Altbau - Höhe

Liebe Wissenden!

Sicher weiss mir jemand zu erklaeren, warum in Altbauwohnungen die Decken mindestens so ca. 3 m vom Boden entfernt sind, was ein sehr viel groesserer Abstand ist als das in neueren Haeusern der Fall ist.

Die Menschen frueher waren doch noch ein paar Zentimeter kuerzer, also weshalb die hohen Zimmer???

Gruesslis,
Uli

Sicher weiss mir jemand zu erklaeren, warum in Altbauwohnungen
die Decken mindestens so ca. 3 m vom Boden entfernt sind, was
ein sehr viel groesserer Abstand ist als das in neueren
Haeusern der Fall ist.

Hallo Uli,

das ist keineswegs nur in Altbauten der Fall. Bei Büroräumen sind 2,80 oder 3 m völlig normal. Aber auch Privaträume, wenn sie etwas größer sind, wirken mit entsprechender Raumhöhe günstiger proportioniert. Ein 50 qm Wohnraum wirkt bei zu niedriger Decke erdrückend. Zugegeben, oft kommen solche Flächen der Grundstücksgröße näher als den Raumgrößen.

Übrigens gibt es durchaus sehr niedrig gebaute Altbauten. Nur die Häuser für die „besseren“ Herrschaften oder die sich dafür hielten, besaßen so üppige Maße.

Gruß
Wolfgang

Belle Etage vs. ‚Ökonomischer Wohnungsbau‘
Hi Uli,

das Dilemma mit der „möglichst geringen Raumhöhe“ wurde, glaube ich, in den 1950ern etabliert, als durch die Folgen des 2. Weltkrieges viel zu wenig Wohnraum zur Verfügung stand und schnell (!) und billig (!) neue Wohnungen gebaut werden mussten.
Es ist nämlich tatsächlich wirtschaftlicher, niedrigere Raumhöhen zu bauen (weniger Steine, Leitungen, etc. werden verbraucht) und sie danach zu heizen (kleineres Raumvolumen, warme Luft steigt nach oben … )

(Die baugeschichtlichen Wurzeln liegen irgendwo in den 1920ern bei Le Corbusier, der feststellte, dass doch oft eine Raumhöhe von 2,26m vollkommen ausreicht, wenn dann an anderer Stelle wieder zweigeschossige Räume sind (dies hier ausführlich darzustellen waere aber mehr, glaube ich, zu viel) oder bei Adolf Loos, der den mittels des „Raumplanes“ nicht mehr alle Räume gleich hoch, sondern z.B. Bäder 2,00m hoch und dafür Wohnräume mit z.B. 4,00m Höhe baute.)

Das Problem entstand dann, als nicht aus Not, sondern aus schnödem finanziellem Interesse heraus die Wohnungen möglichst niedrig gebaut wurden - in einigen Stadten wirst Du beobachten können, dass neben einem Altbau mit z.B. 4 Stockwerken ein Jüngeres Haus mit derselben Traufkante (=Dachrand) steht und 5 oder 6 Stockwerke hat … das bringt dem Vermieter einiges Mehr an Mieteinnahmen …

Der Grund, warum die Räume früher so hoch waren, ist allerdings nicht so einfach zu erklären … kurz gesagt hängt es mit dem Übergang der Macht von der Kirche zum Adel und dann zum Bürgertum zusammen … das reiche Bürgertum wollte nänlich dann auch so hohe Räume haben, wie z.B. Luis XIV. , die Fassaden sollten auch so ähnlich aussehen usw … es war dann einfach „üblich“, hohe Räume zu bauen, möglichst mit den höchsten im 1. Obergeschoss des Hauses „Belle Etage“ …

So, in kürze war´s das, glaube ich, zur Frage -

hoffe´ das ich Dir geholfen habe

Tim

Ich finde die Antwort von Wolfgang etwas verwischend, die Frage ist ja schon berechtigt. Das, was man z.B. in Berlin allgemein als Altbau bezeichnet, ist der Blockrandbau aus der Jahrhundertwende, mit einer Deckenhöhe von bis zu 4,20 Meter. Der hatte zumindestens früher x Hinterhöfe, und ganz hinten haben ziemlich arme Kreaturen gewohnt, wenig Licht, wenig sanitäre Anlagen und ziemlich dicht gedrängt. Aber die Deckenhöhe blieb bei über 3 Meter! Das war einfach eine Grundqualität. Die Decken später alle abzuhängen war nicht nur eine Frage der Heizkosten, sondern, wie Tim ja auch sagt, eine ideologische Frage der Moderne - der Raum über Corbusiers Handreichweite von zwo sechsundzwanzig war ja funktional im Grunde überflüssig. Die Idee, daß so ein bisschen extra Raum ganz schön sein kann, gibts erst wieder seit den späten Siebzigern, das ist so etwa mit der Postmoderne aufgekommen, aber noch nicht bis zu den Investoren durchgedrungen - Wohnungsflächen werden halt in Quadratmetern und nicht in Kubikmetern angegeben.

Natürlich gibts auch echt kleine Altbauten - ich renn’ mir hier in meiner Fachwerkhausstadt ständig den Kopf ein! Die Leute waren aber früher, besonders hier, wirklich viel kleiner, und hatten überhaupt nicht genug Platz zwischen ihren Stadtmauern. Aber bald zieh ich in nen spitze Altbau mit 4,20!

Viktor

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Ergänzung - Licht,Luft,Macht
Hallo Vorredner,

zwei Aspekte habt Ihr bei Eueren Ausführungen völlig vergessen.

Ersten das Licht - hier Tageslicht. Räume werden in bestimmten geometrischen Proportionen (Länge zur Breite) angelegt. Damit auch in der „letzten Ecke“ genügend Licht vorhanden ist, sind die Fenster mit einer Mindestfläche auszustatten, nu ja und das kann man sehr gut über die Fensterhöhe steuern und damit die Geschosshöhe beeinflussen.

Ein zweiter Punkt ist der Geruch. Da die Hygiene vor einigen Jahren noch nicht so ausgeprägt war wie heute, habe die Menschen damals ein etwas stärkeren Körpergeruch gehabt. Die dann schlecht Luft stieg dann nach oben. Ganz klar sieht man das bei den alten Krankenhäusern mit Raumhöhen von teilweise über 4 Metern wegen des Eitergeruchs.

Das hohe Räume zu einer großen Grundfläche sich angenehmer Ansehen und Benutzen lassen ist sicherlich auch ein guter Grund.

Zum Thema Machtdarstellung gibt es folgendes anzumerken. Da man früher (Barrock) hohe Fassaden errichtet hat, aber dahinter gar keinen Bedarf an Geschossflächen hatte, wurde die Geschosszahelen „reduziert“ udn damit die Räume automatisch höher.

Christiam

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Ergänzung
Hallo,
neben der Frage des Ausdruckes von Wohlstand
durch große Räume mit hohen Decken, können auch
technischen/physikalischen Gründe für die hohen
Räume sprechen.
In früheren Zeiten bis zum Anfang des 20Jh. gab
es kein eltr. Strom und die Beleuchtung mußte
mit Kerzen, Öllampen und zuletzt mit Gaslampen
realisiert werden (also immer offenes Feuer).
Dadurch entsteht ein ganz schöner Mief, der in
hohen Räumen wohl besser zu ertragen war, als
in niedrigen Katen, wo schnell die Decke
vom Ruß schwarz wurde.
Dies ist umso mehr von Bedeutung, weil die
wohlhabenderen Leute mit Beleuchtung sicher
auch nicht so gespart haben.
Gruß Uwi

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