Arbeiten während Krankschreibung

Moin, ich würde gerne mal Eure Meinung zu nachfolgender Situation kennenlernen. Ein Arbeitnehmer (AN) ist ausgelaugt und erschöpft. Zusätzlich wird bei ihm Diabetes Typ II festgestellt, der Arzt nimmt ihn aufgrund seiner schlechten Blutwerte erst mal für 14 Tage, anschließend noch mal für weitere 14 Tage aus dem Berufsalltag. 14 Tage / bzw. 4 Wochen nicht ins Büro bedeuten aber für den AN Berge von Vorgängen, die es nach seiner Rückkehr abzuarbeiten gilt. Der neuerliche Stress wäre vorprogrammiert. Daher beschließt der AN in Absprache mit seinem Arzt und seinem Arbeitgeber, trotz AU täglich ca, 2 Stunden Homeoffice zu machen, damit der Berg an Vorgängen nach Rückkehr ins Büro nicht all zu groß ist. Arbeiten trotz einer Krankschreibung ist ja prinzipiell nicht verboten. Nun stellt sich die Frage, ob der AN diese 2 Stunden täglich als Überstunden aufschreiben darf, die er während der eigentlichen AU ja trotzdem geleistet hat. (Meistens waren es sogar mehr…)
Leider finde ich dazu im Netz nicht wirklich was Aussagekräftiges…
Vielen Dank!
Stefan

Hi
das läuft anscheinend so ähnlich wie oder sogar als Wiedereingliederung.
In der Zeit ist mit krank geschrieben und geht eine vereinbarte Zeit arbeiten.
Die Zeituhren werden da nicht eingeschaltet - und die Sollarbeitszeit anderweitig erfasst. Überstunden sind das nicht.
Gruß
HaWeThie

Wer aufgrund von Krankheit arbeitsunfähig ist, muss die an sich laut Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringen. Ist der Arbeitnehmer nicht vollständig arbeitsunfähig und erbringt Teile der Leistung, ist das ganz normale geschuldete Arbeitsleistung. Platz für Überstunden ist da nicht, solange das Maß der regulär geschuldeten Arbeitsleistung nicht überschritten wird. Und dies sollte im Rahmen einer AU ohnehin nicht passieren.

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Hallo,

bei Arbeitsunfähigkeit gibt es nur „alles oder nichts“. Eine teilweise AU kennen weder Gesetz noch Rechtsprechung. (zB BAG 29.1.1992 – 5 AZR 37/91).

Wenn Du während einer AU doch arbeitest (egal wieviel), stellst Du die AU insgesamt in Frage.

Eine teilweise Rückkehr in die Beschäftigung ist nur möglich mit einer sog. „stufenweisen Wiedereingliederung“ gem. § 44 SGB IX
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_9_2018/__44.html
möglich. Diese muß vom behandelnden Arzt im Rahmen eines Wiedereingliederungsplans ausdrücklich verordnet werden.

Im Übrigen ist es Sache des AG, Rückfallebenen für Urlaub und Krankheit zu organisieren.

Diese Haltung ist höchstwahrscheinlich Bestandteil Deines medizinischen Problems.

&tschüß
Wolfgang

7 Like

Hallo,

das sehe ich ganz genauso. Bei uns sind die, die am meisten gestresst sind, auch nicht die, die am meisten/längsten arbeiten, sondern die, die abends, am Wochenende oder im Urlaub „mal eben schauen“, ob was wichtiges per E-Mail gekommen ist, weil sie es ja irgendwann sowieso erledigen müssen. So entsteht zu Zeiten, in denen man eigentlich abschalten sollte, zusätzlicher Streß.

Im Hinblick auf Urlaub und Krankenstand kommt genau das ins Spiel:

Stattdessen wird dann gerne mal etwas liegengelassen, das dann auf den AN wartet und natürlich in der Liegezeit umso dringender geworden ist.

Gruß
C.

Blockquote
Diese Haltung ist höchstwahrscheinlich Bestandteil Deines medizinischen Problems.
Blockquote

Nicht nur, aber ein Stück weit schon auch. Sind mehrere Baustellen…

Nein! Abends, im Urlaub und an den Wochenenden sind die Firmenmails tabu. Aber fast tägliche Überstunden aufgrund extrem hoher Kundenanfragen und Projektaufgaben führten dazu, dass man keine ausgewogenen Work-Life-Balance aufrecht erhalten konnte.

Vielen Dank an alle für eure Meinungen. Der Ansatz von WIZ war für mich am Nachvollziehbarsten.

Viele Grüße
Stebo69

Hallo,

… ist aber rechtlich ziemlich problematisch.

&tschüß
Wolfgang

Stimme ich Dir grundsätzlich zu. Aber da die Arbeit bereits geleistet wurde, ist der Keks in diesem Fall gegessen. Für die Zukunft sollte man es so halten: Entweder man macht es stillschweigend, wie so viele, oder man macht es nicht, wie es auch viele machen.

Das Thema einer teilweisen Krankschreibung ist in anderen Ländern sauber geregelt, was ich sehr vernünftig finde, da man selten so krank ist, dass man gar nicht arbeiten kann. Aber bei uns ist eine hierzu angestoßene Diskussion dann recht schnell wieder versandet. Und so bewegt man sich da immer in einer Grauzone und muss sogar ggf. noch mit Problemen rechnen, nur weil man sich durchaus angemessen beschäftigt.

Hallo,
dazu habe ich ein kleines Beispiel -
Herr Mustermann ist im Hauptberuf Verkaufsfahrer und wird wegen eines privaten Unfalls (Handgelenkfraktur) arbeitsunfähig. Im Nebenberuf (450 € Job) arbeitet Herr Mustermann
als Buchhalter für eine gemeinnützige Einrichtung 2 Stunden wöchentlich.
Obwohl er im Hauptberuf arbeitsunfähig ist, kann Herr Mustermann dagegen seine Nebentätigkeit unbeeinträchtigt weiterführen. Arbeiten neben Arbeitsunfähigkeit kann funktionieren.
Gruss
Czauderna

Bei allen etwas „gehobenen“ Bürotätigkeiten hat man üblicherweise bei den gängigen Kleinigkeiten kein großes Problem mit teilweisem Tätigwerden. Gerade seitdem wir über das letzte Jahr gelernt haben, dass man durchaus auch per Telko/WebCo, Telefon und E-Mail arbeiten kann, und dies ja auch intensiv genutzt wird, sind die Möglichkeiten hierfür für immer mehr Arbeitnehmer problemlos gegeben. Ob ich mich jetzt dann auf dem Sofa oder im Bett privat mit Handy, Tablet oder Notebook herum lümmle, um die Zeit tot zu schlagen, oder statt dessen an einer Telko mit den Kollegen teilnehme oder ein paar kleine Mails schreibe, … macht vielfach keinen Unterschied in Bezug auf vorliegende Erkrankungen. In meinen vielen Jahren Homeoffice habe ich mich daher auch höchst selten mal offiziell krank schreiben lassen, sondern einfach nur kund getan, dass ich einen oder ein paar Tage mit „halber Kraft“ im Einsatz bin, und ggf. dann auch mal ein Thema abgegeben, das ich dann nicht leisten konnte und nicht aufzuschieben war. Das setzt natürlich aber auch Vorgesetzte und Kollegen voraus, die dann damit auch angemessen umzugehen wissen.

Hallo,

die genauen Arbeitsumstände wie zB „Home-Office“ muß ein Arzt gemäß AU-Richtlinien bereits jetzt schon bei seiner Entscheidung pro oder contra AU berücksichtigen. Das ist nichts prinzipiell Neues.

&tschüß
Wolfgang

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