Alkohol - Fleisch - "Herdenzwang"?

Das grundsätzliche „Alkohol ablehnen“, scheint immer noch ein besonderer Fall unter weiteren.
Wenn man nämlich keine nachvollziehbare Erklärung liefert, wird oft heimlich alles mögliche vermutet - Krankheit, Schwangerschaft, man wäre trockener Alkoholiker usw… Hab ich schon mitbekommen, und zumindest hat man das Gefühl, na ja…:face_with_raised_eyebrow:

Insgesamt ist das aber bei freundschaftlichen Treffen besser geworden. Man wird ja älter, die Zeiten und einige Ansichten ändern sich.

Besonders nervig finde ich allerdings, wenn ich (oder auch wir) dann zu Anlässen noch Alkohol als Geschenk bekommen, meist Wein oder Sekt,
obwohl diejenigen eigentlich wissen, dass ich es nicht mag, und mein Mann lieber ein Bier trinkt.

Ältere Verwandtschaft macht das gerne, besonders die Frauen. Z.B. Tante, Mutter, Schwiegermutter! Auch mal Nachbarinnen … Eher nicht die „alten weissen Männer“.
Aber wenn ich Alkohol schon in Geselligkeit nicht mag, setze ich mich dann etwa zu Hause hin, um eine ganze Flasche zu trinken?:roll_eyes:

Ich meine jedoch, die machen das nicht böswillig, sondern können sich einfach nicht vorstellen, dass man das persönlich ablehnt.

Da muss ich protestieren. Ich verfolge zahlreiche Tiersendungen und habe öfter beobachten können, dass Gorillaweibchen in ihrer fruchtbaren Phase furchtbar aufdringlich sind und den Kerlen auf die Nerven gehen. Siehe hier: „In dieser Phase ändert sich das Verhalten der Frauen und die Beziehung zu ihren Artgenossen. Sie nähern sich Männern (gelegentlich auch Frauen) und fordern diese zu Paarungen auf.“
Man macht sich oft über das Verhalten Tieren (ebenso wie von alten weißen Cis-Männern) auch klischeehafte Vorstellungen :slight_smile:
Gruß,
Eva
PS.: Die netten Delphine neigen zu Vergewaltigungen …

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Hallo Pierre,

Ich denke, der Antrieb, warum jemand andere zu einem nicht gewollten Verhalten drängt, ist recht unterschiedlich.

Gut gemeint schlecht gemacht
Das kann ein besorgter Mitmensch sein, dem das Wohlergehen am Herzen liegt.
Beispiel: da hat jemand Liebeskummer und verkriecht sich seit Wochen zuhause. Der Bruder will ihn zu einem Fußballspiel mitnehmen, damit er wieder unter Menschen und auf andere Gedanken kommt. Dem Leidenden geht das Drängen dermaßen auf den Sack, dass es zum Streit kommt.

Egoismus
Beispiel: In geselliger Runde trinken alle Alkohol - bis auf einen. Der ist dann die Spaßbremse. Weiß doch jeder, dass man nach ein paar Drinks albern und laut wird. Und der eine hockt jetzt dabei und verzieht das Gesicht oder schüttelt dauernd den Kopf und guckt missmutig. Das will man nicht haben, der soll gefälligst mittrinken (oder gehen).

Grüße Maralena

DER war gut! :smiley:

Ich bin auch regelmäßig auf Partys dieser Art. Wir haben uns ohne großes Gerede darauf geeinigt, dass es entweder zwei Grills gibt, oder zuerst das vegane, das das fleischige gegrillt wird.

Noch eine Anekdote von vor wenigen Wochen: eine kleine Gruppe Menschen kommt zusammen. Eine Person, nennen wir sie mal A hatte einen Tag vorher Geburtstag. Eine Person X erwähnt das in einer Lautstärke, dass das alle hören. Person A sagt, dass jetzt bitte nicht alle gratulieren sollen, das wäre ihr peinlich. Person B schlägt ungestüm vor, dass doch jetzt alle ein kleines Ständchen anstimmen sollten. Person A wehrt ab und macht deutlich, dass das als noch peinlicher empfinden würde, man solle doch einfach zur Tagesordnung übergehen. Also stimmt Person B „Happy Birthday“ an und die Horde (als hätte sie das Gehirn ausgeschaltet) singt mit.

Nur einer blieb demonstrativ stumm. Ich empfand es von B gegenüber A als extrem übergriffig. Warum musste Person B unbedingt A ihren Willen aufdrängen?

Achso, Person B ist einer der alten, weißen Cis-Männer in meiner Umgebung, die mir als schlechtes Vorbild dienen.

Der Grund für die Übergriffigkeit ist doch, wenn man es mit Abstand und rational betrachtet, völlig irrelevant. Wenn der Mensch mit Liebeskummer sich momentan lieber in seinem Schmerz wälzen möchte, dann soll man ihn doch lassen. Man kann ihm Angebote machen: zu Begleitung, Gespräche, saufen, gemeinsam schweigen. Aber warum muss man diesen Menschen bedrängen?!

Das ist der Grund. Man ist egoistisch. Man meint, zu wissen, was der andere bräuchte und drängt ihm das auf. Viel wichtiger wäre doch Verständnis aufzubauen und die Wünsche des anderen zu akzeptieren. Akzeptanz für das Sein und die Wünsche der Mitmenschen ist, nach meiner Beobachtung, zumindest in unserem Land, Mangelware.

Das ist doch aber ein ganz schlimmes Vorurteil. Warum sollte man nur mit Alkohol fröhlich sein können? Warum sollte man ohne Alkohol zwingend griesgrämig sein?

Ich bin jeden und den ganzen Tag albern und laut und trinke nur alle paar Wochen mal Alkohol. Und ich kann Alkohol trinken und werde dann ganz ruhig und in mich gekehrt. So richtig grumpy werde ich nur, wenn ich Hunger habe und nichts zu essen kommt.

Das bedeutet, dass man Vorurteile hat und seine Macht dafür nutzt, die Menschen dazu zu zwingen, sich diesen Vorurteilen zu unterwerfen.

Und ist nicht Egoismus auch ein Kennzeichen von Angst vor dem Verlust von Macht und Eigentum?!

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Anekdote:

Früher habe ich das mit ‚Ich kann auch betrunken prima schlechte Laune haben‘ kommentiert.

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Das passt ja zu

Und irgendwie fällt mir dazu ein „zu seinem Glück zwingen“. Sowohl bei dem Geburtstagsständchen: da war das Ziel von X vermutlich nicht, A in endkrasse Verlegenheit zu bringen. Sondern vermutlich hätte sich X ein Loch in den Bauch gefreut, wenn er/sie/es in entsprechender Situation so ein Ständchen bekommen hätte und wollte eben A „zu seinem Glück zwingen“.

Ähnlich mit Inkas Tanten: die schlürfen einfach gerne hier und da mal ein Schnäpslein zuhause aufm Sofa und wollen Dich mit diesem Geschenk zu „diesem Glück zwingen“. Oder es ist schlicht Gedankenlosigkeit, weil man „immer“ zum Geburtstag was alkoholisches aus dem eigenen Fundus verschenkt und gar nicht aufm Schirm hat, dass die Inka „sowas“ ja gar nicht mag.

Also eher „zum Glück zwingen“, aber dabei dann auch „bestimmen“ („ich weiß was gut für Dich ist“ ). Hmmm, spannender Aspekt, aber ich glaube das passt in meiner Laienansicht ziemlich gut… Also in den Augen des „Bestimmers“ absolut gerechtfertigt: ich will mich jetzt besaufen, freue mich schon die ganze Woche drauf gleichzeitig „überzeuge“ ich den anderen, dass das was ich will (und was ich absolut gut finde) davon, das gleiche zu tun. Und dann ist’s auch nicht so schlimm, dass das „eigentlich“ gar nicht so „gut“ ist.

Nein, X wollte einfach nur höflich sein, damit der Geburtstag nicht unter den sprichwörtlichen Tisch fällt und wir alle uns wenigstens eine Minute dieser Person zuwenden.

Ersteres auf jeden Fall. Zweites nicht. Beachte die zeitliche Reihenfolge: X macht aufmerksam, A ist peinlich berührt, B schlägt Gesang vor, A lehnt deutlich ab, B stimmt trotzdem ein Lied an. X war nur in einem leichten Fall übergriffig. Diese Person wusste ja noch nicht, wie A reagiert. B wollte A „zu ihrem Glück zwingen“.

Ich mag übertreiben, aber zwischen so einer Aktion, einem „Altherrenwitz“ und einer Frau ungefragt an den Hintern zu fassen, ist es nur ein kleiner Schritt.

Auch Gedanklenlosigkeit halte ich für eine Form der Nichtakzeptanz. Wenn ich vorher nicht darüber nachdenke, was die beschenkte Person über mein Geschenk denken mag, akzeptiere ich nicht, dass sie anders als ich sein könnte.

Möglicherweise ist das ein Ausdruck von geringer sozialer Kompetenz, vielleicht aber auch nur von schlechter Erziehung.

Kleine Anekdote: vor knapp einem Jahr haben wir in der Firme ein bedeutendes Projekt fertig gestellt. Einige von uns haben das über ein Jahr vorbereitet. Es war das bisher größte und gewinndringendste. Ich wollte nach diesem Erfolg nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen und wollt mit den Kollegen anstoßen. Weil ich weiß und akzeptiere, dass einige keinen Alkohol wollen, einige ihn nicht vertragen und wieder andere Alkohol auf der Arbeit ablehnen, habe ich ab Anfang an Sprudelwasser oder Sekt zur Auswahl bereit gestellt. Entsprechend fragte ich auch ohne Emotion: „Wasser oder Sekt?“ und schenkte ohne weiteren Kommentar ein. Es geht. :wink:

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Ah okay, dann ersetze bitte „X“ durch „B“ - ich bin da bei den handelnden Personen etwas durcheinander geraten, sorry.

Natürlich geht das. Und ich stelle auch immer mehr fest, dass ich dieses „Problem“ zunehmend weniger habe. Ob das daran liegt, dass ich mein Umfeld besser filtere (und mich von derlei Leuten mehr oder weniger bewusst fern halte) oder ob ich einfach alt bin und entsprechend deutlich mitteile, dass ich in der Situation keinen Alkohol möchte und basta oder ob sich ein allgemeiner Wandel in der Gesellschaft vollzieht, dem sich nur noch ein paar übriggebliebene Idioten widersetzen weiß ich in der Tat nicht. Und in mancherlei perfekter Bullerbü-Welt hat man ja heutzutage von derlei Problematiken überhaupt noch nie gehört, was mich natürlich ganz besonders freut.

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Ich glaube, und ich gebe ehrlich zu, dass das nur ein Bauchgefühl ist, dass viele Menschen (leider zu wenige, aber doch wenigstens eine erfreulich große Anzahl) durch Feminismus, den offeneren Umgang mit Homosexualität, der gleichgeschlechtlichen Ehe und anderen kleinen Schritten zu einer inkludierenden Gesellschaft, gelernt haben, die anderen Personen so zu akzeptieren, wie sie sind. (Vielleicht liegt es aber auch nur an unserem mittleren Alter. :wink: Wir wollen von anderen in Ruhe gelassen werden und lassen sie in Ruhe. Und sind geistig noch nicht so verknöchert, dass wir wieder unflexibel werden. :wink: )

Allerdings habe ich inzwischen das Gefühl, dass wir den Gipfel der Akzeptanz überschritten haben. Inzwischen erlebe ich in vielen, eigentlich positiven Dingen eine „repressive Moral“, die eine Minderheit mit vorgeblich hehren Zielen der Mehrheit aufzwingen will. Die Ziele stammen auch der eher linken Ecke. Die Methoden scheinen mir eher rechts zu sein. Daher habe ich Probleme damit, diese Personengruppe irgendwie einzuordnen.

Aber vielleicht ist das auch nur ein zum Gebrüll aufgebauschtes Flüstern der Gesellschaft, das von den eigentlichen Problemen und Mankos ablenken soll, damit es nicht (etwas übertrieben) zur umfassenden Revolution kommt.

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Hi,

Ich verfolge die Diskussion hier mit großem Interesse, einschließlich der hier aufgestellten Theorien, aber irgendwie kenne ich wohl andere Menschen als du/ihr bzw. habe ganz andere Erfahrungen gemacht.

Wenn ich in unserem Bekanntenkreis irgendwo eingeladen bin, dann ist es praktisch immer so, dass es zur Begrüßung heißt: Ich habe hier Sekt, Sekt mit O-Saft und O-Saft pur. Was möchtest du?
Niemals habe ich erlebt, dass mich da jemand zu irgendetwas überreden will, geschweige denn Macht demonstrieren will, weil ich „das Falsche“ wähle. Und beim Feiern, wird natürlich oft gefragt: Ein Wein oder lieber ein Bier? Meine Frau trinkt seit Jahren kein Alkohol mehr und sagt dann: Irgendetwas ohne Alkoho bittel Auch da gibts nie irgendwelche Üeberrredungsversuche oder sowas, sondern lediglich die für mich normale Reaktion: Wir haben alkoholfreies Bier, verschiedene Säfte und Mineralwasser. Womit kann ich dir eine Freude machen. Da, wo ich eingeladen bin, ist es eher so, dass man seine Gäste zufriedenstellen will und nicht zu irgendetwas zwingt, so dass sie dann bei der nächsten Einladung lieber zu Hause bleiben.

PF

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Für dieses Statement könnte ich Dich jetzt abknutschen (Achtung übergriffig), wenn ich nicht so hoffnungslos hetero wäre, dass mir schon Umarmung unter Männern eher unangenehm ist und es mich jedes Mal würgt, wenn ich den bekannten Fotokuss zwischen Honecker und Breschnew sehe.

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Eine solche Situation ist mir in Erinnerung - betraf zum Glück nicht direkt mich (keine Ahnung, wie ich reagiert hätte. Sehr wahrscheinlich sehr böse)

Es begab sich zu einer Zeit, als sich ein paar Personen behufs einer Festivität trafen. Eine dieser Personen, nennen wir sie mal A hatte kurz vorher Geburtstag. Freunde von A wussten das und haben ihm als nachträglichen Glückwunsch auf die Schulter gepatscht. B fragte nach und bekamen irgendwoher die Info „A hatte Geburtstag“ und da nahm, für A das Elend, den Lauf. Lasst uns ein Ständchen singen! Schon im Normalfall fände ich das örgs.
Ein Chor trat zusammen und sang. Mit durchschlagendem Erfolg. A flüchtete mit Tränen in den Augen.

Vielleicht hat B es „gut“ gemeint, B wusste nicht, das A als Kind am Geburtstag seine Eltern bei einem Autounfall verlor. A’s Freunde wissen das, patschen auf die Schulter und haben überhaupt kein Problem damit, das der Geburtstag für A nichts zu feiern ist.

Wenn Person B etwas geschafft hat, dann das der Abend vielen Leuten in absolut mieser Erinnrerung geblieben ist (gelernt hat B aus diesem Vorfall leider nicht)

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Und warum hatten sie ein Problem damit, B über die Sachlage aufzuklären?

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Wenn As Leute das beizeiten mitbekommen hätten, hätten sie das gemacht.
So wurde von einer Handvoll allenfalls entfernt Bekannter die Bühne gestürmt und ungefragt ein Ständchen geplärrt.

Und damit sind wir wieder bei der Ausgangsfrage: jemand wird einfach zwangsbeglückt weil andere das toll finden

Das finde ich übrigens gar nicht übergriffig: „ich könnte Dich knutschen.“ Hier zeigt der Sprecher aus meiner Sicht seine Gefühlslage und wahrt trotzdem den Abstand. Ich sage auch immer mal wieder zu meinen Kolleginnen „fühle Dich von mir gedrückt“, ohne dass ich ihnen körperlich näher komme als üblich. Einfach als ganz besondere Form einer sehr persönlichen Anerkennung.

Den Begriff der „repressiven Moral“ las ich neulich in einem ganz anderen Zusammenhang und dachte bei mir: der beschreibt ganz genau meine Empfindungen über solche Situationen, wie ich sie geschildert habe,

Du sprichst da einen wichtigen Aspekt an, der hier ein stückweit untergeht und der auch schon in der anderen Diskussion untergegangen ist.

Natürlich gibt es den Effekt, dass - Achtung - in bestimmten Situationen und Gruppen (!) - diese Phänomene auftreten. Aber es gibt auch zahlreiche Schilderungen, wo deutlich wird, dass es auch problemlos möglich ist, kein Fleisch zu essen, keinen Alkohol zu trinken.

Wenn man diesem Phänomen angemessen auf den Grund gehen möchte, müsste man die gesamte Situation betrachten. Die besteht eben nicht nur aus den Menschen, die einem etwas aufdrängen wollen. Sie besteht aus weit mehr. Da sind auf der einen Seite verschiedene beteiligte Personen: mindestens diejenige, die nicht Alkohol trinken / Fleisch essen möchte und diejenige(n), die etwas sagen. Aber wahrscheinlich gibt es selbst in den Situationen, wo etwas gesagt wird, auch viele (die Mehrheit), die gar nichts sagen. Und es gibt situative Faktoren.

Nun wird die Diskussion hier angestoßen von jenen, die aus der Ich-Perspektive schildern, dass es sie stört, derart bedrängt zu werden. Analysiert und bewertet wird ausschließlich das Verhalten jener, die aufdrängen. Das wird dem Phänomen aber gar nicht gerecht.

Offensichtlich ist es so, dass hier viele sehr unterschiedliche Typen schildern, damit überhaupt kein wirkliches Problem zu haben: weil sie nicht, oder seltener, oder weniger gravierend in solche Situationen reinkommen.

Tatsächlich haben wir es also mit einem äußerst vielschichtigen Phänomen zu tun, das von vielen Faktoren abhängt. Das so zu „analysieren“, wie das bisher hier gemacht wird, wird dem gar nicht gerecht. Würde das so wissenschaftlich aufgearbeitet (und wir befinden uns im Wissenschaftsbrett), müsste man jede Studie oder nur Umfrage, die so aufgezogen ist, sofort schreddern. (Dass das leider bei vielen Studien genau so passiert, steht auf einem anderen Blatt)

Es macht zum Beispiel schon einen großen Unterschied, nur auf jene Situationen zu schauen, wo das passiert und überhaupt nicht danach zu sehen, dass das in anderen Situationen nicht passiert.

Nur mal so ein paar Beispiele, für Fehlannahmen mit Folgeeffekt:
Nur Schweinebraten und Co bei 30 Grad aufwärts mittags (lässt mir persönlich übrigens mehr als nur einen Schauer den Rücken runterlaufen - ist aber nicht gefragt!) … Wieso wird daraus ein schlechtes Gewissen konstruiert, sich selbst schlecht zu ernähren, während der Gute einem gegenüber steht? Es kann auch einfach nur eigene Gewohnheit sein, um in dem Moment festzustellen, dass man als Gastgeber echt schlecht da steht, weil man einem Gast nix anbieten kann. Und per se gesünder ist völliger Fleischverzicht nicht. Das heißt, möglicherweise schwingt da tatsächlich auch auf der anderen Seite ein Überlegenheitsanspruch der einen Seite mit, welche die andere in dem Moment merkt.

So kann eine solche Situation sich in die eine oder andere Richtung entwickeln, weil es an den Personen hängt, die einfach anders damit umgehen, auch die Nicht-Konsumierenden. Es kann ein Mangel sein, der sich in dem Moment offenbart. Fleisch (Fisch, Meeresfrüchte) und Alkohol sind bspw. nicht nur mit Feiern assoziiert, sondern auch damit, dass man es sich gutgehen lässt. Jeder ruft sofort „edle“ Sachen ab: Ob Filet und Hummer oder Sekt und den schönen Wein. Es sind bezeichnenderweise selbst Vegetarierer und Nicht-Alkohol Trinkende, denen die Fantasie für solche „edlen Varianten“ fehlen!
Diese Erfahrung mache ich seit über 3 Jahrzehnten, die ich mich recht intensiv mit der Thematik aus der Gastgebendenrolle beschäftige. Das hat sich zwar etwas gewandelt - und vegetarisch ist nicht mehr nur beschränkt auf die Gemüsebeilage. Die Foren sind aber voll von solchen Verzweifelnden - und das sind auch die Vegetarierer / Veganer / Nicht-Alkohol-Trinkenden. Was grillt man denn vegetarisch, wenn es nicht immer Gemüsespieß oder Grillkäse sein soll? Was trinkt man leckeres, besonderes, außer Wasser, Limo und Cola?

Schon alleine dadurch kommt ein Stressmoment rein. Und wenn Nichtalkohol dann bedeutet, dass sich jemand ein Wasser bestellt, ist das eben nicht mehr nur Getränkt, sondern sendet bewusst oder unbewusst Botschaften, die weit über Flüssigkeitsaufnahme hinaus gehen, und auf der anderen Seite empfangen werden, zusätzlich zu den Botschaften, die empfangen werden, obwohl sie nie gesendet wurden.

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Auch diese Schilderung sehe ich etwas anders.
Wieso hatte B das nur vielleicht gut gemeint? Gibt es irgendeinen sachlichen, konkreten Ansatzpunkt für die Unterstellung des „vielleicht“?
B weiß nichts von dem Hintergrund! Er bekommt aber aus deiner Sicht die volle Breitseite der Vorwürfe ab. Wieso eigentlich nicht diejenigen (dich übrigens eingeschlossen), die nicht fix reagiert und das Unglück verhindert haben, in dem sie B schnell beiseitenehmen und aufklären? Wieso bekommt der Chor nix ab, der ja offensichtlich zumindest teilweise Bescheid wusste - und mitgesungen hat!

Und sind aber offensichtlich zumindest in der Situation so beschissene und empathielose Freunde, dass Sie das Unheil nicht haben kommen sehen und verhindert haben. Und weil sie das wissen, ist es natürlich wesentlich einfacherer und bequemer, die Verantwortung für diese miese Erinnerung, allumfassend auf B zu kübeln, der - wie du wirklich selbst schreibst- nicht wusste, dass

Wer sich wirklich wissenschaftlich für dieses Phänomen interessiert, kann mal bei Niklas Luhmann nachlesen. Das ist, zugegeben, schon ziemlich tief in die Kiste gegriffen, dafür aber sehr interessant und lohnenswert. (Vielleicht nicht bei 30 Grad ;-)). Als Bestandteil der Situation kann man nur schwer analysieren, weil man Bestandteil ist. Selbst als Beobachter wird man aber schon alleine durch die Beobachtung Bestandteil. Der Beobachter ist in der Realität - nicht über ihr.

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Jo, auf einer Festivität mit ca 300 Teilnehmern mehreren Gastgebern und unterschiedlichen Freundesgruppen lässt sich das wirklich schnell verhindern (mean culpa wenn du ‚paar Personen‘ zahlenmäßig als geringer angesehen hast, es war ein Schützenhallenevent).

As Leute kennen Bs Leute allenfalls vom Sehen - wie gesagt, unterschiedliche Freundeskreise unterschiedlicher Personen. Wenn dann B lostapert und ‚seine‘ Leute zu einem ungeplanten Überraschungsständchen für A auf die Bühne bittet ist das meeh.
OK, ich bin eh kein Freund von Getratsche.

Wer da übrigens genau was anschließend abbekommen hat, weiß ich nicht (mehr). Lange her und ich war damals A suchen. Der ganze Vorfall ist mir, obwohl nur anwesend und nicht direkt betroffen, halt als suboptimal in Erinnerung geblieben :wink:

ok, es hat auch Gründe, warum ich mit B keine weiteren Berührungspunkte habe, ich schließe nicht aus, dass das vielleicht mit in die Kurzschilderung hier eingeflossen ist. Natürlich war das ganze komplexer als hier als Beispiel geschildert - und dazu wahrscheinlich grob überschlagen 15 Jahre her.

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Erschwerend kommt hinzu, dass es in unserer Gesellschaft ein kultureller Topos ist, Ehrungen, Glückwünsche, Gratualtionen erst einmal abzuwehren … „Das wäre doch nicht nötig gewesen“ … „Ach, das ist mir jetzt aber peinlich“ … Ich glaube, einige Leute würden sehr, sehr irritiert reagieren, würde man auf den Satz „Das wäre aber doch nicht nötig gewesen“ das Geschenk wieder einpacken …

Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, dass man in solchen Fällen sehr klar kommunizieren muss, dass es wirklich ernst gemeint ist und nicht nur die übliche rituelle Ablehnung.

In anderen Kulturen existiert das noch extremer:

Gruß,
Max

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