Als Chiropraktiker in Deutschland ohne Heilpraktiker arbeiten

Hallo,

der Mann meiner Schwester hat eine Ausbildung als Chiropraktiker in Amerika gemacht und praktiziert schon seid längerem in England.
Gäbe es eine Möglichkeit in Deutschland zu praktizieren ohne das er den Heilpraktiker machen muss?
Die beiden überlegen sich nach Deutschland zu ziehen . Das Problem ist das Chiropraktik nicht anerkannt ist in Deutschland.

Viele Grüße

Blockquote

Nach meiner Info nicht. Wenn man mit einem Heilpraktiker zusammen arbeitet dann kann man nach 1 Jahr m.E. auch allein die Zulassung bekommen und die Praxis selbst führen.

MfG
duck313

Die Frage der Anerkennung ausländischer Gesundheitsberufe ist Ländersache und muss bei den zuständigen Gesundheitsbehörden abgefragt werden.
Im Zweifel auch mal bei einem einschlägigen Verband nachfragen
https://www.chiropraktik-bund.de/ueber-uns/

Einen Heilpraktiker „macht“ man nicht. Es ist kein Berufsabschluss im engeren Sinne, der eine bestimmte Ausbildung für die selbständige Arbeit erfordert, so wie Bäcker, Fliesenleger, Maurer, Elektriker, Friseur, Augenoptiker ….

Für die Erlaubnis nach §1 Heilpraktikergesetz muss man nur vergleichsweise niedrige Hürden erfüllen:

Voraussetzungen zur Antragstellung

  • Sie müssen das 25. Lebensjahr vollendet haben,
  • mindestens eine abgeschlossene Volksschulbildung (wenigstens der Hauptschulabschluss) nachweisen können,
  • sittlich zuverlässig sein,
  • in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs geeignet sein,
  • und Sie müssen bei einer Überprüfung Ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten durch das Gesundheitsamt nachweisen, dass die Ausübung der Heilkunde durch Sie keine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder für die Sie aufsuchenden Patienten/innen bedeutet.

Quelle: berlin.de

Weiter heißt es dort unter „Heilpraktiker Überprüfung“:

Die Heilpraktiker-Überprüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil.
Für 60 Fragen (Psychotherapie 28 Fragen) im Multiple-choise-Beantwortungsverfahren, von denen 75 Prozent richtig beantwortet werden müssen, stehen insgesamt 120 Minuten (Psychotherapie 60 Minuten) reine Bearbeitungszeit zur Verfügung.
Wer die schriftliche Überprüfung bestanden hat, ist zur mündlichen Überprüfung zugelassen. Die mündliche Überprüfung dauert zirka 45 Minuten und es wird einzeln oder in Gruppen von zwei Antragstellern/innen überprüft. Sie zielt im Gesundheitsamt Lichtenberg auf die mehr praktischen Fähigkeiten und Kenntnisse zu einfachen Untersuchungsmethoden, differentialdiagnostischen Erwägungen und heilkundlichen Überlegungen ab.
Bei Nichtbestehen eines Teils müssen beide Teile wiederholt werden.

Da bindet man also mal ein, zwei Nachmittage ans Bein und schon darf man sich Heilpraktiker nennen.

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Weil aber alles , wirklich alles potentiell gefragt werden könnte und die PrüferInnen je nach Verfassung durchaus auch kompliziert fragen, Fallen inbegriffen muss man eben in den meisten Bundesländern doch ein wenig viel mehr, als ein, zwei Nachmittage lernen.

Ich zitiere mal aus Wikipedia: „In Deutschland ist Chiropraktiker ein staatlich nicht anerkannter, nicht geregelter Beruf.“ D.h. da gibt es nichts, was hier anerkannt werden könnte, weil es schlicht und ergreifend an Zugangsvoraussetzungen für einen nicht anerkannten und nicht geregelten Beruf mangelt. Daher wird regelmäßig die Heilpraktikerprüfung verlangt. Nur das VG Frankfurt am Main, (und angeblich andere, in der Quelle allerdings ungenannte VG) scheint da anderer Auffassung zu sein, und sieht Raum für eine auf Chiropraktik begrenzte Tätigkeit ohne Heilpraktikerprüfung, was ich als Jurist recht „mutig und interessant“ finde, da so für die Anerkennung einer ausländischen Ausbildung ein Möglichkeit der Ausübung vom Gericht erfunden wird, die es lt. Gesetz gar nicht gibt. Insoweit würde ich die drei in der Quelle genannten Urteile nicht überbewerten.

Auch wenn ich hier Als Chiropraktiker in Deutschland ohne Heilpraktiker arbeiten gerade auf drei Urteile des VG Frankfurt am Main hingewiesen habe, in denen die Sache anders gesehen wurde, kann man nur dringend den Weg über die Heilpraktikerprüfung empfehlen, da diese bestätigt, dass man sich mit den in Deutschland geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen einer nichtärztlichen medizinischen Tätigkeit vertraut gemacht und sein Wissen hierüber nachgewiesen hat.

Wir reden hier von durchaus für die Gesundheit des Behandelten nicht ungefährlichen Tätigkeiten, die auch schnell haftungsrechtlich relevant werden können. Sollte es dann zu einem Verfahren kommen, wird man sich mit, „habe ich in den USA so gelernt und immer gemacht“, ganz, ganz böse in die Nesseln setzen, wenn einem dann ein gegnerischer Anwalt und das Gericht ins Stammbuch schreiben, dass das aber in Deutschland Heilpraktikern nun mal verboten ist. Und wenn man dann noch damit kommt, dass man nicht mal die Heilpraktikerprüfung nachweisen kann, sondern sich eine eingeschränkte Tätigkeit als Chiropraktiker eingeklagt hat, und somit keinerlei Wissen über deutsches Medizinrecht belegbar erworben wurden, gute Nacht!

Hinzu kommt, dass in Art. 17 der Berufsordnung der Heilpraktiker zwar eine Berufshaftpflicht vorgeschrieben ist, die man ohne Prüfungsnachweis aber vermutlich nicht bekommen wird. D.h. man steht dann im Falle des Falles ohne Versicherungsschutz dar, und haftet privat. Jetzt sind die Schadenersatzsummen in Deutschland zwar nicht so hoch wie in den USA, aber auch hier kann man sich bei einem verursachten dauerhaften gesundheitlichen Schaden schnell ruinieren.

Und jetzt mal ganz ehrlich: Es ist keinerlei Ausbildung/Prüfungsvorbereitung in Deutschland für die Heilpraktikerprüfung vorgesehen, auch wenn es diverse Institute gibt, die so tun, als ob ihr Angebot verpflichtend wäre. Man braucht für die Prüfung keinerlei besonderen Schulabschluss. Wir reden hier nicht ansatzweise von den Voraussetzungen und dem Aufwand für ein medizinisches Studium. Jemand, der sich hinstellt und sagt, dass er doch in den USA so wahnsinnig viel gelernt und auch Berufspraxis hat, sollte dafür doch nur ein müdes Lächeln übrig haben (auch wenn man sich dabei mit Themen beschäftigen muss, die die angestrebte Tätigkeit nicht unbedingt betreffen). Es geht hier nicht nur um den Schutz derjenigen, die man behandeln möchte, sondern auch um den Schutz derjenigen, die behandeln vor vermeidbaren straf- und zivilrechtlichen Konsequenzen. Insoweit sollte man die Prüfung als ernstzunehmendes Angebot begreifen!

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Dieser Satz zeigt die Farce auf, um die es hier geht. Es geht mitnichten irgendwie um den Schutz des Patienten, sondern lediglich um „straf- und zivilrechtliche Konsequenzen“.

In den USA ist Chiropraktik allerdings ein (im weiteren Sinne medizinisches) Studium. Man muss bei dem ganzen Thema vor allem attestieren, dass der Hintergrund einerseits zu rettende Pfründe sind, auf der anderen Seite wir uns ja nun grundsätzlich schwer tun, etwas anzuerkennen, dass nicht den deutschen Ausbildungsgang gegangen ist - und ganz besonders im Bereich der Gesundheits- und Pflegeberufe.
Mit Qualität und Sicherheit für den Patienten jedenfalls hat das alles nichts zu tun.

Worauf ich oben hinaus wollte: Es gibt sehr wohl die Möglichkeit je nach konkretem Ausbildungsgang, das u.U. über die Anerkennung als Physiotherapeut zu machen. Dann arbeitet man allerdings als solcher und kann in bestimmten Umfang chiropraktisch behandeln. Jedenfalls ist mir so etwas schon untergekommen.

Anmerkung: da du mich so adressierst - ich habe die Frage nicht gestellt.

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