Gotteskult vs. Heiligenkult im Christentum
Hi,
Gott wird angebetet, Heilige werden angerufen und verehrt. So weit so gut.
im Vorlauf zu deiner eigentlichen Frage sollte nicht unerwähnt bleiben, daß das keineswegs „so weit so gut“ ist. Denn eine Unterscheidung der Begriffe „anbeten“ und „beten zu“ im Hinblick auf die Unterscheidung von Gotteskult (bzw. später Trinitätskult) und Heiligenkult ist in der christlichen Kult- und Theologiegeschichte nicht so eindeutig, wie es auf den ersten Blick erscheint. Zusätzlich beziehen sich seit eh und je die Begriffe „anrufen“ und „verehren“ sowohl auf den Gott als auch auf Heilige. Der entscheidende Unterschied muß also woanders liegen.
Genaueres dazu findet sich hier in einem Archiv-Thread aus 2009:
[bzgl „Anrufung“ von Tofen und Heiligen ganz allgemein]
/t/was-wissen-tote/5029326/8
[zu Anbetung, Bitte, Fürbitte]
/t/jesus-gott-oder-bruder/598304/3
Wenn ich aber manche Anrufungsgebete an Heilige ansehe: da findet m.E. eine Anbetung statt, desonders Maria hat demnach fast göttlichen Status.
Von auf Heilige bezogenen, in Textform fixierten, Gebeten und Hymnen läßt sich das nicht sagen. Aber wenn man genauer in jeweilige darüber hinausgehende kultische Praktiken schaut, und diese mit dem vergleicht, was über nicht-christliche Götterkulte der mediterranen Antike bekannt ist, dann ist die (in Religionswissenschaften eh nicht ungewöhnliche) Charakterisierung der christlichen Kultpraxis als Quasi-Polytheismus nicht von der Hand zu weisen. Es ist eine Folge des über viele Jahrhunderte sich entwickelnden (und zeitweise systematisch inszenierten) Synkretismus christlicher mit sog. „heidnischer“ Kultpraxis.
In vielen Heilgenkulten fällt das nicht so unmittelbar auf. Aber in Marienkulten, besonders im Mittelmeerraum, ist es sehr deutlich: Formen von Prozessionen, die Herkunft der schwarzen Madonna, die göttliche Jungfrau auf der Mondsichel stehend, die gekrönte /t/himmelskoeniginnen/7308631/3
Bereits der zu Unrecht verdammte Nestorius hatte im Kontext von Ephesos 431 protestiert gegen die Festlegung des Marien-Epithetons „theotokos“ (Gottesgebährerin), weil er die Gefahr sah, daß Maria in Angleichung an heidnische Göttinnen ebenfalls als Göttin interpretiert werden könnte. Und nicht lange danach tauchte ja dann auch das Epitheton „Gottesmutter“ im Volksglauben auf.
Daher meine Frage: Wie ist die angemessene Form der Heiligenanrufung, was darf man, was ist der (Gottes-)Anbetung vorbehalten?
Es gibt dafür in der röm-kath. Katechese keine Maßregelung. Nur eine Sprachregelung (siehe oben der Link zu „Bitte, Fürbitte“), die allein den trinitarischen Hypostasen den Rang „Gott“ zuordnet und damit den Ausdruck " An betung".(lat. adoratio, griech, proskynesis). Demensprechend vernimmt man in der Ansprache an Maria, an Heilige und auch an Tote des persönlichen Lebensraums durchaus z.B. die Bitte um Hilfe (und nicht bloß die „Fürbitte um“ Hilfe), die ja die Angesprochenen als eigenmächtig Handelnde und Handlungfähige imaginiert.
Gruß
Metapher