Artikel 'Tod im Jobcenter'

Und wie sieht es aus, wenn er eine
Schutzweste trägt und mit einem Schlagstock und Pfefferspray
ausgerüstet ist? Zählt das noch als „unbewaffnet“?

Was eine Schutzweste SK I dir gegen einen Messerstich bringt, musst du mir nochmal erklären (und dem Polizisten, der durch diese hindurch in der Bauchgegend verletzt wurde wohl auch).

Schlagstock und Pfefferspray wurden wohl mitgeführt, aber auf 2 Meter Distanz können diese kaum schnell genug gezogen werden, erst recht nicht,
wenn man die (entsicherte und durchgeladene!) Schusswaffe nicht einfach auf den Boden fallen lassen will.

Nein, wenn man der Polizisten etwas vorwerfen kann, dann in dieser Situation überhaupt die Schusswaffe gezogen zu haben. Der Einsatz derselben in der sich dann ergebenen Situation war leider konsequent. Andererseits, hätte die Polizistin es beim Schlagstock gelassen, hätte sie evt. nicht rechtzeitig reagieren können, wenn die Frau mit dem Messer um sich gestochen hätte (und wenn dann jemand an den Messerstichen gestorben wäre, hätte es auch wieder an der Polizistin gehangen).

Fakt ist: Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin schon mal um. Das ist nicht schön und sicherlich hätte man sich einen besseren Ausgang der Situation wünschen können, jetzt aber vom bequemen Sessel aus den Macker raushängen zu lassen, ist einfach nur billig, erst recht wenn man von der Materie keine Ahnung hat.

Gruß und Gute Nacht

Anwar

Aus meiner Sicht besonders bemerkenswert:

zudem hätte die Verwendung von Pfefferspray in einem geschlossenen Raum auch bei unbeteiligten Personen zu „gereizten Augen“ geführt, behauptet die Staatsanwaltschaft.

Besonders bemerkenswert ist, dass immer wieder aus dem
Zusammenhang zitiert wird.

Offensichtlich hst Du nicht verstanden, worum es ging. Die Staatsanwaltschaft hatte aufzuklären, ob der Einsatz der Schußwaffe verhältnismäßig war. Dazu gehört eine rechtliche Güterabwägung - und das Zitat zeigt deutlich, wie wenig bei dieser Güterabwägung das Leben dieser Migrantin und Hartz IV-Empfängerin gezählt hat.

Das - der Stellenwert eines Menschenlebens - ist eine juristische Grundsatzfrage und somit eine, bei der der spezielle „Zusammenhang“ (also der konkrete Vorfall) in der Tat keine Rolle spielt.

Viel wichtiger ist doch wohl, dass
keine Zeit mehr zum Waffenwechsel blieb.

Das ist ein anderes paar Stiefel. Bei dem Zitat ging es um das Gewicht eines Menschenlebens, das die Staatsanwaltschaft bei der Rechtsgüterabwägung diesem zugemessen hat. Das Rechtsgut, das hier dagegen aufgewogen wurde war, wie schon gesagt, das Risiko, dass Unbeteiligte beim Einsatz eines nichttödlichen Zwangsmittels der Gefahr einer Augenreizung ausgesetzt gewesen wären. Wenn diese Erwägung in der konkreten Situation bei der Polizeibeamtin tatsächlich eine Rolle gespielt hat und mit auschlaggebend für den Schusswaffengebrauch war, dann handelte es sich um einen groben Ermessensfehler und es ist ein ebenso grober juristischer Fehlgriff, diesen als (Teil-)Begründung für die Einstellung des Verfahrens anzuführen.

Das, was Du hier anführst, ist - wie schon gesagt - eine andere Frage. Nämlich die, ob tatsächlich objektiv ein Fall von Notwehr vorlag. Da stellen sich viele Fragen - zunächst einmal die, warum die Beamtin sofort zum äußersten Zwangsmittel griff, nämlich der Schusswaffe. Sodann behauptest Du, es wäre keine Zeit zum Waffenwechsel gewesen - dem widerspricht aber die Aussge des zweiten, des verletzten Beamten. Nach dieser hat sich die Getöte der Beamtin erst auf deren Zuruf hin zugewendet. Auch ansonsten widerspricht die Aussage des zweiten Beamten der ‚Notwehrversion‘. Dem widerspricht im Übrigen sogar die Darstellung der Staatsanwaltschaft, wonach die Beamtin die Getötete vier(!) Mal aufgefordert haben soll, das Messer fallen zu lassen. Wahrlich Zeit genug, mit einer Hand zum Pfefferspray oder zum Schlagstock zu greifen.

Die Behauptung, die Beamtin hätte die Schusswaffe erst wegstecken müssen, um die Waffe zu wechseln, ist natürlich der Gipfel der Albernheit. Eine Dienstpistole der Polizei kann ohne weiteres mit einer Hand gehalten und bedient werden, die andere wäre frei gewesen, um den Schlagstock oder das Reizstoffsprühgerat zu ergreifen und einzusetzen ohne dabei den Selbstschutz aufzugeben. Die bei der Polizei eingesetzten Sprühgerate haben übrigens eine Reichweite von mindestens 2,5 m (RSG 2), meistens von 4 m (RSG 1, 3 und 4) - in dieem Fall völlig ausreichend.

Die wichtigste Frage jedoch - wenn der Einsatz der Schusswaffe tatsächlich unumgänglich gewesen sein sollte, warum wurde die Frau nicht durch einen Schuss z.B. in den Oberschenkel kampfunfähig gemacht - auf eine Entfernung von 2,5 m keine allzu große Herausforderung an Ziel- und Treffgenauigkeit für eine an der Waffe ausgebildete Beamtin.

Ich habe großes Verständnis und großes Mitgefühl für die Beamtin, die das Leben einer offensichtlich völlig verzweifelten und offenbar psychisch kranken (im Bericht ist von Depressionen die Rede) Frau auf dem Gewissen hat. Das ändert jedoch nichts daran, dass sie hier beruflich versagt hat - solche Leute dürfen nicht weiter im Polizeidienst mit einer Waffe herumlaufen. Und die Staatsanwaltschaft ist verantwortlich dafür, dass Polizeibeamte nach einer solchen Fehlleistung nicht weiter bewaffnet Dienst leisten. Das Versagen der Beamtin in einer Stresssituation ist psychologisch verständlich - aber von Polizeibeamten muss man erwarten können, dass sie in solchen Situationen die Nerven behalten und angemessen reagieren. Das ist ihr Job. Völlig unentschuldbar ist jedoch der Vertuschungsversuch der Staatsanwaltschaft. Was man sich da mit dem Ignorieren belastender Zeugenaussagen - insbesondere der des verletzten Kollegen - geleistet hat, grenzt an Rechtsbeugung, wenn es nicht sogar diese Grenze schon überschritten hat.

Hallo,

Offensichtlich hst Du nicht verstanden, worum es ging. Die Staatsanwaltschaft hatte aufzuklären, ob der Einsatz der Schußwaffe verhältnismäßig war.

Da muss ich wieder auf meine Unkenntnis der Ermittlungsakten verweisen. Ich lese selbst aus dem tendenziösen Spiegel-Artikel eine Notwehrsituation heraus.

Dazu gehört eine rechtliche Güterabwägung - und das Zitat zeigt deutlich, wie wenig bei dieser Güterabwägung das Leben dieser Migrantin und Hartz IV-Empfängerin gezählt hat.

Das ist doch jetzt keine sachliche Argumentation mehr und mindestens genauso tendenziös wie der Artikel selbst. Wo muss bei Notwehr eine Güterabwägung stattfinden? Dem ist nicht so und damit ist für die Staatsanwaltschaft die Sache schon recht eindeutig. Es ging hier nicht darum, die Person zum Verlassen des Raumes aufzufordern. Es ging hier darum, einen rechtswidrigen Angriff auf die eigene Person abzuwehren. Da ist niemand zur Flucht und auch nicht dazu verpflichtet das Risiko einzugehen ein milderes Mittel anzuwenden.

Das - der Stellenwert eines Menschenlebens - ist eine juristische Grundsatzfrage und somit eine, bei der der spezielle „Zusammenhang“ (also der konkrete Vorfall) in der Tat keine Rolle spielt.

In einer Notwehrsituation spielt das in der Tat keine Rolle.

Viel wichtiger ist doch wohl, dass keine Zeit mehr zum Waffenwechsel blieb.

Das ist ein anderes paar Stiefel. Bei dem Zitat ging es um das Gewicht eines Menschenlebens, das die Staatsanwaltschaft bei der Rechtsgüterabwägung diesem zugemessen hat.

Das kann ich so nicht rauslesen, was möglicherweise auch daran liegen mag, dass der Spiegelautor aus dem Zusammenhang zitiert und dann auch noch tendenziös formuliert.

Das Rechtsgut, das hier dagegen aufgewogen wurde war, wie schon gesagt, das Risiko, dass Unbeteiligte beim Einsatz eines nichttödlichen Zwangsmittels der Gefahr einer Augenreizung ausgesetzt gewesen wären.

Diese Abwägung findet bei Notwehr nicht statt.

Das, was Du hier anführst, ist - wie schon gesagt - eine andere Frage. Nämlich die, ob tatsächlich objektiv ein Fall von Notwehr vorlag.

Na das wird doch selbst aus dem Artikel detlich.

Da stellen sich viele Fragen - zunächst einmal die, warum die Beamtin sofort zum äußersten Zwangsmittel griff, nämlich der Schusswaffe.

Hast Du Erfahrungen in Polizeitaktik? Musstest Du Dich bereits einmal gegen einen Messerangriff wehren? Es ging in dieser Situation nicht mehr um ein Zwangsmittel sondern um Notwehr.

Sodann behauptest Du, es wäre keine Zeit zum Waffenwechsel gewesen - dem widerspricht aber die Aussge des zweiten, des verletzten Beamten.

Nach dieser hat sich die Getöte der Beamtin erst auf deren Zuruf hin zugewendet.
Wo siehst Du da einen Widerspruch? In dem Moment als sie sich der Polizistin zuwand (und wir reden hier in einem Büroraum sicher nicht über Entfernungen von mehreren Metern), war die Polizisten unmittelbar in einer Notwehrsituation.

Auch ansonsten widerspricht die Aussage des zweiten Beamten der ‚Notwehrversion‘. Dem widerspricht im Übrigen sogar die Darstellung der Staatsanwaltschaft, wonach die Beamtin die Getötete vier(!) Mal aufgefordert haben soll, das Messer fallen zu lassen.

Das ist kein Widerspruch, sondern sicher die übliche Verfahrensweise. Die Polizistin hat die sie später unmittelbar Angreifende bereits vor deren unmittelbaren Angriff aufgefordert, das Messer fallenzulassen. Da sie zumindest beim ersten Anruf noch nicht mit dem Gesicht zur Polizistin stand, war der Pfeffersprayeinsatz keine Option und die Distanz für den Schlagstockeinsatz(so denn überhaupt eine mitgeführt worden war) noch zu groß. Die Polizistin muss sich in dieser Situation nicht mehr in eine schwächere Verte

Wahrlich Zeit genug, mit einer Hand zum Pfefferspray oder zum Schlagstock zu greifen.

Das sagst Du hier in aller Ruhe vom bequemen Sessel aus. Du warst nicht dabei. Davon abgesehen, musste sich die Polizisten nicht mehr in eine schwächere Verteidigungsposition begeben.

Die Behauptung, die Beamtin hätte die Schusswaffe erst wegstecken müssen, um die Waffe zu wechseln, ist natürlich der Gipfel der Albernheit. Eine Dienstpistole der Polizei kann ohne weiteres mit einer Hand gehalten und bedient werden, die andere wäre frei gewesen, um den Schlagstock oder das Reizstoffsprühgerat zu ergreifen und einzusetzen ohne dabei den Selbstschutz aufzugeben.

Du warst nicht dabei und hast offenkundig auch noch nie geschossen. Im Film treffen die Schauspieler sogar aus der Bewegung mit zwei Pistolen schießend noch jedes bewegte Ziel. In der Realität findet jedoch kein Schießstandschießen mit genug Vorbereitung und auf stehende Ziele stand. Das Halten der Waffe mit beiden Händen erhöht die Trefferwahrscheinlichkeit, zumal bei mehreren unmittelbar aufeinanderfolgenden Schüssen erheblich.

Die bei der Polizei eingesetzten Sprühgerate haben übrigens eine Reichweite von mindestens 2,5 m (RSG 2), meistens von 4 m (RSG 1, 3 und 4) - in dieem Fall völlig ausreichend.

Nicht als sich die Angreiferin noch nicht mit dem Gesicht zur Polizistin befand. Und selbst nach dem Sprühen kann man noch wild mit dem Messer um sich fuchteln.

Die wichtigste Frage jedoch - wenn der Einsatz der Schusswaffe tatsächlich unumgänglich gewesen sein sollte, warum wurde die Frau nicht durch einen Schuss z.B. in den Oberschenkel kampfunfähig gemacht - auf eine Entfernung von 2,5 m keine allzu große Herausforderung an Ziel- und Treffgenauigkeit für eine an der Waffe ausgebildete Beamtin.

Keine Zeit, Aufregung (Polizisten sind auch nur Menschen), die Gesamtumstände.

Ich habe großes Verständnis und großes Mitgefühl für die Beamtin, die das Leben einer offensichtlich völlig verzweifelten und offenbar psychisch kranken (im Bericht ist von Depressionen die Rede) Frau auf dem Gewissen hat. Das ändert jedoch nichts daran, dass sie hier beruflich versagt
hat - solche Leute dürfen nicht weiter im Polizeidienst mit
einer Waffe herumlaufen.

Blödsinn. Auch jeder Polizeibeamte darf sich nach den Gesetzen unseres Landes in Notwehr verteidigen.

Und die Staatsanwaltschaft ist verantwortlich dafür, dass Polizeibeamte nach einer solchen Fehlleistung nicht weiter bewaffnet Dienst leisten. Das Versagen der Beamtin in einer Stresssituation ist psychologisch verständlich - aber von Polizeibeamten muss man erwarten können, dass sie in solchen Situationen die Nerven behalten und angemessen reagieren.

Was wäre denn aus Deiner Sicht eine angemessene Reaktion auf eine sich von einer Sekunde auf die andere veränderte Situation gewesen? Warum hätte sich die Polizistin in eine schwächere Verteidigungsposition begeben müssen. Die Angreifende hatte bereits eine rechtswidrigen Angriff begangen und war gerade im Begriff den nächsten zu tun. Die große Mehrheit von Tätern, die aus der Situation heraus (Erregung, kurzeitige Verwirrung etc.) einen anderen Menschen schwer verletzten, hören danach entsetzt über sich selbst damit auf. Diese Frau nicht. Und in dem Moment als sie sich der Polizistin zuwand, war dann keine Zeit mehr für große Überlegungen und Handlungen.

Das ist ihr Job. Ja, solange es um das Verfolgen oder Verhindern von Starftaten usw. geht, ist das richtig. Hier ging es dann um Notwehr und da finde ich im § 32 StGB keinen Sonderstatus für Polizisten.
Völlig unentschuldbar ist jedoch der Vertuschungsversuch der Staatsanwaltschaft.

Hier wird doch nichts vertuscht. Es wurde ordentlich untersucht und fertig. Sollten die nun Anzeigen in allen übereegionalen BBlätetrn schalten und die Akte abdrucken lassen?

Was man sich da mit dem Ignorieren belastender Zeugenaussagen - insbesondere der des verletzten Kollegen - geleistet hat, grenzt an Rechtsbeugung, wenn es nicht sogar diese Grenze schon überschritten hat.

Wo genau siehst Du da ein Ignorien? Er hatte doch gesagt, dass sich die Angreifende der Polizistin zugewandt hat. In diesem Moment befand sie sich in einer Notwehrsituation und durfte sich verteidigen. Sie hätte sogar schießen dürfen (und als Polizistin vielleicht sogar müssen), wenn sie sich einem snderen Opfer zugewandt hätte.

Ich glaube der Spiegel versucht hier bewusst durch selktives Zitieren und tendeziöses Formulieren eine Geschichte zu schreiben, bei der eine Antragstellerin einfach von der Polizei erschossen wird.

Wir hatten hier vor ein paar Wochen eine Schlagzeile ind er Tageszeitung: „Mann nach Polizeieinsatz gestorben“. Die Geschichte war, dass der Mann bei Eintreffen der Polzei tot war. Aber die Schlagzeile versprach doch wirklich ein wesentlich tollere Geschichte. Genau darnerinnert mich dieser Spiegelartikel.

Also langer Rede kurzer Sinn, bei Notwehr keine Güterabwägung und fertig.
Wenn hier jemand ein schlechtes Gewissen haben muss, dann vielleicht die Verantwortlichen im Jobcenter. Aber zu den Hintergründen schreibt man gar nicht erst etwas Genaueres. Und dass man dann gleich mit einem Steakmesser auftaucht, ist doch zumindest in unserem Kulturkreis bisher nicht üblich.

Grüße

Hallo,

wenn Dich die Bewertung des Vorganges im Sinne von „Notwehr, ja oder nein“ interessiert, lasse Dich dazu im Brett Allgemeine Rechtsfragen belehren.

Im übrigen: wer glaubt, daß jeder Polizist in nennenswertem Maße im Nahkampf geübt ist, verwechselt das tatsächliche Leben mit der Welt von Bruce Willis und Jackie Chan. Normale Polizeiarbeit besteht nicht darin, sich ständig Schußwechsel und one-on-one-Kämpfe mit Messer und Gabel zu liefern.

Und selbst wenn es sich bei der Polizistin um jemanden gehandelt hätte, der in Selbstverteidigungstechniken geübt ist, hätte der gar nicht erst versucht, die Täterin mit Schlagstock oder gar mit den bloßen Händen zu überwältigen. Der menschliche Körper ist voll von empfindlichen Stellen, die man mit einem Messer auch ungezielt/versehentlich leicht erreichen kann. Erwischt man einen Menschen an der Halsschlagader, an der Aorta oder anderen Schlagadern, ist derjenige höchstwahrscheinlich tot, bevor ein Rettungswagen gerufen und eingetroffen ist.

Wenn man sich nicht in Reichweite des Messers befindet, wenn es gezogen wird, ist es insofern nicht opportun, sein Heil im Nahkampf zu suchen. Wie schon erwähnt wurde, ist das auch das, was man im Kampfsporttraining lernt, so man es denn überhaupt betreibt.

Im übrigen hat es schon seinen Grund, daß sich Staatsanwaltschaft und Gerichte ihre Entscheidung nicht anhand von Zeitungsberichten treffen.

Gruß
C.

Verwirrungen

Das - der Stellenwert eines Menschenlebens - ist eine
juristische Grundsatzfrage und somit eine, bei der der
spezielle „Zusammenhang“ (also der konkrete Vorfall) in der
Tat keine Rolle spielt.

Das ist mal eine interessante Frage - darf Person A ein Mittel in Notwehr gegen Person B einsetzen, wenn Person A dabei Dritte verletzt? Ist das durch die Notwehrsituation gedeckt? Wie weit darf man dabei gehen? Ich frage mal im Rechtsbrett nach.

Das, was Du hier anführst, ist - wie schon gesagt - eine
andere Frage. Nämlich die, ob tatsächlich objektiv ein Fall
von Notwehr vorlag. Da stellen sich viele Fragen - zunächst
einmal die, warum die Beamtin sofort zum äußersten
Zwangsmittel griff, nämlich der Schusswaffe.

Ja, das sehe ich auch so. Ich schrieb auch, welche Problematik ich in der Entscheidung sehe. Im Schluss komme ich zu der Auffassung, dass die Entscheidung zur Schusswaffe zu greifen, anstatt zu einem anderen Mittel, im Nachhinein sich als sehr unglücklich herausstellte. Dennoch: Die Beamtin musste in der Situation reagieren.

Du, es wäre keine Zeit zum Waffenwechsel gewesen - dem
widerspricht aber die Aussge des zweiten, des verletzten
Beamten. Nach dieser hat sich die Getöte der Beamtin erst auf
deren Zuruf hin zugewendet. Auch ansonsten widerspricht die
Aussage des zweiten Beamten der ‚Notwehrversion‘. Dem
widerspricht im Übrigen sogar die Darstellung der
Staatsanwaltschaft, wonach die Beamtin die Getötete vier(!)
Mal aufgefordert haben soll, das Messer fallen zu lassen.

Hier muss man wohl unterscheiden: Zum Waffenwechsel war keine Zeit mehr, als die Täterin sich auf die Beamtin zu bewegte. Davor war sicherlich Zeit eine Waffe zu wählen, was die Beamtin auch getan hat (siehe oben).

Die Behauptung, die Beamtin hätte die Schusswaffe erst
wegstecken müssen, um die Waffe zu wechseln, ist natürlich der
Gipfel der Albernheit. Eine Dienstpistole der Polizei kann
ohne weiteres mit einer Hand gehalten und bedient werden

Ich glaube du guckst zu viele Hollywood-Filme und bist zu wenig auf dem Schießstand.

Die wichtigste Frage jedoch - wenn der Einsatz der Schusswaffe
tatsächlich unumgänglich gewesen sein sollte, warum wurde die
Frau nicht durch einen Schuss z.B. in den Oberschenkel
kampfunfähig gemacht - auf eine Entfernung von 2,5 m keine
allzu große Herausforderung an Ziel- und Treffgenauigkeit für
eine an der Waffe ausgebildete Beamtin.

Die Anweisung, die das FBI in solchen Situationen (enger Raum mit weiteren Personen anwesend) gibt, ist klar (von der deutschen Polizei weiß ich es nicht): „center mass“ oder gar nicht. Die Gefahr jemand anderen zu treffen ist in solchen Situation zu groß und das wäre dann definitiv nicht mehr durch Notwehr abgedeckt - da wäre man dann ganz schnell bei gefährlicher Körperverletzung oder Totschlag.

Ich habe großes Verständnis und großes Mitgefühl für die
Beamtin, die das Leben einer offensichtlich völlig
verzweifelten und offenbar psychisch kranken (im Bericht ist
von Depressionen die Rede) Frau auf dem Gewissen hat. Das
ändert jedoch nichts daran, dass sie hier beruflich versagt
hat - solche Leute dürfen nicht weiter im Polizeidienst mit
einer Waffe herumlaufen.

Was soll, rechtlich betrachtet „beruflich versagt“ sein? Eine Polizeibeamtin hat selbstverständlich das gleiche Recht auf Notwehr wie jede andere Person auch. Also entweder es handelte sich um einen Fall, der (wenn auch nur gerade noch so) von Notwehr gedeckt ist oder nicht. Wenn Notwehr greift, dann kann man der Beamtin auch keine höheren Schranken geben („juristisch war das in Ordnung, entlassen müssen wir sie trotzdem“ - das geht halt nicht).

Und die Staatsanwaltschaft ist
verantwortlich dafür, dass Polizeibeamte nach einer solchen
Fehlleistung nicht weiter bewaffnet Dienst leisten.

Das hat die Staatsanwaltschaft überhaupt nicht zu entscheiden, wenn dann die Polizeileitung. Und letzten Endes entscheiden in Deutschland immer noch Gerichte, falls es da zum Streit kommt.

Versagen der Beamtin in einer Stresssituation ist
psychologisch verständlich

Dann ist es auch von Notwehr gedeckt. EoD.

unentschuldbar ist jedoch der Vertuschungsversuch der
Staatsanwaltschaft. Was man sich da mit dem Ignorieren
belastender Zeugenaussagen - insbesondere der des verletzten
Kollegen - geleistet hat, grenzt an Rechtsbeugung, wenn es
nicht sogar diese Grenze schon überschritten hat.

Warst du dabei? Denn so eindeutig kann ich das in den verlinkten Artikel nicht reinlesen - mal abgesehen davon, dass ich auch nicht unbedingt alles glauben würde, was SPON so schreibt.

Gruß

Anwar

Hallo,

Im Grunde stimme ich ja mit dir überein. Trotzdem einige Anmerkungen:

Da stellen sich viele Fragen - zunächst einmal die, warum die Beamtin sofort zum äußersten Zwangsmittel griff, nämlich der Schusswaffe.

Hast Du Erfahrungen in Polizeitaktik? Musstest Du Dich bereits
einmal gegen einen Messerangriff wehren? Es ging in dieser
Situation nicht mehr um ein Zwangsmittel sondern um Notwehr.

Allerdings darf hier die Gesamtsituation nicht ganz aus den Augen verloren werden - ja, im Moment des Angriffs war der Waffeneinsatz so gerechtfertigt. Die Frage, die man sich stellen muss, ist aber, warum die Polizistin überhaupt gleich in der gegebenen Situation die Schusswaffe ziehen musste. Das war IMHO nicht die glücklichste Entscheidung. Keine schuldhafte im juristischen Sinne, aber schon eine, die mindestens kritisch zu hinterfragen ist. Das ist dann aber Sache ihrer Vorgesetzten und nicht die der Staatsanwaltschaft.

Das sagst Du hier in aller Ruhe vom bequemen Sessel aus. Du
warst nicht dabei. Davon abgesehen, musste sich die Polizisten
nicht mehr in eine schwächere Verteidigungsposition begeben.

Nun, sie muss schon das mildeste erforderliche Mittel einsetzen, das in der Situation möglich war. Und ich denke darum geht doch der Streit - ob ein anderes Mittel noch möglich war, nicht ob noch ein milderes Mittel vorhanden war (da sind wir uns schon einig, denke ich). Diese Möglichkeitsabwägung geht aber in Notwehrsituationen ganz klar zum Vorteil des Abwehrenden und das ist auch gut so.

Wir hatten hier vor ein paar Wochen eine Schlagzeile ind er
Tageszeitung: „Mann nach Polizeieinsatz gestorben“. Die
Geschichte war, dass der Mann bei Eintreffen der Polzei tot
war. Aber die Schlagzeile versprach doch wirklich ein
wesentlich tollere Geschichte.

Leider nur all zu war. Die Presse sucht halt immer einen Schuldigen und da wird auch mal ein Bild künstlich verschärft oder Hintergründe nur all zu gerne weggelassen. Die Syrien-Berichterstattung ist da ein weiteres Beispiel, aber das wäre ein Thema für ein anderes Brett.

Gruß

Anwar

Wenn man sich nicht in Reichweite des Messers befindet, wenn
es gezogen wird, ist es insofern nicht opportun, sein Heil im
Nahkampf zu suchen. Wie schon erwähnt wurde, ist das auch das,
was man im Kampfsporttraining lernt, so man es denn überhaupt
betreibt.

In der Tat. Wenn Messer-Ede einen abends auf dem Heimweg um Uhr und Brieftasche erleichtern will gibt es nur zwei sinnvolle Möglichkeiten: entweder artig tun was er von einem will oder ihm mit der Wumme ein Loch in den Bauch zu stanzen. Sich ins Handgemenge zu stürzen ist eine Sache für Selbstmörder und Idioten.

Andererseits, hätte die Polizistin es beim

Schlagstock gelassen, hätte sie evt. nicht rechtzeitig
reagieren können, wenn die Frau mit dem Messer um sich
gestochen hätte

Mit Stock gegen Messer keine Chance bei solchen Entfernungen. Selbst erfahrene Nachkampfexperten werden das nicht machen.

Mit Stock gegen Messer keine Chance bei solchen Entfernungen.
Selbst erfahrene Nachkampfexperten werden das nicht machen.

Naja, bei allem Verständnis für die Handlungsweise der Polizistin, das ich ja durchaus habe, darf man schon nicht vergessen, dass wir hier nicht von gleichwertigen Kontrahenten sprechen - und dass es sich nicht um ein Kampfmesser (Stabilität, zweiseitiger Schliff) gehandelt hat.

Gruß

Anwar

Wirksame Reichweite
Diese Aussage kann ich nicht nachvollziehen:

Mit Stock gegen Messer keine Chance bei solchen Entfernungen.

Über welche Entfernung soll denn die Verteidigung mit einem Stock gegen ein Messer möglich sein, wenn es speziell bei der gegebenen nicht möglich sein sollte?

Zweieinhalb Meter düfrten, selbst bei einer relativ hohen Körpergröße, schon ziemlich die weiteste Entfernung für den Einsatz eines Schagstocks sein, sofern er nicht geworfen wird.

Grüße,

Der Newweling

Hallo,

Im Grunde stimme ich ja mit dir überein. Trotzdem einige Anmerkungen:

Da stellen sich viele Fragen - zunächst einmal die, warum die Beamtin sofort zum äußersten Zwangsmittel griff, nämlich der Schusswaffe.

So wie ich es aus dem Artikel herauslesen kann, hatte sie die Waffe nach der Messerattacke auf den zweiten Beamten gezogen. Und wenn ich es weiter richtig lese, hatte die Angreiferin zweimal zugestochen. Bereits nach dem ersten Stich war sicher der Schusswaffengebrauch gerechtfertig. Da die Angreiferin der Polizistin nicht das Gesicht zugewandt hatte, war der Einsatz von Pfefferspray sicher ziemlich witzlos. Vielleicht krabbelt das ein bißchen auf der Kopfhaut oder frißt ein paar Haare an, setzt aber niemanden mit einem Messer außer Gefecht. Das tut es nicht mal bei einem „Volltreffer“ ins Gesicht. Der Einsatz in einem geschlossenen Raum hätte außerdem möglicherweise auch den Polizisten die Sicht genommen und blind umherschlagen oder -schießen ist auch keine Option. Scheidet also in dieser Situation aus. Für den Schlagstockeinsatz war die Distanz möglicherweise zu kurz und auch das macht nicht mit so hoher Sicherheit wie ein gezielter Schuß kampfunfähig. Zumal im dümmsten Fall die ausgeführt Stechbewegung noch verstärkt wird. Also auch nicht das Mittel der Wahl. Also es muss schnell gehen.
Sie hat dann auch nicht sofort geschossen. Das hätte nach meiner Meinung jedoch bereits bei/vor dem zweiten Stich geschehen dürfen. Stattdessen wurde sie noch mehrmal angerufen und die korrekte Handlungsoption dargelegt. Leider ohne Erfolg und stattdessen wandte sie sich nun auch noch der Polizistin zu. Da die Polizistin nun mal die Pistole in der Hand hatte, war diese das Mittel der Wahl in der Notwehr Situation. Hier war dann gar kein Auswählen oder Abwägen notwendig. Das war Pech für die Angreiferin, die sich selbst in diese Situation gebracht hat.

Hast Du Erfahrungen in Polizeitaktik? Musstest Du Dich bereits einmal gegen einen Messerangriff wehren? Es ging in dieser Situation nicht mehr um ein Zwangsmittel sondern um Notwehr.

Allerdings darf hier die Gesamtsituation nicht ganz aus den
Augen verloren werden

Na die habe ich ja nun versucht aus dem Artikel nochmal in anderen Worten formuliert versucht widerzugeben.

  • ja, im Moment des Angriffs war der Waffeneinsatz so gerechtfertigt.

Dann doch sicher auch bereits beim Angriff auf den Polizisten?

Die Frage, die man sich stellen muss, ist aber, warum die Polizistin überhaupt gleich in der gegebenen Situation die Schusswaffe ziehen musste.

Ich denke, dass geht mit der Einsatztatktik, die eben so gelehrt und immer wieder geübt wird konform.

Das war IMHO nicht die glücklichste Entscheidung.

Unglücklich ar die Entscheidung der Angreiferin auch nach mehrmaligem Anrufen den Angriff nun auf eine Person zu richten, die eine Schußwaffe auf sie gerichtet hält.

Keine schuldhafte im juristischen Sinne, aber schon eine, die mindestens kritisch zu hinterfragen ist. Das ist dann aber Sache ihrer Vorgesetzten und nicht die der Staatsanwaltschaft.

So ist es. Das wurde auch gemacht und keineswegs vertuscht.

Das sagst Du hier in aller Ruhe vom bequemen Sessel aus. Du warst nicht dabei. Davon abgesehen, musste sich die Polizisten nicht mehr in eine schwächere Verteidigungsposition begeben.

Nun, sie muss schon das mildeste erforderliche Mittel einsetzen, das in der Situation möglich war.

Also hier nochmal meine Frage, ob sich diese Frage nach dem ersten Stich auf den Polizisten noch gestellt hat.

Und ich denke darum geht doch der Streit - ob ein anderes Mittel noch möglich war, nicht ob noch ein milderes Mittel vorhanden war (da sind wir uns schon einig, denke ich). Diese
Möglichkeitsabwägung geht aber in Notwehrsituationen ganz klar zum Vorteil des Abwehrenden und das ist auch gut so.

Ja, und ich meine sogar, dass sie in Notwehrsituationen gar nicht verlangt ist. Und wer meint, dass 2 oder 3 m in einem Büroraum genug Zeit für irgendetwas lassen, sollte mal darüber nachdenken, warum es 11-m-Schützen gelegentlich gelingt der Ball am Tormann vorbei im Tor zu versenken. Da wird wesentlich langsamer geschossen, der Torwart ist vorbereitet und die Handlungsrichtungen der Schützen sind doch relativ begrenzt.

Also wirklich dumm gelaufen für die Angreiferin, aber eben in keiner Weise schuld der Polizistin. Der Spiegelautor tut hier aber so als hättte hier eine schießwütige Polizistin gehandelt und das auch nur deshalb, weil es um eine Hartz-IV-Empfängerin mit Migrationshintergrund ging. Einen Bankangestellten hätte sie in gleicher Situation sicher nur mit dem Schlagstock leicht auf die Schulter getippt und höflichst in ruhiger Stimme gefragt, ob das nicht auch zunächst in einem Tanz um die Problemkerze besprochen werden könne.

Grüße

Hallo,

Zweieinhalb Meter düfrten, selbst bei einer relativ hohen
Körpergröße, schon ziemlich die weiteste Entfernung für den
Einsatz eines Schagstocks sein, sofern er nicht geworfen wird.

Hier geht es eher um die Problematik Messer (Stichwaffe) gegen Stock (Schwungwaffe) - in der Zeit, die zum ausholen mit dem Stock benötigt wird, kann der Messerkämpfer schon dran sein und direkt zustechen.

Gruß

Anwar

Hallo,

Situation aus. Für den Schlagstockeinsatz war die Distanz
möglicherweise zu kurz und auch das macht nicht mit so hoher
Sicherheit wie ein gezielter Schuß kampfunfähig. Zumal im
dümmsten Fall die ausgeführt Stechbewegung noch verstärkt
wird.

eben. Auch hier kommen einigen wohl als erstes Jackie Chan und Bruce Willis in den Sinn, die mit einem Zahnstocher bewaffnet gleichzeitig eine Kompanie Infanteristen und einen Indianerstamm überwältigen, während sie schon daran tüfteln, wie sie mit einem Fahrradschlauch und einem Ziegelstein den sich nähernden Panzerverband in die Flucht schlagen können.

Mit einem Schlagstock kann man u.U. einen Messerstecher überwältigen aber das ist kein Naturgesetz. Viel wahrscheinlicher ist es, daß man mit dem Stock an der Hand des Täters vorbeischlägt und dieser einem das Messer über den Arm zieht oder in die Niere rammt.

Jenseits von Hollywood kann man jemanden mit einem Messer nur aus der Distanz sicher überwältigen und genau das war hier (auf Basis der Schilderung) nicht zuletzt angesichts der Anzahl der umstehenden Personen das Mittel der Wahl.

Gruß
Christian

Hi Anwar,

wobei die Polizistin sicherlich hinreichend Zeit hatte, die Qualität der Waffe zu prüfen :smile:

bye
Rolf

Hallo,
bitte erkundige Dich mal in der nächsten Notfallaufnahme „Deines Vertrauens“ - oder beim Weissen Ring - , welche grauenhaften, irreparablen Verletzungen Messer anrichten können, die von Menschen absichtlich in diverse Körperteile gestochen werden…

Gruß vom
Schnabel