In unserer Einrichtung für psychisch kranke Menschen fahren wir mit einigen Bewohnern gern ein paar Tage in den Urlaub. Leider können sich das die Wenigsten leisten, da sie lediglich ca. 90,-€ Sozialhilfe im Monat zur Verfügung haben. Bei einem Bewohner ist es besonders schlimm, da sein Betreuer sich leider nicht ausreichend um Gelder für ein paar Urlaubstage kümmert, obwohl Geld von Seitens des Betreuten vorhanden sein muss. Immerhin hat der Betreute lebenlanges Wohnrecht in seinem Elternhaus und diese Wohnung wurde von der Schwester vermietet. Der Betreute selbst bekommt nichts von den Einnahmen. Ich finde das nicht korrekt, zumal er wirklich ein paar Tage Urlaub genießen würde. Wer weiß, wo man evtl finanzielle Unterstützung für einen solchen Fall bekommen kann? Der Betreuer blockt leider total ab. Danke!
Hallo Michi182,
es ist nicht leicht, diese Frage via Internet umfassend zu beantworten, da ja keine Rück- und Nachfragen möglich sind. Aber in Kürze zwei Denkanstoesse. Was darueber hinaus immer geht, ist Spenden sammeln… Gruß! Andy
1: Wenn durch die Berwertung eines Nießbrauchsrechtes Einnahmen generiert werden, stehen diese dem Betreuten zu und sind im Zweifelsfall komplett an den Kostenträger weiter zu leiten, sofern Sozialleistungs- bzw. Eingliederungshilfebezug vorliegt. Sollte der Klient Selbstzahler sein, entscheidet der Betreuer orientiert an dem Wunsch und dem Wohl des Betreuten. So will es das Gesetz! Also dranbleiben. Wenn der Betreute Selbstzahler ist. Wenn nicht, sieht’s hier schlecht aus.
2: In der Einrichtung ist im Pflegesatz/Tagessatz oft eine pauschale Summe enthalten, die nicht Fallgebunden ist. Diese Summe (oft Freizeitpauschale oder Bewohnerbezogene Sondermittel genannt) kann m.E. auch von mehreren Plätzen gesammelt und einem Bedürftigen zugewendet werden.
Der Betreuer müsste einen Antrag auf Urlaubsgeldzuschuß beim zuständigen Sozialamt beantragen, falls das Sozialamt für die Kosten in Ihrem Hause aufkommt. (Ist der Betreute Selbstzahler)
Falls der Betreuer nicht reagiert, müssten Sie bei der Betreuungsbehörde (Amtsgericht) eine Mitteilung hierüber machen; denn es ist Aufgabe des Betreuers, er wird ja auch dafür bezahlt.
Ich hoffe, die Auskunft war erschöpfend.
Mit freundlichen Grüßen
Marlies Raberg
Hallo,
ich unterstelle, dass der betreffende Bewohner laufende Eingliederungshilfe für Behinderte nach dem SGB XII erhält. Falls dies der Fall sein sollte, aber auch nur dann, gibt es folgenden Lösungsansatz:
Urlaub gehört nicht zum sozialhilferechtlichen Bedarf, deshalb darf niemals im Antrag das Wort Urlaub fallen. Eine Beantragung von Urlaubsgeld wird unweigerlich zur Ablehung führen.
Es muss sich um eine sozialtherapeutische Erlebnisreise im Sinne des § 54 Absatz 1 SGB XII in Verbindung mit § 55 Absatz 2 Ziffer 3 SGB IX handeln. Diese ist als Maßnahme zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft bewilligungsfähig. Als Begründung könnt ihr angeben, dass
- durch die neue Umgebung am Urlaubsort die Orientierungsfähigkeit gestärkt werden soll (Einübung des Weges zum Hotel, Fereienhaus …),
- durch eine Selbstverpflegung zusammen mit dem notwendigen Einkauf (natürlich in Begleitung der Bewohner) in örtlichen Geschäften am Urlaubsort die Essenszubereitung außerhalb einer Gemeinschafts- oder Einrichtungsküche erlebt werden soll und
- durch geplante Ausflüge der Kontakt mit Nichtbehinderten hergestellt werden soll (Sprichwort: Normalisierungsprinzip). Beispiel Zoobesuch, die Kontaktaufnahme mit Nichtbehinderten - wie auch immer geartet - lässt sich nicht vermeiden. Diese Maßnahmen haben das Ziel, die ggf. schon erlittene Hospiatlisierung zu mindern.
Ggf. kann es erforderlich sein, dass das Sozialamt ein Konzept anfordert. Sollte dies der Fall sein, bitte melden. Ich kann dann entsprechende weitergehende Informationen geben.
Viel Erfolg
crickelcrackel