Antoine Arnauld - Die Kunst des Denkens

Hallo Ihr Lieben,

kennt sie irgendjemand mit Arnauld etwas aus?
Ich muss einen Text verstehen über die Logik der Metaphysik aus seinem Werk „Die Logik oder Die Kunst des Denkens“… Ich habe ihm Netz nicht wirklich was gefunden und auch einige Philosophiestudenten die ich angesprochen habe konnten damit nichts anfangen…

Ich hab den Text auch extra eingescannt - falls das hilft…

Ich hoffe auf eure Hilfe!
Danke Anni

Arnauld: DIe Logik von Port Royal
Hallo Anni,

das Buch „La logique ou l’art de penser“, das Antoine Arnauld zusammen mit Pierre Nicole verfaßte, gehört neben seiner „Grammaire générale et raisonnée“ zu den bedeutendsten Werken der Logik-Geschichte. Das Letztere ist bekannt geworden unter dem Namen „Grammatik von Port Royal“. Das Erstere unter dem Namen „Logik von Port Royal“ und wird auch meist unter diesem Namen zitiert.

Arnault ist mit seiner Philosophie, ebenso wie seine Schwester Angélique, der Äbtissin des Klosters Port Royal de Champes, im → Jansenismus zu Hause (und wurde daher besonders von den Jesuiten bekämpft). Arnauld war im Austausch (und kritischer Auseinandersetzung) mit Descartes und mit Leibniz und hatte auch auf beide nicht unbedeutenden Einfluß.

Die Logik von Port Royal“ ist im Grunde ein Logik-Lehrbuch. Wenn du daraus ein bestimmtes Teilstück im Blick hast, müßtest du schon genauer sagen, welches.

Ich hab den Text auch extra eingescannt - falls das hilft…

„falls das hilft“ ist nett gesagt. Wie soll denn sonst zu der Textpassage jmd was sagen, wenn du nicht zeigst, welche? :smile:

Du kannst ja auch gerne das, was du meinst, hier hineinkopieren. Aber am besten auch etwas dazu zu sagen, welche Gedanken du dir selbst dazu schon machtest, bzw. was genau du nicht verstehst.

Schönen Gruß
Metapher

Hallo Anni,

Ich hab den Text auch extra eingescannt

Damit es etwas einfacher wird, den gibt es auch im Internet:
http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k504185.r=%22l%…
oder wer es etwas lesefreundlicher mag:
http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k25788r.r=%22l%…

Viele Grüße
Marvin

Hey, gerne würde ich den Text hier reinkopieren aber ich das nur als PDF oder jpg kann ich das auch hier reinkopieren?

Danke für den link - allerdings bin ich der französischen Sprache überhaupt nicht mächtig …

[MOD] Hinweis
Hi AnniHH,

zunächst: Nein, PDF oder JPG sind, soweit ich weiss, nicht direkt einfügbar.
Was du machen kannst ist, die Bilder/die Datei auf einer „Hochladeplattform“ hochzuladen und den Link hier zu posten. Das ist erlaubt, solange du gegen keine Rechte verstößt.

Deswegen der Hinweis von mir, nicht massenweise Seiten zu scannen und die Links hier zu posten, wenn es sich um ein urheberrechtlich geschüztes Werk handelt.

mfg,

Hanzo

Der MOD hat dir ja schon gesagt, daß du auf copyright-Verletzung aufpassen mußt. Aber als Grundlage für Disksussion o.ä. und vor allem mit deinen Ausführungen darüber, WAS du nicht verstehst an den Texten, werden ein oder zwei .jpg Dateien wohl kein Problem sein. Hochladen kannst du sie z.B. hier:
http://www.bilder-hochladen.net/

Da kaum jemand wohl den gesamten Text auswendig kennt, sind Angaben über das Kapitel usw. auch nützlich.

Ich habe nochmal im Netz geschaut und der text war da auch schnell zu finden ( keine Ahnung was ich vorher eingegeben habe … )
Hier einmal der konkrete Auszug:

Die Logik ist die Kunst, seine Vernunft in der Erkenntnis der Dinge gut zu leiten, sowohl um sich selbst zu unterrichten als auch um darüber die anderen zu belehren.

Diese Kunst besteht in den Überlegungen, die die Menschen über die vier Haupttätigkeiten ihres Geistes, das Vorstellen, das Vorstellen, das Urteilen, das Schließen und das Anordnen angestellt haben.

Alles dies geht auf natürliche Weise vor sich und wird manchmal besser von denen getan, die keine Regel der Logik gelernt haben, als von denjenigen, die sie gelernt haben.

So besteht die Kunst nicht darin, das Mittel zur Durchführung dieser Operationen zu finden, da einzig die Natur es uns liefert, indem sie uns die Vernunft gibt, sondern darin, Reflexionen über das anzustellen, was die Natur uns tun läßt, wobei diese uns in dreierlei Hinsicht nützen. [/26]

Erstens sind wir sicher, einen guten Gebrauch von unserer Vernunft zu machen, denn die Be- rücksichtigung der Regel veranlaßt uns erneut, auf den Gebrauch der Vernunft die Aufmerksamkeit zu richten.

Zweitens werden der Irrtum und der Mangel, die sich in die Operationen unseres Geistes einschleichen können, leichter entdeckt und erklärt; denn es geschieht oft, daß man bereits durch das natürliche Licht die Falschheit eines Schlusses entdeckt, aber trotzdem nicht den Grund findet, warum er falsch ist, so wie diejenigen, welche nicht zu malen wissen, vom Fehler eines Bildes unan- genehm überrascht sein können, ohne trotzdem in der Lage zu sein zu erklären, welcher der Fehler ist, der sie unangenehm berührt.

Drittens lernen wir die Natur unseres Geistes durch die Reflexionen, die wir über seine Tätig- keiten anstellen, besser kennen, was für sich, wenn man einzig und allein auf die Spekulation ausgerichtet wäre, ein ausgezeichnetes Wissen darstellt, im Vergleich zur Erkenntnis aller körperlichen Dinge, die unendlich weit unter den geistigen stehen.

Und hier schon mal meine ersten Gedanken die ich mir gemacht habe:
Es geht um darum das die Kunst unseres Denkens durch die Logik zu erklären ist – denn nur weil wir durch die vier Haupttätigkeiten unseres Geistes nämlich das Vorstellen, das Urteilen, das Schließen und das Anordnen die Zusammenhänge erkennen können.
Dadurch das wir uns etwas vorstellen können – können schon urteilen ob etwas logisch ist oder nicht… Das läuft automatisch ab und ist somit nicht die Kunst – denn das geht manchmal einfacher ohne denken. Die Kunst besteht darin das zu untersuchen was wir von Natur aus automatisch machen.
Erstens – dadurch das wir überhaupt die Vernunft haben die uns dazu anregt das ganze zu hinterfragen – lässt schon darauf schließen das die Vernunft gut ist(?)
Zweitens – Irrtümer werden leichter erkannt und erklärt – aber warum weil wir automatisch erkenne das es nicht logisch ist?
Drittens: Wir lernen unseren Geist (und unseren Verstand) besser kennen weil wir uns nicht darauf verlassen was wir glauben wie er sein könnte sondern weil wir es hinterfragen?

DANKE!

Quelle: http://www.phil.uni-mannheim.de/lambert-edition/emme…

MOD - Wahrscheinliche Hauptquelle beigefügt :wink:

Danke für deine Hilfe - das mit den Bilder konnte ich zum Glück lösen (s.o.)
Aber mich wundert es das es so wenig im Netz zu ihm gibt - ich hätte gerne als Einführung in meine Präsentation ein kurzen Abriss über sein Leben und Schaffen gegeben - was ich bei Wiki zu diesen Thema finde - finde ich so etwas dürftig …
Kennst du vielleicht noch weiterführende links?
LG Anni

Literatur zu Arnauld

Aber mich wundert es das es so wenig im Netz zu ihm gibt - ich hätte gerne als Einführung in meine Präsentation ein kurzen Abriss über sein Leben und Schaffen gegeben - was ich bei Wiki zu diesen Thema finde - finde ich so etwas dürftig …

Damit hast du zweifellos Recht. Da ich nicht weiß, in welchem Rahmen du diese Präsentation machst (Schule? Uni-Seminar?), hoffe ich, daß du eine (philosophische) Bibliothek zur Verfügung hast (ggf. in eine Uni-Bib als Gast): Dort findest du den für einen Überblick unverzichtbaren Wilhelm Risse:
Logik der Neuzeit: 1640-1780: BD 2 ISBN 3772802478 Buch anschauen

Zu Arnauld findest du in der englischen Wikipedia ein wenig mehr.

Und ganz ausführlich zu Leben und zu Werk natürlich in der Stanford Ecyclopedia of Philosophy. Der dortige Artikel zu Arnauld ist sogar online zu finden:
http://plato.stanford.edu/archives/fall2012/entries/…

Ebendort auch noch Weiteres im Archiv:
http://plato.stanford.edu/search/searcher.py?query=a…

Deinen Auszug und deinen Kommentar schaue ich mir an … (erster Eindruck: Bis auf ein paar Formulierung hast die Passage im Wesentlichen recht verstanden)

LG

1 Like

Danke für die Links - ich schau gleich mal…
Die Prsäentation muss ich in der Schule halten - ich gehe auf´s Abensgymnasium und mache dort mein Abitur nach… die Idee meines Lehreres ist das ich eine 15min Präsentation über Arnauld halte und dann muss ich den Textauszug mit der ganzen Klasse besprechen… (mein Lehrer versucht immer mir einzureden ich solle etwas auf Lehramt studieren - denn Musikwissenschaft sei brotlose Kunst :wink:)
Ich habe auch Karte für die Stabi aber auch da habe ich nicht so viel gefunden - und da gibt es sonst (gefühlt) alles…

Hallo Anni,

Danke für den link - allerdings bin ich der französischen
Sprache überhaupt nicht mächtig …

Kein Problem, nobody is perfect :wink: War auch mehr für die Spezialisten hier, die sowas gerne im Original studieren und ihren Arnauld gerade verliehen haben. Du hast ja die deutsche Übersetzung.
Aber hat sich in der Zwischenzeit eh erledigt.

Viele Grüße
Marvin

Kompletter Text
http://www.phil.uni-mannheim.de/lambert-edition/emme…

Nein. Das ist …
… lediglich die Einleitung.

Die gesamte Ausgabe von Axelos hat über 360 Seiten.

Klar. Ich meine natürlich den mit dem Zitat zusammenhängenden Text.

Kommentar zu Arnauld und AnniHH
Hi Anni.

Diese Kunst besteht in den Überlegungen, die die Menschen über
die vier Haupttätigkeiten ihres Geistes, das Vorstellen, das
Vorstellen, das Urteilen, das Schließen und das Anordnen
angestellt haben.

Das sind die vier Grundoperationen des Denkens.

Alles dies geht auf natürliche Weise vor sich und wird
manchmal besser von denen getan, die keine Regel der Logik
gelernt haben, als von denjenigen, die sie gelernt haben.

Das mit der „natürlichen Weise“ wird heute nicht mehr so gesehen, da diese Operationen prinzipiell als erlernt gelten, nicht als angeboren.

So besteht die Kunst nicht darin, das Mittel zur Durchführung
dieser Operationen zu finden, da einzig die Natur es uns
liefert, indem sie uns die Vernunft gibt, sondern darin,
Reflexionen über das anzustellen, was die Natur uns tun läßt,
wobei diese uns in dreierlei Hinsicht nützen.

Unter „Kunst“ versteht A. hier ein Denken, das das Denken zum Objekt nimmt. Eine solche übergeordnete Ebene heißt auch Meta-Ebene. Das Denken über das Denken nennt man Reflexion, d.h. das Denken „beugt“ sich auf sich selbst zurück und wird sich selbst in seiner formalen Struktur transparent. Dieser Gedanke wird später von Kant aufgegriffen.

Erstens sind wir sicher, einen guten Gebrauch von unserer
Vernunft zu machen, denn die Berücksichtigung der Regel
veranlaßt uns erneut, auf den Gebrauch der Vernunft die
Aufmerksamkeit zu richten.

Hier bin ich mir nicht sicher, ob der im frz. Original vermutlich stehende Ausdruck „raison“ nicht besser mit ´Verstand´ statt mit ´Vernunft´ übersetzt gehört, da die Denkoperationen eine Sache des Verstandes sind, die Vernunft aber auf einer höheren, abstrakteren Ebene operiert, auf der sie sich des Verstandes bedient.

Zweitens werden der Irrtum und der Mangel, die sich in die
Operationen unseres Geistes einschleichen können, leichter
entdeckt und erklärt; denn es geschieht oft, daß man bereits
durch das natürliche Licht die Falschheit eines Schlusses
entdeckt, aber trotzdem nicht den Grund findet, warum er
falsch ist

Logik ist also ein analytisches Werkzeug, das auch dort Ursachen falscher Denkoperationen aufdeckt, wo das „natürliche Licht“ nur den Fehler konstatieren, aber nicht begründen kann. Mit dem „lumen naturale“ ist das spontane oder intuitive Denkvermögen gemeint, also dasjenige, was oben (eingangs) als Denken auf „natürliche Weise“ angesprochen war.

Drittens lernen wir die Natur unseres Geistes durch die
Reflexionen, die wir über seine Tätig- keiten anstellen,
besser kennen, was für sich, wenn man einzig und allein auf
die Spekulation ausgerichtet wäre, ein ausgezeichnetes Wissen
darstellt, im Vergleich zur Erkenntnis aller körperlichen
Dinge, die unendlich weit unter den geistigen stehen.

A. zieht es also vor, durch die Analyse geistiger Akte den menschlichen Geist zu erforschen, statt losgelöst von diesen Akten wild draufloszuspekulieren, was es mit dem Geist auf sich haben könnte.

Und hier schon mal meine ersten Gedanken die ich mir gemacht
habe:
Es geht um darum das die Kunst unseres Denkens durch die Logik
zu erklären ist –

Nein. Das Erklären der Denkoperationen durch die Logik - das ist die Kunst des Denkens.

Erstens – dadurch das wir überhaupt die Vernunft haben die uns
dazu anregt das ganze zu hinterfragen – lässt schon darauf
schließen das die Vernunft gut ist(?)

„Gut“ ist ein moralischer Ausdruck, der hier sinnlos ist, da das Denken bekanntlich auch „bösen“ Zwecken dienen kann.

Drittens: Wir lernen unseren Geist (und unseren Verstand)
besser kennen weil wir uns nicht darauf verlassen was wir
glauben wie er sein könnte sondern weil wir es hinterfragen?

So ist es.

Chan

Zu deinen Anmerkungen …

Und hier schon mal meine ersten Gedanken die ich mir gemacht habe:

Es geht um darum das die Kunst unseres Denkens durch die Logik zu erklären ist – denn nur weil wir durch die vier Haupttätigkeiten unseres Geistes nämlich das Vorstellen, das Urteilen, das Schließen und das Anordnen die Zusammenhänge erkennen können.

Durch die Logik, bzw. durch das Studium und die Einübung in die Logik, wird erst das unreflektierte Denken (d.h. das Denken, welches über seine eigene Struktur nichts weiß), auch wenn dieses keineswegs der Logik entbehrt, zur Kunst. Die Logik reflektiert lediglich (allerdings systematisch, weshalb man es ja lernen kann bzw.ja Lehrbücher darüber machen kann) das, was jeder eh tut, indem er denkt. Hier deutet sich schon der Haupttenor der Arnauldschen Logik an: Logik ist kein Mittel zu neuen Erkenntnissen (von Dingen, von Welt usw.), sondern ein Mittel zum Durchschauen dessen, was Vernunft ist und welche natürliche Fähigkeit dem Menschen dadurch gegeben ist, daß er Vernunft hat.

Und diese Fähigkeit stellt sich in diesen 4 Kategorien, bzw. Elementen, bzw. Stufen, bzw. Teilen dar:
concevoir = „begreifen“, concipio, conceptus (Begriff) -> die Begriffslogik
juger = urteilen -> die Urteilslogik bzw Aussagenlogik
raisonner = schließen, schlußfolgern -> die Schlußlogik
ordonner = einordnen, kategorisieren -> die Methode (u.a. Beweisen und Widerlegen, bzw. wie funktioniert ein Beweis, wie funktioniert eine Widerlegung)

Das sind die 4 der 5 Stufen, die bereits durch die Logik des Aristoteles vorgegeben sind und die die Hauptrolle in der → Scholastik und deren Aristoteles-Rezeption spielte. Insbesondere an der → Sorbonne. Dagegen opponiert Arnauld (was aber in diesem Einleitungstext noch nicht thematisiert ist). In der klassischen Logik kommt aber noch die Argumentationstechnik hinzu.

Dadurch das wir uns etwas vorstellen können

Ja. Und für Vorstellungen haben wir Wörter. Aber genauer: dadurch, daß wir Begriffe haben. Aber es ist dadurch noch nicht gesichert, daß diese Vorstellungen, Begriffe eindeutig und unmißverständlich sind.

können schon urteilen ob etwas logisch ist oder nicht…

Noch nicht. Aber wir haben ein Gespür dafür, ob etwas richtig ist oder falsch, nämlich dadurch, daß wir mit einer Aussage (= Urteil) mit irgendeiner Tatsache in Konflikt geraten.

Das läuft automatisch ab und ist somit nicht die Kunst

Richtig.

denn das geht manchmal einfacher ohne denken.

Jein. Das ist auch Denken. Aber Denken, das sich selbst nicht durchschaut in seiner Struktur und seinem Prozess. Es ist nicht gegen Fehler, falsche Schlußfolgerungen, Widersprüche, Mißverständnisse gefeit. Allerdings, so Arnauld, heißt das nicht, daß jemand, der die Logik beherrscht, weniger Denkfehler macht.

Die Kunst besteht darin das zu untersuchen was wir von Natur aus automatisch machen.

Richtig. Allerdings ist dieses Denken noch nicht auf Folgerichtigkeit geprüft und kann daher Irrtümer enthalten, die man erst bemerkt, wenn es Konflikte gibt. Übrigens ist hier noch mit „Spekulation“ (der Ausdruck stammt von Thomas v. Aquin) „folgerichtiges, logisches Denken“ gemeint (ebenso wie später auch bei Hegel).

Erstens – dadurch das wir überhaupt die Vernunft haben die uns dazu anregt das ganze zu hinterfragen – lässt schon darauf schließen das die Vernunft gut ist(?)

Zumindest findet A., daß die Vernunft „ein Gut“ sei, etwas dem Menschen Wesentliches. Aber daß in ihr ein ganz besonderes Potential liege, daß der, die die Logik noch nicht erlernt habe, noch nicht sehen und einschätzen könne: Die Vernunft kann sich selbst durchschauen. Das greift auf den aristotelischen Begriff der „philosophia prima“ (die Ontologie) zurück, daß sie das „Denken des Denkens“ (griech. nóesis noéseōs) sei.

Zweitens – Irrtümer werden leichter erkannt und erklärt – aber warum weil wir automatisch erkenne das es nicht logisch ist?

Nein. Erst durch die Logik lernen wir, schneller Irrtümer zu erkennen. Ohne sie merken wir Irrtümer nur dadurch, daß wir mit Meinung, Schlußfolgerung, Urteil oder schlicht schon mit Ausdrücksweisen irgendwo gegen den Poller der Realität (oder der kommunikativen Verständigung) rennen.

Drittens: Wir lernen unseren Geist (und unseren Verstand) besser kennen weil wir uns nicht darauf verlassen was wir glauben wie er sein könnte sondern weil wir es hinterfragen?

Geist (esprit) und Vernunft (raison) sind bei ihm weitgehend synonym. Verstand (intelligence) bzw. „gesunder Menschnverstand“ (sens commun) ebenfalls. Allerdings wird „Vernunft“ und „Verstand“ hier noch nicht genauer unterschieden.

Geist, Vernunft wird durch diese Wissenschaft überhaupt erst als vorhanden erkannt. Dadurch, daß wir auf sie, die Vernunftätigkeit reflektieren, und erkennen, daß es in ihr unumgängliche Gesetzmäigkeiten gibt (die ja gerade Gegenstand der Logik sind, bzw. durch sie aufgefunden werden). Dadurch wird gemeintes Wissen zu Wissen, das zu Gewißheit geworden ist.

Arnauld findet auch, daß diese Dinge keine Rolle spielen, solange wir so für uns selber dahindenken. Das Subjekt, das Subjektive spielt keine Wesentliche Rolle dabei (hier liegt einer der Hauptpunkte der Kontroverse zwischen A. einerseits und Descartes und Leibniz andererseits - und der Kern der kritik an der Port-Royal-Logik). A. findet, daß wir zur Äuß0erung des Denkens, also zur Kommunikation, aber wesentlich der Sprache bedürfen. Und die Sprache macht erst die Logik erforderlich, damit wir einander verständigen können. Das war übrigens der Anlaß für sein vorhergehendes Buch „Grammatik von Port Royal“ (Grammaire générale et raisonnée).

Ich bin sicher, daß es sich - auch angesichts der Präsentation - zur Einübung lohnt, die gesamte Einleitung mal durchzuackern. Falls sie dir nicht vorliegt: Chan hat ja einen Link dazu gepostet.

Wenn du weitere Fragen hast: Nur zu! :smile:

Gruß
Metapher

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Nur höhere Abstraktion?

Hier bin ich mir nicht sicher, ob der im frz. Original
vermutlich stehende Ausdruck „raison“ nicht besser mit
´Verstand´ statt mit ´Vernunft´ übersetzt gehört, da die
Denkoperationen eine Sache des Verstandes sind, die Vernunft
aber auf einer höheren, abstrakteren Ebene operiert, auf der
sie sich des Verstandes bedient.

Die Vernunft stellst du auf eine höhere Ebene als den Verstand. Dazu müsstest du beides zuerst genau definieren. Wenn du nur die höhere Abstraktion als höhere Vernunft deutest, schließt du eine existenzielle
Vernunft (Seinsvergessenheit, wie Heidegger und seine Nachfolger meinen) aus. Die Vernunft müsste meines Wissens nach sehr viel weiter und der Verstand sehr viel enger gefasst werden. Das war zwar nicht das Thema des Threads hier, störte mich aber in der von dir formulierten Ausschließlichkeit.

Mit freundlichen Grüßen
Jugador

Link zum Original
Hallo,

hier: http://visualiseur.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k25788r

findest du den Originaltext (wenn es etwas hilft).

Gruß

Bona