Hallo,
ich komm grad von einer längeren Autofahrt zurück, bei der mir das Gedicht ständig im Kopf umging und ich weiterdachte. Deshalb antworte ich, obwohl es nicht meine Absicht ist, die Hausaufgaben anderer Leute zu machen.
zur form kann ich sagen, es ist eine ballade
Nein. Schlichte Probe: Das Gedicht enthält keine nacherzählbare Handlung, sondern drückt nur subjektive Befindlichkeit des lyrischen Ich aus.
was meinst du konkret mit
erste Hälfte jeweils eine Aussage über die Situation (Ich steh
…; Und drunten seh ich …; Und drüben seh ich …; Wär ich
…)
zweite Hälfte: der dadurch angeregte vergebliche Wunsch
Die letzten vier Zeilen sagen das m. E. deutlich: Das lyrische Ich (ein weibliches, wie auch Du sagst) ist zu Bravheit und Sittsamkeit gezwungen (MUSS sitzen) und kann/darf nur ihr Haar im Wind flattern lassen, statt all das zu tun, was in den Strophen gewünscht wird.
Versuch, das ganze Gedicht im Licht dieser letzten vier Zeilen zu verstehen!
in halb strophen findet man kreuzreime (abab)
in der 1-3 strophe fängt der 5. vers immer mit „o“ an. in
allen strophen fängt der 7. vers mit „und“ an.
Was bringen diese Beobachtungen für Erkenntnisse?
einige vergleiche: „… wie spieldende doggen…“ oder „…so
keck wie eine standarte…“; „…wie eine seemöwe streifen…“
Ja, Vergleiche sind Bestandteil der poetischen Sprache. Was drücken sie hier aus? Das Gleiche wie die anderen Bilder in den Strophen: Sehnsucht nach Freiheit, Wildheit, Anteilnahme an kühnem Leben …
DOCH WAS WILL SIE DAMIT AUSDRÜCKEN?
Ausmalung von Bildern gehört zur poetischen Sprache.
- warum schreibt sie auf tod und leben? - weil normal sagt man
ja auf leben und
tod…
Weil es schließlich um leben geht und nicht um totsein.
- was bezweckt sie mit denn wellen, die sie mit doggen
vergleicht (hat das auch
nen tieferen sinn?)
- möchte sie springen, weil sie etwas verändern will oder weil
sie keinen ausweg
mehr sieht?
Aber nein! Schau auf die Fortsetzung: „… springen möcht ich […]/ recht in die tobende Meute, / Und jagen durch den korallenen Wald“!
- versteh auch den bezug auf das walross nicht
Thema der ersten Strophe: im Sturm stehen!
Thema der zweiten Strophe: An der Jagd auf See teilnehmen
- wimpel wehn, so keck wie eine standarte - drückt sie damit
hoffnung aus?
Ausmalung des Bilds.
die überschrift stellt ihre beobachtende position dar. doch
wieso nicht AUF dem turme?
Schau in die erste Zeile: Sie steht auf einem Balkon und der ist AM Turm.
metrum ist steigend, wenig fremdwörter, besteht aus
aussagesätzen
Ja, das gehört zur Sprachgestalt, aber mach s kurz, wenn s für die Deutung nichts bringt.
Wichtig vielleicht das Metrum: der Schwung, der durch Häufung der Dreihebigkeit (´xxx) zustande kommt.
inhalt: es handelt von einer frau, die sich alleine fühlt, sie
sehnt sich nach geborgenheit, will darin aber eine größere
rolle übernehmen (sonst würde sie sich umschlingen lassen),
hat träume/ fantasien. sie wünscht sich vielleicht ein kind
(mänade)
Halte ich für verfehlt.
es geht scheinbar auch um emanzipation
So kann man es auch nennen, aber es ist mehr und allgemeiner: Teilnehmen am Leben!
wirkung: es wirkt melankolisch, leicht depressiv*, :
Genau, und deshalb kann man das lyrische Ich hier mit der Autorin gleichsetzen (wenn man etwas Kenntnis von ihrer Biographie und von den gesellschaftlichen Konventionen eines adeligen Fräulein im 19. Jahrhundert beibringt).
* Drostes wahrscheinlich depressivstes Gedicht: Die ächzende Kreatur.
ist bildlich gut beschrieben --> gut vorstellbar.
Na also: Die Bilder und Vergleiche dienen der Anschaulichkeit.
Im ersten Postig frägst Du nach einem Einstieg.
Wie wär s mit dem ganz gegensätzlichen Existenzgefühl eines Menschen, der aus beruflichen Gründen auf einem Turm lebt und bei dieser Aussicht und diesen Aussichten glücklich und selig ist?:
Das Lied des Türmers in Goethes Faust!
Gruß
H.