Hallo Alex,
ich arbeite in einem Seniorenheim speziell für Demenz-Erkrankte,wenn bei diesen Bewohnern aggressives Verhalten auffällt,wird der Hausarzt eingeschaltet,wenn Der nicht reagiert,evtl. einen Neurologen einschalten.In ganz dringenden Fällen,es muß aber eine richterliche Genehmigung vorliegen ,so viel ich weiß,kann man dann ein so genanntes PsychKG :In jedem Bundesland gibt es ein Gesetz, das die Unterbringung von psychisch Kranken ermöglicht, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen, weil sie andere oder sich selbst in erheblichem Maße gefährden.
Die Unterbringung ist in den sogenannten Psychischkrankengesetzen bzw. Unterbringungsgesetzen geregelt. Diese Gesetze sehen einen Katalog staatlicher Maßnahmen vor, solche Kranke notfalls zur Therapie zu zwingen.
Vorgesehene Maßnahmen sind:
* vorsorgende Hilfe zur Vermeidung einer Unterbringung und rechtzeitige ärztlicher Behandlung einer Störung oder beginnenden Krankheit
* nachsorgende Hilfe nach Abschluß stationärer Behandlung in Gestalt individueller Beratung und Betreuung
* Auflagen und Weisungen des Gesundheitsamtes
* Zwangsweise Unterbringung
B. Voraussetzungen für eine zwangsweise Unterbringung
Ein Patient darf nur dann zwangsweise untergebracht werden, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
* Vorliegen einer psychischen Krankheit, die im Gesetz aufgezählt ist (z.B. Psychose, Suchtkrankheit, Schwachsinn)
* Von dieser Krankheit muß eine erhebliche Gefahr für andere (z.B. unkontrollierte Aggressivität, Gewalttätigkeiten, Bedrohungen) oder den Kranken selbst (z.B. Suizidgefahr, ernste Gefahr für Leben oder Gesundheit ist erforderlich) ausgehen
* Die Gefahr für andere oder den Betroffenen selbst darf nicht anders als durch eine zwangsweise Unterbringung abgewendet werden können (also nur bei Erfolglosigkeit ambulanter Behandlung, Beratung etc.)
C. Das Verfahren zur Unterbringung
- Zuständigkeit
In allen Ländern ist das Vormundschaftsgericht für die zwangsweise Unterbringung zuständig. Den Antrag auf Unterbringung kann in der Regel nur eine bestimmte Behörde (z.B. Polizei oder Ordnungsamt) stellen, die auf Hinweis von Ärzten, Heim oder Angehorigen tätig wird. Dem Antrag soll in der Regel ein ärztliches Zeugnis beigefügt werden.
Der Arzt muß sich also an die Behörde wenden, er allein kann gar nichts bewirken.
- Sachverständigengutachen
Das Gericht darf die Unterbringung nur anordnen, wenn zuvor ein Sachverständigengutachten durch einen Arzt für Psychiatrie eingeholt wurde, das die Erforderlichkeit der geschlossenen Unterbringung darlegen muß. Ist der Betroffene mit dem Gutachter nicht einverstanden, kann er bei Gericht die Bestellung eines anderen - ggf. von ihm gewählten - Sachverständigen beantragen.
3.Anhörung
Das Gericht hat sich einen persönlichen Eindruck von der Person, deren Unterbringung beantragt ist, zu verschaffen und sie grds. vor einer richterlichen Entscheidung anzuhören. Die Anhörung wird in aller Regel im Heim durchzuführen sein. Bei der Anhörung kann der Betroffene eine Person seines Vertrauens hinzuziehen. Die Anhörung kann unterbleiben, wenn eine Verständigung mit dem Betroffenen wegen seines Geisteszustandes nicht möglich oder wenn sie nach ärztlicher Begutachtung nicht ohne erhebliche Nachteile für den Gesundheitszustand des Betroffenen ist.
4.Bestellung eines Verfahrenspflegers
Soweit für Interessenwahrung erforderlich, ist ein Verfahrenspfleger (häufig: Rechtsanwalt) zu bestellen.
5.Ort und Dauer der Unterbringung
Das Gericht kann je nach Land für ein bis maximal zwei Jahre die Unterbringung anordnen. Spätestens bis zum Ablauf dieser Fristen ist über die Fortdauer der Unterbringung zu entscheiden. Wird eine richterliche Anordnung der Fortdauer nicht getroffen, ist der Untergebrachte zu entlassen.
Als Ort der Unterbringung kommen - je nach Land unterschiedlich - teilweise nur Krankenhäuser, teilweise auch Heime in Betracht.
6.Beschwerde
Gegen die Entscheidung des Gerichts ist die sofortige Beschwerde (innerhalb von 14 Tagen) möglich.
D. Notfall
Nach allen Landesgesetzen kann ein Arzt die Notwendigkeit einer sofortigen Unterbringung darlegen. Eine nach Landesrecht zuständige Behörde ordnet dann die sofortige geschlossene Unterbringung an. Voraussetzung ist vielfach, daß ein ärztlicher Befund vorliegt, der nicht älter als vom Vortage ist. Ein richterlicher Beschluß ist unverzüglich nachzuholen.
E. Vorläufige/einstweilige Unterbringung
Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß die Voraussetzungen für die Unterbringung vorliegen, so kann das Gericht die einstweilige Unterbringung bis zu einer Dauer von 6 Wochen (max. verlängerbar bis 3 Monate) anordnen, wenn bestimmte in den Landesgesetzen näher geregelte Voraussetzungen vorliegen. Dies wird dann der Fall sein, wenn ein ärztliches Gutachten noch nicht erstellt ist, die Notwendigkeit der geschlossenen Unterbringung aber schon besteht. Gegen diese Entscheidung ist die Beschwerde möglich.
Nach Ablauf der vom Gericht bestimmten Frist ist der Betroffene zu entlassen, sofern nicht bis dahin eine wirksame Anordnung über die endgültige Unterbringung vorliegt.
F. Beendigung der Unterbringung
Die Unterbringung endet mit Ablauf der Frist des richterlichen Beschlusses oder durch Beschluß des Gerichts, wenn die Unterbringung nicht mehr erforderlich ist. Der Betroffene kann jederzeit eine Aufhebung beantragen.
G. Rechte des Betroffenen
Durch die Psychischkrankengesetze werden die Grundrechte des Betroffenen eingeschränkt und zwar
* Art. 2 II GG Recht auf körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person
* Art. 10 GG Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung
* Art. 13 GG Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung
Psychisch Kranke haben allerdings immer ein Recht auf menschenwürdige Behandlung.
Unter bestimmten Voraussetzungen sind während der Unterbringung ärztliche Zwangsmaßnahmen gegen den Willen des Betroffenen erlaubt. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Maßnahmen, die der Bekämpfung der Krankheit oder Sucht dienen (Heilbehandlung) und solchen, die auf die Abwendung von Gefahren für den Betroffenen oder Dritte abzielen (Gefahrenabwehr).
* Heilbehandlung - Maßnahmen zur Heilung
Eine Zwangsbehandlung ist unter folgenden Voraussetzungen gestattet
* Die Behandlung darf nur während der Unterbringung erfolgen (gemeint sind sowohl endgültige als auch einstweilige Unterbringung). Nicht erfaßt ist die freiwillige Unterbringung. Wer sich ohne richterliche Anordnung freiwillig in eine Anstalt begibt und dort bleibt, für den gelten die allgemeinen Grundsätze, wonach eine Behandlung ohne wirksame Einwilligung des Betroffenen bzw. seines einwilligungsbefugten Vertreters grds. unzulässig ist.
* Es muß sich um eine Heilbehandlung handeln, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst geboten ist, also medizinisch indiziert ist und den gültigen medizinischen Standards entspricht
* Die Behandlung muß rechtlich zulässig sein, d.h. es dürfen keine unerlaubten Methoden angewandt werden
* Die Behandlung muß mit dem Zweck der Unterbringung vereinbar sein, d.h. sie muß auf die Heilung des für die Unterbringung ursächlichen krankhaften Zustandes gerichtet sein.
* Gestattet sind nur Zwangseingriffe ohne erhebliche Risiken und ohne gravierende Folgen. Eingriffe, die mit erheblicher Gefahr für Leben oder Gesundheit verbunden sind oder die Persönlichkeit wesentlich verändern, dürfen nur mit Einwilligung des Patienten vorgenommen werden.
Beispiele: Entnahme von Mageninhalt und Galle, Rückenmarks- und Gehirnflüssigkeit, operative Eingriffe und solche mit allgemeiner Betäubung, intensive persönlichkeitsverändernde Behandlungen mit Neuroleptika und Eingriffe der Pychochirurgie.
* Gefahrenabwehr Maßnahmen zur Gefahrenabwehr
Maßnahmen zur Gefahrenabwehr sind Zwangsmaßnahmen, die nicht zugleich auch der Heilung von psychischer Krankheit oder Sucht, sondern allein zur Abwendung einer Gefahr für Leib oder Leben des Untergebrachten oder seiner Umgebung dienen. Rechtsgrundlage hierfür sind die Verwaltungsvollstreckungsgesetze der Länder. Hier werden beispielhaft die Maßnahmen aufgezählt, die in Nordrhein-Westfalen nach dem VwVGNW vorgenommen werden dürfen.
o die körperliche Untersuchung (§ 70 I VwVGNW).
o Maßnahmen zur Ernährung und gesundheitlichen Betreuung (§ 70 II 1 VwVG). Diese Maßnahmen darf der Arzt in eigener Verantwortung anordnen. Soweit nach den Regeln der ärztlichen Kunst erforderlich, muß die Maßnahme auch von Ärzten ausgeführt werden (§ 70 II 3 VwVG)
o Verabreichen von Beruhigungsmitteln, aber nur an Kranke und nur dann, wenn das zur Abwendung einer Gefahr für Leib oder Leben des Kranken oder seiner Umgebung notwendig ist (§ 70 III 1 VwVG). Dies darf nur aufgrund ärztlicher Verordnung im Einzelfall geschehen (§ 70 III 2 i.V.m. II 2 VwVG). Beruhigungsmittel sind, soweit nach den Regeln ärztlicher Kunst erforderlich, nur durch den Arzt zu geben (§ 70 III 2 i.V.m. II 3 VwVG).
o Die Fesselung (mechanische Fixierung) des Untergebrachten,
- wenn die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte Vollzugsdienstkräfte im Sinne des § 68 VwVG, also insbesondere Ärzte und Pflegepersonal der Anstalt, aktiv angreift, sich ihnen passiv widersetzt oder Sachen von nicht geringem Wert beschädigt (§ 73 Nr. 1 VwVG)
- bei Fluchtversuch oder Fluchtgefahr (§ 73 Nr. 2 VwVG)
- bei Gefahr des Selbstmordes oder der Selbstbeschädigung (§ 73 Nr. 3 VwVG)
Der Schriftverkehr des Untergebrachten kann zur ärztlichen Beurteilung des Gesundheitszustandes eingesehen werden. Schriftliche Mitteilungen können auch zurückgehalten werden, wenn sie geeignet sind, dem Untergebrachten gesundheitlichen Schaden zuzufügen oder den Zweck der Unterbringung zu gefährden.
Post an/von Angehörigen, Rechtsanwalt, Behörde, Beschwerdestelle darf in der Regel weder geöffnet noch zurückgehalten werden.
Gruß
Nordkurvensteher