Servus,
dieses:
statt „Sehr geehrter Herr“ das etwas altertümlichere „Sehr
verehrter Herr“
kann ein Fauxpas sein: Mir sind noch aus den 1960er Jahren Werbeschreiben aus der Pharmaindustrie an meinen Vater bekannt, bei denen die Anrede hieß: „Sehr verehrte Frau Doktor, sehr geehrter Herr Doktor“ - eine Differenzierung nach Geschlechtern.
und dieses:
und in der Schlußformel den Vorgänger des MfG
„Hochachtungsvoll[st]“.
ist so nicht richtig. „Hochachtungsvoll“ war im XX. Jahrhundert eine normale Anrede ohne besondere Höflichkeit, etwa im Umgang von Behörden mit Bürgern.
Die Grußformel, die Respekt betont, hieß im XX. Jahrhundert „mit vorzüglicher Hochachtung“ (mir hat sie, auf Anraten eines Anwaltes, der den Richter und dessen Marotten kannte, noch 1978 die Einstellung eines Jugendstrafverfahrens wegen versuchter Strafvereitelung gebracht). Wegen des permanenten „Absinkens“ derartiger Formeln darf für die Zeit vor 1900 mindestens dieses erwartet werden.
Titel, Ränge und dergleichen sind sehr wichtig - etwa so, wie im Italienischen und im Kakanischen heute noch. Es wird also jedes Schreiben an eine Behörde wenigstens mit einem „Amtsrat“ versehen werden. Um die einzelnen Ränge muss sich gekümmert werden, es wäre nicht gut, einen Oberamtsrat oder einen Amtsdirektor mit Amtsrat zu titulieren.
Diese Formel
(„Mit untertänigsten Grüßen…“)
stellt eine Vermischung dar. Ein Untertan „grüßt“ nicht. Er befindet sich, falls er tatsächlich einen Herren und nicht seinen Beamten anredet, z.B. „in untertäniger Erwartung Eurer Erlaucht wohlwollenden Bescheides“. Oder er „verbleibt“ schlicht. Z.B., auch hier wieder im Umgang mit Feudalherren, „… Eurer Durchlaucht allergehorsamster Diener“.
Grußformeln dieser Art werden in französischer Korrespondenz (abgesehen von den Feudalformeln) bis heute verwendet. Eine Übersetzung Wort für Wort kann helfen, z.B. „…und bitte Sie, dem Ausdruck meiner distinguiertesten Gefühle Glauben schenken zu wollen…“
Insgesamt wichtig ist, nicht bloß in der Anrede, sondern auch im ersten Satz mit einem Adverb zu klären, wie die Verhältnisse liegen. In der Zeit nach 1918, als die feudalen Zöpfe erstmal abgeschnitten waren, hieß dies zum Beispiel „frage ich höflichst an“ oder „erlaube ich mir höflichst die Anfrage“ - hier würde auch, vor 1918, „untertänigst“ oder irgendwas anderes hingehören. Das militärische „gehorsamste“ Melden gehört hier hin.
Beiläufig: Unabhängig vom Text ist es wichtig, zum Ausdruck des Respektes einen sehr breiten linken Rand auf einem Gesuch zu lassen, praktisch bloß die rechte Hälfte des Blattes überhaupt zu beschreiben.
Schöne Grüße
MM