Angst vor 'Hexen'

Hallo an alle, die sich mit der Hexenverfolgung und der (katholischen) Kirche auskennen!

Was hat dazu geführt, dass man die „Hexen“ so erbarmungslos ermordete? War es „einfach“ die Trennung in Gott und Teufel, so dass man bestimmte Leute nun für Teufelsanbeter/innen hielt, die sich irgendwie aufällig verhielten? Oder war es auch eine Angst/ ein Unwille davor, dass die „Hexen“ (noch) eine andere Religion besaßen, die man dann Heidentum (?) nannte?

Vielen Dank für Erläuterungen!
Grüße - iceage

Hallo Iceage Die Christen haben grosse Teile der Welt mit Feuer und Schwert missioniert . Die Inquisition war auch ein Machtinstrument
das fing beim enttäuschten Verehrer an und endete beim Kampf um Königreiche aber hauptsächlich wollten die Christen keine anderen
Religionen haben und auch Heiler (Hexen) waren nicht erwünscht damit die Leute sich in Gottes Hand begeben mussten wie es heute noch bei den zeugen jehovas praktiziert wird aber ich glaube nicht mehr so konsequent wie früher.Ich glaube Heide bedeutet Ungläubiger so ähnlich wie das Giaur bei den Moslems achso ja eine Hexenreligion sind die Wikka aber früher waren die meisten Hexen nur Kräuterweiber.
Mit Freundlichem Gruss DECUMANUS

Hallo,

Hallo an alle, die sich mit der Hexenverfolgung und der (katholischen)
Kirche auskennen!

Ja, es spielt wohl die Angst mit eine Rolle bei der „Hexenverfolgung“
Nur unterliegst Du hier einem (oft eingebrachten) Irrtum.
Prinzipiell hat die die Hexenverfolgung nichts mit der kath. Kirche
zu tun. (nur bedingt)
Im Gegenteil, dort wo die kath.Kirche die „Herrschaft“ hatte war
Hexenverfolgung nur bedingt vorhanden.
Wir hatten das Thema hier schon mal.Schau nach, und auch dort:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hexenverfolgung
Gruß VIKTOR

Hallo iceage,

zunächst muss ich deinen Denkfehler etwas korrigieren. Denn Hexen wurden keineswegs ermordet. Sie wurden regulär der Hexerei (als ganz normaler Straftatbestand) angeklagt, es gab in den meisten Fällen einen regulären Prozess, die Angeklagten waren geständig (die Folter war ein vollkommen probates und allgemein anerkanntes Mittel zur Wahrheitsfindung) und gut wars.

Übrigens stand schon in der Antike die Zauberei unter Todesstrafe.

Ohne Ende gibt es aus dieser Zeit Prozessakten und Protokolle zur Kenntnisnahme. Der Pakt mit dem Teufel wurde gemeinhin unter der Folter preisgegeben, denne wurde die reinigende Kraft des Feuers, der Scheiterhaufen, eben nicht als Erbarmungslosigkeit, sondern als Akt der Nächstenliebe, ja, als Christenpflicht verstanden.

Also die Geschichte mit den wissenden Kräuterweiblein, denen sich heute putzigerweise eine nicht geringe Anzahl von Zeitgenossen, denen in heutigen Zeiten die gängigen Religionen, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr den rechten Halt zu geben verstehen, verbunden fühlt, erklärt nur recht oberflächlich dieses Phänomen. Und auch sehr romantisch verklärt, wie ich finde.

Dieser Personenkreis zählt eben nicht zu dem überwiegenden Teil der bedauernswerten Delinquenten, auch wenn dies etliche „religionskritische“ Esoteriker uns gerne glauben machen.

(Wenn ich ganz böse werde, führe ich an dieser Stelle mal kurz Hermann Göring an, der sonstwas in Bewegung setzte, um eine direkte Abstammungslinie von einer dunnemals verbrannten Hexe zu seiner schnöden Kokserexistenz… ach, was, das wollen die alle nich hören…)

Recht oft hingegen kam es natürlich, auf der einen Seite verhörtechnisch/„wahrheitsfindungsmäßig“ bedingt, zu den mannigfaltigsten Denunziationen.

Andererseits darf man aber auch nicht vergessen, dass Epidemien, Mißernten, Hungersnöte, Naturkatastrophen (Stichwort „kleine Eiszeit“) sowie andere Malaisen geradezu einluden, natürlich den damaligen Stand der Wissenschaft inklusive, die Hauptursache in jedwedem Teufelswerk zu sehen.

Und wer wollte einem wohlmeinendem Landesherren verargen, wenn dieser in gutem Gewissen, jedwedem Schaden von seinem Volk abwenden zu wollen, nach dem damaligen Stand der Erkenntnis jeden Schädling, der irgendwie in Verdacht geriet, einen Pestzauber zu vollführen, sofortigst das Handwer legen zu müssen?

Die heutigen Hexen und Zauberer wenden übrigens keinen Pestzauber mehr an, sondern planen mutmaßlich böse Anschläge gegen uns Christenmenschen und wurden sonder Zahl unter anderem in Guantanamo zwecks Abwendung gottloser Verwerfungen der westlichen Gerichtsbarkeit unterstellt. Yep.

Genau dieses Zusammenhangs betrefflich würd ich dir wahnsinnig gerne einen Artikel des von mir inniglich verehrten Heribert Prantl verlinken, den er vor so 4 Jahren in der Süddeutschen mal veröffentlichte. Allein, ich find ihn nicht, zu doof zum gugln…Hatte die Verhörprotokolle der Pestzauberer während der Epidemie in Florenz als Aufhänger.

Anyway, glaub doch bitte nicht diesen Scheiss von den ganzen Kräuterheiligen, die allesamt verbrannt wurden, weil sie dem Christentum irgendwie so voll kritisch gesonnen waren.

Logisch haben sie die auch über die Klinge springen lassen, so sie deren habhaft wurden, aber dem ganz ordinären massenhaften Justizmord fielen im Großen und Ganzen ganz durchschnittliche Leutchen zum Opfer.

Ganz abgesehen davon, dass naturgemäß alle der Zauberei Angeklagten selbstverständlich dem heutigen Rechtsverständnis und minimalstem Schulwissen nach vollkommen unschuldig waren, aber sowas mag ich gar nicht mehr extra anführen, hey.

Man stelle sich aber eine von ner schweren Hungersnot beispielsweise gebeutelte Ortschaft vor, die doch, trotzdem sie alle so langsam am Verrecken sind, immerhin regelmäßig der qualvollen Hinrichtung der vermeintlich Schuldigen beiwohnen dürfen.

Stichwort Sündenbock.

Die kommen denne eher nicht so schnell auf den Trichter, gegen ihre erbarmungswürdigen Lebensumstände etwa in die andere Richtung aufbegehren zu wollen.

Die katholische Kirche hatte natürlich diesbezüglich recht wenig Interesse an ner möglichen Infragestellung ihrer Besitzstände, nicht wahr.

Aber die alleinige Triebfeder für diese Massaker war sie wohl nicht, meine ich.

Nur son paar Gedankengänge von mir am Rande. Hoffentlich habe ich dich nicht allzusehr gelangweilt.

Gruß

Awful Annie

(die Folter war ein vollkommen probates und

allgemein anerkanntes Mittel zur Wahrheitsfindung) und gut
wars.

Hallo,
bei „war“ ist mir sofort Guantanamo eingefallen - oder wäre das jetzt anti - amerikanisch?

Nix für ungut

Gruss
Uli

Hallo,

tatsächlich wurde der Anfang vom Ende der Hexenprozesse von katholischen Geistlichen gemacht, besonders herausragend darunter der Jesuit Friedrich von Spee, dessen Buch ‚Cautio Criminalis‘ noch heute käuflich zu erwerben ist: http://www.amazon.de/Cautio-Criminalis-Rechtliches-B…

Beste Grüße

=^…^=

Hallo Annie,

ich will mich Deinen Ausführungen vollumfänglich anschließen, es drängt mich aber, noch ein paar klitzekleine Anmerkungen zu machen.

zunächst muss ich deinen Denkfehler etwas korrigieren. Denn
Hexen wurden keineswegs ermordet. Sie wurden regulär der
Hexerei (als ganz normaler Straftatbestand) angeklagt, es gab
in den meisten Fällen einen regulären Prozess, die Angeklagten
waren geständig (die Folter war ein vollkommen probates und
allgemein anerkanntes Mittel zur Wahrheitsfindung) und gut
wars.

Hübsch ordentlich dargestellt und mit allen erdenklichen Details versehen findet sich der Prozessablauf in dem ersten ‚wissenschaftlichen‘ juristischen Fachbuch, dem ‚Malleus Maleficarum‘ von Sprenger und Institoris, welches auch heute noch käuflich erwerbbar ist: http://www.amazon.de/Hexenhammer-Malleus-maleficarum…

Interessantes Detail am Rande: Wem es unfassbarerweise gelang, unter der Folter standhaft zu bleiben, konnte tatsächlich freien - wenn auch zerschmetterten - Fußes das Gefängnis wieder verlassen.

Übrigens stand schon in der Antike die Zauberei unter
Todesstrafe.

Und entgegen der weithin üblichen Vorstellungen war im ‚dunklen‘ Mittelalter der Glaube an das Wirken von Hexen strafbar.

Also die Geschichte mit den wissenden Kräuterweiblein, denen
sich heute putzigerweise eine nicht geringe Anzahl von
Zeitgenossen, denen in heutigen Zeiten die gängigen
Religionen, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr den
rechten Halt zu geben verstehen, verbunden fühlt, erklärt nur
recht oberflächlich dieses Phänomen. Und auch sehr romantisch
verklärt, wie ich finde.

Um es ganz deutlich zu sagen: Die verurteilten ‚Hexen‘ waren keineswegs arme verfolgte Anhänger einer guten heidnischen Religion - welche es weder so noch zu der Zeit gab -, sondern einfach nur irgendwelche Leutchen, die das Pech hatten, die Missgunst ihrer Zeitgenossen zu erwecken.

Die heutigen Hexen und Zauberer wenden übrigens keinen
Pestzauber mehr an, sondern planen mutmaßlich böse Anschläge
gegen uns Christenmenschen und wurden sonder Zahl unter
anderem in Guantanamo zwecks Abwendung gottloser Verwerfungen
der westlichen Gerichtsbarkeit unterstellt. Yep.

Abgesehen davon ist der Hexenglaube auch heute noch nicht ausgestorben; in manchem noch gar nicht so lange chistlichen Land feiert die Sache fröhlich Urständ, was dann zum Beispiel der Gesundheit von Albinos abträglich ist. Überhaupt sollte nicht vergessen werden, dass Hexen keineswegs eine christliche Spezialität sind - derlei findet sich weltweit, natürlich mit jeweiliger kultureller Ausprägung. Und was Europa angeht: Es ist noch gar nicht so lange her, dass ich eine sehr liebe süditalienische Arbeitskollegin hatte, welche ständig magische Verrenkungen machte, um sich vor dem bösen Blick zu schüzen…

Beste Grüße

=^…^=

Lektüreempfehlung
Hallo,

zur Einführung: http://www.amazon.de/Hexenjagd-Die-Geschichte-Hexenv…

Dokumente: http://www.amazon.de/Hexen-Hexenprozesse-Deutschland…

belletristisch aufgearbeitet: http://www.amazon.de/Die-Hexe-Freiburg-Astrid-Fritz/… (basiert auf der - durch erhaltene Gerichtsakten überlieferten - Lebensgeschichte einer ‚echten‘ Hexe)

Beste Grüße

=^…^=

Hallo,

tatsächlich wurde der Anfang vom Ende der Hexenprozesse von
katholischen Geistlichen gemacht

… aber auch der Anfang vom Anfang - jedenfalls was die Hexenverfolgung in den deutschsprachigen Gebieten betrifft. Und zwar mit der Bulle ‚Summis desiderantes‘ Papst Innozenz VIII. vom 05.12.1484, vgl. http://www.eberhard-gottsmann.de/Gottsmann/schule/He… . Damit beauftragte der Papst persönlich die Inquisition mit der Verfolgung des „ketzerischen Unwesens“ der Hexerei. Das Oberhaupt der katholischen Kirche gab den Startschuss für diese blutige Barbarei und den Schlächtern und Folterern die Rechtfertigung von höchster Stelle.

In den folgenden Jahrhunderten waren es immer wieder Männer der Kirche, die bei der Hexenverfolgung ihren sadistischen Gelüsten freien Lauf ließen oder sie einfach als einträgliches Geschäft betrieben, vor allem in den geistlichen Territorien des Reiches.

Freundliche Grüße,
Ralf

In den folgenden Jahrhunderten waren es immer wieder Männer
der Kirche, die bei der Hexenverfolgung ihren sadistischen
Gelüsten freien Lauf ließen oder sie einfach als einträgliches
Geschäft betrieben, vor allem in den geistlichen Territorien
des Reiches.

Freundliche Grüße,
Ralf

Wobei allerdings festzuhalten ist, daß es in den protestantischen Teritorien auch nicht besser aussah …

Hallo Ralf,

tatsächlich wurde der Anfang vom Ende der Hexenprozesse von
katholischen Geistlichen gemacht

… aber auch der Anfang vom Anfang - jedenfalls was die
Hexenverfolgung in den deutschsprachigen Gebieten betrifft.
Und zwar mit der Bulle ‚Summis desiderantes‘ Papst Innozenz
VIII. vom 05.12.1484, vgl.
http://www.eberhard-gottsmann.de/Gottsmann/schule/He…

nun, zu der Zeit gab es einfach noch keine Protestanten… ;o)

In den folgenden Jahrhunderten waren es immer wieder Männer
der Kirche, die bei der Hexenverfolgung ihren sadistischen
Gelüsten freien Lauf ließen oder sie einfach als einträgliches
Geschäft betrieben, vor allem in den geistlichen Territorien
des Reiches.

Ganz so war es nicht - es gab mitunter beträchtlichen Druck von unten, von der ‚normalen‘ Bevölkerung, manchmal durchaus gegen den erklärten Willen der Obrigkeit, und keineswegs waren die geistlichen Territorien stärker betroffen als die anderen.

Darüber hinaus wurden die Hexenprozesse zu ihrer Hochzeit nicht von der Inquisition, sondern von der weltlichen Gerichtsbarkeit durchgeführt.

Und zu guter Letzt basierte das ganze ja auf dem Prinzip der Denunziation, sei es nun der freiwilligen oder aber auch druch ‚Geständnisse‘ unter Folter.

Beste Grüße

=^…^=

Vielen Dank für Eure reichhaltigen Informationen!

Demnach ist die Verfolgung der „Hexen“ also nicht (allein) eine Angelegenheit der katholischen Kirche gewesen, und es hätte jede/n treffen können, der denunziert wurde.

Kann/ sollte man wirklich nicht von Ermordung reden?
Wenn alle Leute andere einfach anzeigen konnten, dann hatten die vielleicht doch auch manchmal die Absicht, unliebsame Mitmenschen loswerden zu wollen? Und waren wirklich alle diese Leute, die urteilten, im festen Glauben, das „Rechte“ zu tun?

Grüße - iceage

Hallo =^…^=,
die bemühten Exkulpationsversuche, die die Rolle der Kirche(n) bei der Hexenverfolgung relativieren oder gleich ganz wegleugnen, empfinde ich einfach nur als peinlich und als Geschichtsklitterung.

Von einer sich als absolute moralische Autorität gerierenden religiösen Kaste hätte man zumindest erwarten können, dass sie dem Hexenwahn, dem Foltern und Morden entschieden entgegentrat. Aber im Gegenteil - Kirchenväter und Päpste waren die geistigen Brandstifter, sie haben mit ex cathedra verkündeten theologischen ‚Wahrheiten‘ den Wahn erst möglich gemacht, ja, ihn erzeugt. Und nicht nur das - hohe kirchliche Würdenträger haben ihn angeheizt und von ihm profitiert und kleine Chargen der Kirche waren als Inquisitoren und Folterer ihre Handlanger. Kein Hinweis auf Hexenverfolgung durch ‚weltliche‘ Gerichte und auf Hexenhysterie bei den Laien kann dies wegwischen: die Hysterie wurde durch die geistlichen Autoritäten erzeugt, die ‚weltlichen‘ Gerichte handelten nach einer Ideologie, die den kranken Hirnen von Klerikern entsprungen war.

Zitat:
„Ein halbes Jahrtausend, vom 13. bis ins 18. Jahrhundert, verbrannte die christliche Kirche Hexen - während man im alten Babylonien bloß ihr Bild verbrannt hatte. Primitivster Geisterglaube selbst der berühmtesten Katholiken (Augustinus glaubt fest an Weibern nachstellende Faune; Thomas von Aquin an Wetter produzierende Dämonen; Papst Gregor I., mit dem Beinamen der Große und dem seltenen Titel eines Kirchenlehrers geehrt, den außer ihm nur noch ein einziger Papst trägt, eine Quelle christlicher Erbauung und Wissenschaft für länger als ein halbes Jahrtausend, füllt vier Bücher mit einem haarsträubenden Bericht nach dem andern, zum Beispiel mit dem von einer Nonne, die versehentlich einen auf einem Salatblatt sitzenden Teufel verschluckt und dergl.: alles bitterernst gemeint!), groteske Teufelspsychose, verdrängte Sexualität und grenzenlose Raffgier brachten nun Millionen Menschen, vor allem Frauen, einen gräßlichen Tod.
Die Päpste Gregor IX., Alexander VI., Leo X., Julius II., Hadrian VI. und viele andere haben an die Existenz von Hexen geglaubt, an Männer und Frauen, wie Innozenz VIII. in seiner »Hexenbulle« formuliert, »die mit buhlerischen Nachtgeistern sich leiblich vermischen« zum schwersten Schaden für Erde, Mensch und Tier. Und so jagte man, neben Heiden, Türken und Ketzern, nun auch Hexen und schrieb Fanglöhne für eingebrachte Frauen aus — im katholischen Offenburg beispielsweise zwei Schilling pro Stück —, während dreitausend Jahre früher der altbabylonische Herrscher Hammurapi im § 2 seiner Gesetze, in der ältesten Rechtssammlung der Welt, jeden für unwahre Bezichtigung der Hexerei mit Tod und Konfiskation seines Besitzes bedroht.
[…]
Eine Viehseuche im Jahre 1678 genügte dem Erzbischof von Salzburg, um 97 Frauen zu verbrennen. Der Bamberger Bischof Fuchs von Dornheim ließ um 1630 in wenigen Jahren ungefähr 900 Hexen und Hexer töten, darunter auch alle fünf Bürgermeister der Stadt. Sein Vetter, der Würzburger Bischof Adolf von Ehrenberg, brachte um dieselbe Zeit etwa 1200 Hexen und Zauberer auf den Scheiterhaufen und stiftete dann hl. Messen für ihre Seelen. Erzbischof Johann von Trier verbrannte 1585 so viele Hexen, daß in zwei Dörfern nur zwei Frauen übrigblieben. »Es geht gewiß die halbe Stadt drauf«, schrieb Mitte des 17. Jahrhunderts ein Pfarrer aus Bonn, wo man unter dem Druck des Kölner Erzbischofs Ferdinand von Bayern bereits dreijährige Kinder wegen ihrer »Buhlteufel« verbrannte.
[…]
Nachdem die Kirche aber ihre Opfer umgebracht hatte, raubte sie deren Vermögen, nicht selten der eigentliche Grund für viele Ketzer- und Hexenprozesse. Ein Mainzer Dechant ließ allein in zwei Dörfern über 300 Menschen verbrennen, nur um ihre Güter mit seinem Stift vereinigen zu können. Ein Schreiber in Fulda, dessen Fürstabt ein bekannter Hexenjäger war, bedrohte besonders die Reichen und rühmte sich, in neunzehn Jahren 700 Menschen beiderlei Geschlechts auf den Scheiterhaufen gebracht zu haben. Jedes der zahlreichen Todesurteile im Bistum Augsburg endete mit der Formel: »Ihr Hab und Gut verfällt dem Fiscus Ihrer fürstlichen Gnaden des hochwürdigen Herrn Marquard Bischofs zu Augsburg und Dompropstes zu Bamberg.« Dem Bamberger Bischof schrieb Kaiser Ferdinand II.: »Was aber die höchst schmutzige Konfiskation anbelangt, können Wir diese Dero Andacht durchaus nicht und unter keinerlei Vorwand mehr gestatten.«
[…]
Das schnellste und leichteste Mittel, sich zu bereichern, hieß ein damals geflügeltes Wort, sei das Hexenbrennen. Oft endete es sofort, wenn den Hexenjägern die Aussicht auf Beute genommen wurde.
Die Reformation hat den katholischen Hexenwahn nicht im geringsten gehemmt. […] Luther, der ja überall den Satan sah, war mit der Einäscherung der »Teufelshuren« ebenso einverstanden wie der Papst oder, wie er sagt, die »Papstsau« […]. Und Calvin, der auch einen Servet auf den Scheiterhaufen brachte, erkannte gerne die Verdienste des Genfer Rates im Hexenfangen an, machte darauf aufmerksam, daß es »noch viele andere derartige gebe« und ersuchte darum, »diese Rasse … auszurotten«.
Tatsächlich starben in vielen protestantischen Gebieten noch mehr Hexen als in katholischen. […] Und noch im späten 18. Jahrhundert zeigte sich der evangelische Bischof Troilus in Dalarne, Schweden, tief besorgt über »unsere gleichgiltige und freidenkende Zeit«, in der man angeklagte Hexen nicht mehr verbrennen wollte.“

aus: Karlheinz Deschner, ‚Christliches Vorspiel‘ - Einleitung zum leider vergriffenen Sammelband ‚Das Jahrhundert der Barbarei‘, Verlag Kurt Desch, 1966 - mit Aufsätzen von u.a. Saul Friedländer, Friedrich Heer, Hellmut Kalbitzer und Karlheinz Deschner

Freundliche Grüße,
Ralf

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Das Jahrhundert der Barbarei
Hi Ralf,

aus: Karlheinz Deschner, ‚Christliches Vorspiel‘ - Einleitung zum leider vergriffenen Sammelband ‚Das Jahrhundert der Barbarei‘, Verlag Kurt Desch, 1966 - mit Aufsätzen von u.a. Saul Friedländer, Friedrich Heer, Hellmut Kalbitzer und Karlheinz Deschner

Das Buch ist auch heute noch ohne Probleme über den antiquarischen Internet-Buchhandel erwerbbar.

Gruß
Metapher

Hi,

meines Erachtens hat Awful Annie das auf den Punkt gebracht. Hexerei (egal wie wir heute dazu stehen) war halt mal ein (nach damaligen Gesetzen, spätes Mittelalter) ein juristisch zu ahnendes Verbrechen.

Wir dürfen uns darüber aber nicht mokieren, noch 1944 war es ein - juristisch verfolgbares - Verbrechen mit „Juden“ positiven Kontakt zu haben. Knapp 8,000 Todesurteile - verhängt durch deutsche Richter - zeugen davon.

Gruß Felix

Anhang:
Im übrigen wurde kein einziger der damaligen „Mörderjuristen“ juristisch belangt. Alle konnten weiterrichten bzw. ihre Pensionen genießen. Mein Großvater war solch ein Mörderjurist. Er wurde - ohne Gewissensbisse - 94 Jahre alt.

Kleine Korrektur
Hallo Felix,

spätes Mittelalter)

das ist ein häufig zu findendes Missverständnis: Zwar stammt der ‚Malleus Maleficarum‘ aus dem 15. Jht, also dem Schwanzende des Mittelalters, die großen Wellen der Hexenverfolgung fielen aber in die Neuzeit.

Die letzten Hinrichtungen wegen Hexerei fanden im ausgehenden 18. Jht. statt: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Hexenverfo…

Der reformierte Kirchenrat des Kantons Glarus hat sich übrigens 2007 geweigert, die letzte schweizer ‚Hexe‘, Anna Göldi, offiziell zu rehabilitieren: http://www.ref.ch/rna/meldungen/9786.html

Beste Grüße

=^…^=

Hallo,

Demnach ist die Verfolgung der „Hexen“ also nicht (allein)
eine Angelegenheit der katholischen Kirche gewesen,

nein, nach meinem persönlichen Eindruck war es zeitweise in protestantischen Gebieten sogar deutlich schlimmer.

und es hätte jede/n treffen können, der denunziert wurde.

Ja, besonders dann, wenn man weiblich, arm und ohne einflussreichen Beistand war, gerne auch noch von irgendwie ‚auffälligem‘ Benehmen.

Kann/ sollte man wirklich nicht von Ermordung reden?

Bei der oben erwähnten Anna Göldi hat letztes Jahr der Glarner Landrat offiziell kundgetan, dass es ein Justizmord war - allerdings weil das Verfahren nicht rechtmäßig verlaufen war: http://de.wikipedia.org/wiki/Anna_G%C3%B6ldi#Rehabil…

Wenn alle Leute andere einfach anzeigen konnten, dann hatten
die vielleicht doch auch manchmal die Absicht, unliebsame
Mitmenschen loswerden zu wollen? Und waren wirklich alle diese
Leute, die urteilten, im festen Glauben, das „Rechte“ zu tun?

Mit Sicherheit war das auch ein Kanal für sehr viel Missgunst und bösem Willen - auch damals waren Menschen nur Menschen. Oft war es wohl auch ein Fall von Massenhysterie (imho sehr schön zu sehen bei den Hexen von Salem: http://de.wikipedia.org/wiki/Hexenprozesse_von_Salem).

Trotzdem muss man davon ausgehen, dass die Mehrheit der Menschen tatsächlich an Hexen und Hexerei glaubten und nach bestem Wissen und Gewissen handelten.

Beste Grüße

=^…^=

in der vergangenen Woche habe ich Charles de Costers „Uhlenspiegel“ gelesen. Es ist ein düster-heiteres Buch, dass das Leben im 15. Jh. beschreibt. Nach der Lektüre kommt mir die Forderung einer Entschuldigung an Angela Merkel lächerlich vor. Hat sich die Heilige Mutter Kirche für die grässlichen Verbrechen entschuldigt, die sie begannen hat? Machen sie die „Gläubigen“ überhaupt bewusst, welche grauenvollen Taten die Kirche in Gottes Namen verbrochen hat? 
Wr sich mit den Machenschaften der Kirche beschäftigen will, dem rate isch dringend den „Uhlenspiegel“ zu lesen. Aber ich möchte warnen: Es ist zwar über Till Eulenspiegel, doch ist es ein Bericht über das bäuerliche Leben in der Frührennaissance – und damals hat die Willkür er mächtigen Kirche ein friedliches Leben unmöglich gemacht.

Alexander, der der Meinunng ist, dass sich die Kirche zu ihren grauenhaften Verbrechen schon längst hätte sich entschuldigen müssen

Hallo KamikazeKatze,

Der reformierte Kirchenrat des Kantons Glarus hat sich
übrigens 2007 geweigert, die letzte schweizer ‚Hexe‘, Anna
Göldi, offiziell zu rehabilitieren:
http://www.ref.ch/rna/meldungen/9786.html

Kleine Ergänzung:

Der Hexenparagraph bestand in England noch bis 1952. Demnach konnten Hexen an den Galgen kommen. Es wurden zwar schon lange keine Hexen mehr verurteilt, doch bis 1952 bestand diese Möglichkeit immer noch!

Gruß,
Cantate

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Hallo, noch als Update ein paar Links
http://www.historicum.net/themen/hexenforschung/

http://www.dhm.de/ausstellungen/hexenwahn/vorwort.htm
unter Katalog lassen sich alle Texte des Kataloges lesen.

Irgendwo dort findet sich auch der Hinweis, dass es oft wenn nicht gar meist eher weltliche Gerichte waren, die Hexenprozesse durchführten.

Die Kräuterweiblein oder auch Hebammen (die heutzutage gerne als Vorfahren esoterischer moderner Hexen angesehen werden) wurden dazu oft sogar als Gutachter eingesetzt, um zu klären ob die betreffende Person wirklich die vorgeworfenen magischen Dinge hätte tun können.

Mit Religion/Kirche oder heidnischer Alternativreligion hat das ganze also recht wenig zu tun. Eher mit Vorurteilen und Ausgrenzung anderer, verbunden damit, dass es keine andere Erklärung gab für plötzliches Massensterben beim Vieh oder schlechter Milch oä.

Gruß
Susanne