Liebe Forumsteilnehmer,
weiter unten wurde ja schon die Legitimität im Sinne des Völkerrechts diskutiert. Aber was weiß man eigentlich über die Geschichte?
Wollte Trump eigentlich viel massiver bomben und wurde überredet, es ein paar Nummern kleiner zu machen? Wenn ja von wem?
Inwieweit wurden die Russen vorher informiert (was ich sinnvoll finde)?
Wie viele Raketen wurden nun abgefangen?
Gab es den Giftgaseinsatz eigentlich wirklich?
Hat der Raketen-Angriff irgend etwas Ernsthaftes zerstört?
Schreckt der Raketenangriff Assad davon ab, weiter Giftgas einzusetzen oder grinst er nur darüber? Und bringt es der Bevölkerung etwas, statt mit Gas auf andere Weise massakriert zu werden…?
Fragen über Fragen!
Karl
Lt. Macron musste Trump zur Teilnahme überredet werden
Sie wurden ausdrücklich und offiziell über die Kanäle unterrichtet, die man ursprünglich wg. dem IS eingerichtet hatte. Somit wussten die Russen, in welchem Flugkorridor eingeflogen wird. Wobei dieser Korridor natürlich zzgl. einiger Kilometer Varianz links wie rechts gilt.
Lt. Angaben der Syrer etwas mehr als 70. Diese dürfen angezweifelt werden, weil Syrien selbst nur über Flugabwehrsysteme verfügt, die veraltet sind.
Davon kann zum jetzigen Zeitpunkt ausgegangen werden, da ca. 50 Leute nicht einfach so tot umfallen.
Angeblich Lager- und Produktionsstätten. Der Schaden an den Gebäuden ist erheblich, sie sind unbrauchbar. Was evtl. Giftgasgranaten oder -bomben angeht, war wohl genug Zeit sie auszulagern. Aber es ging nicht um die Vernichtung etwaiger alter oder neuer Bestände, sondern die Unterstreichung einer roter Linie. Quasi als Zeichen an Assad, dass auf verbotene Handlungen auch eine Quittung folgt, die bei Bedarf weiter erhöht werden kann.
Er wird ihn vorerst IMHO abschrecken, weil er weiss, dass die nächste Quittung massiver ausfällt, er auch direkt das Ziel werden könnte. Die Ziele wurden ja so ausgewählt, dass er sich gerade (noch) nicht bedroht fühlen muss.
Nein. Wobei ein glatter Kopfschuss einem qualvollen Verrecken durch Gas vorzuziehen wäre. Es geht auch nicht darum, der Bevölkerung unmittelbar (direkt) zu helfen, sondern eine spezifische, geächtete Waffenart vom Schlachtfeld zu nehmen. Was mittelbar (indirekt) der Bevölkerung durchaus helfen wird.
Was ich erstaunlich finde: wenn US/GB/F Informationen vorlagen, wo Lager und Produktionsstätten für Giftgas liegen, wäre es dann nicht naheliegend gewesen, diese Informationen an die OPCW weiterzugeben? Dann hätte sich evt. (falls die Information zutreffend waren) durch die Fact Finding Mission auch nachweisen lassen, dass der in Ost-Ghuta eingesetzte Kampfstoff mit dem dort angeblich produzierten / gelagerten identisch ist. Nun hat man jedoch diese Ziele kurz vor Eintreffen der OPCW-Ermittler in Syrien bombardiert - falls es dort Spuren gab, wurden sie durch die Bombardierung mit ziemlicher Sicherheit vernichtet. Da hat man Assad wohl die Arbeit ersparen wollen …
Womit man nun natürlich auch nicht das Gegenteil der Behauptungen der Allierten beweisen kann - dass dort eben keine Chemiewaffen produziert oder gelagert wurden. Zumindest nicht seit Oktober 2013, als Syrien sich verpflichtete, bis 30.06.2014 sein gesamtes Chemiewaffenarsenal unter internationaler Aufsicht zu vernichten.
Es bleibt der Punkt, dass die Allierten einen völkerrechtswidrigen Angriff auf einen souveränen Staat durchgeführt haben, ohne dass sie irgendwelche Beweise für ihre Anschuldigungen vorlegen konnten - und jetzt können sie es erst recht nicht mehr, dafür haben sie selbst gesorgt.
Damit reduziert sich das Problem der Bewertung dieses Angriffs auf die Frage, ob man diese Behauptungen glaubt. Und spätestens seit die US-Regierung zur Rechtfertigung des 2. Irak-Krieges die UNO hinsichtlich angeblich im Irak befindlicher Massenvernichtungswaffen offen und wissentlich belogen hat, fällt einem ein solcher Glaube etwas schwer. Auch hinsichtlich solcher Geschichten.
Okay - Ihr beide wisst also genau (oder glaubt zu wissen), dass Assad für den Giftgaseinsatz verantwortlich ist? Dann sind es natürlich die Russen auch - die haben den Angriff ja bereits vor gut einem Monat unmissverständlich angekündigt: http://tass.com/world/993678.
Wenn man schon in solch einer Angelegenheit Partei nehmen will und dabei darauf angewiesen ist, statt sich auf Fakten und Beweise zu beziehen entweder der einen oder der anderen Seite Glauben zu schenken, sollte man doch die klassische cui bono - Frage nicht ganz außer Acht lassen. Fakt ist, dass Assad den Bürgerkrieg praktisch gewonnen hat und dass ein Einsatz von Giftgas zur Eroberung Ost-Ghoutas (die ja mittlerweile abgeschlossen zu sein scheint) nicht notwendig war. Dass ein solcher Einsatz vielmehr geeignet gewesen wäre, den zwei Tage zuvor angekündigten Rückzug der US aus Syrien zu gefährden. Man kann Assad sicherlich vieles vorwerfen - aber Dummheit eher nicht. Das Timing des Angriffs jedenfalls ist schon recht eigenartig. Und den ‚Verteidigern‘ Ost-Ghoutas, die die örtliche Bevölkerung als Schutzschilde und Geiseln missbrauchen - hauptsächlich Failak al-Rahman (Söldnertruppe Qatars), Jaysh al-Islam und Ahrar al-Sham (Söldnertruppen Saudi-Arabiens) sowie der Al-Quaeda-Ableger Jabhat al-Nusra - darf man angesichts ihrer militärisch aussichtslosen Lage wohl kaum taktische Skrupel hinsichtlich des Einsatzes eines solchen Mittels unterstellen. Moralische ohnehin nicht.
Man darf hier ruhig an die Giftgasangriffe im April 2014 denken - nicht zuletzt, um an einen weiteren Mitspieler zu erinnern. Assad hatte auch damals eine Schuld bestritten und stattdessen Al-Nusra beschuldigt - und darüber hinaus gab es Spuren, die in die Türkei führten. Nur zur Erinnerung: hier und hier.
Um einem möglichen Missverständnis entgegen zu treten - ich weise keiner Seite die Schuld an diesem Verbrechen zu. Ich weiss schlicht und einfach nicht, wer dafür verantwortlich war. Für eindeutige Schuldzuweisungen gibt es in beiden Richtungen zu viele Zweifel, als dass ich mich da festlegen wollte. Wie schon gesagt - dazu braucht man schon einen gesunden Glauben. Und hier sind wir im Bereich Politik, nicht Religion.
Vielen Dank Tychiades und auch vdmaster für eure Antworten! (übrigens war ich zwei Jahre diesem Forum fern und freue mich über altbekannte Namen aus längst vergangener Zeit…)
Eine verwickelte Situation, irgend jemand hat einen Giftgasangriff verübt, USA/Frankreich/Großbritannien führen einen nicht vom Völkerrecht gedeckten „Vergeltungsschlag“ aus. Die Situation eskaliert zum Glück nicht weiter (liegt es an Putin, der vor dem unberechenbaren Trump zurückscheut, oder einem Putin, der als Klügerer nachgibt oder einer US-Diplomatie, die im Rücken von Trump deeskalierend die Russen einbezogen hat?).
Sollte doch Assad der „Täter“ sein, könnte der Raketenangriff ein sinnvolles Zeichen gesetzt haben. Aber vielleicht ist das Ganze im komplexen Syrienkonflikt doch nur eine unbedeutende Fußnote.
Und die deutsche Regierung agiert vorsichtig, was ich erst einmal begrüße, aber widersprüchlich, passiv und wird damit wohl nicht ernst genommen.
Davon würde ich nicht unbedingt ausgehen, zumal die Abbaustoffe von Sarin sich deutlich länger nachweisen lassen als von Chlorgas.
Die Frage ist aber, ob die OPCW überhaupt Zugang erhalten hätte und nicht in der Zwischenzeit durchgeputzt worden wäre.
Durch den Einsatz in 04/17 dürfte hinlänglich geklärt worden sein, dass Syrien eben nach wie vor C-Waffen besaß und seine Bestände entweder nicht vollständig übergab oder nachproduzierte.
Zu der allg. Konfliktsituation zwischen zwischenstaatlichem und humanitärem Völkerrecht habe ich mich bereits in dem anderen Thread geäußert. Und dass die einzige Institution, die völkerrechtlich bindend einen Verstoss feststellen kann, sich durch das bescheuerte Vetorecht selbst blockiert, ist dabei der größte Witz.
Da müssen sie wohl noch etwas an ihrer Präkognition arbeiten. Dieser Schlag blieb bislang wohlweislich aus.
Der Einsatz von Giftgas scheint mir auch für 02/18 und 04/18 belegt und die Indizien deuten auf die syr. Regierung
Das war eine Sauerei und pol. A…kriecherei.
Beide haben gerade im Bereich der int. Aussenpolitik durchaus Überschneidungen.