Anti-Rassismus-Konferenz

Kommentar von Christina Wagemann vom
Hessischen Rundfunk (HR1), Frankfurt am Main.

"Dass es doch zu diesem Ende kommen musste… . Ja es musste, es liess sich
der Eklat, das offenkundige Scheitern nicht vermeiden. Von Anbeginn an war
die Konferenz dominiert von dem alles beherrschenden Thema: Nahost-Konflikt.

Laengst machte das Wort vom Hijacking (Entfuehrung, d. Red.) die Runde, war
ein ruhiges Gespraechsklima nahezu ausgeschlossen. Viele juedische
Delegierte fuehlten sich aufs Uebelste angegangen, gebranntmarkt und
persoenlich attackiert. Nicht wenige hatten inzwischen Angst, sich als
Juden, als israelische Teilnehmer zu erkennen zu geben. Es musste sogar die
Polizei zeitweilig einschreiten, weil Muslime - Palaestinenser Juden
taetlich angegriffen haben.

Bestuerzt und traurig zugleich musste der Beobachter feststellen, dass auf
dieser Konferenz kaum noch substanzielle Ergebnisse moeglich schienen, dass
es darum ging, einen Suendenbock -Israel- oeffentlich als rassistischen
Apartheidstaat anzuklagen. Es waren stetst die lauten, die aggressiven
Toene, ob auf dem Nichtregierungsforum oder bei den offiziellen
Delegationen.

Gerade eine Antirassismus-Konferenz braucht aber ein Klima der Ruhe, des
gespraechsbereiten Zuhoerens, des in Toleranz aufeinander zugehen koennens.
Nichts - aber auch gar nichts, war davon zu spueren.

Palaestinenserchef Arafat wuetete - wie man es von ihm kennt, andere taten
es ihm gleich. Die Europaeer betonten zwar, dass es mit ihnen kein
Abschlussdokument geben werde, in dem Zionismus mit Rassismus gleichgesetzt
wird. Doch eine klares Bekenntnis, eine deutliche Stellungnahme - sich gegen
diesen scharfen Ton, gegen diese Verurteilung zu verwaren, fehlte. Jetzt ist
der Schaden gross: Allseits viel Betroffenheit - Ausdruck grosser
Ratlosigkeit.

Die Dritte Weltrassismus-Konferenz ist gescheitert. Sicher, Rassismus kann
man nicht auf Konferenzen bekaempfen, aber von Durban haette ein Signal
ausgehen koennen.

Alles, was jetzt noch beraten und verabschiedet wird, hat marginale
Bedeutung. Amerika ist eine Weltmacht und ihr Abzug aus Durban hat
weitreichende Konsequenzen. Wann wird es wieder eine derartige Konferenz
geben? Wer mag dann ueberhaupt erscheinen? Ist die Menschheit im Grunde noch
nicht soweit, friedlich ohne gegenseitige Schuldzuweisungen ueber schwierige
Kapitel zu debattieren? Oder muss schon dankbar anerkannt werden, dass man
sich zu diesen schwierigen Themen wie Rassismus und Fremdenfeindlichkeit
ueberhaupt eingelassen hat? Es waere erschreckend.

Spiegelt Durban, wo sich Vertreter aus ueber 150 Laendern eingefunden
haben, im Grunde nur die Situation in der Welt wieder?

Durban, ein Mikrokosmos im globalen Weltgetuemmel? UN-Generalsekretaer Kofi
Annan sagte vollmundig, wenn diese Konferenz scheitert, muessen diejenigen,
die dieses Scheitern verursachen, damit rechnen, zur Verantwortung gezogen
zu werden. Nur wie? Und welche Mitverantwortung haben die USA selbst am
Scheitern?

Es war bereits ein Skandal, erst gar nicht in bedeutender
Delegationsstaerke hier zu erscheinen. Jetzt mit einer niedrigrangigen
Delegation die Konferenz unter grossem Medienrummel zu verlassen, bedeutet,
das eigene Versagen vermeintlich geschickt zu ueberspielen mit dem Verweis
auf radikale Kraefte. Was lehrt uns das? Der Rassist, der Intolerante, ist
immer der andere. Die Menschheit, die wird nie gescheit."

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