Atomarer Landminengürtel

Hallo Miteinander,

ich weiß nicht ob jemand von euch gestern das Spiegel-Interview mit unserem Alt-Kanzler Helmut Schmidt gelesen hat, aber darin hat er kurz einen Natovorschlag von 1970 erwähnt den er unter anderem mit verhindert hat. Dabei gehts um einen atomaren Landminengürtel „diesseits des Eisernen Vorhangs“. Hat jemand von euch darüber genauere Kenntnisse, weil von diesem Vorschlag hab ich nun mal gar nichts gehört?
Ich glaub den Artikel kann man auch auf dem Onlineangebot vom Spiegel nachlesen.

MfG

EMü

Atomarer Landminengürtel / Interviewauszug
Hallo Enrico,

hab ich auch vorher nie gehört.
Zum besseren Verständnis füge ich hier mal den Interviewtext ein.

Quelle: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,138696,00.html


[…]

SPIEGEL: Gehört zu den Erfahrungen auch, dass die deutsche Regierung sich in der internationalen Politik besondere Zurückhaltung auferlegen sollte?

Schmidt: Wenn Not am Mann ist, muss man auch ganz ernste Konflikte wagen. Die Notstandsgesetzgebung war so einer - ein anderer zum Beispiel die Verhinderung eines durch die Nato diesseits des Eisernen Vorhangs zu verlegenden atomaren Landminengürtels.

SPIEGEL: Wie bitte?

Schmidt: Das war 1970, zu meiner Zeit als Verteidigungsminister, und ist gar nicht öffentlich geworden. Es hätte sowohl in Amerika als auch in Deutschland einen Riesenaufstand gegeben.

SPIEGEL: Und wer wollte das machen?

Schmidt: Die amerikanisch geführte Nato. Die deutschen Spitzengeneräle waren entsetzt, als dieser neue Verteidigungsminister die Pläne über den Haufen schmiss. Der fand Gott sei Dank einen amerikanischen Kollegen, der das genau richtig einschätzen konnte - jedenfalls auf den deutschen Protest hin. Ein dritter Fall war der berühmte Nato-Doppelbeschluss. Den haben ja die Amerikaner nicht erfunden, sondern die Europäer - Valéry Giscard d’Estaing, James Callaghan und ich.

[…]

Auf jeden Fall wird da wieder eines deutlich an der NATO-Taktik von damals: Das Kampfgebiet war Deutschland (BRD + DDR), dort muss die Invasion aufgehalten werden. Was aus Deutschland selber würde war egal. Es war eben der Kampfplatz, nicht mehr, nicht weniger.

MfG Claus

P.S: Bin mal gespannt, ob jemand Infos zu diesem Landminengürtel findet.

Hallo Miteinander,

ich weiß nicht ob jemand von euch gestern das
Spiegel-Interview mit unserem Alt-Kanzler Helmut Schmidt
gelesen hat, aber darin hat er kurz einen Natovorschlag von
1970 erwähnt den er unter anderem mit verhindert hat. Dabei
gehts um einen atomaren Landminengürtel „diesseits des
Eisernen Vorhangs“.

Hallo,
ich habe das Interview zwar nicht gelesen, aber es hat Planungen schon vor 1970 in dieser Richtung gegeben. Ich glaube in Fallex-Übungen wurde dies auch durchgerspielt. Sprengschächte gab es ja genug.
Gruss
Rainer

Sprengschächte gab es ja genug.

Viele Brücken waren/sind mit Sprengschächten ausgerüstet. Aber da wäre im Ernstfall „nur“ „normaler“ Sprengstoff reingekommen.
Ziel war es, durch Sprengung von Brücken den Vormarsch feindl. Truppen aufzuhalten bzw. zu verzögern. Und zum Sprengen von Brücken braucht man keine A-Waffen.

Mit dem erwähnten atomaren Landminen hat dies nichts zu tun.

Hi Enrico,

ich weiss aus meiner Ausbildung, dass z. B. die Truppen Grossbritanniens und auch der Vereinigten Staaten bis
ca. 1985 ueber so genannte „Back-Packed Nukes“ verfuegten. Dabei handelte es sich um kleine Rucksack-Atomsprengkoepfe mit einem Yield von bis zu 5 kt, was durchaus gereicht haette, eine sovietische Panzerkompanie per Sprengung nach Moskau zurueck zu liefern. Diese Nuklearminen haetten im Ernstfall z. B. durch Fallschirmjaeger im grenznahen Aufmarschbereich verlegt werden koennen. Ich weiss aber auch, dass es diese Dinger auch in schwimmfaehiger Form gab. Allerdings war der Einsatz nicht nur fuer deutschen Boden vorgesehen, sondern auch die Verminung des Aermelkanals, Streifen der britischen Ostkueste, die daenische Ostkueste und ziemlich viel Gegend zwischen Norwegen, Iceland und Spitzbergen. Letztendlich war es gut, diese Dinger nicht zu verlegen…es ging ja auch ohne. Ausserdem haette jede Aktion auch eine Reaktion hervorgerufen. Massnahmen, die einen konventionellen Angriff erschwaeren, erleichtern automatisch die Entscheidung, einen unkonventionellen Erstschlag zu erwaegen.
Das letztendlich erstaunliche an dieses Dingern war jedoch, dass sie einfach in einen Rucksack passten. Von daher kann ich Helmut Schmidt gut verstehen, denn ein dritter Weltkrieg im klassischen NATO-WP-Szenario, haette seinen Anfang vermutlich in sehr enger zeitlicher Naehe zunaechst auf islaendischem und dann wohl zeitgleich auf deutschem und daenischem Boden genommen. Hergestellt wurden uebrigens ca. 50 britische nuke-packs. US-Zahlen kenne ich nicht.

Mit freundlichen Gruessen

tigger

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Also ich hab mal in Gemeinschaftskunde gelernt, daß es die Überlegung gab, die Grenze zum damaliger Warschauer Pakt mit Atomminen dicht zu machen.

Da dies allerdings selbst bei einem Versehen den absoluten Nuklearkrieg zur Folge gehabt hätte, wurde es dann doch nicht gemacht.

mfg ivo

Hallo,
die Bedeutung der normalen Sprengschächte habe ich auch mal gelernt. Diese Dinger gibt es ja überall. Die Atomminen sollten nicht unbedingt eine Brücke sprengen, sondern es sollte z. B. ein Tal gesperrt werden.
Gruss
Rainer

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Hallo !

Ich weiss, dass es bei der NVA einige Spezialisten zur Entschaerfung atomarer Rucksackminen gab. Diese Dinger wollte die Nato wohl im Ernstfall an der innerdeutschen Grenze verlegen.
Übrigens habe ich mal aus unzuverlaessiger Quelle gehoert, dass die UdSSR noch absurdere Plaene hatte. Angeblich hat/wollte man riesige Wasserstoffbombem mit einer Sprengkraft >200 MT tief unter der Erde in Sibrien und im Nordmeer deponieren. Im Falle einer Bedrohung haette man dann die ganze Erde als Geisel genommen und damit gedroht durch riesige Detonationen soviel Dreck in die Atmosphaere zu pusten, dass sich das Erdklima katastrophal veraendert. Also ein Atomkrieg, bei dem man die Waffen auf dem eigenen Gebiet zuendet und die ganze Erde mit vernichtet.
Weiss jemand darueber genaueres ?

Tschuess !

Andreas

Also: diese Atommienen heißen ADM.
Es wurden zahlreiche Löcher an der Innerdeutschen Grenze ausgehoben, und eine Art Gullideckel darauf gesetzt. Diese erkennt man an großen 6-Kanntschrauben. In einer Krise wären dort soldaten hingeschickt worden, um die ADMs zu verlegen und zu zünden, um einen Vorstoß des Ostens zu vermeiden, indem man das ganze gebiet dort kontaminiert.
Wenn es noch Fragen gibt, Hotline:
089 / 600 623 02

Hi Gabriel, also ich habe mir mal Eure Site angesehen. Meinen Kommentar findest Du im Guestbook. Die Seite ist super, obwohl ich persoenlich der Meinung bin, dass man die genaue Anzahl von
Sprengkoerpern nie genau beziffern sollte. Stelle ich in meinem jugendlichen Leichtsinn einfach mal fest, dass Eure Zahlen stimmen - woher habt ihr dieses Wissen? Von Regierungsstellen, die Euch genaue Auskunft gaben, oder von wem, der ebenfalls Genaues weiss? Einem Ex-Spion? Einem Ex-General? Wer sonst - ausser den Regierungen - hat genaues Wissen ueber Waffenzahlen? Lediglich die Regierungen haben ein genaues Zahlenwissen. Aber geben sie auch genaue Auskunft? Verstehe dies bitte nicht als Offensive. Mich interessiert lediglich die Genauigkeit und Verlaesslichkeit der Quelle. Ich meine, man ruft ja nicht beim Pentagon an, wieviele Atomwaffen in Florida stehen, wieviel U-Boote mit wievielen Waffen, mit welchem Yield in Portland stationiert sind - in der Hoffnung, eine ernstgemeinte Auskunft zu bekommen. Aber das nur am Rande.

Ich persoenlich habe zum Thema „ADM“ eine andere Ausbildung. Den Begriff „ADM“ habe ich so noch nie gehoert. Ich kenne eher den wohl umgangssprachlichen „back-packed nuke“, was wohl soviel wie „Nukleare Rucksackmine“ bedeutet. Eine Festinstallation in vorbereiteten Bodenschaechten war meines Wissens nach von britischer Seite her nicht vorgesehen. Sie hatten nur taktische Bedeutung - improvisierender Weise. Auch war die Verbreitung durch Fallschirmjaeger ein Problem, da die Dinger ca. 20-25kg wogen. Ein Fallschirmjaeger nach „NATO-Standard“ durfte also max. 70kg wiegen, wenn er eine derartige Waffe verlasten sollte. Ich habe auch noch mal mit einem Bekannten ueber das Thema gesprochen. Eine Festinstallation haette immer mindestens ein Selbstmordopfer gefordert, da der Schacht haette bewacht werden muessen. Wenn man bedenkt, dass sov. Geheimdienste in fast jedem wichtigen Militaerstandort „konspiratives“ Personal hatten, um im Vorfeld eines Krieges Kommandeure zu eliminieren, dann waren sicherlich derartige „Sprengbehausungen“ Objekte permanenter Beobachtung. Ohne Bewachung liefe da nichts. Die Dinger hatten uebrigens einen Verzoegerungszuender - so mein Bekannter. Allerdings kann ich auch hierbei nur von der britischen Version sprechen. Und ich meine auch zu wissen, dass GB nur ueber eine unwesentliche Menge derartiger Sprengkoerper verfuegte. Die USA jedoch ueber ungleich mehr.

Der Begriff „ADM“ ist mir gaenzlich fremd. Aber ich denke, es handelt sich vermutlich um die amerikanischer Bezeichnung, weil die britische Version nur zum einfachen Ablegen und Einbuddeln gedacht war. Allerdings wirst Du ja wissen, dass die britischen A-Waffen sowieso aus US-Produktion kommen und lediglich einem aeusserlichen Umbau unterliegen. GB verfuegt derzeit nur noch ueber U-Boot-gestuetzte Atomwaffen. Naja, wenigstens ist dies die offizielle Version, welcher ich jedoch Glauben schenke. Im Uebrigen, muss ich mit einer Explosion auf eine Kontaminierung aufmerksam machen? Ich kann das Gebiet doch auch mit reinem Kraftwerksschrott kontaminieren. Das Zeug kann ich verbrennen und dann verstreuen. Ich kann sogar die HWZ bestimmen - wie mir gerade beliebt. Wenn diese ADM nur zum Kontaminieren da waren, dann muss ich mir doch ueberlegen, dass ich a) entweder diese Dinger zuende, kurz bevor feindliche Truppen angreifen (dann sind sie per Explosion gewarnt und ergreifen A-Schutz); b) die Waffe zuende, wenn der Angriff stattfindet…aber auch dann ist die kontaminierende Wirkung fast weg. Ein grosser Teil der Truppen wird durch die direkte Waffenwirkung sterben, der ueberlebende teil wird sich schuetzen, bevor es zum erheblichsten Teil des Fall-out kommt. Die Druckwelle enthaelt bekanntlich kaum radioaktives Material, da es sich lediglich um angestossene, nachbarschaftliche Luftmassen handelt. Ich glaube, dass der Sinn tatsaechlich das Wegsprengen angreifender Truppenteile war.

Viele Gruesse, tigger

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