Anrechnung von Einnahmen aus Betriebsvermögen bei Alg2-Bezug

Hallo zusammen,
stellen wir uns folgendes Szenario vor.

Jemand meldet ein Gewerbe an und ist als Selbstständiger tätig.
Für dieses Gewerbe kauft er Maschinen und Rohstoffe. Hierfür nimmt insgesamt drei zweckgebunden Darlehen auf, da er die Sachen nicht selber finanzieren kann. Die Darlehen werden zinslos und mit flexiblen Raten gewährt.

Nach zwei Jahren erkrankt er und kann der Tätigkeit nicht mehr nachgehen, sodass er Alg2 bekommt. Im Rahmen der Beantragung werden auch die Darlehensverträge vom Jobcenter eingefordert und entspreched vorgelegt. Hier erfolgte aber keine Übernahme, sodass die Ratenzahlungen ausgesetzt werden.
Da zunächst eine OP und dann eine Reha erfolgen, die jedoch auch nach Monaten nicht wirklich erfolgreich ist, bezieht er auch nach eineinhalb Jahren weiterhin Alg2.

In der Zwischenzeit wird familienintern entschieden, dass das Gewerbe auch nach seiner hoffentlich erfolgenden Genesung so nicht mehr ausgeübt werden kann.
Die vorhandenen Maschinen und Rohstoffe (keine gefertigten Waren) haben einen realistischen Wiederverkaufswert von 3000€, welcher jedoch unter den noch offenen Restschulden bezüglich der Anschaffung liegt.

Wenn die Sachen nun verkauft werden, wird dann zunächst berücksichtigt, dass hiermit die Darlehen bedient werden und danach auch noch weitere Schulden bestehen oder sieht das Jobcenter die hier erzielten Einnahmen dann tatsächlich als Einnahme und rechnet diese auf den Bedarf an, sodass in dem Monat dann keinerlei Bezügeansprüche mehr bestehen bzw. bei nachträglicher Meldung sogar die ausgezahlten Bezüge zurückerstattet werden müssten?

Vielen Dank für Eure Antworten!

Für mich ist entweder das Betriebsvermögen Schonvermögen, oder es gehört - so wie die Schulden - rein zum Betrieb.
Das ist aber nur meine Ansicht.

Wenn, dann würde ich eher mit Schonvermögen argumentieren, weil das ein bekannter Begriff ist.
Oder gibt es darüber hinaus noch anderes Vermögen, so dass die Schonvermögensgrenze überschritten würde?

An für sich werden Gegenstände, die sich bereits im Besitz befinden und dann veräußert werden, nicht auf Alg2 angerechnet, da es sich um Vermögen handelt, das man von gegenständlicher Ware in Geld verwandelt. Konkret kenne ich das aber nur z. B. bei Kinderspielzeug, das auf dem Flohmarkt verkauft wird, und da geht es ja um andere Beträge.

Danke schonmal für die Antwort!

Das Schonvermögen wird durch nichts überschritten. Abgesehen vom Betriebsvermögen ist nichts nennenswertes vorhanden.

Der Freibetrag für Einnahmen aus dem Gewerbebetrieb liegt bei 100€ (ich meine zwar, es wären 120€, finde das aber gerade nicht sicher über Google), womit der Verkauf der Maschinen und Rohstoffe natürlich deutlich überschritten würde.

Ich kann mich dran erinnern, dass in der Vergangenheit Fälle bekannt wurden, wo der private Verkauf von eigener Gebrauchtkleidung / aussortiertem Spielzeug über ebay, der mittels Kontoauszügen festgestellt wurde, als Einnahme eingerechnet wurde und wenn der Freibetrag auch nur geringfügig überschritten wurde, wurde entsprechend der Bezug gekürzt.

Bei so kleinen Beätrgen denke ich auch, wo kein Kläger, da kein Richter, aber bei dem hohen Betrag, um den es hier geht, sollte kein Risiko eingegangen werden, vor allem wenn evtl. eine Bezugsrückzahlung von mehreren 100€ incl. Miete und Krankenversicherungsübernahme im Raum stehen.

Die Verwertung von Vermögen gilt nicht als Einnahme, jedenfalls war es noch vor ein paar Jahren so, ich bin aber ziemlich sicher, dass das immer noch so ist. Das Vermögen war ja schon vorher vorhanden. - Sonst könnte man es ja auch als Einnahme betrachten, wenn man von seinem Konto bei der Bank Geld abhebt.

Wichtig ist allerdings, dass die zu veräußernden Gegenstände beim Alg2-Antrag als Vermögen angegeben wurde. Falls nicht, sollte die betreffende Person vor dem Verkauf mit den damaligen Kaufquittungen und aktuelleren Werteinschätzungen (zur Not ausgedruckte Angebote für den Kauf dieser Gegenstände) zum Sachbearbeiter gehen und das nachholen. Das kann ja sicher überzeugend erklärt werden, dass die Teile zum Betrieb gehörten, und jetzt nicht mehr so viel Wert sind wie beim Kauf. - Wenn der Sachbearbeiter sich nicht gut auskennt, kann das allerdings ein größerer Aufwand werden, um das geregelt zu kriegen. Ggf. mit dem Vorgesetzten sprechen, sich nochmal genauer schlau machen, Widerspruch einlegen usw.

Wobei ich mir - wie schon erwähnt - nicht sicher bin, ob die Bedienung von Gläubigern des Betriebes aus dem Betriebsvermögen nicht sowieso Vorrang hat vor - hm, der Bestreitung des Mindest-Lebensunterhaltes … tja, wahrscheinlich eher nicht.

Da kommt es eventuell an die Menge an, die man verkauft. Wenn jemand monatelang ca. 300 Spielzeuge im Monat verkauft, ist es nicht mehr unbedingt glaubhaft, dass das nur die eigenen Spielzeuge sind. - Oder wenn jemand eine wertvolle Sammlung hatte, die er nicht als Vermögen angegeben hatte, und die dann veräußert, das kann auch Probleme ergeben.

PS: Übrigens, ob es 100 oder 120 Euro sind, das hängt von dem Einkommen ab, also in diesem Falle von der Höhe des Gewinns, das der Betrieb erzielt hatte.

Hallo

Hier habe ich einen passenden Artikel von ‚Frag-einen-Anwalt‘ gefunden, in dem steht, dass

  1. das betreffende Sozialgesetzbuch keinen Unterschied macht zwischen Privat- und Betriebsvermögen
    und
  2. dass das Vermögen (nur) dann einzusetzen ist, wenn es das Schonvermögen übersteigt.

Der Artikel ist von 2015, könnte also noch aktuell sein.

Danke für den Link, ich finde darin aber meine Frage nicht beantwortet, da es dort ja eher darum geht, ob der Immobilienbesitzer zum Verkauf seiner Immobilie gezwungen werden kann.
Wie der Erlös im Einnahmemonat berücksichtigt wird, habe ich dort nicht gefunden. Falls ich es überlesen habe, entschuldige ich mich vorab.

Dass das Geld, wenn es einmal da ist, im Schonvermögen aufgeht und somit nicht erst „verlebt“ werden muss, hatte ich tatsächlich nicht bedacht, wobei es ja durch die unmittelbare Abzahlung der Darlehen sowieso unmittelbar aufgebraucht wäre.
Trotzdem wird es damit aber in meinen Augen nicht von der Berücksichtigung als Einnahme freigesprochen.

Der Verkauf der Maschinen und Rohstoffen muss ja auch in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) des Gewerbes auftauchen und wird da mit Abschreibung und dem Restbuchwert gegengerechnet. Das Finanzamt berücksichtigt hier dann den Gewinn oder Verlust.

Das Jobcenter sieht in seinem Formular EKS (Erklärung zum Einkommen aus selbstsändiger Tätigkeit) aber keinerlei Abschreibungen vor, sondern will die tatsächlichen Transaktionen berücksichtigt sehen und prüft hierzu auch die EÜR.
In der EKS würde meines Erachtens dann der Verkauf der Maschinen und Rohstoffe unter Punkt A1 - Betriebseinnahmen oder A3 - sonstige betriebliche Einnahmen auftauchen und somit wäre er eine volle Einnahme des Betriebes. Ich denke sogar, dass A3 der richtige Punkt wäre, weil ich mir den Verkauf von Betriebsvermögen eher als „sonstige betriebliche Einnahmen“ vorstellen kann und der echte Verkauf von Waren oder Einnahmen aus Dienstleistungen wohl eher den normalen „Betriebseinnahmen“ entsprechen.

Selbst wenn man sagen würde, man trennt die Maschine etc. vom Gewerbe, da man sie an der Stelle ja auch nicht gewerblich als Händler verkauft, müsste man den Wert erst unter Punkt A2 - Privatentnahmen verbuchen.
So oder so taucht der Wert also in der Einnahmenübersicht des Jobcenters auf.

Ich denke, schlussendlich läuft es darauf hinaus, eine konkrete Anfrage beim Jobcenter zu stellen, um dann im Zweifelsfall auch eine sichere, hoffentlich positive Antwot schwarz auf weiß zu haben.

Da ich auf dem Smartphone antworte, kann ich leider nicht zitieren.

Bei dem Link geht es weniger um die Frage, sondern um die Antwort. Die wesentlichen Sätze daraus hatte ich mehr oder weniger in meinem Beitrag abgeschrieben, und der Link diente nur zum Beleg, dass ich mir die nicht ausgedacht habe, sondern von einem Rechtsanwalt stammen.

Das wesentliche ist, dass diese Geräte mitsamt ihrem aktuellen Wert bereits vorhanden sind. Wenn ein Betrieb einen im Besitz befindlichen Gegenstand, der 3000 Euro wert ist, für 3000 Euro verkauft, macht es doch keinen Gewinn. Wenn nicht mal abgeschrieben werden darf, der Gegenstand also mit seinem ursprünglichen Wert da steht, macht es doch sogar Verlust.

Oder tauchen die Gegenstände in der EÜR nicht auf? Stehen da wirklich nur die aktuellen Einnahmen und Ausgaben?

Kann man dann nicht den ganzen Betrieb den Gläubigern überschreiben, in deren Auftrag er dann den Verkauf tätigen kann (Gläubiger und Schuldner sind doch verwandt. Oder befreundet?).

Eigentlich würde ich die Frage in einem Buchhalter-Form stellen, wie man bei einer EÜR den Verkauf von Betriebseigentum darstellt, ohne dass es wie ein Gewinn aussieht. Vielleicht haben die eine Idee.

Und/oder hier im entsprechenden Brett.