Hallo, ich habe von meinem neuen Arbeitgeber 2 Ausführungen des Arbeitsvertrages (befristet) bekommen, jedoch sind beide noch nicht seitens des Arbeitgebers unterschrieben, wäre es zu riskant nun schon zu kündigen beim alten Arbeitgeber? Die Zeit rennt ein wenig weg. Die Kündigungsfrist verlängert sich ansonsten um einen Monat.
Oder ist es nach der Zusage so oder so schon bindend?
Viele Dank
Eine Zusage, dass du eingestellt wirst, ist rechtlich bindend.
Hast du diese Zusage denn schriftlich vorliegen?
Ich habe beide Verträge bekommen und per Mail auch zugesagt bekommen das sich der monteur zwecks Einarbeitung meldet. Es fehlte lediglich auf dem Vertrag die Unterschrift der Geschäftsführung.
@Wiz @Albarracin @Threepwood - wie seht ihr das?
Beim Kaufvertrag würde ich die Kombi aus E-Mail und übersandten AV als „verbindliches Angebot“ ansehen, das nur noch vom anderen Vertragspartner angenommen werden muss, damit der Vertrag wirksam geschlossen ist.
Beim Arbeitsvertrag - hmm, keine Ahnung…
Ob ein Vertrag zustande kommt, beurteilt sich nach den gleichen Kriterien wie die Auslegung eines Vertrages. Für den Fall, dass - wie hier - eine Beurkundung vorgesehen ist, gilt aber die Zweifelsfall-Regelung in § 154 Abs. 2 BGB:
Ist eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrags verabredet worden, so ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen, bis die Beurkundung erfolgt ist.
Darum würde ich davon abraten, den alten Vertrag jetzt schon zu kündigen.
Aus der Tatsache, dass der Vertragsentwurf zwei Unterschriftenfelder enthält, also der Ersteller des Entwurfs klar zum Ausdruck bringt, dass er zum Vertragsschluss die beiderseitige Unterschrift zur Bedingung macht, und auch die Verkehrssitte bei Arbeitsverträgen die ist, dass ein Vertrag erst durch beidseitige Unterschrift geschlossen wird, ergibt sich eindeutig, dass hier keine einseitige Annahme durch Unterschrift durch den AN möglich ist.
Und der Unternehmensjurist, juristisch informierte Einkäufer, Personaler, … wird immer dann, wenn er einen Vertrag nicht schnellstmöglich im eigenen Interesse geschlossen haben will, unter Abwesenden zunächst die Unterschrift der anderen Seite einholen, damit er sich möglichst lange die Option offen halten kann, ob er danach auch unterschreibt und der Vertrag damit dann tatsächlich geschlossen ist (wie heute gerade zweimal wieder durchgespielt).
Das Risiko für die andere Seite ist in so einer Standardsituation regelmäßig sehr gering. Man kommt nicht bis zum unterschriftsreifen Vertrag, wenn man diesen nicht tatsächlich auch schließen will. Aber es gibt natürlich die bekannten Pferde, die vor der Apotheke k… D.h. man stelle sich vor, dass kurzfristig ein fest erwarteter Auftrag nicht zustande kommt, die nächste Pandemie verkündet wird, … Dann man es dem Personaler zwar hochnotpeinlich sein, ihm persönlich leid tun, aber dann kann er sich andererseits sagen: „Glück gehabt!“ Und unter dem Strich kommt ein so nicht zustande gekommener Vertrag dann auch dem verhinderten AN zugute, der nicht erst zur Probezeit anrücken muss, um dann gleich die Kündigung zu kassieren.
@Threepwood: Um Beurkundung geht es hier nicht, dass wäre die notarielle Form wie sie z.B. bei Immobiliengeschäften zwingend vorgesehen ist, aber auch von den Parteien vereinbart werden kann.
Von „notariell“ steht in § 154 Abs. 2 BGB nichts. Nach allgemeiner Ansicht gilt die Vorschrift auch für privatschriftliche Urkunden (BGB, Palandt, 74. A. 2015, § 154 BGB Rn. 4 m. w. N.).
Du hattest geschrieben:
Beurkundung heißt aber nun mal Niederschrift und Unterschrift durch bzw. vor dem Notar. Und unmittelbar in der Vorschrift ist tatsächlich auch nur von der (notariellen) Beurkundung die Rede.
Unabhängig von dem, was im 154 Abs. 2 wortwörtlich steht, gibt es aber in der Rechtsprechung eine erweiterte, analoge Anwendung, die auch in der von Dir zitierten Kommentarstelle erläutert wird. Da geht es darum, dass diese Regelung so verstanden wird, dass sie nicht auf auf Beurkundungen, sondern auch auf sonstige zwischen den Parteien getroffene Formerfordernisse anwendbar ist. D.h. sobald die Parteien ein Formerfordernis vereinbart haben, wie hier die Schriftform mit Unterschrift beider Parteien, und dieses Formerfordernis nicht nur zu Beweiszwecken, sondern als zwingend für das Zustandekommen eines Vertrages vereinbart wurde, kommt ein Vertrag erst durch die Erfüllung dieses Formerfordernisses zustande. D.h. § 154 Abs. 2 BGB ist hier nicht in Bezug auf eine Beurkundung sondern nur analog für ein sonstiges zwischen den Parteien vereinbartes Formerfordernis anwendbar.
Ich habe übrigens gerade noch ein nettes Urteil zum Thema gefunden, in dem der 154 Abs. 2 genau die hier angesprochene Rolle in Bezug auf einen vom AG noch nicht unterschriebenen Arbeitsvertrag spielt: https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2019-N-33917?hl=true
Nein, so etwas nennt man „notarielle Beurkundung“. Auch das Gesetz nennt es so, vgl. etwa § 311b Abs. 1 S. 1 BGB. Von „notariell“ steht in § 154 Abs. 2 BGB aber nichts. Es genügt hier Vereinbarung der Schriftform im Sinn von § 126 f. BGB (Palandt a. a. O.).
Es muss natürlich heißen:
Es gibt noch einen anderen Aspekt: schickt man einen Arbeitsvertrag unterschrieben raus, ist der erst einmal in der Welt und die andere Partei entscheidet alleine, ob und wann er zustande kommt. Das kann dazu führen, dass man am Ende ganz ohne Mitarbeiter dasteht oder am nächsten Ersten auf einmal zwei Leute auf der Matte stehen, nämlich der, der die nicht beweisbar gesetzte Annahmefrist verstreichen ließ und am Ende doch erschien, und dann noch der, der dessen Ersatzkandidat werden sollte.
I can explain it to you, but I cannot understand it for you. Im Wortlaut der Vorschrift findest Du nur die Beurkundung. Und der Begriff der Beurkundung ist ganz eindeutig als notarielle Form definiert.
Wenn Du ein privat vereinbartes Schriftformerfordernis mit zwei Unterschriften als Beurkundung bezeichnest ist das dementsprechend falsch.
Die Vorschrift ist aber trotzdem anwendbar, weil die Rechtsprechung die Analogie entwickelt hat, sie über den Wortlaut hinaus, der nur Beurkundungen nennt, auch auf sonstige Schriftformerfordernisse anzuwenden.
Muss natürlich allgemeiner „Formerfordernisse“ heißen.
Im Wortlaut anderer Vorschriften spricht das BGB von „notarieller Beurkundung“, so in den § 311b Abs. 1 und 3, § 518 Abs. 1, § 873 Abs. 2, § 1410, § 1408 Abs. 1, § 1597 Abs. 2, § 1915 Abs. 1 i. V. m. § 1820, § 2232, § 2276 Abs. 1 BGB. Dasselbe BGB spricht nur von „Beurkundung“(ohne „notariell“, teilweise allerdings „öffentlich“) etwa in § 1310 Abs. 2, § 1594 Abs. 2, § 1626a Abs. 2 und § 1945 Abs. 2 BGB. Es differenziert ganz offensichtlich verschiedene Arten von Beurkundungen.
Und das ergibt ja auch Sinn, wenn man die Wortbedeutung bedenkt: Beurkundung ist die Anfertigung einer Urkunde. Das kann natürlich ein Arbeitsvertrag sein.
Die von mir angeführte Belegstelle im wichtigsten Kommentar für das deutsche Zivilrecht spricht in keiner Weise von einer Analogie oder irgendeiner Art von sinngemäßer Anwendung. Da steht vielmehr:
„[§ 154 Abs. 2 BGB] gilt auch, wenn die Parteien Schriftform (§§ 126, 127) vereinbart haben.“
Ich kann nicht mehr tun, als es immer wieder zu wiederholen. Damit drehen wir uns im Kreis, wozu ich wiederum keine Lust habe. Wenn du den Palandt nicht für zuverlässig hältst und/oder in dieses klare Zitat und den Abschnitt in der Kommentierung irgendeine Art von Analogie hineinliest, kann ich es nicht ändern.
Da wir uns im Kreis drehen und das niemanden weiterhilft, verabschiede ich mich hiermit aus diesem Thread.
Hallo,
Ruf bei der Arbeiterkammer an, die sind sehr nett und helfen gleich, kennen sich super aus
Lg
Die Arbeiterkammer ist eine österreichische Spezialität. Wir befinden uns hier aber in einem deutschen Forum. Daher gehen wir hier bitte von deutscher Rechtslage aus, solange nichts anderes ausdrücklich mitgeteilt wurde.
Nur für diejenigen, die es interessiert:
Beurkundung lt. Creifelds Rechtswörterbuch (das Standardwerk), hier 22. Ausgabe von 2017:
"Anders als bei der bloßen öffentlichen Beglaubigung wird bei der Beurkundung die Urkunde als solche, d.h. ihr gesamter Inhalt von der Urkundsperson errichtet und ist damit öffentliche Urkunde … Es wird z.B bezeugt, dass die Beteiligten an einem bestimmten Tag vor dem Notar erschienen sind, … Für die Errichtung dieser notariellen Urkunde enthält das Beurkundungsgesetz ins einzeln gehende Vorschriften über den Ausschluss des Notars als Urkundsperson, …
Zuständig zur Beurkundung ist der Notar. Die früher vorgesehene Möglichkeit der gerichtlichen Beurkundung ist grundsätzlich weggefallen; das Amtsgericht ist jetzt nur noch in bestimmten Einzelfällen zuständig. (Es folgt eine Aufzählung)
Wer den Creifelds nicht hat, mag auch gerne unter dem Stichwort Beurkundung bei Wikipedia nachlesen:
Beurkundung ist im Rechtsverkehr ein gesetzliches Formerfordernis, wonach bestimmte Verträge oder Urkunden von einem Notar in einer Niederschrift abgefasst werden müssen, von diesem den Beteiligten vorgelesen, von den Beteiligten genehmigt und in Anwesenheit des Notars eigenhändig unterzeichnet werden müssen. Die Beurkundung ist die strengste gesetzliche Formvorschrift.
Vielleicht überzeugt auch ein Blick ins Beurkundungsgesetz:
(1) Dieses Gesetz gilt für öffentliche Beurkundungen und Verwahrungen durch den Notar.
(2) Soweit für öffentliche Beurkundungen neben dem Notar auch andere Urkundspersonen oder sonstige Stellen zuständig sind, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes, ausgenommen § 5 Abs. 2 und des Abschnitts 5, entsprechend.
Und daher ist es auch kein Widerspruch, wenn im BGB teilweise von „öffentlichen Urkunden“ gesprochen wird, denn die Beurkundung durch den Notar oder eine andere Urkundsperson (bei Gericht oder in einer Behörde) macht die Urkunde eben zur öffentlichen Urkunde. D.h. das eine hängt zwingend mit dem anderen zusammen.
Ein einfacher Privatmensch ohne die besondere Stellung als „Urkundsperson“, hier noch mal ein kleiner Wiki-Link:
Als Urkundsperson wird im deutschen Recht ein Beamter (bisweilen auch eine Person in einem anderen Rechtsstatus) bezeichnet, der berechtigt ist, öffentliche Beurkundungen oder Beglaubigungen durchzuführen. Die Reichweite der Kompetenzen der nachträglich genannten Personen ist höchst unterschiedlich weit gestaltet.
Man unterscheidet im Einzelnen
- den Notar (nach der Bundesnotarordnung und dem Beurkundungsgesetz),
- den gerichtlichen Urkundsbeamten (§ 153 GVG),
- den kommunalen Standesbeamten nach dem Personenstandsgesetz,
- die Urkundsperson des Jugendamtes für die in § 59 SGB VIII genannten Erklärungen,
- die Urkundsperson der Betreuungsbehörde, § 7 Betreuungsorganisationsgesetz, nur für Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen
- den Ortsgerichtsvorsteher nach dem hessischen Ortsgerichtsgesetz
- den Konsul für Tätigkeiten außerhalb des Bundesgebietes
- Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, die zur Vornahme amtlicher Beglaubigungen berechtigt sind (§ 33, § 34 VwVfG bzw. der Landesverwaltungsverfahrensgesetze)
- in Österreich den Ziviltechniker[1]
Die Urkundsperson ist jeweils berechtigt, ein Dienstsiegel zu führen.
kann also keine Beurkundungen durchführen.
Ist also nicht zutreffen. Man kann als Privatmensch eine Urkunde schreiben, entwerfen, malen, … um sie z.B. dem Sieger des nächsten örtlichen Seifenkistenrennend zu überreichen. Die „Beurkundung“ ist nicht die körperliche Anfertigung eines als Urkunde bezeichneten Schriftstücks, sondern genau das, was ich hierzu oben ausgeführt habe: Der ausschließlich von einer Urkundsperson vornehmbare Akt.
Und wenn es immer noch nicht reicht, werfen wir gerne auch noch mal einen Blick in das Strafrecht: Da gibt es deshalb logischerweise ausschließlich die „Falschbeurkundung im Amt“ im Bereich der Amtsdelikte nach § 348 StGB: (1) Ein Amtsträger, der, zur Aufnahme öffentlicher Urkunden befugt, innerhalb seiner Zuständigkeit eine rechtlich erhebliche Tatsache falsch beurkundet oder in öffentliche Register, Bücher oder Dateien falsch einträgt oder eingibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Für „Otto-Normalverbraucher“ gibt es nur die „Mittelbare Falschbeurkundung“ nach § 271: (1) Wer bewirkt, dass Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, welche für Rechte oder Rechtsverhältnisse von Erheblichkeit sind, in öffentlichen Urkunden, Büchern, Dateien oder Registern als abgegeben oder geschehen beurkundet oder gespeichert werden, während sie überhaupt nicht oder in anderer Weise oder von einer Person in einer ihr nicht zustehenden Eigenschaft oder von einer anderen Person abgegeben oder geschehen sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
D.h. auch dadurch wird klar gestellt, dass der Privatmensch selbsts nichts falschbeurkunden kann. Das „Bewirken“ meint, eine Urkundsperson dazu zu bringen, dass diese falsch beurkundet.
Und jetzt noch mal ganz ehrlich: Wer hat jemals gehört, dass eine Privatperson behauptet hätte, einen (Arbeits-)Vertrag beurkundet zu haben?