Alte und Behinderte raus aus dem ÖPNV!

…denkt man sich wahrscheinlich bei den Betreibern, denn genau so wirken einige unternehmerische Entscheidungen:

Die neuen S-Bahnen zwischen Hamburg und Lübeck sind nicht barrierefrei. Auch in Nürnberg wurden die alten, barrierefreien S-Bahnen teilweise durch neue ersetzt, die dies nicht mehr sind, weil eine Stufe überwunden werden muss.

Wieso ist es nicht verboten, die Situation für Alte und Behinderte im ÖPNV zu verschlechtern?

Gruß
Desperado

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Weil bisher niemand auch nur vermutet hat, dass so ein Planungsidiot auftaucht und das veranlaßt!.
Da sieht man mal wieder, dass in D für alle Eventualitäten Gesetze und Planungsvorgaben da sein müssen.
Presse mobilisieren, evtl. kann die noch was bewirken z.B. ausfahrbahre Stufe .
ramses90

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Die Ursache geht aus diesem Wiki-Artikel hervor:

Speziell zu Nürnberg findet sich dort
„Mit der Inbetriebnahme der zweiten Betriebsstufe der S-Bahn Nürnberg im Jahr 2010 wurden viele Stationen an den Linien S1 und S3 von 96 cm auf 76 cm Bahnsteighöhe zurückgebaut, da nur mit solchen Fahrzeugen die Erweiterungen nach Bamberg, Ansbach und Neumarkt im Mischverkehr mit anderen Zugkategorien umgesetzt werden konnten. Auf der Linie S2 zwischen Roth und Altdorf sind überwiegend noch Bahnsteige mit 96 cm bzw. 85 cm Höhe vorhanden, die zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls auf 76 cm zurückgebaut werden sollen.“

Bis der Umbau erfolgt ist, gibt es in Nürnberg die (für alle Beteiligten unerfreuliche) Notlösung, dass mobile Rampen an den Bahnsteigenden vorhanden sind, die vom Zugführer an den Ein-/Ausstieg gelegt werden.

Das ist übrigens hier in Berlin auch überall dort so, wo die Bahnsteighöhe nicht passt, sowohl bei S- wie auch U-Bahn. Die Haupt-Fernbahnhöfe haben fahrbahre Rampen, die vom Bahnhofspersonal bedient werden.

So lange die Bahnsteighöhen so unterschiedlich sind, wird es für jeden Wagentyp Bahnhöfe geben, wo ein barrierefreier Zugang nur mit Hilfsmitteln erreicht werden kann.

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Die sind nicht neu,. sie fahren auf alten Strecken bzw. halten an alten Bahnhöfen mit alten Bahnsteighöhen und Zugängen.
Soll man also den schnellen S-Bahn Takt nicht einführen, nur weil einiges noch nicht barrierefrei hergerichtet ist ? Also forderst Du, entweder barrierefrei oder das Angebot soll für alle schlecht bleiben ?

MfG
duck313

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Hallo,

im Unterschied zum ÖPNV (Strassen-/Stadtbahn, Busverkehr) mit § 8 Abs. 3 Satz 3 PBefG gibt es für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV), der fast alle S-Bahn-Systeme sowie den DB-Regionalverkehr umfasst, keine vergleichbare gesetzliche Verpflichtung zur Barrierefreiheit.
Die für den größten Teil der Bahnhofsinfrastruktur zuständige DB-Station und Service GmbH macht hier aus eigenem Antrieb nahezu nichts.
Die jeweiligen Aufgebanträger müssen regelmäßig selbst entscheiden, ob und in welchem Umfang Barrierefreiheit hergestellt werden soll und diese Standards dann auch selbst bezahlen.
Ich weiß selbst aus mittlerweile 12 Jahren parlamentarischem Mandat bei einem SPNV-Aufgabenträger, wie schwierig derartige Standards spätestens dann durchzusetzen sind, wenn es haushaltsrechtlich relevant ist.
Das hat zur Folge, daß es regelmäßig in vielen S-Bahn-Netzen noch Bahnsteige in den unterschiedlichsten Höhen gibt. Auch die S-Bahn-Systeme selbst haben keine „Standardisierung“ in der Höhe, sondern es gibt grundsätzlich zwei verschiedene Einstiegshöhen (76cm bzw. 96 cm), die wiederum mit dem DB-Regionalverkehr, der zT eine Einstiegshöhe von 38 oder 55 cm hat, oft nicht kompatibel sind.
Die Verteilungen und Verästelungen des Problems kannst Du hier nachvollziehen:
Bahnsteighöhe (Deutschland) – Wikipedia
Im VGN (Verkehrsverbund Großraum Nürnberg) gibt es seit 2020 einen Grundsatzbeschluß der politischen Gremien für eine Bahnsteighöhe von 76 cm, der nunmehr umgesetzt wird.
Wenn Du bisher an einem vorgeblich „barrierefreien“ Bahnsteig innerhalb des VGN eingestiegen bist, war das wohl purer Zufall, denn auch im VGN gab es verschiedenste Bahnsteighöhen im S-Bahn-Bereich. Außerdem hatte man ursprünglich die Bahnsteighöhe von 96cm geplant und einige (nicht alle) renovierte oder neu gebaute Bahnsteige daraufhin angepasst.
Die praktischen Auswirkungen kannst Du zB hier nachlesen:
Bequemer Einstieg - FeuchtFM
MW gibt es im HVV eine ähnliche Entwicklung.

&tschüß
Wolfgang

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Im Fall S4 wurde sie, auch für Alte und Behinderte, mit deutlich kürzeren Fahrzeiten und engerem Takt erheblich verbessert.

Ältere Leute kommen mühelos in die und aus den Fahrzeugen und profitieren vom größeren Sitzplatzangebot.

Rollstuhlfahrer kommen viel leichter in die und aus den Fahrzeugen, als das bei den Wendezügen mit N-Wagen war, die u.a. Hamburg - Kiel bis mindestens 2017 (da hab ich sie gesehen) ganz regelmäßig eingesetzt wurden.

So what?

MM

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Servus,

bei der S4 Hamburg-Lübeck wurden übrigens alle Haltestellen, die für den S-Bahn-Betrieb neu gebaut wurden (das finde ich übrigens auch nicht so sehr schlimm, wenn die Wege zur nächsten Haltestelle kürzer werden, zumal für Leute, die nicht so flink zu Fuß sind) einheitlich mit 96 cm Bahnsteighöhe gebaut. Das ist das Maß, das zu den jetzt eingesetzten Fahrzeugen passt und das mittelfristig auf der ganzen Linie angepeilt wird.

Schöne Grüße

MM

„So lange“ ist ein gutes Stichwort. In der Realität bedeutet es wohl „sehr lange“. Seit 2020 fahren die neuen, nicht barrierefreien S-Bahnen in Nürnberg und erst 2023 soll voraussichtlich mit der Anpassung der Bahnsteige begonnen werden. Die Bahn beweist Humor indem sie den Artikel die Überschrift „Barrierefrei reisen bei der S-Bahn Nürnberg“ gibt: https://www.s-bahn-nuernberg.de/service/barrierefrei

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Es geht nicht nur um Bahnsteighöhen sondern auch um die Gestaltung der Züge, z. B. müssen Rollstuhlfahrer 15 % Steigung innerhalb des Zuges überwinden (wofür man schon sehr sportlich sein muss), Haltestangen sind so angebracht, dass sie Rollstühlen im Weg stehen, Aufzüge sind so klein, dass ein Rollstuhlrad nicht mit hinein passt - und wenn sie defekt sind, dauert es oft Wochen bis sich jemand um die Reparatur kümmert: https://www.zeit.de/mobilitaet/2020-02/barrierefreiheit-behinderung-deutsche-bahn/komplettansicht

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Servus,

das hast Du aber hübsch abgeschrieben.

Die Rampen werden bei der S4 dort verwendet, wo noch keine 96 cm - Bahnsteige bestehen. Übrigens kam man mit dem Rolli in die N-Wagen nur rein, wenn man ihn am Einstieg zusammenfaltete, ohne Rolli einstieg und den gefalteten Rolli dann nachholte.

ist übrigens eine recht heroische Einschätzung. Fahr doch einfach mal ab und zu mit der Bahn, dann kannst Du life und draußen anschauen, wie das da abläuft, und Dir eine eigene Meinung bilden. Du wirst, wenn Du selber mal im Zug sitzt, sehen, dass sehr junge und sehr alte Leute abgesehen vom Pendlerverkehr den größten Teil der Kundschaft im Schienennahverkehr ausmachen: Von hübschen Sonntagsreden lebt dieser jedenfalls nicht.

Übrigens: Es ist noch nicht so schrecklich lange her, dass Rollstuhlfahrer bei der damaligen Bundesbahn in diesen Fahrzeugen mitgereist sind:

Das war alles andere als komfortabel, und die Entwicklung seither lässt sich besser beschreiben mit

Alte und Behinderte rein in den ÖPNV!

Schöne Grüße

MM

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Dass ich die Kernaussagen des Artikels zusammengefasst und diesen verlinkt habe, bezeichnest Du also als abgeschrieben, was doch einen vorwurfsvollen Unterton hat. Wenn ich keine Quelle verlinke wird mir vorgeworfen, dass ich Dinge einfach behaupte. Auf diese Grundlage ist keine sinnvolle Debatte möglich.

Was hat das mit dem Thema zu tun? Dass ältere Menschen gar nicht in den ÖPNV dürfen hat niemand behauptet, einigen wird es aber unnötig schwer gemacht.

Dachte schon, dass Du einen Güterzug der Reichsbahn zeigst, der zum Abtransport nach Ausschwitz verwendet wurde…

Nein, das ist ein Behelfspackwagen, wie sie bei der Reichsbahn ab 1944 eingesetzt wurden und von den beiden Nachfolgebahnen unterschiedlich ergänzt (z.B. wie hier Holzwände durch Stahlplatten ersetzt, Fenster und Türen erneuert, Übergänge mit Gummiwülsten und Faltenbalg ausgestattet) wurden. Die letzten Exemplare wurden Anfang der 1990er Jahre ausgemustert.

Diese Wagen waren für den Transport von Reisegepäck, Expressgut und Fahrrädern, außerdem konnten Rollstuhlfahrer dort mitfahren. Unsere Fahrräder haben wir da regelmäßig mit Unterstützung eines Zugbegleiters reingewuchtet, der von oben her zog, während wir von unten her schoben.

Für das Verladen von Rollstühlen gab es (ich weiß nicht mehr, ab wann) zunächst manuell betätigte Hubtische, Vorläufer der elektrisch betriebenen Modelle, die heute noch bei der Bahn verwendet werden - es ist ja nicht so, dass man in einen N-Wagen „Silberling“ nicht reinkäme, bloß weil irgendein Journalist der Ansicht ist, das könne nicht sein.

Vorher habe ich ab und zu gesehen, dass Reisende mit Rollstuhl mit den E-Gespannen, die auch Gepäck und Expressgut auf den Bahnsteig brachten, zum Packwagen gebracht wurden, nachdem man sie vorher mit etwas mehr Zeit mit zwei oder gar drei Leuten auf einen Bahnsteig-Gepäckkarren gehievt hatte. Ich glaube kaum, dass das zulässig war, aber es hat funktioniert.

Heute werden dort, wo es um geringe Höhenunterschiede geht (und die 15 cm / m, von denen Du schreibst, sind für einen Rollifahrer nichts besonders Dramatisches - solchen Rampen begegnet er überall im Alltag), ausziehbare Rampen eingesetzt; dort, wo das nicht geht, z.B. im IC-Verkehr, stehen auf den Bahnhöfen, deren Bahnsteighöhe nicht ausreicht, die erwähnten Hubtische zur Verfügung.

Schöne Grüße

MM

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  • weil das vielleicht noch ganz interessant bei dem Thema ist, will ich Dir grade noch den Schlüssel zu der rätselhaften plötzlichen mangelnden Barrierefreiheit der Bahn bei der Hamburger S4 geben:

Bei der Beschaffung der Triebwagen für diese neue S-Bahn-Linie wurde der bisherige Haus- und Hof-Lieferant der DBAG Bombardier, der sich in letzter Zeit ganz und gar nicht mit Ruhm bekleckert hatte, durch seinen Mitbewerber Stadler abgelöst.

Und jetzt feuert er natürlich Publicity aus allen Rohren, statt sich schlicht mal um die Qualität seiner Produkte zu kümmern, damit er bei den nächsten Beschaffungen wieder mitspielen darf.

Schöne Grüße

MM

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Es muss doch Anforderungen für S-Bahn-Waggons geben - und eine davon sollte die Barrierefreiheit sein. Wenn die nicht erfüllt ist, kann das andere Angebot noch so verlockend sein, im öffentlichen Interesse sollten Behinderte einfach nicht übergangen werden.

Servus,

wo genau siehst Du Barrieren?

Fahr doch einfach mal mit!

Schöne Grüße

MM

vor allem gab es früher mehr behinderte in meiner Kindheit. Die ganzen Opis aus mit den Fehlenden armen und beinen aus dem Krieg.

in meine Schülerzug war damals immer dieser Umbauwagen angehangen, halb Gepäck halb Personen

Hab den Artikel verlinkt, also entweder ist die Zeit ein Verschwörungsgeschichtenmärchenmagazin oder Du warst zu bequem um den Artikel zu lesen.

Servus,

was ich von dem Artikel halte und warum die Story von Bombardier lanciert wurde, hab ich Dir ziemlich ausführlich auseinandergesetzt; darüber hinaus einen Überblick über die sukzessive Beseitigung vieler Mühen und Ärgernisse für Rollifahrer bei den deutschen Bahnen gegeben, außerdem einen Einblick in die Tatsache, dass diese zwar teils recht hässlich, aber niemals „Barrieren“ waren.

Und jetzt gehst Du einfach mal her und fragst einen Rollifahrer, wie oft er alltäglich eine Rampe mit einem Gefälle von 15 cm / m bewältigt.

Schöne Grüße

MM

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Oder man liest einfach den Artikel der Zeit und vertraut darauf, dass der Journalist mit behinderten Menschen gesprochen hat.