Hallo,
einige Spezifizierungen zu deiner Mail
- Widersprüchliche Aussagen machen.
Der Gläubige sucht sich durch selektive Wahrnehmung das
passende raus.
Die selektive Wahrnehmung passt nicht nur zu widersprüchlichen
Aussagen. Bei den während einer astrologischen Sitzung (oder
wahlweise Tarotkarten legen, Handlesen, etc.) vom „Medium“
gemachten - häufig sehr indifferent formulierten - Aussagen sucht
sich der „Klient“ die auf ihn passenden heraus und verbindet sie
mit eigenen Erfahrungen. Und schon hat das Medium recht.
In einem Workshop zum Thema „Cold Reading“ (so heißt die Technik)
hat der Referent einige Radiobeispiele (!!!) vorgeführt. Der Mann
hat sich im radio als Medium vorgestellt und den Anrufern
passende Dinge aus ihrem Leben erzählt - meinten die.
Das funktionierte so:
Medium:
Ich sehe Probleme bei Ihnen … … oder einer Person in ihrem
Umfeld … … ich glaube es geht um Gesundheit …
Anrufer:
Ja, meine Mutter ist sehr krank!
Und schon hatte das Medium einen Treffer. So oder ähnlich liefen
alle Gespräche - ob von diesem Psychologieprofessor, der dies zur
Demonstration der Technik des Cold Reading machte, oder von einem
echten Medium, also einer Person, die wirklich glaubte, von den
Anrufern zu sprechen - ab.
In einer Face-to-face Situation ist es für das Medium noch
einfacher (durch Achten auf Körpersprache, Mimik etc.) beim
Klienten Übereinstimmung zu erzeugen - und damit ist der Erfolg
gesichert.
Die 180 Grad Schwenks wurden an Hand einer - aus dem fernsehen
mit dem Starastrologen Winfried Noe aufgezeichneten - Szene
gezeigt, in der der Astrologe bei Satzbeginn genau das gegenteil
sagte, als am Satzende herauskam. Schaute man sich während dieses
langen Satzes das Gesicht der Klientin an, so veränderte es sich
von kritischen Stirnrunzeln zu einem am Ende des Satzes
„entlarvtem“ Nicken. Die Frau wird sich nachher nur an den
letzten Teil des Satzes erinnern - den demgegenüber völlig
widersprechenden ersten Teil wird sie garantiert vergessen haben.
- Beobachtungs- und Formulierungsgabe.
Wenn der Proband anfängt, skeptisch zu gucken, dreht der
Horoskopler noch im zweiten Halbsatz die Aussage um, so daß
sie der Wahrheit des Probanden entspricht.
s.o.
- Es geht völlig daneben.
Man hatte (ausdrücklich „seriösen“) Horoskoplern die genauen
Daten von berühmten Persönlichkeiten gegeben, ohne deren Namen
zu nennen.
Besonders putzig die Charakteristik von Massenmörder Harmann:
„er mache Stück für Stück gute Arbeit“ oder so. [Harmann hat
seine Leichen zerstückelt].
Dieser Test wurde bereits hier beschrieben. Ich habe aber von
einem noch viel interessanteren test gehört. Dieses Mal hat man
die Testpersonen in 3 Gruppen aufgeteilt. Jede Gruppe bat man,
bestimmte Daten für die Erstellung eines Horoskops bereitzustellen.
Gruppe A: Nur STernzeichen
Gruppe B: Geburtstag und Jahr
Gruppe C: Genauer Geburtstermin mit Ort, und minutengenauer Uhrzeit
Obwohl alle drei Gruppen den exakt gleichen Text erhielten,
bewertete Gruppe C das Horoskop als wesentlich zutreffender, als
Gruppe B, und diese zutreffender als Gruppe A. Offensichtlich
hängt die von den „Klienten“ bewertete Qualität eines Horoskops
sehr stark von der „Menge der eingegebenen Daten“ ab … … dies
war schliesslich der einzige UNterschied zwischen den 3 Gruppen.
Ähnliches (um wieder auf das Ursprungsthema zurückzukommen)
dürfte auch bei vielen „psychologischen“ Persönlichkeitstests
passieren. Ich habe mir einige davon aus Spaß angeschaut und wer
möchte kann sogar einen Online machen
(http://www.humanmetrics.com dort kann man den MBTI
Myers-Briggs-Type-Integrator online in einer verkürzten Form
machen - ich habe das deutsche Buch dazu gelesen und die Daten
dazu aus dem Psyndex vorliegen - das ganze dürfte kaum über die
Aussagekraft eines Horoskops hinausgehen).
Ich bin bei den meisten dieser tests sehr skeptisch und habe mir
angewöhnt, bei jedem test von dem ich höre, bei einigen
Psychologen nachzufragen, was sie von dem test halten …
Viele Grüße aus Mainz
Michael