Zu deinen Anmerkungen …
Und hier schon mal meine ersten Gedanken die ich mir gemacht habe:
Es geht um darum das die Kunst unseres Denkens durch die Logik zu erklären ist – denn nur weil wir durch die vier Haupttätigkeiten unseres Geistes nämlich das Vorstellen, das Urteilen, das Schließen und das Anordnen die Zusammenhänge erkennen können.
Durch die Logik, bzw. durch das Studium und die Einübung in die Logik, wird erst das unreflektierte Denken (d.h. das Denken, welches über seine eigene Struktur nichts weiß), auch wenn dieses keineswegs der Logik entbehrt, zur Kunst. Die Logik reflektiert lediglich (allerdings systematisch, weshalb man es ja lernen kann bzw.ja Lehrbücher darüber machen kann) das, was jeder eh tut, indem er denkt. Hier deutet sich schon der Haupttenor der Arnauldschen Logik an: Logik ist kein Mittel zu neuen Erkenntnissen (von Dingen, von Welt usw.), sondern ein Mittel zum Durchschauen dessen, was Vernunft ist und welche natürliche Fähigkeit dem Menschen dadurch gegeben ist, daß er Vernunft hat.
Und diese Fähigkeit stellt sich in diesen 4 Kategorien, bzw. Elementen, bzw. Stufen, bzw. Teilen dar:
concevoir = „begreifen“, concipio, conceptus (Begriff) -> die Begriffslogik
juger = urteilen -> die Urteilslogik bzw Aussagenlogik
raisonner = schließen, schlußfolgern -> die Schlußlogik
ordonner = einordnen, kategorisieren -> die Methode (u.a. Beweisen und Widerlegen, bzw. wie funktioniert ein Beweis, wie funktioniert eine Widerlegung)
Das sind die 4 der 5 Stufen, die bereits durch die Logik des Aristoteles vorgegeben sind und die die Hauptrolle in der → Scholastik und deren Aristoteles-Rezeption spielte. Insbesondere an der → Sorbonne. Dagegen opponiert Arnauld (was aber in diesem Einleitungstext noch nicht thematisiert ist). In der klassischen Logik kommt aber noch die Argumentationstechnik hinzu.
Dadurch das wir uns etwas vorstellen können
Ja. Und für Vorstellungen haben wir Wörter. Aber genauer: dadurch, daß wir Begriffe haben. Aber es ist dadurch noch nicht gesichert, daß diese Vorstellungen, Begriffe eindeutig und unmißverständlich sind.
können schon urteilen ob etwas logisch ist oder nicht…
Noch nicht. Aber wir haben ein Gespür dafür, ob etwas richtig ist oder falsch, nämlich dadurch, daß wir mit einer Aussage (= Urteil) mit irgendeiner Tatsache in Konflikt geraten.
Das läuft automatisch ab und ist somit nicht die Kunst
Richtig.
denn das geht manchmal einfacher ohne denken.
Jein. Das ist auch Denken. Aber Denken, das sich selbst nicht durchschaut in seiner Struktur und seinem Prozess. Es ist nicht gegen Fehler, falsche Schlußfolgerungen, Widersprüche, Mißverständnisse gefeit. Allerdings, so Arnauld, heißt das nicht, daß jemand, der die Logik beherrscht, weniger Denkfehler macht.
Die Kunst besteht darin das zu untersuchen was wir von Natur aus automatisch machen.
Richtig. Allerdings ist dieses Denken noch nicht auf Folgerichtigkeit geprüft und kann daher Irrtümer enthalten, die man erst bemerkt, wenn es Konflikte gibt. Übrigens ist hier noch mit „Spekulation“ (der Ausdruck stammt von Thomas v. Aquin) „folgerichtiges, logisches Denken“ gemeint (ebenso wie später auch bei Hegel).
Erstens – dadurch das wir überhaupt die Vernunft haben die uns dazu anregt das ganze zu hinterfragen – lässt schon darauf schließen das die Vernunft gut ist(?)
Zumindest findet A., daß die Vernunft „ein Gut“ sei, etwas dem Menschen Wesentliches. Aber daß in ihr ein ganz besonderes Potential liege, daß der, die die Logik noch nicht erlernt habe, noch nicht sehen und einschätzen könne: Die Vernunft kann sich selbst durchschauen. Das greift auf den aristotelischen Begriff der „philosophia prima“ (die Ontologie) zurück, daß sie das „Denken des Denkens“ (griech. nóesis noéseōs) sei.
Zweitens – Irrtümer werden leichter erkannt und erklärt – aber warum weil wir automatisch erkenne das es nicht logisch ist?
Nein. Erst durch die Logik lernen wir, schneller Irrtümer zu erkennen. Ohne sie merken wir Irrtümer nur dadurch, daß wir mit Meinung, Schlußfolgerung, Urteil oder schlicht schon mit Ausdrücksweisen irgendwo gegen den Poller der Realität (oder der kommunikativen Verständigung) rennen.
Drittens: Wir lernen unseren Geist (und unseren Verstand) besser kennen weil wir uns nicht darauf verlassen was wir glauben wie er sein könnte sondern weil wir es hinterfragen?
Geist (esprit) und Vernunft (raison) sind bei ihm weitgehend synonym. Verstand (intelligence) bzw. „gesunder Menschnverstand“ (sens commun) ebenfalls. Allerdings wird „Vernunft“ und „Verstand“ hier noch nicht genauer unterschieden.
Geist, Vernunft wird durch diese Wissenschaft überhaupt erst als vorhanden erkannt. Dadurch, daß wir auf sie, die Vernunftätigkeit reflektieren, und erkennen, daß es in ihr unumgängliche Gesetzmäigkeiten gibt (die ja gerade Gegenstand der Logik sind, bzw. durch sie aufgefunden werden). Dadurch wird gemeintes Wissen zu Wissen, das zu Gewißheit geworden ist.
Arnauld findet auch, daß diese Dinge keine Rolle spielen, solange wir so für uns selber dahindenken. Das Subjekt, das Subjektive spielt keine Wesentliche Rolle dabei (hier liegt einer der Hauptpunkte der Kontroverse zwischen A. einerseits und Descartes und Leibniz andererseits - und der Kern der kritik an der Port-Royal-Logik). A. findet, daß wir zur Äuß0erung des Denkens, also zur Kommunikation, aber wesentlich der Sprache bedürfen. Und die Sprache macht erst die Logik erforderlich, damit wir einander verständigen können. Das war übrigens der Anlaß für sein vorhergehendes Buch „Grammatik von Port Royal“ (Grammaire générale et raisonnée).
Ich bin sicher, daß es sich - auch angesichts der Präsentation - zur Einübung lohnt, die gesamte Einleitung mal durchzuackern. Falls sie dir nicht vorliegt: Chan hat ja einen Link dazu gepostet.
Wenn du weitere Fragen hast: Nur zu! 
Gruß
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