Als Lehrer vom Gym an BS oder RS wechseln?

Hallo,

ich habe vor kurzem das Zweite Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien bestanden, habe eine Vollzeitstelle bekommen und bin auf Probe verbeamtet worden. Leider stelle ich immer mehr fest, dass ich an dieser Schulform auf Dauer nicht glücklich werde. Man bringt den Schülern immer mehr Zeug bei, was ihnen höchstens die Lust an der Bildung nimmt und ihnen für´s Leben eh nix nützt. Außerdem hab ich das Gefühl selbst immer mehr zum Fachidiot zu werden statt Pädagogin zu sein. Ich würde gerne auf Dauer an die Realschule oder an die Berufsschule wechseln, da ich zwar mit allen Altersstufen am Gymnasium gern arbeite, aber in der Unter- und Mittelstufe noch wirklich Freude am Unterrichten habe, weil die Vorgaben, was die Schüler am Ende tatsächlich WISSEN müssen klarer sind.
Weiß jemand ob das möglich ist, wie die Chancen dafür stehen und wie ich das anstellen kann?? Ich denke, dass das vermutlich erst nach drei Jahren möglich ist, wenn die lebenslange Verbeamtung durch ist - oder?
Ach so, studiert habe ich Pädagogik als Unterrichtsfach und Deutsch für Sek. I und II im Hauptfach, sowie Philosophie für Sek. II und kath. Religion für Sek. I im Nebenfach. Ich habe in allen Fächern die Fakultas (Erstes Staatsexamen). Mein Zweites Staatsexamen habe ich in Deutsch und Philosophie bzw. Werte und Normen gemacht. Im Moment unterricht ich Deutsch, Werte und Normen und Pädagogik in Niedersachsen und möchte auch in NS bleiben (am liebsten irgendwo zwischen Osnabrück und Bremen).
Für Antworten oder Vorschläge wäre ich sehr dankbar!

Herzliche Grüße: Wölfin

Hallo Wölfin!
Da bist Du eine Lehrerin,
die nicht alles kritiklos gut findet, was so im Lehrplan steht,
die nicht den Bezug zum richtigen Leben verlieren möchte,
die nicht voraussetzt, dass alle Schüler motiviert sein müssen?
Wechseln zur Realschule?
Wo ist da der Unterschied???
Berufsschule?
Schulblöcke, immer den selben Technikbereich, kaum Einfluß auf die Persönlichkeitsbildung der Schüler???
Bleib bitte, bitte im Gymnasium!!!
Du kannst ja in den soooo langen Ferien zumindest kurz in der Industrie arbeiten, diese Erfahrungen in den Unterricht einbauen…

Vielen Dank für eure Antworten!!

Das ich in der Realschule eine niedrigere Gehaltsstufe hätte weiß ich schon - aber das wäre es mir wert!! Dafür glaube ich, ich würde mich da wohler fühlen. Ich hab im Studium auch an Haupt- und Realschulen gearbeitet - und weiß daher, dass ich dort gut klar komme. Selbst meine Fachleiter am Gymnasium haben mich zwischendurch gefragt, ob ich nicht besser an einer Real- oder Hauptschule aufgehoben wäre, ich wäre einfach zu sehr Pädagogin für´s Gymnasium. Ich liebe es meine Schüler für etwas zu begeistern und kann sie im Zweifelsfall auch für Grammatik begeistern - wenn ich selbst einen Sinn dahinter sehe.

Was der Unterschied wäre?? Ich unterrichte lieber zum 100. Mal wie man eine vernünftige Bewerbung schreibt mit dem Wissen, dass die Schüler das brauchen können, als eine Woche meiner Ferien (haha - im Normalfall verbringe ich meine Ferien mit Vorabiturkorrekturen oder Abiturkorrekturen, die übrigens an Realschule oder Berufsschule auch wegfallen würden, also nix mit „nebenbei“ in die Industrie - obwohl ich auch daran gedacht hab, ich weiß nur nicht wann) - also, als eine Woche meiner Ferien damit zu verbringen mich fachlich in ein Thema so einzuarbeiten, dass ich es vernünftig unterrichten kann, das ich aber selbst a) furchtbar langweilig finde und b) mit 99%iger Sicherheit weiß, dass meine Schüler es NIE IM LEBEN wieder brauchen werden!!!
Die Themen sind halt in der Mittelstufe auch einfach schöner! Deutsch geht auch noch - aber WeNo ist in der Oberstufe eine einzige Farce, hab ich manchmal das Gefühl. Weder die Schüler, noch die Schule nimmt das Fach ernst und ich bespaße hier nur die Schüler, die keinen Bock auf Reli haben. In der Mittelstufe sind es wenigstens noch Themen, für die man die Kids interessieren kann! Als Junglehrerin unterrichte ich aber fast nur Oberstufe. Das frisst mich zusätzlich zu allem anderen einfach auch zeitlich auf!

Ich hoffe immer noch einfach ne Möglichkeit zu finden, wie ich möglichst vor Ende der drei Jahren wechseln kann…

Liebe Grüße: Wölfin

Hallo,
also was deine Frage angeht ob und wie ein Schulformwechsel möglich ist, kann ich dir leider nicht wirklich etwas sagen.

Beim Wechsel zur Realschule wäre zunächst mal festzustellen, dass du dafür im Grunde nicht ausgebildet bist. Die Leherausbildung ist ja kein Stufenmodell wo die höhere Stufe die niedrigeren voraussetzt und umfasst. Allerdings weiss ich, dass es sowas schon gegeben hat - das sind dann aber wahrscheinlich jeweils Einzelentscheidungen die ein Interesse der entscheidenden Stellen voraussetzt.

Eine Bewerbung an einer Berufsschule ist formal kein Problem, da beides die Fakultas für Sek II voraussetzt. Allerdings werden Gymnasiallehrerinnen dort in der Regel nur recht zögerlich eingestellt, weil sie zwangsläufig im Stundenplan einen Stolperstein bilden, da sie ja in den Schwerpunkten (berufliche Bildung) nicht/kaum einsetzbar sind. Aber eigentlich jede BBS die ich kenne „hält“ sich ein paar, mit der Konsequenz für die Betroffenen, dass sie sich entweder irgendwo fachfremd einarbeiten (sofern möglich) und/oder überall nur mit ein oder zwei Stunden drin hängen.

Ich glaube auch, dass mich ein Gymnasium verrückt machen würde (nicht umsonst füttern die die psychosomatischen Kliniken Deutschands), aber ich würde es glaube ich auch relativ unbefriedigend finden, von dem was für die Schüler wirklich wichtig ist bzw. so angesehen wird, ausgeschlossen zu sein und in meinen Fächern kaum mal was reißen zu können.

Außerdem gebe ich zu bedenken, dass viele Berufsschulen auch irgend welche „Oberstufen“ haben, entweder als echte gymnasiale Oberstufen oder als FOS oder BOS in denen Gymnasiallehrer dann gerne eingesetzt werden, womit du zwar oben genannte Probleme etwas ausgleichen könntest, aber irgendwie wieder bei deinem Ausgangsproblem wärest.

Dazu auch noch die Anmerkung, dass BBS ganz das falsche sind, wenn du tatsächlich eine Affinität zu den jüngeren Klassenstufen hast. An BBS geht es ja erst nach der 9. oder 10. Klassse los, also etwa ab 16.

Gruß
Werner

Hallo Wölfin,

Ich liebe es meine Schüler für
etwas zu begeistern und kann sie im Zweifelsfall auch für
Grammatik begeistern - wenn ich selbst einen Sinn dahinter
sehe.

Und warum sollte das im Gymnasium nicht gehen? Zugegebenermaßen kenne ich nur bayerische Gymnasien aus eigener und Eltern-Erfahrung, aber ich hatte Lehrer, die den (scheinbar) drögesten Stoff gut rüberbringen konnten und Lehrer, die mir beinahe (und meiner Tochter vollkommen) den Spaß an eigentlich hochinteressanten Themen versaut haben.

Was der Unterschied wäre?? Ich unterrichte lieber zum 100. Mal
wie man eine vernünftige Bewerbung schreibt mit dem Wissen,
dass die Schüler das brauchen können, also, als eine Woche
meiner Ferien damit zu verbringen mich fachlich in ein Thema
so einzuarbeiten, dass ich es vernünftig unterrichten kann,
das ich aber selbst a) furchtbar langweilig finde und b) mit
99%iger Sicherheit weiß, dass meine Schüler es NIE IM LEBEN
wieder brauchen werden!!!

Das mit dem „nie im Leben wieder brauchen“ ist so eine Sache. Ich habe humanistisches Abitur, also zwei Sprachen gelernt, die man „nie im Leben wieder brauchen wird“. Meine Tochter hatte auch Altgriechisch bis zum Abitur. Wir beide hatten Lehrer, die sehr gut in der Lage waren, die humanistische Bildung in unsere Zeit zu transportieren. Somit haben sie uns mehr fürs Leben im Sinne einer allgemeinbildenden Schule mitgegeben, als je ein „lebenspraktisches“ Fach es hätte tun können.

Andererseits sind die meisten Fächer im Gymnasium darauf ausgerichtet, Menschen zu bilden und nicht auszubilden.

Die Themen sind halt in der Mittelstufe auch einfach schöner!
Deutsch geht auch noch - aber WeNo ist in der Oberstufe eine
einzige Farce, hab ich manchmal das Gefühl. Weder die Schüler,
noch die Schule nimmt das Fach ernst und ich bespaße hier nur
die Schüler, die keinen Bock auf Reli haben.

Und wenn Du nach besserer Einarbeitung mal versuchst, die Schüler nicht nur zu bespaßen, sondern wirklich zu bilden? Warum hast Du denn die Fächer studiert, wenn Du in der Richtung gar nicht arbeiten wolltest? Im Studium ist es nämlich wirklich eher an der Zeit, an das zukünftige Berufsleben zu denken, als dies in der allgemeinbildenden Schule sinnvoll wäre.

In der Mittelstufe sind es wenigstens noch Themen, für die man die
Kids interessieren kann! Als Junglehrerin unterrichte ich aber
fast nur Oberstufe. Das frisst mich zusätzlich zu allem
anderen einfach auch zeitlich auf!

Ich habe eher den Eindruck, dass Du wegen der vollen Lehrbefähigung in diesen Fächern überwiegend in der Oberstufe eingesetzt wirst. Hier in Bayern ist es zumindestens so, dass die Lehrer ohne volle Lehrbefähigung in gewissen Fächern diese nur in der Unterstufe oder maximal auch noch in frühen Mittelstufenjahrgängen unterrichten dürfen. In der Oberstufe wird derartiges nur geduldet, wenn keine voll ausstudierten Lehrkrän.fte dafür zur Verfügung stehe

Und wenn die Schule, an der Du jetzt bist, nur Dich mit voller Lehrbefähigung für „Werte und Normen“ hat, dann muss sie Dich eben dort einsetzen, falls das in Niedersachsen auch so ist.

Ich hoffe immer noch einfach ne Möglichkeit zu finden, wie ich
möglichst vor Ende der drei Jahren wechseln kann…

Ich würde an Deiner Stelle nach einer Möglichkeit suchen, wie Du junge Menschen für die Thematik Deiner Fächer begeistern kannst. Aus irgendeinem Grund hast Du den Schmonzes (sorry, ich bin selber Ingenieurin und habe dadurch wohl manchmal eine sehr schräge Sicht auf die auf die von mir ansonsten sehr geschätzten Geisteswissenschaften) studiert.

Grüße,

Karin

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Sorry, aber ich möchte mich eigentlich nicht rechtfertigen, warum ich wechseln will, sondern wollte mich erkundigen, ob jemand weiß, wie.

Ich habe meine Fächer aus guten Gründen studiert und ich mag meine Fächer. Aber Unterricht an Realschule und Gymnasium ist einfach ein Unterschied - den ich aus meiner Nebenjobzeit während des Studiums gut kenne. Und ich stelle einfach fest, dass ich an einer anderen Schulform zufriedener wäre.
Um die Wahl zu haben, habe ich damals Sek I und II studiert. In Münster war es nach der alten Studienordnung, nach der ich noch studiert habe, so, dass Sek I Haupt- und Realschule bzw. Gymnasium bis zur Klasse 10 war und Sek II Berufsschule bzw. gymnasiale Oberstufe. Ich habe Pädagogik und Didaktik für beide Schulformen besucht und auch in beiden Praktikas gemacht. Für´s Referendariat gab es in Niedersachsen dann Probleme mich damit auf Realschulen zu bewerben, was ich durchaus versucht habe. Das zuständige Amt sagte mir, es wäre einfacher, nach dem Referendariat zu wechseln. Und jetzt stelle ich halt immer mehr fest, dass mir die pädagogische Arbeit an einer Realschule mehr Freude bereitet und würde einfach gern möglichst zügig wechseln.

Moin Wölfin,

damit Du mich und meinen Kommentar einordnen kannst: ich war Lehrer (Studienrat, wenn ich bitten darf ;-») an einer Integrierten Gesamtschule (IGS) mit angegliederter gymnasialer Oberstufe in Niedersachsen.

Zum Wechsel an eine BBS hat Werner Willmann schon das Wesentliche gesagt. Ich war zwei Jahre lang mit einem Teil meiner Stunden an den Fachoberschulzweig einer BBS abgeordnet und habe die Sitauation etwas kennengelernt: bei Deiner Fächerkombination wirst Du an einer BBS nicht viel Gelegenheit zu pädagogischem Arbeiten haben - es sei denn, Du willst Dich auf die Pädagogik mit jungen Erwachsenen und Spätpubertierern spezialisieren.

Der Wechsel an eine Realschule dürfte schwierig werden.
Ein Kollege von mir, ebenfalls Studienrat, hatte „die Schnauze voll“ von den zeitraubenden Vorbereitungen auf den Unterricht für Leistungskurse, vom Entwerfen und Korrigieren von Oberstufen-Klausuren, vom Verfassen von Abiturvorschlägen (damals gab es noch kein Zentral-Abi in Nds) - und das alles bei dem geringen Gehaltsunterschied zu einem Realschullehrer.
Er wollte sich daher zum Realschullehrer „abstufen“ lassen und nur noch an der Sek. I unterrichten - das Kultusministerium hat seinen Antrag abgelehnt.

Hast Du schon einmal an eine IGS gedacht?
Dort hast Du es nicht nur mit bereits vorgesiebten Schülern mit Gymnasial-Empfehlung zu tun, die Du nun bis zum Abi durch immer feinere Siebe quälen musst. An einer IGS sitzen Schüler mit der Empfehlung für Hauptschule, Realschule und Gymnasium bunt gemischt in einer Klasse, manchmal ist sogar ein Schüler mit Sonderschul-Empfehlung dabei. Da gibt es ein weites Betätigungsfeld für pädagogisches Engagement.

Hinzu kommt das Kollegium, das nicht nur aus weltfremden Studienräten besteht, sondern sich überwiegend aus „weltnahen“ Grund- und Hauptschullehrern sowie Realschullehrern zusammensetzt. Das ist der Arbeitsatmosphäre und dem allgemeinen pädagogischen Engagement sehr förderlich.

Denk mal drüber nach, und streich die Kooperative Gesamtschule von vornherein weg. Die ist nämlich weder Fleisch noch Fisch.

Grüße
Pit