Artikel(le, la, the) übersetzen

Moin, liebe Experten!

Wie übersetzt man eigentlich Artikel?

Ich höre immer wieder „Der ‚front national‘“

Okay, es heißt „le front“, aber im Deutschen „die Front“, und für mich würde sich "die ‚front national‘ richtiger anhören.

Jetzt hör ich grad aus dem Englischen „die Pie“. Dafür gibt es doch nun überhaupt keinen Anhaltspunkt, „the“ ist neutral und ein Pie ist doch ein Kuchen, oder etwas nicht?

Was sagen denn die Experten dazu?

Vielen Dank und viele Grüße

Fogari

Hallo Fogari,

eine fixe Regel dafür, welches Geschlecht (und damit welchen Artikel) Lehnwörter bzw. fremdsprachige Eigennamen im Deutschen bekommen, gibt es nicht. Grundsätzlich gibt es zwei Regeln:

a) Man orientiert sich am Geschlecht, das der Begriff in der Ursprungssprache hat, z.B. der Front national, weil man auf Französisch le Front national sagt.

b) Man übernimmt das Geschlecht des entsprechenden deutschen Begriffs, in diesem Fall also die Front national, weil „die Front“ im Deutschen weiblich ist.

Für welchen Artikel man sich entscheidet, hat also wiederum mit zweierlei Dingen zu tun:

a) ob man über Kenntnisse der bzw. eine Affinität zur jeweiligen Originalsprache verfügt und

b) welche deutschen Begriffe man mit dem Lehnwort/Eigennamen verbindet.

Wenn ich als Deutscher keine Ahnung davon habe, dass place, gare usw. im Französischen weiblich sind, verbinde ich mit Place de la Bastille und Gare de l’Est natürlich einen Platz bzw. einen Bahnhof und gebe beiden folglich eher einen männlichen Artikel als einen weiblichen (siehe hierzu auch den entsprechenden Zwiebelfisch-Artikel).

Interessanter wird es eigentlich bei den Assoziationen: Man sagt wohl die E-Mail, weil man an „die verschickte Nachricht“ denkt. Hätte sich die Assoziation „der elektronische Brief“ durchgesetzt, hieße es wohl heute der E-Mail. (An welchem Begriff sich die vom Duden vorgeschlagene Alternative „das E-Mail“ orientiert, fällt mir spontan nicht ein.)

Im Fall von Pie hat sich (zumindest in der Dudenredaktion) vermutlic die Assoziation „die Pastete“ durchgesetzt, weswegen dort die Pie vorgeschlagen wird, während viele Menschen wohl an „den Kuchen“ denken und deswegen der Pie sagen.

Alle Unklarheiten beseitigt? :wink:

Gruß,
Stefan

Servus, Stefan,

(An welchem
Begriff sich die vom Duden vorgeschlagene Alternative „das
E-Mail“ orientiert, fällt mir spontan nicht ein.)

Kann dir nicht einfallen, weil dort keine Erklärung steht, warum es in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz überwiegend „das“ E-Mail heißt.

Ich glaube, dass sich das „das“ am Englischen „it“ für mail orientiert - warum das aber gerade nur die Süddeutschen, Schweizer und Ösis machen, weiß ich auch nicht.

Lieben Gruß aus dem Nebelviertel, J.

Hallo Maresa,

mir kommt es vor, als seien Neutra insgesamt im wilden Süden mehr verbreitet - aus der hohlen Hand fallen mir aber bloß das Teller, das Tunell und das Glump ein; wenn man ihn zur Tarnung dekliniert, kann man auch mit dem Schoklad noch etwas anfangen :wink:.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Moinmoin,

mir kommt es vor, als seien Neutra insgesamt im wilden Süden
mehr verbreitet - aus der hohlen Hand fallen mir aber bloß das
Teller, das Tunell und das Glump ein

Wobei man, glaube ich, durchaus unterscheiden muss zwischen den der österreichischen Varietät des hochdeutschen Bairischen zugehörigen „richtigen“ Artikeln des hochdeutschen Österreichisch und den dialektbedingten. (Der Satz war jetzt glasklar - oder?)

Das Teller ist einfach falsch, wenn auch sehr häufig, und gehört ebenso wie der Butter, der Radio, der Tschoklad in die Reihe der dialektbedingten „falschen“ Artikeln.*****
Das österreichische Wörterbuch der standardisierten österreichischen (Hoch-) Sprache führt es meines Wissens nach auch nicht - ich hab’ das Wörterbuch gerade nicht da.

das Tunnell - man beachte die Rechtschreibung und die Aussprache - wird ebenfalls im Duden als österreichische Varietät geführt. Sagt der Österreicher „der“ Tunnel betont er auf -u- (zumindest der Ostösterreicher und der Wiener).

Glump wiederum ist ja nur eine Abkürzung von Glumpert und das firmiert sogar im Duden mit „das“ - also als Neutrum.

*****Wie ich gerade nachlese, finden sich sogar schon Einträge (z.B. Wiki über die österreichische Sprache), die das Teller, der Butter, der Radio etc. schon zur regionalen Standardsprache zählen - mich gruselts dabei immer noch a bisserl.

Ob die Neutra unter den eigenständigen anderen Artikeln des Südens und der Schweiz aber häufiger sind, wage ich nicht zu beurteilen.

Übrigens wird, was mich wundert, unser „Schulwörterbuch“ auch in Südtirol verwendet.
Ob da dann nicht einige dortigen sprachlichen Eigenarten eingeebnet werden? Oder G’ behüte, ein Politikum?

Schönen Sonntag noch:smile:
J.

1 Like

Manna kommet mr ganget, se kommet -
Ei guude,

dafür haben halt 1866 den oberdeutschsprachigen Verbündeten die Zündnadelgewehre gefehlt (deswegen die damals von den württembergischen Truppen verwendete Parole im Titel!), bzw. heute eine zentrale Instanz, die darüber befände, was Standard sein soll, und wo die mundartlichen Aberrationen beginnen - die feminine Butter war insgesamt nicht so sehr verbreitet, bevor ihr Martin Luther zu ihrer Karriere verholfen hat: Es gibt halt auch da Mehrheitsentscheidungen, auch wenn es schöner wäre, richtig oder falsch sagen zu können.

Seit der Duden in allem Ernst das Verb „voipen“ als deutsches Wort akzeptiert hat, trau ich dem als Ersatz für eine Zentralinstanz auch nicht mehr über den Weg; zur Frage, ob etwas eine oberdeutsche Varietät oder onzolässiger Dialekt ist, entscheidet sonst der Wahrig gerne zu Gunsten der Südstaaten - der meinige ist aber grad auf Urlaub, ich weiß nicht, wo ich ihn verschoppt habe.

Wie auch immer - so ganz eindeutig sind diese Casus nicht zu klären; dem Fritz R. täte dazu vielleicht etwas einfallen, aber das wäre dann auch wieder von seinem Engagement für alle Arten von Oberdeutsch überdeckt.

Bonus Track: Der Germanist von hohen Graden Dieter Buttschardt +, bei dem wir seinerzeit ziemlich hochkarätigen Englisch- und Deutschunterricht genossen haben, hat uns einmal verraten, warum er, obwohl sonst großen Wert auf Disziplin legend, das Mittel des „Tagebucheintrags“ nicht gerne benutzte: Als Referendar hatte er sich gründlich blamiert, indem er einen Tagebucheintrag formulierte als „XY erhebt sich ohne Aufzuzeigen aus dem Bank“: Was in den 1950er Jahren zwischen Tübingen und Biberach durchaus das gängige Genus für „Bank“ war.

So isches noch au wieder

moit

Dä Blumepeder

Servus…*lach*

dem tät ich jetzt gerne was erwidern, allein du hast ja recht.
Säßen wir einander Aug’ in Aug’ gegenüber, gäb’ eins das andere, aber so…
bleibt mir nur, dir wie immer einen …eh schon wissen:smile:) J.

Ps.:

Seit der Duden in allem Ernst das Verb „voipen“ als deutsches
Wort akzeptiert hat, trau ich dem als Ersatz für eine
Zentralinstanz auch nicht mehr über den Weg;

ich nur noch als Anhaltspunkt in Unkniffeligem:smile:)

etwas eine oberdeutsche Varietät oder onzolässiger Dialekt
ist, entscheidet sonst der Wahrig gerne zu Gunsten der
Südstaaten

der meinige gammelt auch noch in der Hauptstadt rum - das mit der Südstaatenpräferenz ist
mir zwar noch nicht aufgefallen, aber dass viele Ausdrücke in den „südlichen Deutschs“ etymologisch oft eher älteres Deutsch sind, haben wir ja hier schon oft festgestellt.

servus noamoi:smile: