Im Allgäu gibt es Flurstücknamen mit der Endung -ar, z. B. Lorenzar. Weiß jemand, woher die Endung kommt? Ist sie eine Kürzung von „Acker“?
Hallo,
ich bin nicht sicher, ich glaube, es bedeutet Wasser.
Es gibt dazu ein interessantes Buch: Die Sprache der Eiszeit.
Schau mal
Schöne Grüße
Schrella
Hallo !
Evtl. auch einfach nur nach dem Flächenmaß 1 AR= 100m² ???
Hallo,
nach einer allgemeinen Deutung ohne Kenntnis des regionalen Bezugs
wäre sowohl Wasser als auch Fläche möglich.
Gibt es einen Ortschronisten ? Gibt es ein Katasteramt ???
Grüße Roland
Wahrscheinlich nicht.
Danke.
Danke sehr. Nach einem Kurzurlaub werde ich dort anfragen und das Ergebnis hier mitteilen.
Hallo Elbbatz,
mit dem Flächenmaß „ar“ hat diese Endung unter jeder Garantie nichts zu tun. Das Ar mit 10 * 10 m² ist Bestandteil des metrischen Systems der Maßeinheiten von 1793, heute abgesehen von speziellen Anwendungen (Landwirtschaft, Grundbücher, Einheitsbewertung etc.) nur noch als Hektar (= 100 Ar) gebräuchlich. Zu dem Zeitpunkt, als das Ar erstmals definiert wurde (es ist übrigens abgeleitet vom lateinischen Wort area, das im Allgäuer Alemannisch nicht vorkommt), waren die Flurnamen bereits ein paar bis einige hundert Jahre alt und wurden nicht nur im erzkonservativen Allgäu nicht mehr verändert, bloß weil da ein Napoleon mit einer Grande Armee dahermarschiert kam. Dô kennat jô a jeds kumma!
Der Zusammenhang mit der indogermanischen Wurzel, aus der Namen für feuchte Orte -au, -a und ähnliche abgeleitet sind, ist im Allgäu ebenfalls nicht gegeben. Flur- und Ortsbezeichnungen für feuchte Orte heißen dort nicht -au, sondern -ried oder im Grenzbereich zum Bairischen auch -moos.
Wiesen- und Ackerflächen ganz allgemein heißen im Allgäu nicht -au, sondern -ösch, -stück oder -stuck, -gewann oder -hau, -ghau (soweit spät gerodet).
Somit scheiden die beiden bisher gegebenen Deutungsvorschläge meines Erachtens aus.
Um Genaueres sagen zu können, wäre es interessant zu wissen, welche Flurstücksnamen von welchen Orten Dir da konkret vorliegen. Ich halte es für gut möglich, dass es schlicht Schreibweisen aus dem 18. Jahrhundert für die Endung -er sind: Beim ersten schriftlichen Erfassen von Orts- und Flurnamen hat sich vieles an den Klang angelehnt, man hat eben versucht, gesprochene Sprachen zu verschriftlichen. Wenn Du einen Allgäuer (heute) z.B. „Bruder“ sagen hörst, liegt es nahe, dafür (je nach Generation des Sprechers) „Bruadar“ oder (bei den Älteren) „Briadar“ zu schreiben - ungefähr so klingt das.
Wie wäre es, wenn es sich hier schlicht um einen Familiennamen handelte? Das ließe sich leichter beurteilen, wenn Du noch andere Flurnamen auf -ar vorlegtest, die Du im Allgäu gefunden hast. Der eine, den Du nennst, „Lorenzer“, klingt wie ein Walsernamen, und die Siedlung im Allgäu durch die Walser war ziemlich dicht.
Wenn Du magst, kannst Du ja noch ein paar ähnliche Flurnamen auf -ar nennen und vielleicht auch sagen, in welchen Gemeinden Du die gefunden hast. Dann lässt sich da vielleicht weiterkommen.
Schöne Grüße
MM
Servus,
lassen sich meines Erachtens ausschließen, vgl. meine direkte Antwort auf Elbbatz.
Schöne Grüße
MM
Nie im Leben.
Vergleiche doch mal, von wann Flurnamen sind, und wann das Ar erstmals definiert worden ist. Und so hochgestochen wie die lateinischen Bauren auf dem Landwirtschaftsamt redet im Allgäu nearmads.
Schöne Grüße
MM
Servus,
Nein.
Die indogermanische Wurzel, die Du meinst, ist in Namen auf -au enthalten. Feuchte Flächen heißen im Allgäu aber nicht Au, sondern Ried oder - im Grenzbereich zum Bairischen - auch Moos.
Schöne Grüße
MM
Ha no,
die These ist, dass Flurnamen schon so alt sind, dass sie aus Sprachen kommen, die schon lange tot sind.
Es gibt in Deutschland viele Wälder, die Hartwald heißen. Also Hart ist ein Wort für Wald und Wald auch …
So haben die Römer eine Gegend z.B. nach dem Boden benannt (felsig, lehmig o.ä.). So kommen dann viele Namen zustande wie Hartwald, dass also die ursprüngliche Bezeichnung das gleiche aussagt, wie Bezeichnung der Einwanderer.
Sehr spannend zu läsen in dem Buch … die Sprache der Eiszeit.
Isar … Eiswasser
Aachen … Wasser
Bacharach… drei mal Wasser
Schambach … Schamb - Ach
Auch ein schöner Zusammenhang: Flint (Feuerstein) und Ficken (schnell hin und her bewegen) kommen von demselben Grundgedanken…
Schöne Grüße
Schrella
Hallo Schrella,
und das lässt sich sehr leicht widerlegen, indem man sich schlicht die bestehenden Flurnamen und ihre Etymologie anschaut und leicht feststellen kann, dass sie zum allergrößten Teil schlicht aus dem Mittelhochdeutschen kommen.
Für Dich mag es neu sein, wie sich die Sprache im heutigen Deutschland im Lauf der letzten zweitausend Jahre entwickelt hat (sonst würdest Du ja auch nicht glauben, sprachwissenschaftliches Allgemeingut sei eine glorreiche plötzliche Entdeckung eines einzigen Menschen), aber die Verwandtschaft der indogermanischen Sprachfamilie untereinander ist aus philologischer Sicht trivial.
Das von Dir zitierte Aachen ist von seinem lateinischen Namen Aquae Granni so benannt, und man braucht keineswegs Rekurs auf eine erdachte Sprache zu nehmen, die angeblich zehntausend Jahre vor der Gründung dieser Stadt gesprochen worden sein soll, um das zu verstehen. Aix-la-Chapelle aka Aachen und Aix-en-Provence sind beide nach „Wasser“ benannt, aber doch nicht in irgendeiner phantastischen „Eiszeitsprache“!
Und, ich wiederhole mich, die indogermanische Wurzel für „Wasser“, von der du sprichst, äußert sich in heutigen Flur- und Ortsnamen in -au und -a. Und jetzt bist Du dran, nicht mit irgendwelchen abstrakten Spekulationen, sondern ganz konkret: Zeige mir einen einzigen Flurnamen im Allgäu, der sich auf einen feuchten Ort bezieht und nicht -ried oder -moos heißt.
Wenn man Onomastik ernsthaft treiben will, steht am Anfang nicht die Spekulation, sondern die ganz neutrale Aufnahme des Bestehenden. Wenn man diese Arbeit getan hat, kann man allemal noch spekulieren.
Schöne Grüße
MM
Hallole,
ich bin kein Fachmann, habe eben nur dieses Buch gelesen und das war Anfang der 80er. Und streiten will ich mit dir auch nicht, aber einen Namen habe ich mit einem spontanen Blick auf die Landkarte gesehen
Vermutlich ist Durach – früher Duraha – keltischen Ursprungs und bedeutet „hindurchfließende Ach“. (Wiki)
Und nach der Theorie, die ich hier (ungewollt) vertrete, bedeutet Ach einfach … Waaasserle.
Mir geht es nicht ums Rechthaben, wie gesagt, ich bin kein Fachmann …
Schönen Abend
Schrella
Servus,
es handelt sich hier wie gesagt nicht um eine „Theorie“, sondern um triviale Grundlagen der Sprachgeschichte: Das lateinische aqua und die keltische aha haben einen gemeinsamen Stamm, beide sind indogermanische Sprachen.
Was Richard Fester hier von Tausenden von Sprachwissenschaftlern unterscheidet ist, dass er eben keiner war und deswegen als allerneueste, bahnbrechende Erkenntnisse präsentieren konnte, war für jene bereits alter Schnee war.
Vor all solchen Spekulationen steht aber die Beobachtung, da beißt keine Maus keinen Faden ab. Und zu dieser Beobachtung gehört eben, dass die Wurzel, die Du als Herkunft für den im UP genannten Flurnamen postulierst, sich im deutschen Sprachraum anders niedergeschlagen hat: Die Namen, in denen sie erhalten ist, enden auf -au und -a. Die Schreibweise der Isar auf -ar ist eine Ausnahme - solche Schreibweisen hängen oft von Zufällen ab, wie der erste Topograph, der die Namen geschrieben hat, glaubte, ihren Klang wiedergeben zu können. Ihr Cousin auf der anderen Seite des Alpenkamms heißt Eisack - beide gehen übrigens auf den indogermanischen Stamm ‚is‘ = ‚fließendes Wasser‘ zurück, die romantische Deutung als „Eis“ hängt damit zusammen, dass die ursprünglich allgemeine Bedeutung „Wasser“ auf dessen gefrorenen Zustand eingeengt wurde.
Und die (übrigens wenigen) Ortsnamen im Allgäu, die auf diesen Stamm zurückgehen, heißen auch dort -au: Hopferau, Schongau, Betzigau usw.
Wenn Elbbatz noch mehr Flurnamen auf -ar aus dem Allgäu vorlegt, kann man mehr dazu sagen. Ohne dieses Material aber nicht, da bleibt alles Spekulation, und vor dieser muss man sich hüten, wenn man was herauskriegen will.
Schöne Grüße
MM
Vielleicht recht banal vom vielbemühten Hardt ( https://de.wikipedia.org/wiki/Hardt_(Toponym) ), das z.B. in Haar (bei München) heute als -ar auftaucht.
Ich weiß nicht, wie sich Pahhara, der alte Ortsname von Bachern bei Friedberg im Lechrainischen (quasi also Allgäu) übersetzt (mein Schwager stammt daher, darum ist das mein Beispiel), aber „bewaldete Anhöhe am Bach“ (Pah=Bach scheint eh klar) ist noch heute plausibel, wenn man dort hinfährt.
Gruß
F.
Aber Lindau?
-ried übrigens auch IM Bairischen.
Gleich doppelt feucht ists beispielsweise in Riederau am Ammersee.
Da schließe ich mich an.
Gruß
F.
Danke allen.Ich habe doch schon heute nach Bad Hindelang geschrieben und werde die Antwort mitteilen.
Hallo FBH,
das ist eine plausible Fährte und lässt sich leicht verifizieren, wenn man sich anschaut, wie der Lorenzar gelegen ist - noja, vielleicht doch nicht so leicht, wenn man bedenkt, dass Flächen ohne mehr oder weniger starke Neigung im Allgäu dann doch nicht ganz so dicht gestreut sind :-).
Schöne Grüße
MM
Hallo Elbbatz,
dank Dir für die Konkretisierung
.
Das Stück Lorenzar bei Hindelang liegt genau so, wie ein Hardt liegen „muss“, und das bestätigt den Vorschlag von FBH.
Schöne Grüße
MM