In dem Wikipedia-Artikel über Kirchenglocken bin ich zufällig über die Information gestolpert, dass der erste bekannte Sakralbau, der über Glocken verfügte, ein Jupiter-Tempel in Rom war.
Nun habe ich kleine römische Glöckchen, wie sie als Windspiel benutzt wurden, schon selbst in Museen gesehen. Wie aber sahen diese Tempelglocken aus - und sind welche erhalten geblieben?
Zumindest im europäischen Raum. In China gab es rituell verwendete Glocken jeder Größe schon ca 1000 Jahre früher.
Von dem in der (in diesem Artikel zitierten) Anekdote von Sueton erwähnten Tempel, der dem Jupiter Tonans geweiht war, ist außer literarischen Erwähnungen nichts bekannt. Die „tintinnabula“ waren Türklingeln. Diese waren gewöhlich - den Kuhglocken ähnlich - manchmal kleine Bronzegüsse, meist aber aus genieteten oder geschlagenen Metallblechen hergestellt. In der Form also in der Art der sog. Bienenkorbglocke.
Die für spätere in Europa verbreitete Kirchenglocke (die in einem Turm als Resonanzkörper aufgehängt wurde) typische Glockenrippe, kam erst ab dem 12. Jhdt. auf.
Sicher? Hast du dafür irgendwelche Quellen? Mithin besteht ja die Möglichkeit, dass in dem einen oder anderen Tempelbezirk irgendwo in den Weiten des früheren Römischen Reiches Glocken ausgebuddelt wurden. Ich will ja nicht meckern, aber du sagst darüber eigentlich nichts, was nicht in dem eingangs zitierten Wikipedia-Artikel bereits ausführlicher gesagt wurde.
Das stimmt nicht - es handelte sich dabei um Windspiele, die böse Geister vertreiben sollten. Und die konnten sich auch in Gärten und Häusern herumtreiben.
Dem widerspricht der von dir verlinkte Artikel:
Bienenkorbglocken repräsentieren die älteste Rippenform, die zwischen dem 8. und dem 12. Jahrhundert gebräuchlich war. (…) Die Glocke von Canino in Italien aus dem 9. Jahrhundert mit einem Durchmesser 390 mm ist die älteste bekannte Bienenkorbglocke. Sie ist in den Vatikanischen Museen ausgestellt. Die Glocke von Haithabu (um 950) ist die älteste vollständig erhaltene Läuteglocke nördlich der Alpen.
Aber die Kirchenglocken sind mir eigentlich schnurz - mich verlangt es nach antiken Tempelglocken.
Quellen dafür, daß über den Augustus-Tempel nichts bekannt ist außer den erwähnten Quellen?
Eine vollständige Auflistung der antiken Erwähnungen bzw. Beschreibungen des Jupiter-Tonans-Tempels findest du in dem 8-bändigen „Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie“ von W.H. Roscher, 1886 ff. Genauer: In Bd. II Stichwort „Iuppiter“, Absatz „Augustus“, p. 747 ff.
Und das hat mit dem erwähnten Tempel des Augustus (der ihn nicht nur gebaut hat - aus bekannten Gründen - sondern der auch das Juppiter-Epitheton „tonans“ erfunden hat) genau was zu tun?
Ja, die Möglichkeit besteht, daß irgendwo Glocken ausgebuddelt wurden. Aber es wurden keine Glocken, die zu römischen Tempeln gehörten, ausgebuddelt. Das ist auch kein Wunder, denn unter den gesamten Informationen, die man über römische (und auch griechische) Ausstattungen und rituelle Praktiken in Tempeln hat und hatte, ist von „Glocken“ nicht die Rede. Sie hätten nämlich auch keinerlei rituellen Sinn gehabt.
Tust du aber
In dem Artikel steht über „römische Tempelglocken“ überhaupt gar nichts drin. Aus guten Gründen.
Über „stimmt nicht“ hast du einen recht „persönlichen“ Wortgebrauch
Hint: „tintinnabula“ sind sowohl Türschellen, als auch Kuhglocken, und auch die Glöckchen von Windspielen (< tinniare, tintinnare = klingeln, bimmeln, klimpern, also das, was ebendiese so tun).
Und daß mit den in dem Sueton-Zitat (übrigens das einzige antike Dokument, in dem von „Glöckchen“ im Zusammehang mit „Tempel“ die Rede ist) erwähnten tintinnabula weder Windspiele noch Kuhglocken gemeint sind, sondern „Türbimmeln“, steht doch in dem Text explizit drin!
„[et] respondisse Tonantem pro ianitore ei appositum; idque mox tintinnabulis fastigium aedis redimiit, quod ea fereianus dependebant“
Nur nebenbei: „böse Geister“, insbesondere solche, die man durch „Windspiele“ (ein ganz alltäglicher Haus- und Gartenschmuck in der römischen Villa) vertreiben hätte sollen, gibt es in der römischen Mythologie nicht.
Auch hier hast du einen recht „persönlichen“ Begriff von „Widerspruch“: Ich schrieb, wie von dir zitiert: „Die für [die] spätere in Europa verbreitete Kirchenglocke … typische Glockenrippe“. Mit anderen worten: Im Unterschied zu der vormaligen Bienenkorbglocke. Wo ist jetzt der Widerspruch?
Hint: gemeint ist nämlich diese:
Soll ich mich jetzt entschuldigen, daß ich dir etwas zu deiner Frage schrieb?