Amtliche Betreuung

Hallo, Ihr Wissenden!
Mein Vater (Pflegefall) bekommt vermutlich in absehbarster Zeit einen Betreuer, da ich mit dieser Aufgabe allmählich durch die „Ausgabenpolitik“ meines Vaters an meine Grenzen gestoßen bin.
Kann mit jemand sagen, wer diesen Betreuer bezahlt, muß ich mit Kosten rechnen?
Danke schon jetzt für eure Hilfe!
Sabine

Hallo,

ein Betreuer wird i.d.R. durch das hiesige Amtsgericht bestellt. Ein so amtlich bestellter Betreuer ist fest oder pauschal angestellt bei den bekannten caritativen Vereinen/ Organisationen, die über eine Bestellung eines Betreuers durch das Amtsgericht informiert werden. Dieser meldet sich bei Euch, um weitere Formalitäten zu klären. Wenn der Betreuer amtlich bestellt wird, dürften im Normalfalle keine weiteren Kosten auf Euch zu kommen, sofern die Angehörigen NICHT den Antrag auf amtlich bestellte Betreuung gestellt haben.
Aber Ihr habt dann auch keine Mitspracherechte mehr, sämtliche persönliche Angelegenheiten obliegen dann dem Betreuer.

Gruss
Reiko

Mein Problem ist, daß mein Vater (ich habe ein komplette Vollmacht für ihn) einfach jeden Monat mehr Geld ausgibt als er hat und ich dann, um seinen Heimaufenthalt zu bezahlen, Geld dazuschießen muß. Ich habe inzwischen mit der Heimleitung über dieses Problem gesprochen, worauf die mir geraten haben, die Vollmacht offiziell mittels eines Schreibens ans Heim zurückzugeben. Das Heim werde dann alles weitere mit dem Amtsgericht erledigen. Ist damit dann das Heim der Auftraggeber?

Ich bin ja als Tochter ggf. unterhaltspflichtig. Fallen Betreuungskosten auch darunter?

Gruß Sabine

Ich rate Dir hier, nicht auf den Vorschlag des Heimes einzugehen, da dann hier Du auf Dauer keinen Einfluss mehr auf die Finanzgebaren des Heimes in Bezug auf das Vermögen Deines Vaters nehmen kannst. Ich würde hier eine Streichung Deines Vaters als Zugriffsberechtigter auf die Konten/ Sparbücher etc. veranlassen. Dies sollte aufgrund der Umstände, in denen sich Dein Vater befindet, nicht allzu eine grosse Hürde darstellen. Dann obliegen sämtliche finanzielle Angelegenheiten Dir und Du kannst Deinem Vater auch das Geld „einteilen“. Sollte es hier Schwierigkeiten geben, lass sämtliche Einkünfte wie Rente etc. nicht mehr auf die Konten des Vaters überweisen, sondern auf Deines.
Bitte übergeb aber nicht dem Heim die Obhut über das Geld Deines Vaters.

Gruss
Reiko

Wobei sich…
…mir bei nochmals mehrmaligen Lesens die Frage stellt, warum kann Dein Vater sein Geld „verpulvern“, wenn Du über eine „komplette“ Vollmacht verfügst? Dies dürfte dann doch nicht so leicht möglich sein?
Auf was bezieht sich Deine Vollmacht?

CIAO
Reiko

…mir bei nochmals mehrmaligen Lesens
die Frage stellt, warum kann Dein Vater
sein Geld „verpulvern“, wenn Du über eine
„komplette“ Vollmacht verfügst? Dies
dürfte dann doch nicht so leicht möglich
sein?
Auf was bezieht sich Deine Vollmacht?

Hallo Sabine, hallo Reiko,

das dürfte relativ einfach zu erklären sein:
Eine Vollmacht bedeutet ja nur, daß Sabine im Namen ihres Vaters handeln darf, sie entzeiht ihrem Vater aber nicht die Verfügungsgewalt. D.h. sowohl Sabine als auch ihr Vater haben z.B. auf das Konto Zugriff.

Anders wäre das bei einer Vormundsschaft. Hier würde die Verfügungsgewalt des Vaters aufgehoben bzw. eingeschränkt werden.

Genau das passiert aber bei einer amtlichen Betreuung! Nur der Betreuer hat dann noch Zugriff auf das Konto.

Sabine! Aufgepasst, das kannst Du auch für die beantragen. Ich denke Du weißt doch im Zweifel besser, was Dein Vater braucht als ein vom Amtsgericht bestellt Betreuer, oder. Die Betreuer sind übrigens i.d.R. keine Pflegekräfte o.ä. sondern Rechtsanwälte usw. Außerdem sind die sehr wohl zu bezahlen, im Normalfall wird dieses Geld dem Vermögen/Einkommen des betreuten entnommen.

Möglicherweise will Dich hier wer über den Tisch ziehen. Für das Heim ist ein fremder Betreuer u.U. angenehm, weil der kümmert sich nicht so intensiv, macht vielleicht weniger Arbeit.

Und falls Du Skrupel hast Deinen Vater „entmündigen“ zu lassen, wie das früher so treffend hieß, denke daran, wenn vom Amtsgericht ein Betreuer bestellt wird, passiert genau das. Bloß daß der Vormund dann nicht die eigene Tochter ist, sondern irgendein Fremder.

Gruß
Werner

Hallo Sabine,
vor kurzem war im deutschen fernsehen, ich weiss nicht mehr wo, eine Sendung zu dieser Problematik. Es wurden Beispiele gezeigt, wo amtlich bestellte Betreuer(Rechtsanwälte oder wars nur einer) ganz gewaltig ältere Personen um ihr Vermögen und die Einkünfte betrogen haben.
Wir haben dieses Problem auch mit meiner Schwiegermutter gehabt. Nach langen Diskussionen haben mein Schwager und meine Frau ihre Mutter entmündigen lassen, da sie nicht mehr allein leben konnte, und eine Aufnahme bei den Kindern unmöglich war. Es musste 24 Stunden am Tag jemand mit ihr sein, da sie von Zeit zu Zeit verschwand, um dann X-Stunden später von der Polizei an einem manchmal doch weit entfernten Ort aufgegriffen zu werden. Der Zeitbegriff war verschwunden, Tag war Nacht und umgekehrt.
Die Entmündigung ist zwar für die Angehörigen schmerzhaft, ein Freund bezeichnete die Aufnahme von ihr in ein geschlossenes Heim als Beerdigung erster Klasse in zwei Etappen, aber in solchen Fällen die einzige Möglichkeit den und die betroffenen Familienangehörigen vor Schaden zu bewahren.
MfG Rainer

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Und falls Du Skrupel hast Deinen Vater
„entmündigen“ zu lassen, wie das früher
so treffend hieß, denke daran, wenn vom
Amtsgericht ein Betreuer bestellt wird,
passiert genau das. Bloß daß der Vormund
dann nicht die eigene Tochter ist,
sondern irgendein Fremder.

Wobei auch du dich als Betreuer anbieten könntest. I.d.R. gehen die Gerichte auf diesen Vorschlag ein, da du erstens die nächste Verwandte bist, zweitest den job schon seit einiger Zeit machst und es drittens wenig Betreuer gibt (so ist es zumindest in Essen). Dann würdest du übrigens auch Geld bekommen; vorausegesetzt, daß du das hauptamtlich machst.
Gruß Joshua

Nur zur Information: „Entmündigung“ gibt es nicht mehr, nur die gesetzliche Betreuung.

Gruß,
Delia

Hallo Sabine,

am besten, du stellst dich als ehrenamtliche Betreuerin zur Verfügung. Dann kannst du deinem Vater das Geld einteilen und aufpassen, dass er nicht mehr ausgibt, als er hat. Als ehrenamtliche Betreuerin steht dir jährlich eine Aufwandsentschädigung von 600,- DM zu, die entweder dein Vater bezahlen muss, je nachdem, wieviel Vermögen er hat, oder die Gerichtskasse, wenn dein Vater unter einer gewissen Vermögensgrenze liegt. Wenn ein Berufsbetreuer bestellt wird, also ein Rechtsanwalt, ein Mitarbeiter eines Betreuungsvereins (Wohlfahrtsverbandes) oder ein freiberuflicher Betreuer, dann kostet es mehr. Das wird jedoch auch ggfls. von der Gerichtskasse bezahlt, je nachdem, wie hoch das Einkommen und Vermögen deines Vaters ist. Die Grenzen kenne ich leider nicht. Ich kann dir mal eine Homepage nennen von jemandem, der sich mit Betreuungen sehr gut auskennt:
http://home.t-online.de/home/Horst-Deinert/

Wenn du willst, kannst du mich auch anmailen und mir die Situation etwas konkreter schildern. Ich kenne mich ein bisschen aus, da ich auch ehrenamtliche Betreuungen übernommen habe.

Gruß,
Delia

Hallo Sabine,
ich weiss nicht, ob es noch aktuell ist, aber ich habe heute erst Deinen Artikel und die Antworten gelesen und festgestellt, daß einige Sachen so nicht ganz stimmen. Ich arbeite seit 3,5 Jahren bei einem Betreuungsverein und kenne mich recht gut aus. Zunächst mal: In Deutschland werden ca. 80% aller Betreuungen ehrenamtlich geführt, Du wärst also bei weitem kein Einzelfall. Alle Ehrenamtlichen haben Anspruch auf kostenlose Beratung, Begleitung und Fortbildung durch den örtlichen Betreuungsverein (1 pro Landkreis). Außerdem bekommen Ehrenamtliche im Jahr DM 600,–.
Grundsätzlich muss der Betreute die Kosten für einen Betreuer selbst bezahlen. Es sei denn, er hat weniger als DM 4.500,-- an Vermögen, dann bezahlt die Staatskasse. Berufsbetreuer arbeiten „auf Rapport“, d.h. sie schreiben auf, wieviel Zeit sie für was gebraucht haben und welche Auslagen (Tel,.Porto) sie hatten. Den Stundensatz (ab DM 35,–) legt das Vormundschaftsgericht fest.
Der Weg zu einer Betreuung führt über eine sog. Anregung auf Betreuung, in der Du die Verhältnisse schilderst und ans zuständige Amtsgericht (in Württemberg Notariat) schickst. Von dort aus wird dann ein ärztl. Gutachten eingholt und entschieden, ob eine Betreuung eingerichtet wird.
Zu Thema Geld: Durch die Einrichtung einer Betreuung darf der Betreute noch immer mit seinem Geld machen, was er will. Hat er keinen Überblick mehr und schädigt er sich durch zu hohe Geldausgaben, Bestellungen o.ä. kann der Betreuer einen sog. Einwilligungvorbehalt beantragen. Wird dieser vom Vormundschaftsgericht eingerichtet, kommt das einer tatsächlichen Entmündigung gleich.

Wenn Du noch mehr wissen willst, maile [email protected]

Hoffe, Dir geholfen zu haben! Ciao!

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