Alltag eines IT-Beraters

Hallo,

ich habe jetzt schon einige Vorträge zum Thema Berufseinstieg als Informatiker, u.A. auch von Unternehmen mit Haupt- oder Teilbereich Consulting gehört und kann mir unter diesem Begriff einfach wenig vorstellen. Die Beschreibungen sind sowohl dort als auch bei allem, was man so im Netz und auf Firmenhomepages findet, immer extrem abstrakt gehalten und strotzen vor sehr weiträumig und unklar definierten Fachwörtern.
Wie hab ich mir den Alltag eines IT-Beraters vorzustellen, ruhig mal mit einem wirklich konkreten Beispiel? Was genau macht man da? Welche Werkzeuge und Vorgehensmodelle benutzt man usw.
Und wie weit ist da die Abgrenzung zu Software-Engineerung bzw. der Entwicklung selbst?
Muss ich solche Unternehmen ganz ausschließen, wenn ich meinen Schwerpunkt eher in der Entwicklung und SW-Engineering setzen will oder findet man dort auch Stellen mit weniger ausgeprägten Consulting-Elementen?

Gruß

Hallo wrap_it,

die IT hast du ja schon im Namen, ein frühes Omen?

Unabhängig von allen Antworten hier ist sicherlich auch ein Praktikum oder Nebenjob in dem Bereich dazu geeignet, dir Einblicke zu geben.

Bei so manch einem wurde ein Aushilfsjob zur Hauptbeschäftigung, das Studium zur Nebensache, natürlich trotzdem erfolgreich beendet.

ich habe jetzt schon einige Vorträge zum Thema Berufseinstieg
als Informatiker, u.A. auch von Unternehmen mit Haupt- oder
Teilbereich Consulting gehört und kann mir unter diesem
Begriff einfach wenig vorstellen. Die Beschreibungen sind
sowohl dort als auch bei allem, was man so im Netz und auf
Firmenhomepages findet, immer extrem abstrakt gehalten und
strotzen vor sehr weiträumig und unklar definierten
Fachwörtern.

Es ist ja klar, wer gewollt wird, einen, der seinen Job gut macht. Und dazu gehört auch, sich auf fachlich völlig verschiedene Themen einzustellen. Was soll man da also konkretes schreiben?

Wie hab ich mir den Alltag eines IT-Beraters vorzustellen,
ruhig mal mit einem wirklich konkreten Beispiel? Was genau
macht man da? Welche Werkzeuge und Vorgehensmodelle benutzt
man usw.

Im Idealfall kennt der Berater nicht nur sein Geschäft, sondern v.a. das des Kunden. Dazu kommt eine solide Kenntnis der einzusetzenden Software. Falls es um IT-Beratung geht, auch ohne diese lässt sich ja manches optimieren.

In der Praxis kommt natürlich auch ttt dazu, Tarnen, Tricksen, Täuschen. Will heißen, dass man als DER Experte für ein Thema zum Kunden geschickt wird und 1-2 Wochen Zeit hat, fehlendes Wissen nachzuholen, sodass dem Kunden nichts auffällt. Zugegeben, dies geschieht eher bei den niederen Chargen, z.B. Entwicklern.

Und wie weit ist da die Abgrenzung zu Software-Engineerung
bzw. der Entwicklung selbst?

Der Berater klärt die Anforderungen, wiegt sie gegen die Fähigkeiten der Software ab, und hilft so bei der Entscheidung. Manchmal ist diese aber schon vom Kunden getroffen.

Er untersucht, welche Anpassungen in der Organisation und Einstellungen/Anpassungen der Software nötig sind. Er schätzt den Aufwand und macht Angebote - mitunter sind nämlich mehrere Beratungsfirmen involviert.

Er schreibt Fach- und DV-Konzepte, macht Projekt-Controlling und nimmt an vielen langen Besprechungen Teil.

Er ist mit Geschäfts- bzw. Abteilungsleitung, (Key-)Usern, seinen Teilprojektleitern/Entwicklern und nicht zuletzt seiner Beratungsfirma in ständigem Kontakt.

Ach ja, Doku und Anwender-Schulung gehört auch dazu.

Du siehst, ohne gut ausgeprägte soziale Kompenzen und Belastbarkeit kommt man da nicht weit.

Als Entwickler sieht die Sache etwas anders aus. Da halte ich es 1. mit dem Spruch „die kürzeste Verbindung zwischen 2 Menschen ist ein Vermittler“. Ein Hardcore-Programmierer und ein reiner Anwender finden selten eine gemeinsame Sprache. Ein Key-User, die Fachabtelung, die IT-Abteilung des Kunden und der (Teil-)Projektleiter des Beratungshauses dazwischengeschaltet laufen Informationen zwar weiter, aber flüssig. Will nicht heißen, dass man die Programmvorgaben nicht mir dem User abspricht, weil manches nicht stimmt, sich inzwischen geändert hat oder unklar ist. Außerdem kennt man ihn dann schon, wenn die (beinahe unvermeidlichen) Fragen kommen.

  1. finde ich es zwar gut, wenn ein Berater programmieren KANN. Er muss ja schließlich Vorgaben schreiben und auch schätzen!! Wer wie ich von Beratern verbrochene Programme geradebiegen durfte, schätzt es weniger, wenn sie es auch TUN.

Muss ich solche Unternehmen ganz ausschließen, wenn ich meinen
Schwerpunkt eher in der Entwicklung und SW-Engineering setzen
will oder findet man dort auch Stellen mit weniger
ausgeprägten Consulting-Elementen?

(IT-)Beratung und Entwicklung gehören untrennbar zusammen. So hat (nach meiner Erfahrung) jedes Beratungsunternehmen auch Entwickler, oder heuert diese extern an.

Über das Verhältnis lässt sich schwer was genaues sagen. In der klassische Zeit waren Programmierer in der Überzahl, bei SAP lässt sich sehr viel customizen, Entwickler sind dort eine (radikale) MInderheit.

Keine Sorge, die meisten können nicht programmieren, und von denen, die’s könnten wollen’s die meisten nicht. Sofern du mit dem richtigen Biss dabei bist, sollte Arbeitsmangel dein geringstes Problem sein.

Hab mal so „frei von der Leber weg“ geschrieben und sicher was vergessen.

Also ruhig nachfragen, Zoelomat

P.S. muss noch was über Modeerscheinungen ablassen:

  1. Den Menschen, der Management-Consulting und Programmierung gleich gut beherrscht, den gibt es nicht, und wenn doch, ist es eine gigantische Verschwendung, ihn programmieren zu lassen.

  2. Es gibt nicht DEN Programmierer. Auch dieser hat Modul- oder Branchenkenntnisse, ohne die er etliche Wochen oder Monate Zeit verliert. Ein Programmierer kann Geschäftsprozessse zwar nicht entwickeln (ist zumindest nicht seine Aufgabe), kann und muss sie aber sehr wohl verstehen.

*.*
In der Praxis ist der Begriff so aussagekräftig wie „Computerspezialist“ und sagt weniger etwas über die Tätigkeit also über den vertraglichen Status an der betroffenen Einsatzstelle aus.
Consultants sind für gewöhnlich nicht beim Auftraggeber angestellt, sondern angestellt oder (schein)selbständig mit oder ohne Vertrieb über ein „Beratungshaus“.

Unter dieser Flagge gibt es Fachspezialisten mit einem Tagessatz von paar tausend EUR und solche, die nur Assistenztätigkeiten ausüben und dem Kunden gar nicht in Rechnung gestellt werden.

Gewöhnlich sind die Jobs zeitlich befristet bei wechselnden Kunden und Einsatzorten, oft auch mit unterschiedlichem fachlichen Inhalt.

Als Einstieg ins Berufsleben bei namhaften Firmen sowohl entwicklungsfördernd wie selbstausbeutend.

Ciao, Allesquatsch

Moin auch,

ich bin IT-Berater fuer einen Teil von SAP. Mit wenigen Ausnahmen habe ich dabei staendig wechselnde Auftraege, die immer so 1-4 Wochen gehen. Zur Zeit ist so eine Ausnahme, das Projekt ist auf ca. 1 Jahr angelegt. Eine eigentliche Beratung mache ich eher selten. Beratung heisst fuer mich: Der Kunde hat eine spezifische Anforderung und ich erarbeite zusammen mit dem Kunden eine Loesung innerhalb des Programms, d.h. wir finden gemeinsam die beste Loesung, wie das Programm anzupassen sit, damit die Anforderungen erfuellt werden. Wichtig zu wissen: Ich programmiere nicht! Ich kann kein ABAP.

Das ganze mache ich zu 80% beim Kunden vor Ort. Nicht weil ich das so will, sondern weil die Kunden das wollen. Also bin ich meistens weg, z.Zt. jede Woche in London, vorher Helsinki, Lissabon, Singapur, Mumbai,… und bevor du jetzt sagst Boah ey, wie geil ist das denn sage ich: Das ist anstrengender und aetzender als du dir vorstellen kannst.

Wenn ich nicht berate arbeite ich :smile: . Das heisst das ich Berichtscodes erstelle oder aendere (Das ist keine Programmierung!) oder wie jetzt ein Update betreue oder selber ein Update installiere, Blueprints schreibe, Workshops oder Trainings durchfuehre oder oder oder.

Wenn du das machen willst brauchst du eine paar Voraussetzungen:

  • fliessendes Englisch

  • Bereitschaft, staendig zu reisen

  • Bereitschaft zu Ueberstunden (auch viele)

  • staendiges Hinzulernen

  • 8 Stunden am Stueck vor dem rechner sitzen koennen

Das ist das, was alle Firmen dir sagen. Ich fuege hinzu:

  • viel Humor und Leidensfaehigkeit

  • Sensibilitaet im Umgang mit anderen Kulturen

  • Bereitschaft, auch mit schwierigen Menschen umzugehen

  • fremdes Essen moegen

  • Flexibilitaet in jeder Ausrichtung

  • sich staendig auf neue Projekte einstellen

Alles in allem ist das nicht jedermanns Sache, aber wenn ich mirn vorstelle jeden Tag in dasselbe Buero zu gehen und dieselben Dinge zu tun stellen sich mir die Nackenhaare auf. Ich habe eine Heidenspass an meiner Arbeit. Nicht immer und nicht jeden Tag, aber im Grossen und Ganzen.

Ralph

„Consulting“ ist eigentlich nur ein modischer Oberbegriff ohne genaue Spezifikation. Irgend jemand „konsultiert“ Dich, also, er fragt Dich um Rat. Früher nannte man das folgerichtig auch „Berater“, aber da steckt „raten“ drinnen, und das war vielen nicht hip genug.

Idealerweise schaut sich der Berater an, was der Kunde hat und wo er hin will, und macht ihm dann Vorschläge wie er da hin kommt. Mal wird es darauf hinaus laufen, eine Software zu programmieren, oder eine zu entfernen, oder etwas dazu oder umzubauen was es schon gibt, oder eine Kombination aus allem.

Normalerweise liefert der Berater also erst einmal Papier, respektive Powerpoints, und oft ist seine Aufgabe damit auch schon erfüllt. Im Beratergeschäft wird auch viel warme Luft zu hohen Preisen verkauft, man muss also auch über ein gewisses diplomatisches Geschick verfügen, sonst wird man da nicht alt.

Wer die praktische Umsetzung macht ist also oft nicht von vornherein klar, nicht selten wird aus dem Berater dann ein Netzwerkingenieur oder ein Programmierer, oder er wird Projektleiter und beaufsichtigt die Arbeiten. Manchmal ist er aber auch nur Ideengeber, oder - ganz oft ist das auch eine Komponente - Alibi oder Plan B für den Fall dass es schief geht. Daher kommt der berufshaftpflichversicherung eine große Rolle zu.

Wie hab ich mir den Alltag eines IT-Beraters vorzustellen,
ruhig mal mit einem wirklich konkreten Beispiel? Was genau
macht man da? Welche Werkzeuge und Vorgehensmodelle benutzt
man usw.

Man benützt in erster Linie sein Hirn. Werkzeuge und Vorgehensmodelle wählt man nur wenn sie

a) zur Erfüllung der Aufgabe nützlich sind und/oder
b) vom Kunden vorgeschrieben sind (z.B. zwecks Nachvollziehbarkeit, Dokumentation)

a) und b) sind nicht notwendigerweise immer gegeben.

Und wie weit ist da die Abgrenzung zu Software-Engineerung
bzw. der Entwicklung selbst?

Wie schon gesagt, der Übergang ist gleitend. Wenn Du ein größeres Projekt zugrunde legst wird sich der Berater in erster Linie damit beschäftigen dem Kunden Papier zu verschaffen welches genau beschreibt, was gemacht werden soll, und warum. Inwiefern der Berater dann auch wie tiefgehende praktische Kenntnisse haben muss in den großen Bereichen wie SOftwareentwicklung, Netzwerke, Hardware hängt immer vom Einzelfall ab. Auf jeden Fall schadet es nicht, wenn man als Berater seine Konzepte auf einer ganz breiten Wissensbasis aufsetzen kann, denn oft hat man mehrere Lösungswege zur Wahl, und man findet selten „grüne Wiese“ vor, was man also da zusammenberät muss am Ende auch mehr oder weniger nahtlos zu dem passen was schon da ist.

Dabei muss man den Fall, einen „nicht optimalen“ Weg vorgeschlagen zu haben, wenig fürchten. Wenn man sich an einer Weggabelung für Weg „A“ entscheidet kann man idR nie sagen wie es gewesen wäre, wenn man „B“ gewählt hätte. Was aber nicht passieren sollte ist dass auf Weg „A“ plötzlich K.O. Kriterien auftauchen, so weit muss der Berater das Ganze also fachlich überblicken können.

Daher beginnt er seine Karriere idR erst mal bei den praxisnahen Fachgebieten, also als Entwickler, Netzwerkingenieur oder so, und bietet sich als Berater an, so bald er einige jahre Praxis und eine gewisse fachliche Breite erworben hat.

Soweit die Theorie.

Muss ich solche Unternehmen ganz ausschließen, wenn ich meinen
Schwerpunkt eher in der Entwicklung und SW-Engineering setzen
will oder findet man dort auch Stellen mit weniger
ausgeprägten Consulting-Elementen?

An Anfang einer Karriere kannst Du wenig falsch machen, egal wo Du einsteigst hast Du immer viel zu lernen. Achte einfach darauf, das Tätigkeitsgebiet zu wechseln, sobald Du nichts mehr lernen kannst was Dich weiter bringt. Das bringt meistens auch mit sich, dass man alle x Jahre (5 ist eine gute Zahl als Daumenwert) den Arbeitgeber wechselt, und sich von der Tätigkeit her so positioniert, dass man von seinem vorigen Kerngebiet einiges mitnehmen kann, aber auch wieder viel Neues dabei ist. Von der heutigen Sicht aus gesehen: achte auf Deine fachlichen Randgebiete, denn hier findest Du die Anknüpfungspunkte für Deinen nächsten Job.

Armin

(25 Jahre IT, davon 15 als Consultant)