"altdeutscher Ofen"?

Hallo zusammen,

in einem Bericht aus dem Jahr 1900 wird die Einrichtung eines Bauernhauses beschrieben. Dort ist von einem „altdeutschen Ofen“ die Rede.
Der Begriff im Kontext:

[…] Der Tisch ist in der rechten Stubenecke. Kachelöfen oder sogenannte „altdeutsche Öfen“ mit der „Hölle“ sind noch sehr häufig. Auch die Ofenbank fehlt nicht. […]

Ich konnte inzwischen herausfinden, dass die „Hölle“ der enge Raum zwischen dem Ofen und der dahinter befindlichen Wand ist.
Wie aber muss ich mir den Aufbau eines solchen Ofens vorstellen?
Was unterscheidet den „altdeutschen Ofen“ von einem Kachelofen etc.?

Habt schon mal vielen Dank für Eure Mühe!

Es grüßt
Renardo

Servus,

frag mich nicht, wo ich diese Bezeichnung gelesen habe - es kann im Vogtsbauernhof gewesen sein; in Kürnbach sicher nicht: Der „Altdeutsche Ofen“ (auch „Duttenofen“, „Augenofen“) ist gebaut wie ein Kachelofen, er unterscheidet sich nur in der Form der Kacheln, die nicht (im Sinn von Fliesen) flach sind, sondern konkav, und dabei auch nicht unbedingt nur mit schmalen Fugen aneinander anschließen, sondern auch mit größeren Abständen (verputzt) vermauert sein können. Dazu gehört dann auch die äußere Form des Ofens, eine in ich gewölbte Kuppel und nicht die ebene Oberfläche moderner Kachelöfen.

Die runden, gewölbten Kacheln sind vermutlich einfacher herzustellen, man dreht sie auf der Scheibe wie einen Teller oder einen Hafen, und dann erst sekundär zum dekorativen Element geworden.

Versuch einer Erklärung, was daran „altdeutsch“ ist: die aus ebenen, mehr der weniger kunstreich gestalteten Fliesen selbsttragend aufgebauten Öfen ab Ende des 18. Jahrhunderts dürften von D aus gesehen „Franzosenmode“ gewesen sein.

Schöne Grüße

MM

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Hallo Aprilfisch,

vielen Dank für Deine Antwort! Was Du schreibst, hört sich recht plausibel an.
Schade, dass Du keine Quelle nennen kannst. :worried:

Ich bin sehr irritiert :
In diversen Internetquellen wird der „altdeutsche Ofen“ in Verbindung mit Brotbacken gebracht [was ja so gar nicht zu einem Ofen in der Wohnstube passt!!] und als „Brustfeuerungsofen“ (was auch immer das nun sein mag!).
Leider geht keine dieser Quellen wirklich ins Detail!

Liebe Grüße,
Renardo

Servus,

die Brustfeuerung (im Gegensatz zur Seitenfeuerung) bezeichnet bloß die Konstruktion, dass ein und dasselbe Mundloch (klingt komisch, heißt aber so) zum Befeuern und auch zum Einschießen des Brotes benutzt wird, damit ist Feuer und Glut im selben Ofenloch wie dann danach das Brot, und das Ofenloch muss vor dem Einschießen ausgeräumt werden.

Grundsätzlich kann man einen Kachelofen schon so bauen, dass man darin auch backen kann: Der hat dann halt keinen Rost. Wenn man Glut und Asche zum Backen ausräumt, gibt das gemauerte Getüm noch einen halben bis einen ganzen Tag gut warm. Dass man zum Backen einen entsprechend eingerichetetn Kachelofen nimmt, der die Hitze lang genug speichert, finde ich einleuchtend, obwohl es mir neu ist.

Beiläufig: Diese Technik, dass der gemauerte Ofen richtig satt aufgeheizt wird und dann genau dort, wo vorher das Feuer war, gebacken wird, hat zum Entstehen der Dinnede geführt: Damit die Hitze fürs Brotbacken ausreicht, wird der Ofen auf Temperaturen nicht weit von 300 Grad aufgeheizt, und das wäre für Brot zu viel. Deswegen kommen da dann zuerst die Dinnede hinein, die bei sehr hoher Temperatur im Handumdrehen gut sind, und nicht viel Volumen mitbringen, das „durch“ backen muss. Zur Kunst beim Backen gehört dann, dass man die richtige Temperatur zum Einschießen des Brotes mit dem Ellenbogen fühlen kann - so etwas Filigranes wie eine Hand, sogar im Hoarner Ostalb-Format, wäre da drin schnell gar…

Schöne Grüße

MM

:sweat_smile: Okay, dieses Argument, doch lieber mit dem Ellbogen zu fühlen, überzeugt!

„[…] Hand in Hand mit der Wandlung der offenen Feuerstelle vollzieht sich auch die Entwicklung des Kachelofens. Wie bereits […] erwähnt, kann ein Backofen, bestehend aus einem Gewölbe von Lehm oder Lehmziegeln, als die Urform des Kachelofens angesehen werden. Dieser stand ursprünglich außerhalb des Hauses. Um seine wärmespeichernde Eigenschaft zu nutzen, wurde er im Laufe der Zeit ins Haus verlegt. […]
Daraus entwickelte sich der sogenannte „Gewölbekachelofen“, „Augenofen“, „Duttenofen“ oder der „Altdeutsche Kachelofen“. Die damaligen Ofenerbauer benutzten die Kacheln bzw. Töpfe, um den Ofen zu verschönern und eine höhere Wärmespeicherung zu ermöglichen. Dabei erkannten sie, dass sich durch den Einbau von Topfkacheln die Heizfläche vergrößert und somit eine bessere Wärmeabgabe erfolgt. […]“

Quelle:
NAGEL, Hans: Entwicklung und Geschichte der Kachelöfen und offene Kamine; Disserta Verlag, Hamburg 2014, S. 6

Hallo Aprilfisch,

über den Umweg „Duttenofen“ und „Augenofen“ habe ich nun tatsächlich doch noch eine Quelle gefunden.
Danke für den Tipp!

Herzliche Grüße
Renardo

Backe backe Kuchen der Bäcker hat gerufen.
Hat damals der Bäcker das Brot fertig gebacken benutzen diese ein Bäckerhorn oder ruften einfach laut, so dass die Kunden wußten, sie können das Brot kaufen .

Wer will guten Kuchen haben

nach dem Brot ist der Offen etwas ausgekühlt. die Resthitze langte zum Backen von z.b. Kuche und durfte auch von dritten verwendet werden, so konnte Aprillfisch seine Zitronentart vorbereiten und dann damit zum Bäcker gehen um diese backen zu lassen.

Die ist zumindest einen deutung des Liedes.

Servus,

bezieht sich auf Orte, in denen es „damals“ einen Bäcker gab, d.h. Marktflecken und Städte.

Im eigenen Ofen oder Backhäuslein des Hofes wurde überall dort gebacken, wo Streusiedlungen in Einzelhöfen vorherrschen und auch dort, wo der Bedarf keinen Bäcker ernähren konnte; genau genommen ist das Bäckerhandwerk eine städtische Einrichtung, anders als etwa das des Wagners oder des Schmieds, weil auch dort, wo in zusammenhängenden Dörfern gesiedelt wurde, zum Dorf genau wie die Feuerlöschhülbe (im Karst auf der Alb, von der hier die Rede ist) auch das Backhaus gehörte. Noch in den 1950er Jahren wurden solche gemeinschaftlichen Backhäuser (zum Ersatz hygienisch bedenklicher, in die Jahre gekommener oder schlicht zu klein gewordener Anlagen) neu erbaut.

Der Eigenbrötler ist also erstmal nicht einer, der sein Brot nicht vom Bäcker bezieht, sondern einer, der sich nicht am dörflichen Gemeinschaftsbackhaus beteiligt, sondern seinen eigenen Ofen heizt.

Schöne Grüße

MM
Eigenbrötler

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Auch informativ: Karl Mohs „Backofenbau - Vom Backstein zum Backofen“ Reprint, ursprünglich von 1926. Habe ich bei Übersetzungen von Fantasy schon öfter brauchen können :slight_smile:
Gruß,
Eva

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Ach, Du warst das mit Hänsel und Gretel? :slight_smile:

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