Arbeitslosengeld 1-Bezug während Zusatzstudium

Liebe Fragengemeinde,

mich beschäftigt folgender Sachverhalt:

Noch bis zum Sommer bin Lehrer im Angestelltenverhältnis in Hessen nach TV-H. Für meine Fächerkombination sehen die Einstellungschancen eher schlecht aus. Die Idee: Ein weiteres Fach, vorzugsweise Mangelfach, muss her. Dies könnte ich an einer nahegelegenen Uni studieren.
Herausgefunden habe ich bereits, dass ein Studium während des Bezuges von ALG1 möglich wäre, sofern diese „Nebentätigkeit“ einen Umfang von 15 Stunden/Woche nicht übersteigt.
Wenn die Berechnung stimmt, werde ich einen Anspruch auf 600 Tage ALG1 haben. Dies entspricht ungefährt drei Semestern. Ich hätte also drei Semester Zeit, das Drittfach zu studieren.
Die Modulprüfungsordnung sieht einen Umfang von 44 Semesterwochenstunden vor. Eine Semesterwochenstunde entspricht ja aber nur 45 Minuten. Nach dieser Umrechnung müsste es doch möglich sein, das Zusatzfach mit einem Aufwand von 10 Zeitstunden pro Woche innerhalb von drei Semestern abzuschließen.

Sehe ich diesen Sachverhalt richtig oder habe ich Umstände und Regelungen nicht beachtet?

Hallo,

also ich kann da leider keine abschliessende Meinung abgeben. Aber da ich auch studiert habe und wirklich zur Genüge mein nahegelegenes Arbeitsamt kennenlernen durfte, kann ich aus Erfahrung sagen, dass Studenten KEIN Arbeitslosengeld beziehen können.

Laut Aussage meiner damaligen Beraterin der Arbeitsagentur ist das vollkommen ausgeschlossen. Studierende sind auf BaföG, Ersparnisse oder eigene Nebentätigkeiten angewiesen, ALG I wird gezahlt, sofern man mindestens 1 Jahr zusammenhängend gearbeitet hat und über praktisch null Ersparnisse verfügt.

Bei Aufnahme eines Studiums oder Wechsel der Uni gilt man nicht als „arbeitslos“ und bekommt daher keine Bezüge…tut mir leid, anders kenne ich das persönlich nicht :-/

Vielleicht liegt bei Ihnen konkret etwas anderes vor…am besten direkt vor Ort bei der Arbeitsagentur beraten lassen und zusätzlich noch deren kostenfreie Hotline nutzen - meist bekommt man nämlich leider verschiedene Antworten.

Viel Glück

lg
Christin

Hallo Gautatyl,

Sehe ich richtig, dass du wissen möchtest, ob es möglich ist neben einem Studium Arbeitslosengeld zu beziehen?

Sollte dies der Fall sein:
Es gibt drei Voraussetzung, die erfüllt sein müssen: Anwartschaftszeit erfüllt, arbeitslos und arbeitslos gemeldet.

Ich gehe mal davon aus, dass die Anwartschaftszeit erfüllt ist? Hierzu fehlen mir allerdings die nötigen Angaben. (Anwartschaftszeit erfüllt --> Innerhalb der letzten zwei Jahre vor Arbeitslosmeldung ein Jahr versicherungspflichtig). Die Arbeitslosmeldung nimmst du vor, wenn du dich persönlich bei der Agentur für Arbeit meldest.

Ich sehe hier allerdings ein Problem bei der Arbeitslosigkeit. Diese setzt sich zusammen aus: Beschäftigungslosigkeit, Verfügbarkeit und Eigenbemühungen.

Beschäftigungslosigkeit:
Beschäftigungsverhältnis: Arbeitsleistung in persönlicher Abhängigkeit, gekennzeichnet durch die Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers und die Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers. Auch eine nichtentgeltliche Beschäftigung oder Tätigkeit mit einem zeitlichen Umfang von mindestens 15 Stunden schließt Arbeitslosigkeit aus (§ 138 Abs. 3 Satz 1 SGB III).
Das heißt: Wenn kein o.g. Beschäftigungsverhältnis besteht, dann ist man beschäftigungslos. Ich denke mal, dass ein Stdium überhaupt gar kein Beschäftigungsverhältnis darstellt, d.h. es dürfte auch mehr als 15 h betragen…

Verfügbarkeit:
Der Arbeitslose darf durch nichts gehindert sein, ohne Verzug eine zumutbare versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufzunehmen oder an einer Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen.
Die Frage ist: Hindert das Studium jemanden daran eine Beschäftigung zu suchen? Grundsätzlich würde ich ja sagen.
Aber bei einem Studium handelt es sich um einen Sonderfall nach § 139 Abs. 1 SGB III. Darin steht:
„Bei Schülerinnen, Schülern, Studentinnen oder Studenten einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte wird vermutet, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können. Die Vermutung ist widerlegt, wenn die Schülerin, der Schüler, die Studentin oder der Student darlegt und nachweist, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulässt.“
Die Vermutung ist widerlegt, wenn der Student nachweist, dass das Studium eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Studien- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulässt. Der Student muss demnach nachweisen, dass er hauptberuflich eine Arbeitsstelle sucht und nur nebenberuflich studiert. Da ist es natürlich hilfreich, wenn das Studium nur eine niedrige Stundenzahl in Anspruch nimmt.
Nicht als Arbeitnehmer gilt ein Student, der max. 20 Stunden beschäftigt sein kann. Wird die Grenze überschritten, ist dies Indiz für die Zuordnung zum Kreis der Arbeitnehmer. Je mehr die 20-Stunden-Grenze überschritten wird, desto eher kann von einer prägenden Bedeutung der Arbeitnehmertätigkeit und damit dem Erscheinungsbild eines Arbeitnehmers ausgegangen werden. Außerdem kommt auch darauf an, inwieweit der Arbeitslose zu üblichen Arbeitszeiten und damit nicht nur dem Studium untergeordneten und angepassten Zeiten (z. B. Abend- und Nachtstunden) für eine Beschäftigung zur Verfügung steht. Außerdem darf der Arbeitsaufwand durch das Studium die zeitliche Belastung einer Erwerbstätigkeit nicht übersteigen.
Außerdem gilt folgendes: Arbeitslosigkeit i. S. des § 138 Abs. 1 liegt nur vor, wenn der beschäftigungslose Student in der Zeit, in der er nicht durch das Studium beansprucht wird, nachhaltig bemüht seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit aktuell zur Verfügung steht. Nicht ausreichend ist die Bereitschaft des Betroffenen, im Falle eines Arbeitsangebots das Studium anders als bisher zu gestalten oder es ggf. abbrechen zu wollen.
–> kurz gesagt: Der Student muss nachweisen, dass er das Studium als Nebentätigkeit ausübt. Dies kann dann vorliegen, wenn er „Zeit hat“ eine mindestens 20h Beschäftigung auszuüben. Es ist also eine ziemliche Abwägungssache. Du kannst aber nicht sagen, dass das Studium dadurch, dass es unter 15 h wöchentlich ausgeübt wird auch automatisch Verfügbarkeit nicht im Wege steht.

Eigenbemühungen:
Kurz und vereinfacht gesagt: Der Student bemüht sich und zeigt Eigenbemühungen (insbesondere das, was in der Eingliederungsvereinbarung steht)

Nur wenn die drei Voraussetzungen gegeben sind, liegt Arbeitslosigkeit vor und es kann überhaupt ein Anspruch entstehen.

Hallo,

wie sich das mit der Berechnung der Semesterwochenstunden verhält, kann ich leider nicht sagen. Richtig ist jedenfalls, dass ALGI nur bezogen werden kann, wenn jemdand dem Arbeitsmarkt mindestens 15 Stunden pro Woche zur Verfügung steht.

Zu beachten ist ferner, dass je nach Verfügbarkeit das ALGI gekürzt wird, d.h. wenn ich dem Arbeitsmarkt nur halbtags zur Verfügung stehe, bekomme ich auch nur das „halbe“ ALGI.

Was mich verwundert ist der Leistungsanspruch von 600 Tagen. Normalerweise beträgt die Höchstdauer für ALGI 360 Tage, es sei denn man ist über 50 Jahre.

Ich würde einfach bei der Arbeitsagentur anrufen und um eine tel. Leistungsberatung bitten (erfolgt über Rückruf innerhalb von 2 Tagen). Das bringt Klarheit über die Verfügbarkeit und somit auch über den ALGI-Bezug.

Hallo Gautatyr,

das scheinen mir sehr gute und konkrete Überlegungen zu sein die auch praktikabel sind.
Es bedeutet natürlich tatsächlich einen größeren (Zeit- usw) Aufwand das Studium in kürzerer Zeit als der vorgesehenen Regelstudienzeit zu absolvieren. Ein Studium/ Studiengang ist normalerwesie immer als Vollzeitstudium konzipiert und besteht ja nicht nur aus den Präsenzstunden (SWS) sondern auch aus dem „Workload“ d.i. die Vor - und Nachbereitungszeit.
Falls das Arbeitsamt hier durch Detailkenntnisse glänzt wäre es vielleicht sinnvoll das Studium - um problemlosALG beziehen zu können - „pro Forma“ als Teilzeitstudium anzugeben. Normalerweise ist diese Angabe eine Formalie (viellicht nur gegenüber Arbeitsamt so angeben) und zwingt nicht zum langsameren Studium. Das kann sich aber seit meinen Studienzeiten geändert haben. Bitte dazu nochmal erkundigen… Mit Ihrer Teilzeitangabe würde die Behörde sicherlich eher den geringen Zeitumfang annehmen. Ob Sie es dann tatsächlich aber schneller schaffen ist ja egal bzw Ihre Sache - finde ich jedenfalls. Dies sind KEINE juristisch geprüften Angaben, sondern nur Annahmen. Ich würde Ihnen raten, sich sowohl an der Uni (Studienberatung… die haben vielleicht schon solche wie Ihre Fälle gehabt) und beim Arbeitsamt konkret und eingehend beraten zu lassen. Viele Erfolg und VG, Annie