Antrag auf Pflegestufe

Hallo zusammen,

mein Vater wird leider immer „tüddeliger“. Er ist jetzt 87, hatte vor 10 Jahren ein neues Hüftgelenk bekommen und war schon damals recht starsinnig und an einer leichten Demenz erkrankt.
Er hat daher die Reha eigenmächtig abgebrochen, was sicher nicht gut war.

Sein aktueller Status ist, dass er sich kaum bewegt, mehr oder weniger vor sich hin döst und dadurch weder seine Demenz noch seine Gehbehinderung besser werden.

Auf Grund eines nicht operierten Karpaltunnelsyndroms sind seine Hände auch nur noch grobmotorisch benutzbar.

Körperpflege geht selbständig (er muss aber erinnert werden), Essen und Trinken sind auch noch kein Problem. Beim Anziehen benötigt er natürlich Hilfe bei Reißverschlüssen, Knöpfen und der Auswahl der Kleidung (welche Jahreszeit gerade ist, ist ihm nicht immer bewusst).

Der Hausarzt hat uns nun ermuntert, eine Pflegestufe zu beantragen.

Meine Mutter hat Angst, dass bei der Begutachtung sinngemäß gesagt wird „Na, sie machen ja nur das, was sie als Ehe- und Hausfrau sowieso immer gemacht haben.“ Im Prinzip richtig - im Detail aber nicht. Sie muss nun alles machen - und alles alleine. Mit ihren 85 Jahren fällt das natürlich immer schwerer, auch wenn wir Blagen ihr schwere Arbeiten abnehmen.

Zudem ist davon auszugehen, dass mein Vater bei einer Befragung (leider wie gewohnt) fabuliert und Geschichten erzählt, wie er regelmäßig noch in meinem Betrieb mitarbeiten / aushelfen würde, dass er sich um Altpapier und Getränke kümmern würde, Papierkram, Kontoauszüge usw. erledigen könne. Das findet aber nur noch in seiner Phantasie statt. Hier gehe ich aber davon aus, dass mein Vater nicht der erste Patient mit Demenz ist, der von dem Gutachter befragt wird und dass der seine Aussagen schon richtig einordnen kann. Werde ich als im selben Haus wohnender Sohn wohl auch befragt werden? Ich könnte ggf. einiges richtigstellen.

Welche Leistungen können wir erwarten?
Uns geht es um eine Entlastung meiner Mutter - und auch um eine Anerkennung ihrer Tätigkeiten.

Es besteht keine finanzielle Bedürftigkeit, es gibt Vermögen und meine Eltern wohnen mit Wohnrecht in meinem Haus.
Das Vermögen soll aber so spät wie möglich angetastet werden, um dann zur Verfügung zu stehen, wenn es hart auf hart kommt.

Hallo,
zuerst die frage nach den Leistungen.
Es sollte vor Antragstellung klar sein, wohin die reise gehen soll.
Es stehen drei Varianten zur Verfügung.

  1. Pflege zu Hause durch Angehörige (Ehefrau, Kinder, Enkel, usw.), entweder alleine oder
  2. in Verbindung mit Pflegedienst
    Bei diesen beiden Möglichkeiten gibt es als Leistung
    entweder nur Pflegegeld oder Pflegegeld und Sachleistung (Pflegedienst) , letzteres wäre die sog. Kombinationspflege.
  3. Variante wäre die stationäre Pflege.
    So, wie ich die Sache sehe, kommt hier die ambulante Pflege in Betracht.
    Die „Angst“ der Mutter ist verständlich, aber unbegründet. Bei der Begutachtung geht es ausschließlich um die Pflegebedürftigkeit des Vaters. Wenn diese Voraussetzungen, dazu gibt es einen festgelegten Fragenkatalog, erfüllt sind, wird auch im Gutachten der Pflegegrad festgelegt.
    Natürlich wird im Gutachten auch festgehalten, ob die Pflege zu Hause gesichert ist und wer diese durchführt. Hier würde dann die Mutter als Pflegeperson stehen, aber es können auch noch andere Personen dort aufgeführt werden. Natürlich ist es, gerade, wenn Demenz mit im Spiel ist, dass bei der Begutachtung zumindest die Pflegeperson oder andere Bezugspersonen anwesend sind, die
    bei der Beantwortung der Fragen behilflich sind.
    Hier ein Link mit Details - https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/pflege/online-ratgeber-pflege/leistungen-der-pflegeversicherung/leistungen-im-ueberblick.html
    Ich mach hier erst mal eine Pause, da sicher noch konkretere Fragen auftauchen werden.
    Ich habe selbst seit Anbeginn der Pflegeversicherung über solche Anträge entschieden
    Gruss
    Czauderna
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Ja, da sind wir uns selber unsicher.

Pflege im Sinne der Pflege am Patienten wird (noch) nicht erforderlich sein - hier dürfte auch am meisten Konfliktpotential bestehen, wenn da jemand Fremdes z. B. beim Anziehen helfen soll.

Mein Gedanke geht so in Richtung „Entlastung meiner Mutter“ - aber da wären es gerade nichtpflegerische Dinge, bei der sie entlastet werden könnte, also mehr Haushaltshilfe als Pflegekraft.

Ich habe natürlich auch schon im Netz gesucht, aber da wird man mit Treffern zugemüllt.

Gibt es Pflegegeld, wenn meine Mutter so viel wie möglich mit meinem Vater selber macht und als Ausgleich sich ab und zu in der Haushaltsführung helfen ließe?

Nebenbei sind ja schon Äußerungen gefallen, dass sie das eigentlich nicht will, eben weil eine finanzielle Bedürftigkeit nicht besteht.
Mein Vater hat von 16 bis 74 Jahren gearbeiet und stets in die Sozialversicherung eingezahlt (als er schon Rentner war und bei mir aushalf, habe natürlich nur ich den AG Anteil gezahlt), da geht es meiner Meinung nach auch um Anerkennung.

Wenn Bedarf auf Pflege besteht, habt ihr Anspruch auf eine kostenlose, unabhängige Pflegeberatung. Dazu kommt eine Berater*in nach Hause, schaut sich das an, beurteilt ggf. den Bedarf und erzählt euch auch, was es an Hilfen und Unterstützung gibt.

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Leider kennt das Pflegeversicherungsgesetz (SGB 12) in diesem Fall den Begriff „Anerkennung“ nicht, sondern eher, den Begriff "Anspruch"
Gruss
Czauderna

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Hallo,
ja, das habe ich auch schon oft gemacht, allerdings war ich aufgrund meiner Tätigkeit nicht unabhängig, weil bei einer Pflegekasse beschäftigt, trotzdem gab es da niemals Beratungen und Auskünfte, die etwas mit meiner „Abhängigkeit“ zu tun hatten.
Ich behaupte sogar, dass eine Beratung direkt bei der zuständigen Pflegekasse effizienter ist, als eine allgemeine Beratung von dritten Stellen, aber das ist meine Meinung.
So konnten wir meist auch schon während der Beratung auch das Antragsverfahren in Gang setzen und die ersten Vorbereitungen für die Begutachtung treffen, z.B. Pflegetagebuch ausgeben und ggf. über Rentenversicherung von Pflegepersonen aufklären und beraten.
Wenn man unabhängige Auskünfte haben möchte, sollte man sich an eine kommunale Beratungsstelle wenden (Pflegeberatungszentrum).
Gruss
Czauderna

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Da bin ich mir nicht so sicher … die Kasse, ob Kranken- oder Pflegekasse, will möglichst wenig Geld ausgeben. Bevor ich ihnen nicht die Paragraphen um die Ohren gehauen habe, war die KK auch der Meinung, das wäre Sache der PK (und in den max. 4000 Euro für die Umbaumaßnahme enthalten), bis ich ihnen auf den letzten Prozent genau gezeigt habe, dass sie sich gefälligst zu beteiligen haben (und zwar zum größten Teil, die PK übernimmt nur irgendwas unter 20 %, und das zählt auch nicht zu den 4000 Euro).

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Hallo Christa,
ich habe diesen Satz bewusst so geschrieben.
Wenn in der Vergangenheit nicht aufs Geld geschaut werden musste, dann war es bei der Pflegeversicherung, das mag sich vielleicht in den letzten drei, vier Jahren geändert haben, deshalb schreibe ich ja auch immer dazu, was ich für Erfahrungen habe.
Gruss
Günter

PS - wen meinst du mit PK und um was ging es da ?

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Krankenkasse und Pflegekasse. :slight_smile:
Es ging um das Problem, weswegen ich hier auch vor einiger Zeit um Rat gefragt habe, konkret war das ein Dusch-WC (bzw. der Aufsatz dafür). Die KK meinte, das gehört zu den Umbaumaßnahmen (->Sache der PK), tut es aber nicht, weil die Dusch-WC-Aufsätze im Hilfsmittelverzeichnis aufgelistet sind. Wörtlich habe ich u. a. das der Krankenkasse geschrieben: „Im § 4 der RidoHiMi („Richtlinien zur Festlegung der doppelfunktionalen Hilfsmittel“) in der Fassung vom 24. Juni 2020 ist für Doppelfunktionale Hilfsmittel aus der Produktgruppe 33 „Toilettenhilfen“, zu denen auch die Dusch-WCs gehören, ein Anteil der Krankenkasse von 87,0 % gegenüber einem Anteil der Pflegekasse von lediglich 13,0 % angegeben.“

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Hallo,
danke für die Rückmeldung -ja, kenne ich - hatte ich auch schon - wir haben, wenn eine Pflegeeinstufung vorlag, die verordneten Ärzte bzw. den MDK wegen der Zuordnung eingeschaltet, hatte nichts mit Geld, sondern mehr mit dem Verordnungsgrund zu tun.
Gruss
Günter

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Ich rate dringend dazu, eine Art „Pflegetagebuch“ zu führen, in dem alle „Leistungen“ Dritter (und sei es das Kleinschneiden der Nahrung oder das Herbeiholen der Zeitung aus dem Briefkasten) mit überschlägigem Zeitaufwand pro Tag erfasst werden. Dazu gehört die Angabe der unterstützenden Person ( bislang ja nur Familienkreis). Das ist nervig, geht aber.
Parallel dazu würde ich die Krankenkasse/ Pflegekasse um Feststellung der Pflegebedürftigkeit bitten - das macht der MdK der Kasse. Ob die das derzeit wegen Corona ohne Hausbesuche machen, weiß ich nicht. Ggf. können Wohnbedingungen Hilfeleistung durch Dritte überflüssig oder aber notwendig machen.
Zu den Leistungen:
Jeder, der in die Pflegeversicherung eingezahlt hat, hat Anspruch auf Leistungen.
Die Leistungen sind nach Schweregrad der Pflegebedürftigkeit gestaffelt. Die von Familienangehörigen erbrachten Leistungen liegen deutlich niedriger als die von Pflegediensten oder - einrichtungen erbrachten Leistungen.
Es gibt auch Zuschussmöglichkeiten für Mischung aus familiärer und professioneller SIcHerstellung der Pflege.
Ich bin mir relativ sicher, dass Dein Vater bzw. Ihr Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung habt.
Einkommen ist erstmal unberührt.
LG
Amokoma1

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Hallo X_Strom,

schau dir mal die Seite https://www.eva-stuttgart.de/fileadmin/Redaktion/2_unsere_angebote/im_alter/alzheimer_beratung/Pflegeversicherung_Praesentation.pdf an. Da finde ich sehr vieles sehr gut erklärt.
Hier gibt es auch eine Excel-Tabelle, um selbst einen Eindruck zu bekommen, was heraus kommt:
https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwjsh83Nj-n1AhU2Q_EDHZQDBCIQFnoECBoQAQ&url=http%3A%2F%2Fwww.eva-stuttgart.de%2Ffileadmin%2FRedaktion%2F2_unsere_angebote%2Fim_alter%2Falzheimer_beratung%2FBegutachtung-Pflegegrade.xlsx&usg=AOvVaw1uWWHyqqxS5QHVNFQTDGWK

Wenn er Pflegegrad 1 bekommt, gibt es 125 € Entlastungsbetrag. Von dem kann man sich bei einem Pflegedienst 1 Stunde pro Woche leisten. Günstigere können i.d.R. nicht mit der Pflegekasse abrechnen. Ab Pflegegrad 2 kann dann von den Geldleistungen auch eine eigene Zugehfrau bezahlt werden.

Alles Gute für Dich, die Familie und den Papa!

Karin

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Hallo,
bei uns in Hessen macht der MDK wieder Begutachtungen vor Ort, das war bis Oktober 2021 noch anders - da wurde zuerst ein Fragenkatalog übersandt, der ausgefüllt wurde und an den MDK gesandt wurde, danach erfolgte zu einem vorher vereinbarten Termin eine telefonische Rücksprache, in der die Fragen und Antworten des Katalogs noch einmal eingehend besprochen wurden.
Ja, der Tip mit dem Pflegetagebuch, das noch vor Antragstellung begonnen werden, sollte ist sehr
gut, weil damit die geleistete Pflegeleistung schon dokumentiert ist und vor allen Dingen den Antragstellern bzw. den Pflegepersonen eine wertvolle Argumentationshilfe bietet.
Was nicht so ganz stimmt ist, dass jede/r, der in die Pflegeversicherung eingezahlt hat auch Anspruch auf Leistungen habe. Anspruch haben auch beispielsweise Familienversicherte, die selbst noch keine Beiträge einbezahlt haben - die Versicherung ist entscheidend, nicht die eigene Beitragszahlung.
Noch etwas - aber das zählt zum KS-Modus (an) - die Pflegekasse hat keinen eigenen MDK, sondern es gibt einen MDK für alle Pflegekassen KS-Modus (aus)
Gruss
Czauderna

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Hallo zusammen,

das ist jetzt erstmal viel Lesestoff, aber auch eine großartige Hilfe.

Der „Familienrat“ wird tagen…

Ich bedanke mich fürs Erst bei allen und wünsche ein sonniges Restwochenende!

Ja, allerdings lohnt es sich auf jeden Fall, sich vorher zu informieren, insofern hast du alles richtig gemacht.

Wo wohnst DU denn? Oder hast du morgen noch Wochenende und hoffst auf Sonne? :wink:

Hier regnet’s schon den ganzen Tag (zwischendurch gab’s ein bisschen Sonne, gleich mit Regenbogen), und außerdem ist lt. dieser Tabelle schon um 17:01 die Sonne untergegangen.

Also nur schönes Rest-Wochenende! :smiley:

Hallo,
noch als Info - derzeit gibt es bzgl. des Pflegegrades 1 und dem Entlastungsbetrag (125,00 €)
eine (befristetes ) Sonderregelung. Bislang war es hier so, dass dieser Betrag für bestimmte Tätigkeiten/Leistungen nur sog. „Vertragspartner“ der Pflegekassen zur Auszahlung kam, da war also das Einkaufen oder die Wohnung putzen, z.B. durch Nachbarn nicht davon betroffen, d.h. - es gab da nix.
Zurzeit aber scheint das zu gehen, dass man bei Pflegegrad 1 dieses Geld auch dafür verwenden kann - ich weiß es von Hessen, ob das in anderen Bundesländern auch so , und wenn ja, ob das auf Dauer gilt oder eben nur befristet, das sollte die Pflegekasse genauer und besser wissen.
Gruss
Czauderna

Sonne im Herzen

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Das erklärt natürlich alles! :slight_smile: