Gehen wir mal die Punkte durch
Hallo Allerseits,
die Wahrheit liegt häufig irgendwo in der Mitte.
Der Fernsehbeitrag transportierte ein Bild.
Fremdarbeiter werden kaserniert, arbeiten bis zum umfallen und werden von einer faschistischen Truppe überwacht.
Damit traf der Beitrag in seiner Wirkung ins schwarze.
Schauen wir uns mal die einzelne Vorwürfe an.
1.) Den Arbeitnehmern wurde zugesagt bei Amazon direkt eingestellt zu werden. Als die Arbeitskräfte da waren, wurden ihnen nur Verträge mit einer Leihfirma angeboten. Auch die Arbeitsagentur sieht sich getäuscht. Der Vorwurf scheint zu stimmen.
2.) Die Arbeitnehmer erhalten eine Entlohnung von 8,52 €/h. Ihnen wurde über 9 € zugesagt (den genauen Betrag weiss ich nicht mehr).
D,h, die Leihfirma zahlt den Tariflohn für Leiharbeiter, was für die Arbeitskräfte aus dem Süden oder Osten erst mal nicht schlecht ist. Niemand bestreitet aber die Täuschung.
3.) Das Arbeitspensum soll hoch sein und manche Arbeitskräftevertragen werden krank. Das mag sein, dem hat bisher Niemand wiedersprochen.
Wochenlang den ganzen Tag durch Gänge rennen erfordert eine gute Konstitution, die nur ein Teil der Arbeitskräfte von Anfang an mitbringt.
4.) Die Unterkünfte sollen eng und überlegt sein. Da fiel ein Zahl von 7 Leuten in einem 80m²-Appartment.
Das ist eine Frage der Ansicht. Ferienunterkünfte, insbesondere wenn es keine ****-Luxusappartments, sind nun mal beengt. Das bedeutet nicht, dass die Menschen dort schlecht leben. Andere Leute zahlen Geld, um dort Urlaub zu machen.
5.) Wenn eine Mitarbeiterin der Reiseagentur davon spricht, dass sie nicht über Menschen spricht, sondern über Busse, dann entspricht dass der Realität in einem harten Geschäft.
6.) Dass der Abtransport der Arbeitskräfte bedingt durch flexible Schichten bei Amazon nicht immer klappt ist ein logistisches Problem. Was unklar blieb, ist die Ursache, ob es an der mangelden Kompetenz, dem mangelnden Interesse oder dem Geiz der Reiseagentur liegt.
7.) Dass ein Sicherheitsdienst die Zimmer und den Besitz der Arbeitskräfte in der Ferienanlage kontrolliert, wäre ein absolutes NoGo.
Hier widerspricht der verlinkte Zeitungsartikel dem Fernsehbeitrag. Nun stellt sich die berechtigte Frage, was die Aufgabe des Sicherheitsdienstes war und was sie da deutlich sichtbar in der Ferienanlage gemacht haben. Im Zeitungsartikel wird behauptet, der Sicherheitsdienst sollte nur Sachschäden für Versicherungszwecke dokumentieren.
Falls das Jemand glaubt, möge er die Hand heben.
Das die Verantwortlichen bei Amazon den Hintergrund des Sicherheitdienstes nicht kannten, mag verständlich sein, ich kenne auch nicht den Hintergrund aller meiner Dienstleister.
9.) Amazon lässt die Arbeitskräfte bis zum Ende des des Weihnachtsgeschaäft im unklaren, ob sie weiterbeschäftigt werden.
Das ist von der Seite Amazons verständlich und effektiv. Der Arbeitnehmer geben getrieben von der Hoffnung bis zum Schluß vollen Einsatz. Das mag nicht sonderlich menschenfreundlich sein, aber es ist nicht illegal. Auch diese Vorgehensweise hat Niemand widersprochen.
10.) Im Fernsehbeitrag wurde gesagt, dass die Feriengäste ihr Essen getrennt von anderen Gästen bekommen haben. In dem Zeitungsartikel heißt es die, die Arbeitskräfte konnten sich frei bewegen und wären nicht von den Gästen abgeschottet worden.
Beides kann stimmen. Es ist durchaus üblich, dass Reisgruppen getrennt von separat Reisenden verköstigt werden, insbesondere, wenn besondere Konditionen vereinbart wurden.
Meine Meinung:
Der Fernsehbeitrag hat, auch mit subtilen Mitteln, Stimmung gemacht. Das mag ich an solchen Reportagen nicht.
Gegen diese Stimmung wird nun Gegenstimmung gemacht. Den Fernsehmachern wird Betrug vorgeworfen. Die faktischen Vorwürfe werden relativiert, nach dem Motto „Ja es gab da einige Unstimmigkeiten, aber im Großen und Ganzen ging es uns gut.“
Ich sehe unabhängig von der Stimmungsmache die Vorwürfe des Fernsehmacher zum großen Teil bestätigt. Ich kann mir aber auch gut vorstellen, dass es die meisten Arbeitskräfte als nicht so schlimm entpfunden haben und froh waren, eine Zeitlang für ihre heimatlichen Verhältnisse gut verdient zu haben. Den meisten europäischen Wanderarbeiter geht es leider viel schlechter.
Welche Möglichkeiten hat aus Eurer Sicht ein Unternehmen, sich
zu verteidigen, ohne dass sie nicht noch negativer wirken als
sis sowieso schon wahrgenommen werden.
Wenn die Vorwürfe unberechtigt sind, hilft Transparenz, z.B. Reporter in den Betrieb lassen.
Wenn die Vorwürfe berechtigt sind gibt man Subunternehmern die Schuld und trennt sich von diesen.
Gruß
Carlos