Servus,
ich würde für diese Flasche bei Kauf von privat (d.h. von unbekannten Lagerbedingungen) versuchsweise 20 €, vielleicht 25 € ausgeben.
Sasbachwalden und Durbach sind zwei Weinbauorte in Baden, die den Großlagenschwindel nur in ganz begrenztem Umfang mitgemacht haben, weil dort schlicht keine Flächen verfügbar sind, um auf Feldern Wein zu bauen, die eigentlich für Zuckerrüben und Mais viel besser geeignet wären.
Dazu kommt, dass die Winzergenossenschaften beider Orte nicht bei der Eintopfküche der Breisacher Großkellerei mitspielen, das spricht auch für den Sasbachwaldener.
Spätburgunder ist an sich - wie die allermeisten Roten aus Deutschland - kein Wein zum Altwerden lassen. Je nach Jahrgang, Herkunft und Ausbau gibt es grad genug deutsche Spätburgunder, die nach drei oder vier Jahren um sind.
Um ein „alter Wein“ werden zu können - das geht unter deutschen Verhältnissen mit 6-8 Jahren los - braucht es einen ausgesprochen extraktreichen, relativ stark alkoholischen Spätburgunder mit milder Säure. Der 1997er gilt in Baden in dieser Hinsicht als nicht grad exzellenter, aber doch sehr guter Jahrgang.
Wenn er jetzt noch halbtrocken ausgebaut ist (die Eignung, ein paar Jahre länger liegen zu können, ist eine von wenigen Legitimationen für einen halbtrockenen Ausbau), kann es gut sein, dass in der Flasche ein schöner alter Wein ist. Aber auch ein trocken ausgebauter Sasbachwaldener 97er Spätburgunder hat gute Chancen darauf.
Allerdings wäre es mit einem ziemlichen Risiko verbunden, die Flasche unbesehen länger als etwa Ostern 2013 liegen zu lassen - je nachdem, wie sie bisher gelegen hat, kann es gut sein, dass sie jetzt schon um ist oder nur noch kurze Zeit bis hin hat.
Wegen dieses Fragezeichens habe ich oben 25 € als meine persönliche Obergrenze geschrieben - ich spekuliere nicht besonders gerne.
Wenn jemand gern spekuliert und das nötige Spielgeld dafür flüssig hat, kann es schon auch sein, dass mehr, vielleicht viel mehr, für die Flasche bezahlt würde.
Wegen Kritiken online: Das ist wie bei jeder anderen Literatur auch - viel Leute schreiben viel, und man muss halt schauen, wem man glaubt. Ich habe zu dem Thema auf Anhieb einige Veröffentlichungen im weltweiten Netz gefunden, die meine Einschätzung in etwa bestätigen; es gibt sicherlich auch andere, die ganz andere Einschätzungen geben.
Je näher man an vertrauenswürdigen Leuten ist, die mit Wein ständigen und guten Umgang haben, desto eher kann man darauf vertrauen, dass die Welt nicht bloß im Keller, sondern auch in der folgenden Lagerung in Ordnung war. Eine bleibende Erinnerung habe ich daran, als ich einen über zwanzig Jahre alten Rheingauer Riesling trinken durfte, der mir von der Oestricher Winzerstochter eingeschenkt wurde, die ihn im Oktober 1976 bei strahlendem Sonnenschein im T-Shirt gelesen hatte: Obwohl kein besonderer Liebhaber von Firn und damals (mit gutem Grund) kompromissloser Purist betreffend trockenen Ausbau, musste ich R. zugestehen, dass sie da eine kleine Engelsmusik im Keller hatte.
Aber solche Begegnungen lassen sich nicht schematisieren.
Schöne Grüße
Dä Blumepeder