Hallo,
Was Du über das Geniessen schreibst- tut mir gut
Schön!
So wars u. a. gedacht.
und ich frage
mich bei allem auch, ob diese Angst (obwohl ich sie schon
immer kenne) nicht gerade jetzt auch einfach ein
Schutzmechanismus ist um die Ruhe, die ich haben kann- auch zu
erhalten.
Na ja, das kommt mir nun allerdings schon ein bisschen sehr wie ein Beschönigen vor. Steh zu deinem Bedürfnis nach Ruhe. Du brauchst die Angst nicht als Schutz.
Klar ist alles Auslegungssache und ich will so eine Angst auch
nicht „toll“ reden, aber ein Stück weit ermöglicht sie mir
Freiraum.
Ja, das ist sicher so. Aber sie dämpft doch auch irgendwie die Freude an deinem Freiraum. Nimm dieses Bedürfnis ernst, dann musst du nicht die Angst vorschieben.
Ich geniesse schon, aber man hat schon auch sehr im Kopf, daß
man doch arbeiten gehen muss und Geld verdienen. Man nicht
einfach so daheim bleibt…
Sich da ganz auszuklinken und mal anders zu leben ist gar
nicht so einfach.
Ja, das kann ich gut verstehen. Aber im Prinzip bist du doch niemandem Rechenschaft schuldig, außer vielleicht deinem Mann. Wenn ihr durch ihn ausreichend finanziell versorgt seid und es dir nichts ausmacht, von ihm in dieser Hinsicht abhängig zu sein und ihm auch nicht, dann scheiß auf diese Leistungsgesellschaft, wo nur derjenige anerkannt ist, der einer Erwerbstätigkeit nachgeht. So wie du schreibst, dass dir dein Beruf Spaß macht und du eigentlich gern wieder arbeiten möchtest, bin ich sicher, dass es total falsch wäre, dich als Faulpelz einzuschätzen. Auch dein Bestreben, etwas gegen diese Angst zu tun, macht das deutlich. Du bist kein Faulpelz, nur weil du auf dein momentanes Bedürfnis nach Ruhe hörst. Trau dich, zu diesem Bedürfnis zu stehen, ohne die Angst vorschieben zu müssen. Hör aber auch auf das Bedürfnis, wieder arbeiten zu wollen und wenn es ein inneres ist, das nicht durch den Gesellschaftsdruck o. ä. zustande kommt, dann beiß dich durch, und bekämpfe deine Angst und schieb dann nicht umgekehrt das Bedürfnis nach Ruhe vor. Ich bin sicher, dass sich die Angst viel leichter bekämpfen lässt, wenn du wirklich aus innerem Antrieb wieder arbeiten möchtest, als wenn du es nur machst, weil „man doch arbeiten gehen muss“.
Ich kann mir vorstellen, dass das nicht einfach ist und dass du vielleicht denkst, dass andere ja schließlich auch nicht das Privileg haben, einfach zu Hause zu bleiben, wenn sie das Bedürfnis nach Ruhe haben. Das stimmt natürlich und mir gehts bei dem Gedanken, wie gut es mir doch eigentlich geht, auch regelmäßig schlecht (man klingt das paradox…). Aber es hilft niemandem, der dieses Privileg nicht hat, wenn du es deshalb auch nicht nutzt. (Ich merke immer mehr, wie sehr ich mich mit dem Gedanken des bedingungslosen Grundeinkommens anfreunden kann.) Du bist du und deine Bedürfnisse und Probleme sind nicht deshalb weniger wichtig, weil andere vielleicht viel schlimmere Probleme haben.
Vertrauen in andere Menschen oder sagen wir „in die Welt“-
habe ich durchaus.
Natürlich wird man mit dem Alter generell was vorsichtiger
durch Erfahrungen, aber ich war weder als Kind noch als
Erwachsener jemand, der misstrauisch oder ohne Vertrauen war.
Eher bin ich immer zu offen auf Menschen zugegangen- mit
zuviel Vertrauen…und hab mir manch blaues Auge geholt.
Aber auch wiederum nicht so, daß ich auf Menschen distanziert
reagiere.
Generell gehe ich auf viel mir Herz zu- nicht bewusst sondern
das ist einfach so.
Hey, das klingt toll!
Dann waren meine vorherigen Tipps in dieser Richtung für die Katz.
Umso besser. Allerdings kann ich mir dann gar nicht mehr erklären, warum du einem potentiellen Arbeitgeber gegenüber so viel Misstrauen entgegenbringst.
Und ja- es wird sicher nicht an dem „Vertrag“ an sich liegen-
sondern es geht um die Menschen, die dahinter stehen.
Es wird mit der Macht zu tun haben, die sie symbolisieren und
womit ich dann Probleme habe.
Hm… Okay, langsam versteh ich es besser. Du hast ein Problem, wenn andere dir gegenüber in einer offensichtlichen Machtposition stehen. Mir ist allerdings noch nicht so ganz klar, warum das ausgerechnet und anscheinend fast ausschließlich bei einem Arbeitsverhältnis der Fall ist. Macht hat nämlich auch derjenige über dich, den du gern hast, an den du dich emotional (statt durch einen Arbeitsvertrag) bindest. Ich würde fast sagen, sogar noch mehr. Und damit sind wir wieder beim Vertrauen. Die Macht, die derjenige über dich hat, an den du dich emotional bindest, macht dir anscheinend keine Angst, weil du da das Vertrauen da ist, sonst würdest du dich nicht binden. Wenn du aber grundsätzlich nicht übermäßig misstrauisch bist (eher im Gegenteil), warum bringst du dann ausgerechnet potentiellen Arbeitgebern doch so viel Misstrauen entgegen?
Dazu fällt mir wieder ein, was du im ersten Posting über deine Kindheit geschrieben hast:
Ich hatte keine einfache Kindheit und eine vor allem sehr
unberechenbare Mutter, die auch aus dem Stand, wenn für sie
was nicht gepasst hat, sofort zuschlagen konnte. Angst hat
mich da sehr oft als Kind begleitet.
Es kommt mir plausibel vor, dass deine Angst daher kommt. Deine Mutter hatte große Macht über dich, und hat sie mit brutaler Willkür ausgeübt. Als Kind warst du ja auch ganz wirklich und tatsächlich abhängig und hattest gar nicht die Möglichkeit, dich von deiner Mutter zu befreien. So ein Mutter-Tochter-Verhältnis lässt sich nicht vergleichen, mit der emotionalen Abhängigkeit, in die man sich als Erwachsener begibt, wenn man jemanden liebt. Vielleicht wurde ein solches bewusst geschenktes Vertrauen noch nicht enttäuscht, deshalb kannst du das ohne Probleme. In Kindergarten und Schule war die Situation ähnlich unfreiwillig, wie bei deiner Mutter. Du hattest nicht die Wahl, zu vertrauen oder nicht. Du warst ausgeliefert. Kindergarten, Schule, Arbeit. Ja, vielleicht ergibt es doch Sinn. Kindergarten, und vor allem Schule wird ja tatsächlich meist als die Pflicht angesehen, die man als Kind/Jugendlicher hat, so wie bei den Erwachsenen die Arbeit. Deshalb kann ich mir schon ganz gut vorstellen, dass du mit Arbeit genau die gleiche hilflose Abhängigkeit assoziierst, wie früher mit Schule/Kindergarten. Wenn es unumgänglich ist, dass man arbeitet, dann ist das wohl auch tatsächlich ein bisschen vergleichbar. Obwohl man da m. E. auch nicht ganz so ausgeliefert ist, wie als Kind. Man hat ja meist doch eher die Wahl, in welchem Beruf und welchem Betrieb man arbeitet und vor allem, hat man als Erwachsener (noch dazu, wenn man nicht zwangsläufig auf den Job angewiesen ist) viel mehr Möglichkeiten, sich gegen Willkür zu wehren.
Vielleicht hilft es dir, wenn du dir klar machst, dass du dieser Willkür als Kind deshalb so sehr ausgeliefert warst, weil du eben Kind warst. Jetzt bist du erwachsen und deshalb nicht mehr ausgeliefert.
Und meiner Erfahrung hab ich dann auch nicht mit diesen
Menschen ein Problem-- wenn ich sie kennen lerne werden sie ja
für mich berechenbar und klarer- sondern es geht wohl primär
um eine Vorstellung, die solche Machtpositionen bei mir
auslösen.
Diese Situation, daß ich vor jemandem stehe, der über mich
verfügen kann…und ich bin ausgeliefert-- und wenn- hat
man doch nur als Kind so eine Abhängigkeit!- wird die
Vergangenheit anticken und trägt sich bis heute durch das
Leben- und es ist ja sogar nur die Vorstellung davon…denn
es ist ja nicht wirklich so!!
Ja, ich glaub, damit bestätigst du das, was ich oben geschrieben habe. Zumindest, wenn ich dich richtig verstehe. Wenn dir aber eh schon selber klar ist, dass sich das Problem meist von selber erledigt, wenn du die Menschen kennenlernst, meine ich, dass du eh schon viel erreicht hast. Vielleicht muss diese Erkenntnis jetzt nur noch „vom Hirn ins Herz“ (wie jemand mal zu mir gesagt hat). Oder anders ausgedrückt, vom Denken ins fühlen. Meiner Erfahrung nach hilft dabei tatsächlich, so banal das auch klingt, wenn man sich das immer wieder vorsagt. Auch wenn du dir dabei vielleicht blöd vorkommst, sag dir (ruhig auch laut… äh… du weißt, was ich mein
) immer wieder, wenn du dich auf eine Stelle bewirbst, dass du da nicht hin musst, wenn du nicht willst. Dass du dort nur anfängst, wenn du den Leuten vertraust. Sag dir immer und immer wieder, dass du nicht darauf angewiesen und davon abhängig bist, dort zu arbeiten. Dass du das nur machst, weil du das möchtest und dich wohl fühlst. Du bist kein Kind mehr! Du bist diese Abhängigkeit los!
Ganz liebe Grüße
M.