(M)eine Dingsda-Geschichte
Es war einmal vor langer, langer Zeit ein kleiner Bär. Der kleine Bär hat sich schon im Alter von 19 Jahren mit Grausen abgewendet, wenn die gleichaltrigen Mädchen darüber gefachsimpelt haben, dass man mit einer Zahnbürste auch die Kalkreste von hinter dem Wasserhahn prima wegbekommt. So begab es sich, dass unser kleiner Bär auch im Alter von Ende 20 immer noch 5 Putzmittel hatte: Spüli, Essig, Spiritus und Zitronensäure plus einem mütterlich geschenktem Backofenreiniger. Damit war das Spektrum von Geschirr (Spüli), Töpfen (Spüli bzw. Essig), Spiegel und Fenster (Spiritus), Böden (Spüli), und Kalkflecken (Zitronensäure) abgedeckt und die Höhle des kleinen Bären war nie unerwünscht unsauber.
Nun lernte unser Bärli jemanden kennen. Erst virtuell, der Bär fand den Menschen sehr interessant. Ein Mensch, der in seinem Leben schon vieles erlebt und mitgemacht hat. Schlimm krank gewesen und wieder aufgestanden. Dann kündigte sich der Mensch als Besuch in der Bärenhöhle an. Vorangegange Mails deuteten darauf hin, dass der Mensch einen supertollen Nebenverdienst hat und Bärli gerne davon erzählen möchte. Ist Bärli aber egal, denn Bärli hat seinen Job und findet den gut und hat auch keine Zeit für Nebenverdienste. Aber lernen kann man sicher immer was.
So, der grosse Besuchstag ist da. Aufgrund der Krankheit des Menschen werden erlesenste Speisen aufgefahren (Bärli wird klar, warum man einen Nebenjob brauchen könnte). Da der Mensch schlimme Schmerzen hat, legt er sich auf das Sofa in der Bärenhöhle, ganz genau wie ein Mensch, der echt schlimme Schmerzen hat und Bärli wird ganz klamm ums Herz. Das ist ja echt arg! Trotzdem beeindruckt der Mensch.
Dann beim Teekochen der erste Schreck: Bärli lässt kurz das kalte Wasser aus dem Hahn laufen, dann kommt’s in den Teekessel. „Iiiigitt - trinkst Du LEICHENGIFT?“ Hä? Leichengift? Ja, lernt Bärli, im Leitungswasser sei doch Leichengift, das könne man ausgeschlossen pur trinken. Es bräuchte einen Dingsda-Wasserfilter für nur 99,99 Euro.
Und - mit Verlaub - Bärlis Spüle sei dreckig. Das findet Bärli zwar auch, weiss aber, dass das mit Essig-Spüli sehr gut sauber würde, wenn bär dann mal Lust hätte zum Putzen. „Da gibt’s aber doch das Spülen-Sauber für nur 29,99 und das Drumrum-Spülensauber für nur 19,99. Ach - und für den versifften Backofen hilft Super-Backofen-Sauber für 39,99 und für die Herdplatten das Herdplatten-schwarz-und-Sauber für nur 19,98 im praktischen Dreierpack. Alles von Dingsda.“
Bärli kocht Leichengift-Tee und bugsiert den Menschen aus der Küche. Der Alptraum jeder guten Hausfrau! Zum Glück ist Bärli keine gute Hausfrau und deshalb der Alptraum keiner.
Der Abend wird älter, das Gespräch schleppender, offensichtlich ist dem Menschen seine Krankheit sehr wichtig, und Bärli kommt aus dem Mitleidhaben gar nimmer raus. Auf einmal fällt dem Gastgebär ein, dass bär ja von dem tollen Nebenjob hören wollte. Aber statt eines „Ich montiere Kugelschreiber“ oder „ich bin im Vertrieb von Dingsda tätig und verdiene mich dabei dumm und dämlich“. Neinnein, der Mensch sass schlagartig am Tisch, hatte bereitgelegten Zettel und Kuli sowie Hochglanzprospekt da und rechnete dem Bären tolle Verdienstmöglichkeiten aus. In der Hochglanzbroschüre Fotos von gutaussehenden Menschen, die lustig „mein Haus, mein Auto, mein Pferdchen“ spielten.
Der Bär will wissen, was man dazu den tun müsse. „Nun, Vertriebslinien aufbauen. Und DU, mein lieber Bär wirst die Vertriebslinie Dingenskirchen“. Ach ja, wird er? Das glaubt er nicht. Daraufhin wird der Tonfall ruppiger, die schmutzige Spüle kommt erneut ins Gespräch, das fehlden Make-Up („der Sowieso-Lippenstift (kussecht) und die blauen Schatten für die Augen seien ja echt das MINDESTE“) wird bemäkelt. Hatte ich erwähnt, dass ich mir sowas nicht sagen lasse?!
Was man denn so verdiene? Naja, derzeit zahle man noch drauf, aber mit der neuen Vertriebslinie Dingenskirchen sei dann alles gut und man könne auch bei „mein Haus, mein Auto, mein Pferdchen“ mitspielen, und dank der Farbprodukte sähe man auch noch gut aus. Und tolle Seminare gäbe es, nur 1000 Euro das Einsteigerseminar für ein Wochenende. Hallo? Für 1000 Euro hab ich auch ohne Seminar ein nettes Wochenende 
Und Putzmittel verkaufen? Wirklich nicht! Und selber brauch ich auch nicht mehr als oben erwähnte Mischung. Make-Up? Modeschmuck? Nicht meines. Yachten haben? Vergiss es, ich werd eh seekrank! Der Tonfall wird härter, die Krankheit wird als Argument gebracht. Die Zahlen krasser - nur an MIR liegt’s dass der Mensch noch kein „Diamond“ (oder wie auch immer das heisst) ist. Jeder andere Gast sässe jetzt vor der Tür, nur die besagte Krankheit lässt mich bis zum nächsten Morgen abwarten.
Und so putzt der Bär weiter mit Spüli, Essig und Zitronensäure und trinkt Leichengifttee.
Die Moral von der Geschicht: Der Mensch war ein sehr netter, interessanter. Fast möchte ich sagen, dass das eine Freundschaft hätte werden können, die durch Putzmittel zerstört wurde.
Wollte ich nur mal so rein subjektiv gesagt haben. Überleg halt, ob’s Dir das wert ist, Dich an andere Leute „ranzumachen“, Freundschaft vorzuspielen um sie dann als „Vertriebslinie Dingenskirchen“ zu ködern.
*wink*
Petzi