Anteil Christen im römischen Reich

Hallo,

ich bin auf der Suche nach Zahlen: Anteil der Christen an der Gesamtbevölkerung im römischen Reich, und zwar speziell:

  • Beginn 3. Jh.

  • Nach den reichsweiten Christenverfolgungen durch Decius und
    Valerian.

  • Nach jener von Diokletian und Galerius.

  • Ganz abschließend noch der Anteil der Christen an der
    Gesamtbevölkerung nach der Konstantinischen Wende.

Mir ist klar, dass es sich bestenfalls um Schätzungen handeln kann, falls solche Aussagen zu so genauen Zeitpunkten überhaupt möglich sind. Aber wenn ich schon beim Wünschen bin: Vielleicht sogar nach West- und Ostreich getrennt? :smile:

Danke vorab
Morrighan

ich bin auf der Suche nach Zahlen: Anteil der Christen an der
Gesamtbevölkerung im römischen Reich, und zwar speziell:

  • Beginn 3. Jh.

Hi,
„Christen“ hat man erst nach dem Konzil um 1500 gezählt, nach der Reformation. Die Fortschreibung der Heirats- und Taufdaten war ab dort - bei getrennter Schäfchenzahl - wichtig geworden.

Zu Beginn des 3. Jahrunderts gab es keine Christen wie heute. Die Apostelgeschichte beschreibt die Entwicklung der christlichen Philosophie im ganzen Mittelmeerraum. Nimmt man die Erzählung wie sie übersetzt ist, erfährt man allerdings nur etwas von Paulus Reisen. Die Geschichte muss wie das AT ausgelegt werden.

„Glaubenskämpfe“ gingen erst mit den Missionierungen los, gegen die sich Leute zur Wehr setzten. Viele Verfolgungen waren politischer Natur, andere wohl eher eigensinnigem oder verkehrtem Denken zuzuordnen. Später entstanden Mythen, die ich nun (aus anderer Sicht) eher wie Boulvard-Zeitung lese und mir den Wahrheitsgehalt dazu vorstellen kann. Da „Christentum“ bis ins dritte und vierte Jahrhundert hinein nur eine Ausbildung für Philosophie war - kann es diese Glaubensstreitigkeiten nicht gegeben haben.

Sie kamen erst über die bildlichen Meinungsverschiedenheiten auf. (Texte ohne Auslegung) Dazu gab es dann reagionale Unterschiede. Durch die Arbeit an der Auslegung der Bibeltexte habe ich einen Einblick in diese Vorstellungswelt bekommen - aber ich weiß leider noch zu wenig über ein Gebiet „spätere Entwicklung aus den Bibelvorstellungen“.

Teilweise fündig geworden
Hallo,

ich bin teilweise fündig geworden (Wikipedia):

Nach der konstantinischen Wende nahm die Zahl der Christen, die vor der diokletianischen Verfolgung etwa zehn Prozent der römischen Einwohner umfasst hatten (im Osten wohl mehr, im Westen eher weniger), stark zu

sowie in einem anderen Wikipedia Artikel

Nach 300 Jahren waren 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung des römischen Reiches Christen geworden.

Falls doch noch jemand die Lücken füllen kann, würde ich mich freuen.

Morrighan

sowie in einem anderen Wikipedia Artikel
Nach 300 Jahren waren 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung des
römischen Reiches Christen geworden.

Hallo Morrighan,

wie will man das wissen?
Es gab keine Statistiken darüber.

Ägypten und Türkei waren früher fast komplett „christlich“, weil es sich dabei um altes Allgemeinwissen handelte, das auch in Rom bekannt war.

Konstantin erhoffte sich durch ein einheitliches philosophisches Schema (das Glaubensbekenntnis ist ein Lebenswegweiser) einen Zusammenhalt des auseinanderstrebenden Reiches.

Man müsste zuerst wissen, welche Sitten herrschten und nicht von einer Annahme ausgehen. Da war ein Prediger Jesus - und das hat sich im Laufe der Zeit einfach herumgesprochen.

Liest man Mark Aurel (und kennt die Auslegung) sieht man, dass er die ethischen Grundgesetze des Christentums weiß. Er wettert gegen unsinnige Glaubensansichten. Aber wie gesagt, ich habe zu wenig Wissen über diesen Geschichtsabschnitt und freue mich, wenn jemand mehr dazu bringt.

Gruß
Magda

Gnostische vs. katholische Christen
Hi.

Anteil der Christen an der Gesamtbevölkerung im römischen Reich, und zwar speziell: Beginn 3. Jh.

Vermutlich meinst du das 4. Jhd., wie aus deinem anderen Post hervorgeht.

Die angegebenen Prozentzahlen mögen stimmen, aber unklar ist, was du mit „Christen“ meinst - alle, die in irgendeiner Weise an Christus glaubten oder nur die katholischen Christen, die sich von Rom aus im 4. Jhd. als Staatsreligion durchsetzen konnten? Es gab ja längst nicht nur katholische Christen, sondern auch „gnostische“ Christen, die lange Zeit die Katholiken an Zahl und Verbreitung übertrafen.

Der gnostische Christus entsprach (für die meisten Gnostiker) einem Himmelswesen, das sich in Jesus nur scheinbar verkörperte (Scheinleib-Theorie des Doketismus). Der Evangelist „Johannes“ ließ sich von dieser Anschauung beeinflussen (präexistenter Christus). Auch die Erlöseridee, von Johannes in die Evangelien eingeführt, ging auf gnostische Quellen zurück (Mandäer).

Die wichtigste gnostische Gruppe führte Marcion an, der als erster ein „neues Testament“ herausgab als Alternative zum AT. Die Katholiken kupferten diese Idee ab (Kanonisierung der Ev), bekämpften aber alle „gnostischen“ Gruppen, die es aber noch bis ins 4. Jhd. gab. Mit Konstantins Machtergreifung galten die gnostischen Christen dann auch als vom Staat zu verfolgende Häretiker.

„Die“ Christen gab es also erst frühestens ab Mitte des 4. Jdhs.

Chan

Hallo Ch’an,

danke für deine Antwort. Natürlich fällt das Ende der konstantinischen Wende in das 4. Jh. nach Christus. Und dafür habe ich ja Schätzungen gefunden.

Für die anderen meine ich aber das 3. Jh. Und ja, es ist die Zeit vor den großen Kirchenspaltungen. Ich meine also die Gesamtheit der damaligen Christen. Nach Ost- und Westreich getrennt, weil das römische Reich damals so organisiert war, und das Christentum Anfangs im Osten weiter verbreitet war.

Aber ich finde mich langsam damit ab, dass wahrscheinlich keine seriösen Aussagen darüber getroffen werden können.

Danke nochmals,
Morrighan

Zahl der Christen zwischen 100 und 400
Hi Morrighan.

Ich habe doch noch ein paar Angaben gefunden zu deiner Frage.

  1. Zitat: „Nach Schätzungen betrug im westlichen Teil des Römischen Reiches der Anteil der Christen im dritten Jahrhundert nicht mehr als ein Prozent, in Kleinasien, wo die Christen am zahlreichsten vertreten waren, machten sie allenfalls zehn Prozent aus“

(steht in meinen Fotokopien aus Büchern der Münchner Stadtbibliothek, habe leider Verfasser/Titel nicht notiert und finde Buch nicht mehr, ist wohl ausgeliehen)

  1. Angaben aus „Kleine Kirchengeschichte“ v. A. Franzen, S. 36:

Westreich:

einige 1000 Christen (um 100)
mehrere 10.000 (um 200)
2 Millionen (um 300)
5 Millionen (um 400)

Ostreich:

In der ersten drei Jhd. nicht abschätzbar
5 Millionen (um 300)
10-12 Millionen (um 400)

Die Gesamtbevölkerung des Römischen Reiches betrug 70 Millionen (um 200) und 50 Millionen (um 300, also ein Rückgang).

Soweit die Angaben aus Franzen. Grundsätzlich gilt, dass der bei weitem überwiegende Teil der Christen gnostisch ausgerichtet war, vor allem im Osten.

Chan