrisch-medizinische Versorgungsschiene (die stationär und ambulant ist; der rechne ich auch die intramurale Psychotherapie dazu ) und die ambulant-psychotherapeutische Versorgungsschiene.
In diese letztere Schiene passen viele „schweren Störungen“ gar nicht oder nur teilweise rein (wobei die Richtigkeit meiner Aussage natürlich davon abhängt, wo man die Grenze zwischen schwer und leicht zieht; das bleibt bei Lütz ja auch unbeleuchtet, obwohl der zentral davon spricht).
D’accord.
Das wäre der Beginn einer Sonderdiskussion, bei der wir beide meilenwert auseinander liegen würden, weil ich diese typischen Merkmale der Ambulanten Psychotherapie (das Dyadische daran, die hohe Eigenverantworlichkeit des Therapeuten bei nur geringer „Rechenschaftspflicht“, das Plurale der Ausbildungsvereine und Therapiemethoden, das nur vordergründig „unwissenschaftliche“ Vorgehen, die Skepsis gegenüber Effizienzerhebungen und sonstiger quantifizierender Forschungslogik usw.) für wertvoll und schützenswert halte.
Führt in dem Thread aber viel zu weit.
Vielleicht solltest du meine Beiträge einfach noch einmal mit weniger rasendem Puls lesen, denn das, was du in sie hineininterpretierst, ist meilenweit von dem entfernt, was ich geschrieben habe.
Vielleicht bemühst du dich mal, auf zahlreiche vorhandene Argumente und Links einzugehen, anstatt hier argumentum ad hominem zu bedienen. Der wiederholte Hinweis auf vermeintliche Kreislaufprobleme meinerseits ist nicht sehr niveauvoll.
Ich - weder Psychiater noch Psychologe- das vorweg, finde die Diskussion nur wie eine Bühne, auf der man sich wunderbar ins Licht stellen kann.
Die Aussage von Spahn ist dermaßen unklar, dass sich doch jede weitere Diskussion erübrigt- meine Meinung.
Ich gehe davon aus, dass jeder Politiker weiß, wie Worte wirken und so ein nebulöses Gerede, bringt nur viele Spekulanten und Lichtkegelpositionierer nach vorne. Vermutlich wurde nur das gewollt.
Wenn ich ehrlich bin, versteh ich so einiges nicht.
Was genau sagt denn jetzt die Psychotherapeutenkammer?
Frau T.`s Beitrag bezieht sich ja nur auf Lütz und nicht auf den Inhalt- ich lese darin nur eine traurige Abrechnung-- und denk mir „was für eine psychologisch hochwertige Argumentation“- naja…sie ist VWLèrin…vielleicht kann sie es nicht anders
Und Lütz beschreibt das Hauptproblem - die fehlende Kontrolle.
Eine Lösung hat er auch er nicht.
Wenn wir von den Rednern und Köpfen weggehen, bleibt die Frage, ob es dazu überhaupt je eine Regelung geben kann?
Das sich Therapeuten ihre Patienten „aussuchen“ können, ist auch der Bestandteil einer effektiven Therapie, denn wenn Klient und Therapeut nicht miteinander „können“, ist es mehr als gut, dort nicht gemeinsam anzusetzen. (mag als Argument „am Thema vorbei“ wirken, doch gerade psychisch stark belastete Menschen können für ein Miteinander eine große Herausforderung sein).
Und, das so mancher Therapeut nicht mit „harten Fällen“ arbeiten will, ist primär schade und man könnte die „Berufstauglichkeit“ hinterfragen- müssten die Kontrolle nicht beim Therapeuten ansetzen? Was sind die tatsächlichen Gründe für eine Ablehnung?
Welch Aufschrei könnte man dann erwarten?
Ich sehe keine Lösung- denn wie erzählte mir ein Psychologe " 5 Dauerpatienten und dein Haus ist bezahlt".
Leider sind dann Therapeuten und Psychologen auch nur Menschen und müssen mit ihrer Arbeit ihre Existenz bestreiten. Wieviele Klienten könnten wohl schon lange wieder ohne Begleitung sein?- darf man sich da fragen…
Andererseits habe ich schon mehr als einen Menschen getroffen, der sich regelmäßig bei seinem Psychiater meldet- wegen Rezept - aber noch nie eine Therapie gemacht hat!!!
Für mich unfassbar, wie ausschließlich mit Medikamenten gearbeitet wird und es offenbar NICHT selbstverständlich, dass eine Therapie angesagt wäre.
Auch hier stelle ich die tatsächlich Qualtität des Psychiaters in Frage. (darf ich mit meiner Unkenntnis )
Ein Ansatz wäre also die Güte der Therapeuten zu klären- es geht schon mit der Frage los, warum wählt jemand diesen Beruf? Wie viele davon haben selbst ordentliche Baustellen in sich und arbeiten sich dann im Außen ab- bleiben dabei dennoch weit unter ihren Möglichkeiten für den Klienten, weil sie in sich stecken bleiben?
Ich weiß, nun kommt die Aussage der „Selbsterfahrung“ in der Ausbildung- das ist leider keine wirkliche Garantie, dass eigene Themen aufgeräumt werden.
Wie sollte so eine Kontrolle aussehen? So etwas kann es nicht geben.
Kurz: wo will man ansetzen?
Für mich steckt bei aller Professionalität eine große Subjektivität in diesem Bereich.
Man kann eine Waschmaschine perfekt reparieren und damit sowohl die Reparatur als auch den Schaden genau definieren.
Wie soll sowas je möglich werden, wenn wir alle Menschen sind und hier soviele psychische Faktoren ins Spiel kommen, die in ein Rechnungssystem eingefügt werden sollen.
Der Wunsch nach Gerechtigkeit ist - weil es um sehr viel Subjektivität geht- nicht zu erfüllen.
Kann schon sein, dass sie einfach nichts drauf hat, ich kenn sie nicht persönlich.
Der springende Punkt ist aber, dass sie nicht als Privatperson spricht, sondern als Repräsentantin der Psychologischen Psychotherapeuten in Deutschland.
Und es geht nicht um mal so eine Stellungnahme, sondern um die ganze aggressive Lobbyismus-Serie der Psychotherapeutenkammer.
Ich an Spahns Stelle würde als allererste Maßnahme die gesetzliche Grundlage der Pflichtmitgliedschaft in der Kammer beseitigen (gibts in anderen Ländern auch nicht).
Das ließe die Lobbymacht dieses Verbands ganz schnell bröckeln.
Ich glaube nicht, dass Lütz die „fehlende Kontrolle“ als Hauptproblem sieht, sondern es geht ihm um ein Lenkungsproblem in der Zuordnung Patient-Therapeut.
Nein, das ist ganz und gar nicht am Thema vorbei, sondern auch meiner Meinung nach der große und unverzichtbare Vorteil freier Ambulanter Psychotherapie mit Therapeuten, die möglichst wenig weisungsgebunden sind und Patienten, die sich möglichst frei und unkompliziert einen Therapeuten (und übrigens auch eine Therapiemethode; daran haperts in Deutschland ja auch ganz gewaltig) aussuchen können.
Wenn in der Pth der gegängelte Patient und der gegängelte Therapeut zusammenkommen, was kann da schon sinnvoll rauskommen? Darum ist Kontrolle und evidencelogische Standardisierung aus meiner Sicht ein totaler Irrweg.