Artbildung und Domestikation

Hallo zusammen!

Mich beschäftigt immer mal wieder die Frage (und ein beliebtes Argument der Kreationisten) warum wärend den 1000en von Jahren in den der Mensch nun schon Tiere domestiziert noch keine eigenständigen Arten entstanden sind.
Mutmaßlich sind diverse Arten unter natürlichen Bedingen in weitaus kürzeren Zeitabständen entstanden als manche Tierarten nun schon anthropogenen, gezielten Einflüssen ausgesetzt sind.
Wodurch kommt es zustande, dass es keine klar abgegrenzten Arten gibt zB beim Musterbeispiel Hund.
Oder gibt es die vielleicht doch und es ist nur Frage des Blickwinkels? Immerhin ist der Artbegriff als solcher auch nicht eindeutig bestimmt.
Da gibt es den morphologischen Aspekt, der im Hundereich ja eindeutig erfüllt sein dürfte.
Es gibt molekulare Konzepte, die aber auch teils sehr widersprüchlich sind und auf Problematiken stoßen.
Laut biologischen Sichtpunkten sollen sich Arten untereinander einfach nicht fortpflanzen können. Ist das bei Dogge und Chihuahua (oh mein Gott, wie werden die geschrieben?) noch der Fall? Morphologisch schwer realisierbar, oder? … und wenn man hingegen von künstlichen Bedingungen einer möglichen Befruchtung ausgeht, wird es hier vor allem im botanischen Bereich sehr spitzfindig… Dann könnte man aus mehreren 1000 Orchideenarten ein machen, was realistisch betrachtet natürlich Unfug ist, da es offenscihtlich nicht nur eine Orchideenart gibt, sondern sehr viele morphologisch verschiedene Arten mit verschiedenen Merkmalen und Ansprüchen.
Also wie ist das bei Hunden?

Bitte gebt mir mal Ideen an diese Thematik heran zu gehen. Gibt es Artentstehung unter Domestikation. Wenn nicht, warum nicht, was könnten die Gründe sein?

lieben gruß
aj

Mich beschäftigt immer mal wieder die Frage (und ein beliebtes
Argument der Kreationisten) warum wärend den 1000en von Jahren
in den der Mensch nun schon Tiere domestiziert noch keine
eigenständigen Arten entstanden sind.

Hallo,

diese Frage verstehe ich nicht: Hunde sind doch eine Art, Pferde auch - sind die vom Himmel gefallen? Und wenn ja wann? Bei der Austreibung aus dem Paradies?

Gruss Reinhard

Hallo,

diese Frage verstehe ich nicht: Hunde sind doch eine Art,

Hunde sind keine Art. Hunde gehören zur Art Canis Lupus, sind also nur eine Unterart des Wolfes.

Pferde auch

dort gilt ähnliches. Es ist eine Zuchtform des Widpferdes.

Beides sind also nur Zuchtformen / Unterarten existierender Arten.

Gruß, Niels

Hallo aj.

Wie Du selbst schon festgestellt hast ist ein Grundproblem bei der Beantwortung Deiner Frage die Definition des Artbegriffes. Bei Tieren, die sich sexuell fortpflanzen ist die Sache noch relativ einfach. Arten können in diesem Fall mit ‚natürlichen Fortpflanzungsgemeinschaften’ gleichgesetzt werden (biologisches Artkonzept). Bei Organismen die sich nicht sexuell fortpflanzen wie ein großer Teil der Pflanzen wird die Abgrenzung von Arten oft schwieriger und dementsprechend oftmals mehr oder weniger willkürlich. Meines Wissens gibt es bei Pflanzen und Tieren deutliche Hinweise darauf, dass Domestikation zur Artbildung führen kann. Beispiele bei Pflanzen wären Reis, Speisekartoffeln, Weizen, Bohnen und Kaffee, bei denen es zumindest einige Varianten gibt bei denen reproduktive Barrieren zu anderen domestizierten oder wildlebenden Varianten festgestellt wurden. Hier gibt es auch domestizierte Varianten, die einen eigenen Artnamen tragen. Bei Hund und Wolf ist es so, dass es schon verhaltenbiologische Barrieren gibt, die die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Kreuzung in der Natur verringern. Die Kommunikation zwischen Wolf und Hund funktioniert nicht mehr richtig. Dies zeigten sowohl verhaltbiologische Studien als auch populationsgenetische Untersuchungen. Paarungen von Hund und Wolf finden in der Natur zwar statt, sind aber sehr sehr selten. Haushund und Wolf scheinen also dabei zu sein sich in verschiedene Arten aufzuspalten. Wenn wir alle Hunderassen außer Deutscher Doge und Chiwawa aussterben lassen würden, dann hätten wir definitiv zwei neue Arten. Eine wichtige Vorraussetzung, damit es in der Natur zur Artbildung kommen kann, ist eine zumindest zeitweilige Separation der Populationen, um so den Genfluss zu unterbrechen. Zwischen Deutscher Doge und Chiwawa kann der Genfluss bisher jedoch durch Vermischung aller möglichen Hunderassen aufrechterhalten bleiben. Mangelnde Separation vom Wildtyp kann auch ein Grund dafür sein, dass die Artbildung bei der Domestikation länger dauern kann. Da domestizierte Varianten und Wildtyp ja zumeist in derselben Gegend vorkommen, kann es auch immer zu ungewollten Kreuzungen kommen. Teilweise werden Wildtypen auch bewusst mit Domestizieren Varianten rückgekreuzt. Ich hoffe ich habe Dir weitergeholfen.

Gruß
Olaf

Hallo Olaf!

Lieben Dank für deinen Beitrag. Ja du hast mir schon mal wieder ein Stück weiter geholfen. Ich werde mich auf jeden Fall mal intensiver mit den Kulturpflanzen befassen…das Botanische gerät bei mir oft in Gefahr, in eine Nebenrolle zu verfallen (bin v.a. zoologisch interessiert), was natürlich gerade bei dem Thema sehr unklug wäre.
Ja, dass sich verschiedene Hundearten (*ups…-rassen) unter natürlichen Bedingungen (jetzt einfach mal annehmend, dass sie überlebensfähig wären) wahrscheinlich nicht fortpflanzen würden erscheint mir wahrscheinlich, allein schon durch geografische Abgrenzung der Verbreitungsgebiete, aber auch durch akute VerhaltensUnterschiede und/bedingt durch Morphologie.
Solche Barrieren lassen sich in Menschenhand natürlich leichter überwinden. Vor allem besagte, oft auch gezielte Einkeuzungen anderer und alter Rassen lassen Grenzen verschwimmen.
Kann man die Hunderassen dann quasi als eine Art Äquivalent zu den natürlichen „Ringarten“ betrachten wie es bei Kohlmeisen vorkommt?

Was mir noch eingefallen ist, weiß jemand wo man mal nachlesen kann, wie alt bestimmte Hunderassen sind…also wie lange wird bereits auf Mini oder Gigant gezüchtet zB

Vielen Dank
aj

Was mir noch eingefallen ist, weiß jemand wo man mal nachlesen
kann, wie alt bestimmte Hunderassen sind…also wie lange wird
bereits auf Mini oder Gigant gezüchtet zB

Hallo,

für einzelne Rassen gibt es Websites, wo auch die Geschichte beschrieben wird. Wiki ist als Übersicht nicht schlecht:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Hunderassen

Aber für deine Fragestellung geben gerade Hunde eigentlich nichts her (den Fehler habe ich auch gemacht), weil ihre Variationsmöglichkeiten ziemlich einzigartig sind - man kann auch grosse und kleine Pferde züchten, aber bei weitem nicht mit so grossen Unterschieden (beim Gewicht 2 Grössenordnungen). Ich würde übrigens schon behaupten, dass Hunde eine eigene Art darstellen (und nicht einfach Wölfe sind - wenn sie denn überhaupt vom Wolf abstammen). Die Rassen aber sind eigentlich keine Rassen, da sie rein künstlich vom Menschen erzeugt werden, sie würden auch innerhalb weniger Jahre wieder verschwinden, wenn die Hunde könnten wie sie wollten. Das kann auch nicht sein, die Zeiten sind viel zu kurz für die Biologie: der Deutsche Schäferhund hat glaube ich gerade 100. Geburtstag, und unsere Airedaleterrier sind auch höchstens doppelt so alt.

Wahrscheinlich ist die Fragestellung sowieso obsolet: die Genmanipulation ermöglicht natürlich die Schaffung neuer Arten. Tomoffeln gab es vorher nicht.

Gruss Reinhard

Hallo Reinhard

Ich würde übrigens schon behaupten, dass
Hunde eine eigene Art darstellen

Das kann so nicht behauptet werden; der Vergleich mit den Ringarten trifft da vom phänotypischen her gesehen schon gut zu.

Hunde sind weder eine Unterart („Rasse“ in der Benennung der Biologen, nicht im Züchterslang)des Wolfes noch gehören sie einer anderen Art an.
Für derartige Zustände, wie sie während der Domestifikation auftreten (weder geographische Abgrenzung, wie sie im Fall der Unterart vorliegt, noch schwerwiegende fortpflanzungstechnische Barrieren wie im Fall verschiedener Arten) wurde ein eigens dafür gedachter Begriff geschaffen: sog. Forma, abgekürzt „f.“ in den wissenschaftlichen Benennungen.

LG
Peter